Kurze Anmerkungen zu einigen ausgewählten Konfliktfällen aus dem Wirkungsumfeld der  Vierklassensystematik von Sachs und Hornbostel
(Vorgetragen am 02.06.2003 im Seminar für Vergleichende Musikwissenschaft der Freien Universität Berlin)

Zunächst möchte ich Frau Edda Brandes dafür danken, dass ich dieses Jahr wieder die Möglichkeit habe, hier vor Ihnen über Probleme der Systematisierung von Musikinstrumenten zu sprechen.
Ich möchte natürlich nun nicht einfach meinen Vortrag vom vorigen Jahr wiederholen (in welchem ich darauf abzielte meine grundsätzliche Position zur Problematik audioorganologischen Systematisierens  in mehr theoretischer Weise vorzustellen),  sondern diesmal  eher versuchen, anhand einiger paraktisch-akustischer Bespiele  zu bestimmten Musikinstrumenten und zu weiterführenden  Experimental-Modellen  bestimmte Fragen zur speziellen Funktionsweise ausgewählter Musikinstrumente und damit zu verbindender genereller Fragen zur Systematik natürlich-akustischer Musikinstrumente sowie bemerkenswerter Konfliktfälle audioorganologischen Systematisierens vorzuführen und zu kommentieren,  wobei mir das Aufwerfen von Fragen und Problemen wichtiger sein wird, als etwa der Versuch gleich festlegende Antworten und systematisch abgesicherte Positionierungen zu erreichen.
Ich möchte Sie allerdings bitten, meine Ausführungen zur Systematik, die ich voriges Jahr zu dieser Lehrveranstaltung hier gemacht hatte, gelegentlich im Internet nachzulesen, weil diese sowohl für das tiefere Verständnis der systematischen Bedeutung der von mir nun ausgewählten Klangbeispiele, als auch der von mir heute akzentuierten grundsätzlichen Bedenklichkeiten grundlegend sind.
Dazu überreiche ich Ihnen, ebenso wie ich dies hier im vergangenen Jahr getan hatte, ein  Informationsblatt mit meiner Internetadresse und den Informationen zu meinen Vorlesungen zur „Systematik und Physik der Musikinstrumente“, die ich an der Humboldt Universität halte sowie eine Übersichtsdarstellung meiner Auffassung zur „Systematik natürlich-akustischer Musikinstrumente“, welche  vielleicht auch für die im Anschluss an diesen Vortrag  von mir erhoffte Diskussion zu diesem Problemkreis dienlich sein kann.
In diesem Sinne habe ich nun zwei unterschiedliche Abteilungen technischer Geräte vor Ihnen ausgebreitet.
Auf der einen Seite klar erkennbare Musikinstrumente und auf der anderen, weniger deutlich zu interpretierende, eher experimentelle Geräte (Stahlgefäße, Glas- und  Plasteflaschen, verschiedene Röhren aus Plastewerkstoffen usw.), die aber  für mein Anliegen ebenso wichtig sind wie die vorliegenden Musikinstrumente.
Hier lauert nun schon eine erste Konfliktmöglichkeit, mit der Sie sich auch als Musikethnologen auseinandersetzen müssen.
Sollte die Musikinstrumentenforschung vor allem kunst- und kulturhistorisch relevante Musikinstrumente ernst nehmen oder auch – eben in Abhängigkeit von bestimmten weiterführenden Fragestellungen -  eher  technisch-physikalisch gestaltete bzw. entsprechend ausgewählte Schallgeneratoren eingehender beachten?
Ein weiterer Konflikt, mit dem Sie es dabei zu tun haben können, besteht in Folgendem:
Werden Sie sich nun, wenn ich verschiedene dieser hier vor Ihnen liegenden Gerätschaften zum Klingen bringe, eher von bestimmten Klangerlebnissen bzw. der besonderen Anmutungsqualität musikrelevanter Schallereignisse (ob diese nun von technisch-physikalisch konzipierten Experimentalmodellen oder von kulturhistorisch gereiften Musikinstrumenten herrühren mögen) beeindrucken oder auch „begeistern“ lassen oder werden Sie sich eher anregen lassen, dann auch über das  Zustandekommen bestimmter Klänge nachzudenken und insofern auch geneigt und bemüht sein, sich ein eingehenderes physikalisch-technisches Verständnis der jeweiligen Funktionszusammenhänge innerhalb bestimmter,  musikinstrumentell-relevanter  Schallerzeugungsvorgänge zu erarbeiten?
Ich beabsichtige natürlich, vielmehr das Zweite anzuregen: 
Beginnen möchte ich dabei zunächst mit einigen Instrumenten der hiesigen Abteilung bestimmter bekannter Musikinstrumente, zu denen ich mir nun entsprechende Anmerkungen erlaube.
Das sogenannte Flexaton,  welches man in unmittelbarem Zusammenhang mit der singenden Säge und auch den Steeldrums betrachten kann, gehört mit diesen zusammen zu einer der besonderen Innovationen in der jüngeren Evolution natürlich-akustischer Musikinstrumente.
Diese Instrumente sind offensichtlich Solidophone (also Festkörper-Klinger), welche hinsichtlich ihrer schallgenerierenden Funktionsweise wesentlich durch das Moment der Spannung charakterisiert werden müssen, - aber  (und darin besteht hier der Konflikt hinsichtlich der Vierklassensystematik) weder Membranophone noch Chordophone sind.
Die Mirlitonflöte wird peinlicherweise oft als Membranophon eingeordnet, obwohl das dünne Häutchen am Instrument  den Ton keineswegs erzeugt, sondern nur in klangverfärbender Weise mitschwingend verändert. Dazu muss es – wie ich Ihnen zeigen werde - jeweils erst angefeuchtet werden, um so seine Spannung als gestraffte Membrane zu verlieren.
Insofern ist das Häutchen, an dieser chinesischen Flöte genau genommen auch keine Membrane im Sinne dieser Systematik, welche dort ja durch das  Moment der Spannung definiert werden.
Darauf - insbesondere auf „ angeblasene Membranen“  - werde ich im Weiteren  wieder zurückkommen.
Die Maultrommel, welche bei Sachs und Hornbostel als „Zupfidiophon“ definiert wird, kann auch, was ich Ihnen hier ebenfalls vorführen werde, als ungezupftes Blasinstrument zur Wirkung kommen.
In diesem Zusammenhang ist dann hochinteressant,  dass gerade zur Maultrommel eine Diskussion in der Musikwissenschaft entstanden ist, die eine Infragestellung der systematischen Position dieses Instrumentes innerhalb der klassischen Vierklassensystematik enthält, - aber letztlich auch eine prinzipielle Infragestellung impliziert, welche die gesamte Vierklassensystematik berührt und erschüttert.
Dabei ist aber höchst bedauerlich, dass, damit im Zusammenhang, vor allem zwei „Schlussfolgerungen“ durch die Literatur und die entsprechenden musikwissenschaftlichen Diskussionen geistern. Einmal die eher extreme  Forderung, dass dieses Zupfinstrument nun besser als Aerophon  eingeordnet werden sollte, und zum anderen der eher „vermittelnde“ Vorschlag, die Maultrommel nun als eine Art von „Zwitter-Instrument“ anzusehen, welches - „sowohl als auch“ -  verschiedene Merkmale von verschiedenen Musikinstrumentenklassen trägt...
Ersteres könnte man nur aufrechterhalten, wenn der bislang ohnehin nicht sehr präzise Aerophon-Begriff weiter verunklart wird und dann also auch umso schwerer genauer zu definieren wäre, und die zweite Position ließe sich,  sobald man sich auch auf gründlichere vergleichsanalytische Betrachtungen bestimmter anderer Aerophone der Sachs-Hornbostelschen Vierklassensystematik einlässt, auch jeweils zu manchen von diesen beziehen.
Ich möchte nun auf die drei unterschiedlichen Maultrommel-Exemplare, die ich hier mitgebracht habe, eingehen.
Einmal die typische europäische Form mit offenem Rahmen aus Metall, welche ich – wie  angekündigt – hiermit auch durch einfaches Anblasen, also ohne dass das Instrument dazu angezupft werden muss, zum Klingen bringen kann.
Dann zwei asiatische Varianten mit geschlossenem Rahmen -  eine philippinische aus Bambus und eine vietnamesische aus feinem Messingblech - , die hinsichtlich ihrer Grundkonstruktion in deutlicher Weise den Tongeneratoren der chinesischen Mundorgel (sowie anderer asiatischer Blasinstrumente mit derartigen Tongeneratoren) gleichzusetzen sind.
Hier ist ganz offensichtlich ein entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhang zu vermerken.
Wir finden, wie ich Ihnen jetzt zeigen kann, das gleiche Konstruktionsprinzip (hier ebenfalls aus feinstem Messingblech, aber  freilich in viel kleinerer Ausführung) bei dem Tongenerator des schalmeienartigen asiatischen Blasinstrumentes, welches ich Ihnen nun anblase und dessen Umfang - wie Sie hören können – gut anderthalb Oktaven (von G bis cis) umfasst.
Hier möchte ich Sie anhand einer inzwischen erschienenen Publikation, die ich Ihnen nun zur Kenntnisnahme durchreiche, auf Folgendes aufmerksam machen.
Die Ihnen  vorliegende „Systematik natürlich-akustischer Musikinstrumente“ entstammt einem dort  veröffentlichten Vortrag, den ich am 20.11.1999 zum 20. internationalen Musikinstrumentenbau-Symposium im Kloster Michaelstein halten konnte, und in dieser Systematik findet ein solches Instrument natürlich seinen Platz.
In dieser Publikation finden Sie aber auch einen, dort meinem damaligem Vortrag  vorangestellten Beitrag „Zur Systematik der Klangerzeugung mit Zungen“ von Prof. Jobst Fricke, der meiner Auffassung deutlich entgegengestellt ist, und nach dessen Lektüre man zu der Ansicht gelangen kann, dass es ein solches Musikinstrument mit einem solchen Tonumfang überhaupt nicht geben könne.
Um ein näheres Verständnis für die gegenwärtig völlig unklare und überaus konfliktreiche Wissenschaftssituation um die „Systematik der Musikinstrumente“ zu gewinnen, kann ich Ihnen nur empfehlen, dieses „Konflikt-Beispiel“ der dort veröffentlichten beiden unterschiedlichen Systematisierungsauffassungen analytisch-vergleichend zur Kenntnis zu nehmen, wobei ich Sie zumindest darauf aufmerksam machen möchte, dass bereits auf der ersten Seite des entsprechenden Beitrages von J.Fricke, in fast jedem der dort gedruckten Sätze, ohne Weiteres gänzlich fehlsinnige oder auch geradezu völlig falsche Aussagen und Behauptungen zu finden sind.
Der Waldteufel erfährt in der Sachs/Hornbostelschen Systematik eine allgemein als unstrittig angesehene  Einordnung als Membranophon.
Als spezielle „Schnur“-Reibetrommel sollte dieses Instrument  aber doch wohl viel besser als Chordophon verstanden werden, denn das hier primär wirkende, wesentlich schallgenerierende musikinstrumentelle Element ist nicht die Membrane, sondern zunächst die Schnursaite, mittels derer die dort erzeugten Longitudinalwellen (die letztlich stets auch zu Transversalwellen umgewandelt werden) erst in sekundärer Weise die nachgeordneten  Schwingungen der Membrane bedingen.
Das Instrument kann zudem – wie ich Ihnen nun ebenfalls vorführen kann - auch ganz ‚normal’ (also transversal) wie jedes andere Saiteninstrument angestrichen  oder angezupft werden.
Außerdem finden wir an diesem Instrument noch ein aerophones Element, welches ich Ihnen nun an seinem Trommelkörper durch maultrommelartiges Spiel vor meiner  Mundhöhle verdeutlichen kann.
Auch auf dieses Problem möchte ich wieder zurückkommen.
Zunächst aber zu den Instrumenten der hier vorliegenden zweiten Abteilung.
An einem einfachen Stück beidseitig offenem Installationsrohr aus PVC lässt sich Folgendes zeigen:
Wenn ich es durch Händeklatschen vor einer seiner beiden Öffnungen – ebenso wie ich es Ihnen hier vor meiner leicht geöffneten Mundhöhle vorführen kann –  mittels eines Luftimpulses „anschlage“, dann haben wir es wohl zweifellos mit einem aerophonen Schallereignis und, hinsichtlich dieses Rohres, mit einem Aerophon  zu tun.
Das Gleiche – bloß in anderer Weise - wird wohl auch der Fall sein, wenn ich einfach nur mit einer Handfläche auf eine der beiden  Rohröffnungen schließend an/aufschlage.
Allerdings erklingt nun, wo das Rohr im Augenblick des Anschlages nicht mehr offen, sondern einseitig geschlossen, also, „gedackt“ ist, der so erzeugte kurze Ton eine Oktave tiefer.
Ein ebensolcher „Oktavton“ – bloß mit etwas anderer Klangfärbung – vernehmen wir  auch, wenn ich dieser Rohröffnung zuvor einen gut schließenden Deckel aus gleichem Material aufgesetzt habe und dann an diesen anschlage, oder  wenn ich es in dieser geschlossenen Form  einfach mit meinen Fingern seitlich anschlage.
Nun stellt sich aber die Frage, ob wir es in dieser Weise immer noch mit einem Aerophon zu tun haben.
Eine ebensolche Frage lässt sich stellen, wenn ich  entsprechend  vergleichbar erzeugte Tonereignisse  auch mit bestimmten- wie ich es Ihnen nun zeige -, einfach seitlich oder auch am Boden weich angeschlagenen Glasflaschen vorführe.
Und außerdem - und dies möchte ich nun an dieser langen PVC Röhre ebenfalls noch zeigen – kann ich den Waldteufel von vorhin nun abschließend auf eine Öffnung dieser Röhre aufsetzen, und damit wiederum ganz andere und wiederum erstaunliche Schallereignisse erhalten.
Und erstaunlich sind dann auch bestimmte, wiederum schwierig zu interpretierende Schallereignisse die mit Hilfe von Wasser zustande kommen.
So sehen Sie jetzt in meinen Händen verschiedene extrem dünnwandige und vollständig  mit Wasser gefüllte Flaschen aus Plastematerialien, welche ich, um die Schwingungsvorgänge, auf die es mir nun ankommt, nicht zu behindern, an ihren Verschlussseiten mit Fäden befestigt habe und dann in entsprechend frei hängender Lage seitlich anschlage.
Es sind ganz eindeutige (und nebenbei gesagt auch wunderbar klingende) tiefe Töne zu hören, deren Schwingungen wir hier auch unmittelbar an den Flaschenoberflächen beobachten können; - ebenso wie wir sie dort deutlich (aber eben dabei auch „zerstörerend“) mit unseren Fingerspitzen fühlen können.
Hier haben wir es dann also auch mit der Frage zu tun, ob sich nun bereits von „Hydrophonen“ sprechen lässt  oder es eher doch (eben wegen des einhüllenden Flaschenmaterials) nur bestimmte  Membranophone sind.
Etwa „Flaschenhüllenmembranophone“, deren flüssiger Inhalt  - etwa vergleichbar mit der Membrane  des Waldteufels gegenüber deren Schnur -  hier erst mittels ihrer Membranen lediglich  in sekundärer Weise, zum schallrelevanten Oszillieren  gelangen konnte?
Ich möchte hier  - so wie ich bereits eingangs betont hatte – keineswegs sogleich auf festlegende Antworten in solchen, bislang wohl nicht einfach zu beantwortenden  Konfliktfällen des Systematisierens schallerzeugender Technik hinaus, will aber bei dieser Gelegenheit auch sogleich betonen, dass die bereits von Mahillon aufgeworfene Frage nach der Existenz von Flüssigkeitsklingern meiner Meinung nach durchaus in deutlich zustimmender Weise beantwortet werden sollte.
Unter den in meinen sonstigen Vorlesungen zur „Systematik und Physik von Musikinstrumenten“ dazu behandelten Beispielen erscheint mir dabei der tropfende Wasserhahn über dem teilgefüllten Waschbecken als eines der deutlichsten und auch interessantesten – zumal es eben auch mit ziemlicher Sicherheit von uns allen schon irgendwie einmal erlebt worden ist.
Hier ist klar, dass wohl nur das Wasser im Waschbecken, und nichts anderes, zu schallrelevanten Oszillationen angeregt wird.
Das Bemerkenswerte an den dabei  entstehenden Tönen ist dann aber, dass solche zuweilen überaus nervtötenden Tropfgeräusche von Tropfenfall zu Tropfenfall jeweils in anderer Tonhöhe an unseren Nerven zu sägen vermögen.
Dass mag zunächst erstaunlich sein, denn die Wassermenge im Becken bleibt doch im wesentlichen (abgesehen von einer nur sehr allmählichen Vergrößerung dieser Menge) gleich.
Und wir können auch davon ausgehen, dass nicht etwa der möglicherweise von Fall zu Fall unterschiedliche Wassertropfen, sondern die durch den Einfall von Wassertropfen jeweils erschütterte Wassermenge in die für das Tonereignis schallrelevanten Oszillationen versetzt wird, welche dann durch die  immer wieder erneut wellenbewegte Wasseroberfläche an das Medium Luft abgestrahlt werden.
Diese Oberfläche aber wird normalerweise (ebenso wie auch die gesamte Wassermenge) bei jedem erneuten Tropfeneinfall in einen jeweils anderen Schwingungszustand als beim vorhergehend einfallenden  Tropfen versetzt, was dann auch zwangsläufig zu jeweils anderen Tönen führen muss.
Mit ganz anderen „Wassertropfschallereignissen“ haben wir es aber wieder dann zu tun, wenn wir solche Tropfen – was sich stets sehr eindrucksvoll installieren lässt -  etwa in teilweise mit Wasser gefüllte Röhren einfallen lassen.
Dann wird das Ergebnis natürlich wieder ein vorwiegend aerophones Schallereignis sein, denn in dieser Weise vernehmen wir dann vor allem Töne mit einer zunächst ganz bestimmten Tonhöhe, die durch die Länge der  sich über der Wasseroberfläche  befindlichen  Luftsäule innerhalb dieser Röhren bedingt sind.
Diese lassen sich allerdings in wiederum beeindruckender Weise verändern, sobald dieses Rohr, und damit eben auch die innere Wasseroberfläche, bewegt werden. 
Als eine besonders interessante musikinstrumentelle Neuerung möchte ich Ihnen nun einen Tongenerator vorführen, bei dem es sich, wie Sie an dem Experimentalmodell, welches ich Ihnen hier zeige, leicht erkennen können, um eine angeblasene Ganzmembrane handelt.
Im deutlichen Unterschied zum Mirliton handelt es sich hier um eine notwendigerweise gespannte Membrane, die den Ton auch tatsächlich selbst aktiv oszillierend erzeugt. 
Dabei ist auch hervorzuheben, dass es ein solches Blasinstrument, nämlich ein ’angeblasenes Membranophon’, nach dem Verständnis der Systematik von Sachs und Hornbostel eigentlich gar nicht geben kann.
Es existiert aber inzwischen nicht nur in der Ihnen soeben vorgeführten „Experimentalmodellform“, sondern bereits als ein auf dem Musikinstrumentenmarkt zum Verkauf anstehendes hochentwickeltes Musikinstrument des berliner Erfinders Bernhard Schimpf, der einen solchen Tongenerator für seine Erfindungen nutzt.
Dazu möchte ich Ihnen nun auch eines seiner diesbezüglichen Informationsblätter zu diesem Instrument durchreichen.
Für ein genaueres Verständnis der Funktionsweise und der weiter reichenden Möglichkeiten dieses Tongenerators möchte ich Sie auf meinen im Internet nachzulesenden Vortrag „Über mögliche Konsequenzen zur Systematisierung von Musikinstrumenten angesichts eines inkonsequent gebrauchten Begriffs der ‘Systematik der Musikinstrumente’ “ hinweisen.
Eine ganz andere Möglichkeit, bestimmte Membranen durch Anblasen zu schallrelevanten Oszillationen anzuregen, möchte ich Ihnen nun anhand verschiedener flachgeformter Flaschen vorführen.
Zunächst anhand zweier völlig gleicher Flaschen aus Plastematerial, welche, wie man auch leicht überprüfen kann, über genau das gleiche innere Volumen verfügen.
Um deutlich zu machen, auf was es mir nun ankommt, habe ich eine der beiden vollständig mit einer festen Masse – ähnlich wie Gips – umkleidet.
Wenn ich diese beiden Flaschen nun panflötenartig anblase, so ergeben sich – trotz gleichen Volumens beider – jeweils unterschiedliche Töne.
Die unummantelte erklingt tiefer, wobei (ähnlich wie bei der Gesamthülle der zuvor wassergefüllten Plasteflaschen) deutliche Vibrationen an ihren membranartigen Seitenflächen zu vermerken sind. Besonders bemerkenswert ist dann aber, dass sich die Tonhöhe der mit solchen  angeblasenen Flaschen erzeugten Töne auch noch verändern lässt, wenn es einem gelingt, die Membranspannung dieser Seitenflächen durch Stauchen, Ziehen oder Drücken und „Verbiegen“ des Flaschenkörpers zu verändern.
Das gleiche Phänomen findet sich – wie Sie nun ebenfalls miterleben können – auch bei bestimmten flachgeformten Flaschen aus dünnem Edelstahlblech.
Es wird sicher nicht leicht sein, nun zu entscheiden, ob es sich bei einem solchen Schallgenerator in erster Linie um einen „Gasklinger“ oder einen “Membranklinger“ handelt, aber sicher ist doch wohl, dass wir es hier, ebenso wie bei vielen anderen Musikinstrumenten, mit dem Phänomen der Kopplung unterschiedlich beschaffener sowie unterschiedlich wirkender, schallrelevant oszillierender Substanzen und Konfigurationen zu tun haben.
Um dieses Phänomen geht es mir auch bei dem letzten Experimentalmodell, welches ich Ihnen nun noch vorführen möchte.
Sie sehen einen einfachen zylindrischen Sektkühler, wie er gegenwärtig häufig im Handel angeboten wird.
Das doppelwandig luftdicht konstruierte Gefäß aus Edelstahlblech möchte ich nun als eine Art Glocke auffassen und entsprechend anschlagen, wobei seine äußere Wandung, welche ich hier auch noch mit abdämpfendem Material beklebt habe,  naturgemäß deutlich  anders klingt als seine innere, welche aufgrund des Vakuums zwischen beiden nun  eigentlich ziemlich selbstständig zur Wirkung kommt und immer noch einen recht klaren Glockenton von sich gibt.
Diese nun von ihrer Außenseite her  „im Vakuum eingehängte“ innere Glocke kann ihren Klang – ganz anders als bei allen anderen sonstigen Glocken – jetzt nicht mehr seitlich, sondern nur noch in Richtung ihrer verbleibenden Öffnung abstrahlen.
Und dieser Umstand ermöglicht es uns, nun folgendes Schallphänomen ganz deutlich zu vernehmen: Wenn ich meine Faust (oder auch einen beliebigen anderen, genügend großen Gegenstand)  in diese zuvor angeschlagene „innere Glocke“ eintauche, ohne dabei die schallschwingende Glockenwand zu berühren, so erklingen plötzlich zusätzliche, höhere „Glockentöne“, die auch sofort wieder erlöschen, sobald ich meine Faust wieder entferne.
Ich denke, dass dies durch die Veränderung der mitschwingenden Luftmenge innerhalb dieser „inneren Glocke“ zu erklären ist.
Und ähnlich wie bei bestimmten Mautrommelklängen, bei denen der Grundton der Maultrommel-Zunge bei allen durch die Mundhöhle jeweils verstärkt hervorgehobenen Partialtönen  mit klingen kann, haben wir es auch hier mit entsprechenden Mehrstimmigkeiten zu tun.
Die flachgeformten „Membranflaschen“ und die geschilderte Röhrenglocke sind hinsichtlich ihrer technischen Verwirklichung natürlich abhängig von den verwendeten Materialien und also auch abhängig von fortgeschrittenen Technologien der Herstellung bestimmter Plastewerkstoffe sowie modernster Metallbearbeitungsverfahren; - und also auch erst in jüngerer Zeit in dieser Weise möglich  geworden.
Aber der hier vorgeführte Tongenerator mit angeblasener Ganzmembrane hätte auch schon vor vielen Jahrtausenden entdeckt und hergestellt werden können - vielleicht gab es auch bereits entsprechende Instrumente –, oder vielleicht gibt es sie auch gegenwärtig noch als traditionelle „ethnische Instrumente“, die nur noch nicht von der Musikethnologie entdeckt bzw. zur Kenntnis genommen worden sind.
Und so betrachtet, ergeben sich hier auch spannende Fragen für die weitere Musikinstrumentenforschung, - insbesondere für die Ethnoorganologie.
Solche Fragen lassen sich aber auch systematisch-systemisch weiterführend bedenken, indem auch gezielt nach weiteren möglichen, bislang nicht bekannten, bislang noch nicht erfundenen natürlich-akustischen Tongeneratoren Ausschau gehalten wird.
Freilich stellt sich die Musikwissenschaft solche Fragen normalerweise überhaupt nicht.
Aber innerhalb der „Vergleichsanalytischen Audioorganologie“, wie ich sie betreibe, müssen solche Fragestellungen und entsprechende methodologisch begründete Forschungswege mitbedacht werden.
Dazu können Sie im Internet meinen Vortrag „Ausgewählte Thesen und Anmerkungen zur ’Vergleichsanalytischen Musikinstrumentenforschung’ (VAO)“ nachlesen. 
Als eine Schlussfolgerung aus dem hier Vorgetragenen möchte ich dabei jedenfalls die Notwendigkeit der genaueren Erfassung und organologischen  Differenzierung  verschiedener Arten von  musikinstrumentellen Kopplungen unterschiedlicher Elemente schallrelevanter  Oszillation betonen. Mir scheint dies eine wesentliche Bedingung für die notwendige Weiterenwicklung der audioorganologischen Systematik und für das eingehendere Verständnis der Entwicklung und Wirkweise von musikinstrumenteller Technik zu sein.
Eine Problematik, welche offenbar im „Systematik-Denken von Sachs und Hornbostel“ keine entsprechende Berücksichtigung gefunden hat.
In diesem Sinne möchte ich Ihnen auch empfehlen, gezielt auf die weitere Entwicklung von natürlich-akustischen Instrumenten zu achten. Nicht nur in Bezug auf bestimmte Detailinnovationen, - sondern vor allem hinsichtlich der musikinstrumentellen Nutzung solcher wesentlichen  Neuerungen, wie sie etwa bei dem Instrument zu finden sind, welches von Bernhard Schimpf entwickelt worden ist.
Was wird sich da etwa in den nächsten zehn Jahren noch  entwickeln können?
Und wenn man schon einen solchen Zeitraum ins Auge fasst,  dann gilt es, noch andere Konfliktkonstellationen zu bedenken, an denen man in Bezug auf unsere Fragestellungen keinesfalls vorbeikommen wird.
Die für das Jahr 2014 an dieser Institution hier - aber sicherlich auch in aller Welt – zu erwartenden Jubiläumsveranstaltungen zum  hundertsten  Jahrestag der Sachs-Hornbostelschen Systematik  könnten eine gute Gelegenheit sein, entsprechend kritische  Zwischenbilanzen vorzubereiten und dringend erforderliche Korrekturen vorzunehmen.
Wie werden sich dann, nach 100 Jahren Wirkungsgeschichte der „Systematik von Sachs & Hornbostel“  die Proportionen von kritischer Sicht und konservierender Lobhudelei gestalten?
Kann man dann vielleicht  -   nach der über 80jährigen Vertreibung dieser beiden bedeutenden Gelehrten aus Deutschland durch die deutschen Faschisten (wir haben es ja eigentlich gegenwärtig schon mit einem denkwürdigen Jahrestag zu tun, da vor genau 7o Jahren  zunächst E.v.Hornbostel  aus Deutschland vertrieben wurde) -  sagen,  dass es nun auch wieder eine intensivere und ernsthaft gründliche Wiederaufnahme  der wissenschaftlichen Aktivitäten zur Systematisierung musikinstrumenteller Technik in Deutschland geben wird ?  
Denn bisher gab es solche Wissenschaftsaktivitäten offenbar nur in recht mäßiger Weise  und seitens der DFG wurde mir beispielsweise auf meinen entsprechenden Forschungsantrag hin lediglich mitgeteilt, dass diese Thematik  doch weniger von  Interesse sei…
Dabei haben wir es hier doch mit einer keineswegs unbedeutenden, sondern ausgesprochen seltsam-bemerkenswerten,  aber eben offenbar auch sehr spannungsgeladenen und insofern auch wieder konfliktvollen, letztlich auch spezifisch deutschen, und bis in die Gegenwart hinein durchaus „politisch brisanten“ Wissenschaftsdisproportion zu tun.
Eine Schieflage, die insofern wohl auch zwangsläufig bestimmten „Verschleierungsmechanismen“ ausgeliefert sein wird, und letztlich nicht nur unter  ’aktuell zeitgeschichtlichem’ Aspekt, sondern eben auch in historisch größeren Dimensionen sorgenvoll zu bedenken ist.
Denn nach der faschistischen Vertreibung von Sachs und Hornbostel aus Deutschland, und dann nach dem Sieg über den deutschen Faschismus, entstanden hierzulande die vielleicht wichtigsten neueren Konzeptionen zur Systematik der Musikinstrumente vornehmlich in Ostdeutschland.
Ich, der ich in dieser Tradition stehe, denke dabei an solche bedeutenden Musikwissenschaftler wie Dräger, Zeraschie und Heyde.
Und schon allein diese Tatsache müsste doch eigentlich,  etwa auch seitens  der DFG,  genügender Anlass sein, diese Thematik doch ernster zu nehmen.
Es kann also allein schon unter solchen „historischen und jubiläumsrelevanten“ Aspekten eine durchaus spannende Sache sein, in den kommenden 10 Jahren  auf weitere systematische und klassifikatorische Arbeiten der Audioorganologie und entsprechende Diskussionen zur Kritik und zur  Weiterenwicklung musikinstrumenteller Systematik besonders zu achten.
Und insofern gilt es eben auch solche  Arbeiten  wie die von Jobst Fricke zu bedenken, den ich hier zunächst nur als ein – eben gerade auch mich und mein Anliegen in besonderer Weise tangierendes - Beispiel hervorgehoben habe.
Welche neuen Betrachtungsweisen und welche musikwissenschaftlichen Kategorien aber werden sich da vielleicht in den nächsten 10 Jahren noch durchsetzen können?
Und inwieweit wird sich auf diesem Arbeitsgebiet vielleicht künftig eine fruchtbarere Wissenschaftskultur des gegenseitigen Ernstnehmens unterschiedlicher  Sichtweisen entwickeln können?
Und dies dann vielleicht auch – ich denke hier immer noch an die Chancen innerhalb der kommenden zehn Jahre und die hoffentlich besseren Zeiten nach dem nun bereits zu bedenkenden hundertjährigen Jubiläum der Sachs-Hornbostelschen Systematik -  unter Verhältnissen, in denen solche wie die gegenwärtigen verunklarenden Wissenschaftskonfliktsituationen (wo sich, wie zum erwähnten Symposium im Kloster Michaelstein, die Konzeption eines politisch diskriminierten ostdeutschen Langzeitarbeitslosen in seltsamer Weise mit den Auffassungen eines etablierten westdeutschen Hochschulprofessors begegnen und gegeneinander stehen), sich nicht weiter verschärfen, sondern vielleicht doch  überwunden werden können.
Und ich meine auch, dass  neben der besonderen „deutschen Bedeutung“ die diese Problematik einer wissenschaftsgerechten Systematisierung musikinstrumenteller Technik zweifellos hat, hier natürlich auch unweigerlich eine europäische Dimension mitbedacht werden muss.
Lassen Sie mich dies mit einem abschließenden Bedenken verdeutlichen.
Es hat mehrere Jahrhunderte gedauert, bis die europäischen Musikwissenschaften ein solches Musikinstrument wie die chinesische Mundorgel - obwohl diese ihnen bereits lange bekannt war und sie das Instrument auch stets hier zu ihrer Verfügung hatten – in seiner Funktionsweise wirklich wissenschaftlich begriffen haben.
Wenn ich dazu die Selbstdarstellung von J. Fricke, aus seinem von mir hier erwähnten Beitrag nicht falsch verstanden habe, so geschah dies erst in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts und ist im Wesentlichen sein Verdienst.
Ich finde es nun verwunderlich, dass das von mir hier soeben vorgeführte schalmeienartige asiatische Blasinstrument, welches von der  Grundkonstruktion her den gleichen Tongenerator trägt wie die chinesische Mundorgel (in diesem aber anders genutzt wird, da es -  so wie ich das Instrument  bei verschiedenen asiatischen Musikanten persönlich kennen gelernt habe und dabei auch ausprobieren konnte - normalerweise nur angeblasen, aber nicht ansaugend gespielt wird), offenbar bislang in durchaus vergleichbarer Weise, wie vormals die chinesische Mundorgel, von der offiziellen eropäischen Musikwissenschaft nicht verstanden wird.
Jedenfalls kann man – wie ich bereits angemerkt  habe - nach der vorliegenden Arbeit von Fricke zur Systematik musikinstrumenteller Zungen einen solchen Eindruck bekommen.
Ich denke, dass auch dies ein Ausdruck für den zweifellos unbefriedigenden Zustand des musikwissenschaftlichen Systematisierungsdenkens ist.
Und eines der großen Hindernisse für die Überwindung solcher Konflikte und entsprechender „Wissens-Zustände“ ist die immer noch weitgehende Akzeptanz der Sachs-Hornbostelschen Vierklassen-Systematik, welche letztlich – so denke und hoffe zumindest ich  - nicht mehr lange in sinnvoller Weise zu halten sein wird.
Ich bin aber auch nicht frei von der Befürchtung, dass das weitere Beharren auf dieser, nun schon seit vielen Jahrzehnten so überaus fest eingewöhnten„klassischen Vierklassensystematik“ immer mehr zu einem letztlich  ’quasi-folkloristischen Ritual konservierender Traditionspflege, innerhalb eines bestimmten Wissenschaftsbereiches’ geraten kann.

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