Zu den Besonderheiten einiger konischer Schalmeien
und bestimmter Dudelsackinstrumente der Musikinstrumentensammlung der
Hochschule für Musik des Saarlandes
(Entstanden
im Jahre2010; vorgesehen als Vortrag an der Musikhochschule des
Saarlandes in Saarbrücken)
In
meinem letzten Vortrag hatte ich über bestimmte Besonderheiten
von zylindrischen Schalmeien aus meiner Werkstatt gesprochen und
habe nun vor, über ebensolche von mir hergestellten
Instrumente, aber eben in konischer Bauart, zu berichten.
Zu
den zylindrischen Instrumenten konnte ich darlegen, dass es dabei
unter dem von mir stets in den Vordergrund gerückten Aspekten
musikinstrumenteller Technikentwicklung und musikinstrumenteller
Systematik, nicht nur Neues, sondern auch prinzipiell Neuartiges zu
vermerken gab, welches ich damals auch entsprechend gekennzeichnet
und charakterisiert hatte.
Das
verhält sich nun bei meinen konischen Schalmeien die ich Ihnen
hier vorstellen möchte etwas anders. Bei diesen lassen sich zwar
auch eine Reihe von speziellen Besonderheiten und Weiterentwicklungen
vermerken, - aber wohl kaum derartige „Neuartigkeiten“
hervorheben.
Ich
habe mir diesmal aber vorgenommen, außerdem auch über
bestimmte Dudelsackinstrumente aus meiner Werkstatt zu sprechen,
unter denen sich sowohl solche mit diesen konischen, als auch solche
mit zylindrischen Melodiepfeifen befinden. Und hinsichtlich dieser
komplexeren Instrumente möchte ich Sie heute ebenfalls mit
bestimmten musikinstrumentellen Besonderheiten konfrontieren, von
denen einige wohl auch als besondere Novitäten in der bisherigen
Geschichte der Herstellung von Dudelsackinstrumenten gelten können.
Nun
aber zunächst zu den von mir hergestellten konischen
Schalmeieninstrumenten.
Es
handelt sich im Wesentlichen um drei Instrumententypen
verschiedener Größe.
Einmal
um die große Schalmei in G-Stimmung, von der ich Ihnen zwei
Exemplare mit unterschiedlichen Schallbechern zeigen kann, dann um
ein weitaus kleineres Instrument in Bb und letztlich um ein
ungewöhnlich kleines Instrument in C-Stimmung.
Ich
möchte Ihnen nun zu diesen Schalmeien zunächst nur solche
Besonderheiten vorführen und erläutern, welche bei allen
dreien dieser unterschiedlichen Instrumententypen anzutreffen sind.
Ebenso wie meine zylindrischen Schalmeien, sind auch diese konischen
Instrumente jeweils mit einer im Kopf eingelassenen präzisen
Metallhülse ausgerüstet, um sowohl eine exakte Aufnahme,
als auch eine leichtgängige Verschiebbarkeit des dort
einzubringenden Tongenerators gewährleisten zu können.
Außerdem sind sie ebenfalls alle mit einer entsprechend
genormten Windkapsel ausgerüstet, welche, wie ich hier noch
zeigen möchte, im Falle der Verwendung einer solchen Schalmei
als Melodiepfeife an einem Dudelsack aus meiner Werkstatt, dann auch
sofort als Mundrohr am Dudelsack Verwendung finden kann.
In diese Windkapsel kann dann auch jeweils die von mir speziell
dafür entwickelte Feinstimmeinrichtung eingesetzt werden,
welche ich bereits im Zusammenhang mit den Erläuterungen zu
meinen zylindrischen Schalmeien, vorgestellt hatte.
Alle diese konischen Schalmeien tragen einen angesetzten,
verschiebbaren bzw. drehbaren Schallbecher.
Die Tonskala aller dieser Instrumente beginnt jeweils mit einem
Halbton unter dem jeweiligen Grundton der Tonart in der sie stehen,
wobei dann die Oktave dieses Grundtons als erster überblasener
Ton des höheren Registers erklingt. Für alle weiteren Töne
innerhalb der oberen Oktave ist dann jeweils die ebenfalls hier an
allen drei Typen angebrachte „Überblasklappe“ zu
benutzen.
Vom ersten überblasenen Ton abwärts sind die beiden
obersten Tonlochbohrungen dieser Instrumente, im Halbtonabstand
angeordnet und weitere Halbtonschritte zur Erleichterung des Spiels
verschiedener Tonarten, werden dann jeweils mittels der an allen
diesen Instrumenten speziell eingebrachten besonderen
Doppellochbohrung für den Ringfinger der oberen bzw. linken
Spielhand ermöglicht.
Die Tonlochbohrungen dieser konischen Schalmeien sind generell im
Sinne einer besonderen dudelsackspezifischen Griffweise angelegt,
welche gewissermaßen als „halbgedeckt“ bezeichnet
werden kann. Beim meinen Instrumenten werden dazu für eine von
unten begonnene Tonleiter, zunächst alle Finger der unteren
bzw. der rechten Hand der Reihe nach abgehoben. Sobald aber die
Grifflöcher für die linke Hand erreicht werden, müssen
die oberen drei Finger der rechten Hand jeweils wieder auf ihre
Fingerlochpositionen zurückgeführt werden und dort
verbleiben, und sollten dann – ähnlich wie bei der für
meine zylindrischen Schalmeien obligatorischen „gedeckten
Griffweise“ – nur für bestimmte Vibratoeffekte,
oder gegebenenfalls im Sinne bestimmter Intonationsregulierungen,
bewegt werden.
Alle diese konischen Schalmeien werden bei mir inzwischen –
ebenso wie ich dies für meine zylindrischen Instrumente
inzwischen eingerichtet habe - mit Tongeneratoren aus einem
bestimmten Plastematerial ausgerüstet. Aber im Unterschied zu
den letztgenannten, bei denen ich lediglich Wert darauf gelegt habe,
dass sie sowohl am Dudelsack, als auch mundgeblasen mit Windkapsel,
gespielt werden können, habe ich bei den Tongeneratoren für
meine konischen Schalmeien immer auch noch die Möglichkeit,
diese Instrumente in bestimmten Fällen auch noch direkt mit
Lippenansatz mundgeblasen einsetzen zu können, erhalten wollen.
Diese
außergewöhnliche Bestrebung bringt dann aber auch ganz
bestimmte Probleme mit sich, auf die ich nun, zunächst vor allem
im Zusammenhang mit weiteren spezifischen Besonderheiten meiner
großen „G-Schalmei“, näher eingehen möchte.
Dudelsackpfeifen
in dieser Größe waren die ersten konischen Schalmeien die
ich für die verschiedensten Musikanten hergestellt habe. Sie
waren damals, im Unterschied zu den inzwischen von mir gebauten
Instrumenten dieser Art, zunächst noch mit einem speziell
gedrechseltem Schallbecher ausgestattet, wurden mit speziell
zurechtgemachten Oboenrohren aus arundo donax betrieben und verfügten
auch noch über etwas anders konzipierte
Tonloch-Mensurverhältnisse; - ohne Doppellochbohrung und ohne
die Konzeption einer Überblasklappe.
Instrumente
dieser Art gehörten in den achtziger Jahren zweifellos zu den
verbreitetsten Schalmeieninstrumenten in der DDR und wurden alsbald
sowohl in den verschiedensten Musikfolklore-Gruppen, als auch in dem
später von mir gegründetem speziellen Dudelsackensemble
„Deutsche Dudelsackspieler Runde“(01)verwendet.
Dass
diese Instrumente von mir für die Tonart G-Dur konzipiert waren,
obwohl ich – aber dann auch verschiedene andere damalige
Interessenten an der Herstellung solcher Instrumente in der DDR -
zunächst von der Größe und vom Konus der
Melodiepfeife einer französischen Cabrette aus meiner Sammlung
(02)(also einer, auch entsprechend für F-Dur möglichen
Instrumentenvorlage) ausgegangen waren, hatte seinen Grund darin,
dass in der damaligen Szene von jüngeren Neofolkloristen dieses
Landes, anfänglich (wohl auch im Zusammenhang mit der damaligen
Dominanz von bestimmten, dort, zunächst oft nur in einfachster
Spielweise verwendeten Saiteninstrumenten) eben vorwiegend
„Kreutztonarten“ genutzt wurden. Das war aber nun in der
bereits 1977/78 entstandenen Dudelsackgruppe „Windbeutel“,
in welcher von Anfang an ein ganz spezieller,in Es-Dur stehender Bock(03), aber dann auch zunehmend
bestimmte, von mir besonders geliebte und eben für Bb-Tonarten
auch eher geeignete Instrumente, wie Eb-Alt-Horn, Eb-Klarinette und
später auch Eb-Sopranino-Saxophon, eine weitaus dominierendere
Rolle spielen konnten, völlig anders. Ich habe also alsbald auch
eine entsprechend kleinere konische Schalmei für entsprechende
Bb-Tonarten entwickelt, welche dann aber immer wieder nur in meiner
Gruppe verwendet wurde, aber(04) bemerkenswerter Weise kaum noch auf
weiteres Interesse innerhalb der sonstigen Musikfolkloreszene der DDR
traf. Dort dominierten inzwischen die entsprechenden großen
Schaperpfeif-Dudelsäcke in G-Dur, mit denen dann auch der damals
in der DDR vor allem von Roman Streisand alsbald eingeleitete Boom
von „Mittelalter-Veranstaltungen“, sowohl optisch, als
dann auch zunehmend musikantischer werdend(05), begleitet und
umspielt wurde.
Man
könnte nun, wenn man beispielsweise die ebenfalls in Bb
stehenden großen schottischen Dudelsäcke im Sinn hat,
bedenken, dass doch also auch Instrumente in dieser Tonart für
lautstarkes und aufsehenerregendes Freiluft-Dudelsackgeschehen
bestens geeignet sind, denn diese großen „Hochland-“
oder auch „Kriegs-Pfeifen“ genannten Instrumente,
beweisen dies schließlich. Aber sie beweisen es eben mit ganz
anderen, sehr laut und martialisch wirkenden Melodiepfeifen, deren
Klangeigenschaften ich bei meinen Instrumenten gerade nicht im Sinn
hatte. Bei den von mir für diese Tonlage konzipierten konischen
Schalmeien, handelt es sich letztlich um etwas ganz anderes, -
eigentlich eher um einen gezielt beabsichtigten Gegenentwurf zum
schottischen Chanter.
Meine
prinzipiell leiser klingenden Schalmeien in Bb haben nicht nur einen
ganz anderen Tongenerator, sondern auch eine schlankere konische
Bohrung und hinsichtlich ihrer Grifflochbohrungen auch andere
Mensurverhältnisse und sie können zudem auch über eine
Überblas-Klappe(06) verfügen, mittels derer dann auf ihnen
auch ein weitaus größerer Tonumfang als auf der
schottischen Dudelsack-Melodiepfeife gespielt werden kann. Zudem
müssen sie (entsprechend ihrer ganz anderen Tonlochanordnung)
auch in einer besonderen - hier bereits geschilderten- Griffweise
gespielt werden, welche den speziellen Dudelsackgriffen der
schottischen Instrumente zwar ähnelt, aber eben diesen doch
nicht gleich ist.
Und
diese Instrumente wurden – wie ich bereits deutlich gemacht
habe – auch im Sinne einer dreifachen Einsatzmöglichkeit
konzipiert: Einerseits als Meldodiepfeife eines Dudelsackes und
andererseits als mundgeblasene Schalmei, entweder mit Windkapsel,
oder eben auch als ein direkt mit Lippenansatz gespieltes Instrument.
Die Verwendung als Dudelsackpfeife werde ich Ihnen hier noch
vorführen, wenn ich dann auch über diese komplexen
Instrumente spreche. Jetzt möchte ich Ihnen zunächst wieder
– wie bereits an der großen G-Schalmei gezeigt –
die Unterschiedlichkeit von „indirektem“ und „direktem“
Mundansatz vorführen. Also einerseits den Bläseransatz mit
Hilfe einer Windkapsel, bei dem die beiden Halbmembranen des
Tongenerators, wie beim Dudelsackspiel, frei schwingen können
und nur unserem Luftdruck unterliegen, und andererseits den Ansatz
mit Hilfe unser Lippen, bei denen diese Halbmembranen auch dem
Lippendruck unterliegen, also sozusagen „oboenartig“
angeblasen werden, vorführen.
Dazu
aber zunächst bestimmte Vorbemerkungen:
Von
manchen meiner Dudelsackschüler an der Berliner Schostakowitsch
Musikschule, bei denen ich in der Regel die ersten Griffe der
Melodiepfeife noch nicht am Dudelsack, sondern zunächst eben
mittels einer mundgeblasenen Windkapsel üben ließ, wurde
ich manchmal gefragt, was denn dann der Vorteil eines Dudelsackes sei
– da man doch auch so dudelsackartig spielen kann…Ich
habe diese Frage nie als etwas Unüberlegtes zurückgewiesen,
sondern stets die Gelegenheit genutzt hier auch weiterreichende
prinzipielle musikantische Unterschiede zu verdeutlichen: Dass man
nämlich mit dem Dudelsack endlos dudeln, aber mit den meisten
Dudelsackinstrumenten doch kaum exaktes Stakkato oder deutliche
Pausen spielen kann, wohingegen man mit der Windkapsel ganz exakte
Melodiepausen und vielfältiges Stakkato, aber eben nicht so ohne
weiteres ein endloses „Dudeln“ zustande bringen wird. Ein
entsprechendes „Dudeln ohne Sack“ wird erst dann möglich,
wenn man sich wiederum mit den Besonderheiten der so genannten
„zirkulierenden“ oder auch „permanenten“
Atmung näher vertraut machen würde. Und so etwas –
also quasi „Dudelsackmusik ohne Säcke“ - gibt es ja
schließlich. Eine ganz spezielle Musikkultur, die wir auch in
Europa finden können; beispielsweise auf Sardinien. Es geht also
beim Spiel mit der Windkapsel zunächst um den Klang einer
Dudelsackpfeife in Verbindung mit Melodiepausen und
Stakkatomöglichkeiten, wohingegen wir es bei einer mit direktem
Lippenansatz angeblasenen Schalmei zwar auch mit der Möglichkeit
von Melodiepausen und bestimmten Stakkatospielweisen, aber eben nicht
mehr mit den Klangbesonderheiten einer Dudelsackmelodiepfeife zu tun
haben. Im Sinne dieses Unterschieds haben wir es dann also eigentlich
doch mit einem Musikinstrument ganz anderer Spezifik zu tun. Und
dieser Unterschied muss uns noch deutlicher werden, wenn wir zudem
bedenken, dass wir mit Hilfe dieser „lippendirekten“,
also eben auch „oboenartigen“ Spielweise nun nicht nur zu
wieder ganz anders gestaltbaren Stakkatospielweisen, sondern nun auch
zu einem ganz andersartigen Vibrato in der Lage sind. Dies alles ist
jedoch wiederum mit Schwierigkeiten besonderer Art verbunden, so dass
ich zwar denke – wie ich ja bereits deutlich gemacht habe –
dass diese ganz andere Spielweise auch an einer für den
Dudelsack vorgesehenen Melodiepfeife nutzbar erhalten bleiben kann,
aber dann wohl nur von wenigen Spielern auch in musikalisch
wertvoller Weise zu verwirklichen sein wird. Denn wer sich an so
etwas wagt, hat es eben doch wieder mit weitaus vielfältigeren
musikantischen Problemen und Besonderheiten zu tun, als sonstige
Dudelsackspieler. Zunächst muss er sich gründlich mit den
spezifischen Anforderungen beschäftigen, die ansonsten nur
Oboenspielern oder bestimmten anderen Schalmeienspielern abverlangt
werden und den Dudelsackspieler doch eigentlich gar nicht berühren.
Nämlich mit den besonderen „Virtuosenanforderungen“
die an das oboenspezifische intensive Training von dessen Mund- und
Lippenmuskulatur gestellt werden, welches dort auch durchaus
aufwändiger und mühsamer ausfallen kann, als
vergleichsweise die Übungsbemühungen in Hinsicht auf Atem-
und Fingertechnik eines Oboisten. Aber der vom Dudelsack oder dem
Windkapselspiel herkommende Musikant hat, wenn er seine Melodiepfeife
nun tatsächlich auch auf diese Weise spielen möchte,
jeweils noch ein anderes Problem zu beachten, welches ich nun in
folgender Weise deutlich machen möchte: Wenn wir auf einer gut
eingestimmten Oboe versuchen wollen, diese auch einmal mit einer
Windkapsel anzublasen so können wir ohne Weiteres die Erfahrung
machen, dass dies durchaus möglich ist. Dann, wenn wir weiter in
dieser Richtung experimentieren (und ich habe so etwas natürlich
immer wieder, auch mit den unterschiedlichst gestalteten Windkapseln
getan) werden wir die Erfahrung machen, dass es sich dabei anbietet,
nun auch das Doppelrohrblatt den entsprechenden Windkapselbedingungen
anzupassen, damit es dort entsprechend „besser anspricht“.
Dabei aber kann nun dieser, zuvor doch für den direkten
Lippenansatz eingerichtete Tongenerator, für diesen Ansatz
wiederum verdorben werden. Und letztlich werden wir dann auch immer
wieder die Erfahrung machen müssen, dass die Oboe eben doch
nicht über eine, für einen Windkapsel-Ansatz geeignete
Anordnung ihrer Grifflöcher verfügt. So gespielt, werden
wir letztlich feststellen müssen, dass das Instrument dafür
eben einfach nicht eingerichtet ist und eben auch „nicht
richtig stimmt“. Ich würde also auch niemals vorschlagen
wollen, etwa mit einer Oboe in dieser Weise umzugehen, oder etwa an
ein in diesem Sinne neu zu konzipierendes Instrument dieses Kalibers
zu denken. Aber das Umgekehrte – nämlich eine
entsprechende konische Dudelsackpfeife, auch noch für die
Möglichkeit eines Lippenansatzes in Betracht zu ziehen –
schlage ich hier doch vor, und möchte es auch sogleich
vorführen. Diesen Widerspruch – oder eben auch den
entsprechenden konfliktreichen Vorschlag, so etwas doch zu versuchen,
kann ich nun nur in folgender Weise näher auflösen und
vielleicht auch weiter verteidigen. Ich denke die Erfahrung gemacht
zu haben, dass ein solcher musikinstrumenteller Funktionswandel zwar
in Hinsicht auf ein Instrument in der Größe einer Oboe,
sicherlich ziemlich aussichtslos bleiben wird, sich aber bei den von
mir ins Auge gefassten, weitaus kleineren Kalibern solcher, etwa eine
Oktave höher angelegten, kleineren Dudelsackpfeifen, doch
vielleicht in Form eines Kompromisses praktikabel bewältigen,
und dann auch in einer musikantisch vertretbaren Art und Weise,
gestalten lassen wird. Wer sich jedoch an dieses Abenteuer wagt, wird
im entsprechenden Umgang mit diesen, sozusagen „multivalent“
konzipierten, kleineren Schalmeien, noch etwas ganz Bestimmtes
beachten müssen. Wenn er seine vielleicht genau auf 440 Herz
eingestimmte Dudelsack-Melodiepfeife zunächst innerhalb eines
Musikstückes mit Dudelsack oder Windkapsel eingesetzt hat und
dann also auch noch mit direktem Lippenansatz spielen möchte,
so sollte er dafür dann den Tongenerator seiner Schalmei etwas
tiefer in das Instrument einführen, - es also nun entsprechend
„umstimmen“. Auf diese Weise wird er es dann auch mit
Hilfe eines gut trainierten Lippenansatzes entsprechend „stimmig“
weiterspielen können. Bei dieser dafür notwendigen
Verfahrensweise wird sich dann auch die hier von mir besonders zu
empfehlende, zusätzlich aufgesetzte Feinstimmeinrichtung als
vorteilhaft erweisen können. Diesmal nicht, weil damit etwa der
entsprechende Tongenerator sicher geschützt innerhalb des
Instrumentes verbleiben könnte – denn gerade das kann er
ja nun, wenn er mit direktem Lippenansatz genutzt werden soll, nicht
mehr - sondern deswegen, weil die für diesen Ansatz zuvor
einzurichtende Positionsveränderung des Tongenerators, jetzt mit
Hilfe dieser Zusatzeinrichtung, weitaus sicherer und auch
entsprechend einer zuvor dort genau zu markierenden Position ganz
exakt ausgeführt werden kann. Eben sicherer als ohne diese
Feinstimmeinrichtung.
All
dies werde ich nun versuchen Ihnen an diesem in Bb gestimmten
Instrument auch vorzuführen. Was ich damit an dieser kleineren
Schalmei in Bb verdeutlichen will, kann natürlich auch in Bezug
auf die nun hier noch zu behandelnde kleine C- Melodiepfeife bedacht
werden, wobei ich dazu sogleich anmerken möchte, dass bei diesem
besonders kleinen Instrument, gerade das Anblasen mit Lippenansatz,
wiederum noch problematischer werden kann, also noch weitaus
intensiver trainiert und „erübt“ werden muss.
Wenn
ich nun noch weiter über dieses besonders kleine Instrument in
C-Stimmung spreche, so muss ich auch auf weitere Besonderheiten und
Unterschiede zwischen der großen G-Schalmei und diesen beiden
kleineren Instrumenten in Bb- und C- Stimmung hinweisen. Und dazu
muss ich nun auch wieder etwas weiter ausholen.
Meine
ersten Versuche der Herstellung einer entsprechenden kleineren
Schalmei in Bb erfolgten - ebenso wie bei meiner großen
G-Schalmei - anfänglich natürlich mit ganz normalen
Oboenrohren, welche allerdings jeweils für den Windkapselansatz
„speziell zurechtgeschabt und eingerichtet“ werden
mussten. Insofern verwendete ich dabei natürlich auch immer
wieder die dafür üblichen konischen Messinghülsen
dieser Tongeneratoren. Also eben solche konischen Messinghülsen,
welche man normaler weise von jedem Oboisten, oder auch im
Musikinstrumentenhandel erhalten konnte. Dabei musste ich aber
alsbald die Erfahrung machen, dass einem da auch durchaus
signifikante Mensurunterschieden bei diesen Tongeneratoren begegnen
können und zuweilen war dann in der DDR auch die Rede davon,
dass es eben unterschiedliche Lehrmeinungen im Hochschulfach Oboe
(etwa in Berlin, Leipzig oder auch Dresden und Weimar etc.) gäbe,
was sich dann auch auf bestimmte Unterschiede bei diesen
Tongeneratoren auswirkte. Solche Unterschiede – wie sie in etwa
auch begründet sein mögen – konnte man leicht an den
verschiedenen Gesamtlängen solcher Oboenrohre feststellen, dann
aber auch, sobald man eben näher in dieses Problem, bzw. dann
auch in diese Tongeneratoren selbst „eindrang“, in
signifikanter Weise hinsichtlich der da verwendeten konischen
Messing- oder Neusilberröhren vermerken, wo ebenfall
unterschiedliche Längen, aber auch ganz unterschiedliche
Qualitäten in Gebrauch waren. Aus meiner Sicht handelte es sich
da bei den überaus exakten konischen Oboenhülsen der Firma
Klopfer, um das Beste was man überhaupt bekommen konnte.(07)
Aber
letztlich eigneten sich doch – trotz dieser zu vermerkenden
Maßhaltigkeits- und Qualitäts-Unterschiedlichkeiten - mehr
oder weniger alle für Oboe vorgesehenen konischen Metallhülsen
ohne große Veränderung, für die Herstellung von
Tongeneratoren für meine G-Schalmeien.
Von
solchen, also innerhalb der „Varianzbreite“ von
Oboentongeneratoren mensurierten, Metallhülsen bin ich dann auch
bei der Herstellung von Tongeneratoren für meine ersten kleinen
Schalmeien in Bb ausgegangen und bin damit zunächst auch
einigermaßen zu recht gekommen, - aber alsbald eben auch auf
erhebliche Schwierigkeiten gestoßen. Schwierigkeiten, die sich
auch dann nicht bewältigen ließen, wenn man diese Hülsen
etwa kürzte. Insbesondere bei meinen Bestrebungen nun auch einem
solchen kleineren Instrument musikantisch nutzbare
„Überblaseigenschaften“ zu entlocken, ergaben sich
immer wieder bestimmte Probleme. Bei den größeren
Schalmeien war dies ja weitaus unproblematischer.
Zu
diesen kleinen Schalmeien in Bb, mit denen ich dann zusammen mit
meiner Gruppe, neben vielen öffentlichen Auftritten, auch
bestimmte Studioaufnahmen für den Rundfunk der DDR machen
konnte, hatte ich aber bereits angemerkt, dass diese Instrumente
damals letztlich doch auf kein weiteres Interesse innerhalb der
neueren Musikfolkloreszene der DDR gestoßen sind.
Das
verhielt sich nun in Hinsicht auf den Wunsch nach einer kleinen
Schalmei in C-Stimmung völlig anders. Etwa in der zweiten Hälfte
der achtziger Jahre entstand da ein deutliches Bedürfnis nach
einem solchen kleineren Instrument, welches sowohl als
tonartverwandtes Ergänzungsinstrument zur inzwischen allgemein
üblichen Schalmei in G, aber eben auch als Instrument mit einer
wiederum besonders „praktikablen“ Tonart und letztlich
eben auch als ein handliches, sympathisches „Kleininstrument“
(etwa wie die damals auch in der DDR unter den Neofolkloristen immer
beliebter werdenden kleinen irischen Blechflöten von D bis G)
durchaus erwünscht wurde. Jedenfalls sind mir solche
Wunschvorstellungen desöfteren seitens verschiedener
folkloristisch orientierter Instrumentalisten, die eben an einer
Schalmei in Bb nicht, oder kaum interessiert waren, begegnet.(08)
Ich
weiß nun weder ob andere, damals auf die DDR-Folkloreszene
orientierte Dudelsack- und Dudelsackmelodiepfeifen Hersteller, von
denen es ja zu diesen „Vor-Wendezeiten“ bereits mehrere
gab, damals noch in dieser Richtung aktiv geworden sind, und ich weiß
(eben auch auf Grund der sich alsbald rapide verändernden und
mich dann auch in besonders stringenter Weise bereffenden
Veränderungen der politischen und kulturellen Verhältnisse)
schon gar nichts mehr darüber, ob es dann auch nach 1990 etwa in
Ostdeutschland noch erfolgreiche Bemühungen um ein solches
„Kleininstrument“ gegeben hat. Von mir selbst aber weiß
ich, dass mir dieses zunächst ganz optimistisch angegangene
Vorhaben, zu DDR-Zeiten überhaupt nicht gelingen wollte. Mir
schien, dass ein in dieser Größenordnung erwünschtes
solides Schalmeieninstrument mit den eigentlich doch für Oboe
konzipierten konischen Metallhülsen, kaum noch optimal zu
verwirklichen sein wird. Die Schwierigkeiten bzw. die entsprechenden
„musikinstrumentellen Konstruktions-Begrenztheiten“, die
sich da bereits bezüglich meines Instrumentes in Bb abgezeichnet
hatten, schienen mir nun, bei dem weitaus kleineren C-Instrument noch
deutlicher hervorzutreten. Bei diesem Instrument stand ich also
alsbald vor einer ähnlichen Situation, wie bei den
Tongeneratorhülsen für meine zylindrischen Schalmeien, über
die ich in meinem letzten Vortrag ausführlicher gesprochen habe.
Ich musste versuchen, nun eine Firma zu finden die mir ganz
spezielle, entsprechend kürzere und eben auch dünner
auslaufende, konische Tongeneratorenhülsen nach meinen Angaben
herstellen konnte, damit ich dieses Vorhaben auch weiter verfolgen
konnte. Und unter den nach 1990 völlig andersartigen
sozialökonomischen Bedingungen, war mir dies nun auch möglich.
Freilich nur – wie bereits hinsichtlich der von mir georderten
zylindrischen Präzisionsröhren vermerkt – mit einem
für mich geradezu unsinnig hohem Kostenaufwand, den ich dann
auch noch dadurch „preislich sinnvoller“ zu gestalten
versuchte, dass ich letztlich mehr solcher Hülsen geordert habe,
als ich je zu meinen Lebzeiten sinnvoll verbrauchen könnte…(09)
Zu diesen, dann für diese kleinen Instrumente
unverzichtbar werdenden Spezialhülsen, aber muss ich mir nun die
Frage stellen, ob sie möglicherweise die kleinsten sind die je
in dieser technisch exakten Weise, massenhaft, gleichartig
mensuriert, für solche Musikinstrumente produziert wurden? Ob
also so etwas in der entsprechenden Geschichte des
Musikinstrumentenbaues schon vorgekommen sein mag? Ob es sich dabei
möglicherweise also auch um etwas handelt, was es so in dieser
Feinheit bislang noch nicht gegeben hat. Ich kenne jedenfalls kein
als einen speziellen Typ zu betrachtendes Schalmeieninstrument mit
entsprechend vergleichbar hergestellten kleinen konischen
Tongeneratorhülsen. Freilich, kann man auch auf der Basis
handarbeitlicher Einzelanfertigung derartig dimensionierte Hülsen,
jederzeit, einfach aus dünnem Blech, herstellen, und dies ist in
der Geschichte des Dudelsackbauens sicherlich auch schon vorgekommen,
denn wir finden da schließlich auch noch höher gestimmt
ausfallende kleine konische Dudelsackmelodiepfeifen. Mir aber war
die Verfügungsmöglichkeit über möglichst mehrere
bzw. auch viele solcher, möglichst gleichartig
exakt-maßhaltiger konischer Metallhülsen, im Sinne meines
stets auch auf bestimmte vergleichende Experimente und entsprechende
„Experimentalmodelle“ abzielenden vergleichsanalytischen
Wissenschaftskonzeptes wichtig. Letztlich konnte ich dann auch nur
mit diesen, für meine C-Schalmei unverzichtbar gewordenen
Hülsen, auch wesentliche Verbesserungen an der vorliegenden,
etwas größeren Schalmei in Bb erreichen. Und mit dieser
Aussage kann ich nun auch einen bestimmten Bogen meiner bisherigen
Darstellung wieder „zurück schlagen“.
Denn
einleitend hatte ich heute ja zunächst solche Besonderheiten
aufgezählt, die sich bei allen meinen hier vorgestellten
konischen Schalmeien finden lassen, und ich kann nun - nachdem ich
Sie mit allerlei organologisch relevanten Querelen technischer,
sozialökonomischer und kulturpolitischer Art konfrontiert habe -
auch zur entsprechend verdeutlichenden Hervorhebung von wiederum
solchen Besonderheiten kommen, die nur bei bestimmten dieser
Instrumente anzutreffen sind. Und dies bezieht sich nun, was diese
beiden kleineren Instrumente betrifft, im Wesentlichen auf zwei
weitere Besonderheiten. Einmal auf diese, besonders kleinen konischen
Tongenerator-Metallhülsen, welche ich nun für beide
Instrumente, also die kleine Schalmei in C und auch für das
etwas größere Instrument in Bb, verwende und andererseits
auf die an diesen beiden Instrumenten angebrachten besonderen
Schallbecher.
Dazu
hatte ich bereits gesagt, dass alle meine derartigen Instrumente über
verschiebbare bzw. drehbare Schallbecher verfügen, muss nun
aber die entsprechenden Unterschiede und Besonderheiten deutlich
machen.
In
Hinsicht auf die große Schalmei in G hatte ich Ihnen bereits
zwei unterschiedliche Schallbecher gezeigt, die sich aber deutlich
von den Schallbechern der beiden kleineren Instrumente unterscheiden,
welche wiederum gleichartig sind. Der besondere Vorteil dieser
gleichartigen Schallbecher gegenüber den bereits an der
G-Schalmei gezeigten, besteht nun darin, dass in diesen jeweils auch
die Tonlochbohrung für den kleinen Finger der unteren Spielhand
untergebracht ist, und man somit die vorteilhafte Möglichkeit
hat, die jeweils bequemste Griffposition für diesen Finger,
selbst zu bestimmen und genau einzustellen. Ein aus meiner Sicht und
Erfahrung ganz wesentlicher Vorteil gegenüber anderen
vergleichbaren Instrumenten. An der großen G-Schalmei, wo sich
das für diesen Finger zuständige Tonloch oberhalb des
Schallbechers befindet, also feststehend im Instrumentenkörper
eingebracht wurde, ist dieses Problem eigentlich ungelöst. Ein
deutlicher Nachteil dieses Instrumentes. Dabei kann ich auch auf
meine Erfahrungen innerhalb der „Deutschen Dudelsackspieler
Runde“ verweisen, wo sich, entsprechend den DDR-spezifischen
Strukturbesonderheiten dieser, sich immer wieder unterschiedlich aus
vielen Dudelsackspielern zusammensetzenden Spielergemeinschaft, auch immer wieder zeigte, dass manche Hände (zuweilen
eben auch die manchmal kleineren Hände von weiblichen
Dudelsackspielern) mit dieser doch sehr gestreckten
Grifflochanordnung, gerade bei der untersten Tonlochbohrung, oft nur
schlecht zurecht kommen konnten. Und bei diesen Instrumenten ließ
sich dieser, eben auch von mir zu beklagende Nachteil, auch nicht
durch entsprechende Schallbecherformen ausgleichen. Die beiden hier
verwendeten Schallbecher für dieses größere
Instrument, sind aus gänzlich anderen Motivationen heraus in
unterschiedlichen Formen entstanden.
Wie
ich bereits gesagt und gezeigt hatte, waren meine ersten G-Schalmeien
zunächst mit dem aus Holz gedrechselten
trompetenschallbecherförmigem Schallbecher ausgerüstet,
welcher sich auch im Falle einer zuweilen durch unterschiedliche
Tongeneratoren bedingten Unstimmigkeit der tiefen Töne,
„nachstimmend“ verschieben lässt. Aber das war nicht
der Hauptgrund für dessen Gestaltung.
Ich
sehe ihn heute eher als ein damals aus formgestalterischen Gründen
entstandenes Produkt meiner drechslerischen Eitelkeit an, denn es hat
mir bei dieser Handwerkstechnik natürlich besondere Freude
bereitet, so etwas letztlich doch auch zustande bringen zu können.
Etwas, was nicht allzu leicht herzustellen ist - dann aber auch gut
aussehen kann. Und ich habe dies dann, neben vielen anderen
Dudelsackherstellungstechniken, auch viele Jahre lang immer wieder an
meinem ambulanten Drechselstand, auf den unterschiedlichsten
Volksfesten, sowie vielen speziellen Folkloreveranstaltungen in der
DDR, bis hin dann auch zu bestimmten „Mittelalter-Events“,
vorgeführt
und propagiert.(10) Gerade die Besucher und Gestalter letzterer
Veranstaltungen waren sich zumeist sicher, dass diese
Schallbecherform an einer Dudelsackpfeife sowohl als „original
deutsch“ als auch als „original mittelalterlich“
anzusehen sei. Inzwischen habe ich aber - keineswegs nur wegen meines
prinzipiell skeptischen Blickes auf derart fest gefügte
Vorurteilshaltungen - meine entsprechende Schallbecherauffassung für
dieses Instrument geändert und favorisiere aus bestimmten
Gründen eher die zweite hier gezeigte Schallbecherform meiner
G-Schalmei. Die erste halte ich inzwischen auch deswegen für
nachteilig, weil damit eine besondere Lautstärke der unteren
Töne zustande kommt, die mir alsbald nicht mehr als günstig
für ein ausgeglichenes Dudelsackklangbild erschien. Das war
sozusagen ein „Erfahrungseindruck“ den ich insbesondere
beim Anhören von Tonaufnahmen erleben konnte, aber auch schon
zuvor, im Eifer vieler Gefechte öffentlichen Musizierens,
wahrgenommen hatte. Außerdem aber habe ich bei meiner
nunmehrigen Schallbecherkonzeption, die auf Grund einer entsprechend
anderen Innenform in dieser Hinsicht auch ganz anders wirkt, noch an
bestimmte weiterführende spieltechnische Möglichkeiten
gedacht. Was ihre äußere Form betrifft, so ist vielleicht
interessant zu bedenken, dass diese immer wieder auf bestimmte
Protesthaltungen gestoßen ist, denn so eine, doch
offensichtlich „nur von den Schotten übernommene“
Scheibenform am Schallbecher, erschien manchem Dudelsack-Fan nun
wieder als „nicht so richtig deutsch“, sowie auch als
„nicht so richtig mittelalterlich“ und meine Haltung,
dass selbstverständlich alle Dudelsäcke die ich baue,
irgendwie letztlich doch „deutsche Dudelsäcke“ sind,
da ich mir niemals vorgenommen hatte, etwa irgend einen (und so eben
auch keinen etwa irgendwie als „original
altdeutsch-mittelalterlich“ anmutenden) Dudelsack jemals zu
kopieren, konnte natürlich weder von bestimmten
Folkloremusikanten, noch von bestimmten „akademisch befugten“
Folklore-Wissenschaftlern, geduldet oder akzeptiert werden.
Ganz
unabhängig von derartigen Parteiungen, die beim Thema Dudelsack
immer wieder ganz erstaunliche Zuspitzungen zustande bringen können,
möchte ich nun meine gänzlich anders motivierte Haltung zu
dieser „scheibenförmigen Formgestaltung“ dieses
Schallbechers verdeutlichen.
Zunächst
glaube ich sicher zu sein, dass derartige Formen von Schalmeien in
der wirklichen Geschichte solcher Instrumente nicht nur bei den
weltbekannten schottischen Instrumenten anzutreffen sind, sondern
auch anderswo vorkamen. Aber ich muss auch sagen, dass dies für
mich eben nicht entscheidend ist.
Wenn
Sie nun diese Scheibe genauer betrachten, so lässt sich an ihrer
Unterseite der etwas herausragende Rand der Metallröhre
erkennen, auf welcher sie aufgebracht ist. Und über diese
Besonderheit, die gar nichts mehr mit schottischen Dudelsäcken,
aber sehr viel mit entsprechenden irischen Instrumenten zu tun hat,
möchte ich Sie nun näher informieren. Es ist eine
Besonderheit, die vor allem bei der Verwendung des Instrumentes als
eine in spezieller sitzender Haltung gespielte Dudelsackpfeife zur
Geltung kommen kann. Also genau in der Spielhaltung wie man sie von
der großen „Irish Union Pipe“ kennt. Wenn ich nun
in dieser Haltung die Schallbecherscheibe schräg am Oberschenkel
ansetze, so kann ich mit bestimmten Schwenk- und
Annäherungsbewegungen, sowohl ein bestimmtes Vibrato, als dann
auch noch einen weiteren Halbtonschritt nach unten erklingen lassen.
Diese dafür nötigen „Annäherungsbewegungen in
Schräghaltung“ können nun, mit Hilfe einer solchen
„Schallbecherscheibe“ weitaus besser, als etwa mit dem
zuvorigen, sich weit öffnenden Schallbecher gestaltet werden.
Und außerdem kann dieser Röhren-Schallbecher nun auch
unmittelbar gerade bzw. „senkrecht“ aufgesetzt werden,
wobei dann mittels des unter der Scheibe befindlichen Rohrrandes,
seine gesamte Öffnung auf eine sichere Weise dicht verschlossen
werden kann. Auf diese Weise können nun – ebenso wie an
der Irish Union Pipe - sowohl bestimmte Abschalt- und Stakkatoeffekte
(etwa wenn alle anderen Tonlochbohrungen geschlossen werden) als auch
ein bestimmtes, dudelsackspezifisches Vibrato (wenn also einige
Tonlochbohrungen geöffnet sind) sowie auch (beispielsweise mit
besonderen Kombinationsgriffen) bestimmte Intonationsregulierungen
realisiert werden. Dass bei all diesen Funktionserweiterungen
natürlich das Vorbild der großen irischen Dudelsackpfeife
eine Rolle für mich gespielt hat, liegt auf der Hand. Ich kann
dazu aber außerdem sagen, dass ich bei der Weiterentwicklung
dieses Schalmeieninstrumentes, welches ja in seiner jetzigen Form
weitaus mehr Besonderheiten aufzuweisen hat, als meine ersten
Dudelsackpfeifen in G, auch in anderer Weise an die von mir
bewunderte irische Dudelsackspielpfeife gedacht habe. Von Anbeginn
meiner Beschäftigung mit den Problemen einer solchen konischen
Dudelsackmelodiepfeife, hat stets auch der Gedanke, dass eine solche
Pfeife in G doch letztlich auch einmal mit der tieferen, in D
stehenden Melodiepfeife des Irischen Dudelsackes (welcher doch
ebenfalls in G-Dur gespielt werden kann) kombiniert werden könnte,
um dabei dann sowohl zweistimmig, als auch hinsichtlich ihrer
allerhöchsten Tonlagen, entsprechend ergänzend,
mitzuwirken, stets eine wesentliche Rolle für mich gespielt.
Da
sich meine Pfeife mit Hilfe eines gut geratenen Doppelrohrblattes nun
auch am Dudelsack durchaus in der zweiten Oktave bis zum hohen G
hochtreiben lässt, übertrifft sie dabei (da sie in der
Tiefe schließlich noch über das Fis für den kleinen
Finger der rechten Hand, und dann mit ihrem entsprechend schräg
am Oberschenkel angesetztem Schallbecher, sogar noch über das
darunter liegende F verfügen kann) durchaus auch den zwei
Oktaven umfassenden Tonumfang des irischen Chanters.
Mit
all diesen Schallbechererklärungen zu meiner G-Schalmei habe ich
nun bereits zwangsläufig begonnen auch bestimmte Besonderheiten
meiner Dudelsäcke vorzustellen. Und da kann ich wiederum sofort
auf ein weiteres Detail verweisen, welches offensichtlich ebenfalls
ähnlich wie bei der großen „Irish Union Pipe“
gestaltet ist, und welches Ihnen wohl auch schon entsprechend an dem
soeben mit meiner G-Schalmei vorgeführtem Dudelsackinstrument
aufgefallen sein mag. Ich meine den besonderen, hier aus Metallröhren
hergestellten, „Winkelhals-Kopf“ am Hals meines
Dudelsackes, also die spezielle Fassung in welche ich soeben die
Melodiepfeife des Instrumentes eingesteckt hatte. Insofern möchte
ich also nun auch zur Besprechung von einigen Besonderheiten meiner
Dudelsackinstrumente übergehen und stelle Ihnen dabei heute nur
die mundgeblasenen Instrumente vor, - also die, welche auch ohne
einen zusätzlichen, dann auch am anderen Arm zu bedienenden
Blasebalg, auskommen können.
Dabei
möchte ich dies in Form von drei deutlich zu unterscheidenden
Problembereichen tun.
Erstens möchte ich zu den Besonderheiten des Sackes und der
dabei verwendeten Materialien sprechen und mich
zweitens zu den entsprechenden Besonderheiten der in diesen Sack
einzubindenden Instrumentenelemente, also zur Konzeption
verschiedener dortiger Buchsen äußern,
und drittens möchte ich zu den Besonderheiten der wiederum
dort, also in diese Buchsen zusätzlich einzusetzenden
Verbindungsstücke, d.h. zu den entsprechenden Fassungen für
das Mundrohr mit Ventil, die entsprechenden Bordunpfeifen, sowie
eben auch – wie ja bereits vorgeführt und kommentiert –
zur besonderen Fassung der Melodiepfeife sprechen.
Wenn
Sie dieser Aufzählung nun aufmerksam gefolgt sind und sich in
etwa bereits über die Grundkonstruktion eines mundbeblasenen
Dudelsackinstrumentes im Klaren sind, so kann Ihnen auch schon
aufgefallen sein, dass die von mir hier unter „Drittens“
genannte Position, also die zusätzlichen Fassungen in den
sackeingebundenen Buchsen des Instrumentes, doch normalerweise bei
vielen der üblichen Dudelsackinstrumente, denken wir
beispielsweise wieder an die große schottische „War
Pipe“, gar nicht vorkommen. Und gerade diese schottischen
Instrumente werden doch im allgemeinen nicht nur als besonders
typische, sondern oft auch als besonders hoch entwickelte und
perfekte Dudelsackinstrumente angesehen. Instrumente bei denen ja
auch – zweifellos ganz traditionell - sowohl das
Ventilmundrohr, als auch die Melodiepfeife und dann auch alle
einzelnen Bordunpfeifen, jeweils einfach nur in die ins Sackmaterial
eingebundenen Buchsen gesteckt werden. Eine zweifellos
dudelsackspezifische und traditionell-authentische
Instrumentenkonzeption, die ich aber von meinen Erfahrungen als
Dudelsackspieler her doch für überaus nachteilig halten
muss und dann als Dudelsackbauer bei meinen Instrumenten auch
entsprechend ablehne.
Darauf
werde ich also noch im Einzelnen näher einzugehen haben, möchte
nun aber der Reihe nach, also entsprechend meiner Aufzählung
von verschiedenen „Problembereichen“, vorgehen.
Anfänglich
hatte ich meine Dudelsäcke aus Ledermaterialien, welche mit
einer Silikonbeschichtung völlig abgedichtet wurden,
hergestellt(11), bin aber später
dazu übergegangen auch mit einem bestimmten, in der DDR leicht
erhältlichem, PVC beschichteten Gewebematerial zu
experimentieren. Ein ideales Material, welches sich sowohl leicht
vernähen, als auch mit speziellen Chemikalklebstoffen gut
verkleben und perfekt abdichten ließ, mir aber dann, nach 1990
auch nicht mehr zur Verfügung stand. Wenn ich heute an die
Protesthaltungen, die mir dazu damals bei bestimmten Traditionalisten
in der DDR begegnet sind,(12)denke, so bin ich durchaus erleichtert, inzwischen zu
hören, dass selbst bei den doch sehr traditionellen schottischen
Instrumenten inzwischen ebenfalls zuweilen derartige Kunststoffe, bis
hin auch zu solchen Hihg-Tech-Materialien wie „Goretex“,
verwendet werden. Aber ich hatte auch damals schon erfahren können,
dass beispielsweise bestimmte Dudelsacktraditionalisten in
Westdeutschland in dieser Frage ebenfalls praktischer und
realistischer handelten. So konnte ich aus den Bauanleitungen von
Tibohr Ehlers, den ich für seine Initiativen zur Erhaltung und
Belebung des Spiels mit dem Egerländer Dudelsack in Schwaben,
immer aus der Ferne bewundert habe, und leider erst 1989 persönlich
kennen lernte, entnehmen, dass dort eben einfach die Verwendung von
Autoschläuchen für die Herstellung der inneren Säcke
dieser traditionellen deutschen Volksmusikinstrumente, empfohlen
wurde.(13)
Was
nun aber meine „äußeren Säcke“, also die
entsprechenden Überzüge über den inneren, zweifellos
zumeist unansehlichen, aber eben völlig luftdichten und
strapazierfähigen „PVC-Sack“ anbelangt, so habe ich
alsbald den aus traditioneller Sicht immer wieder nahe liegenden
Gedanken, dort auch bestimmte Naturfelle oder entsprechende
Fellimitate, zu verwenden, verworfen(14) und letztlich dann stets
auf ein bestimmtes Samtmaterial zurückgegriffen, welches mir
insbesondere deswegen als vorteilhaft erschien, weil es - eben im
deutlichen Unterschied zu Tierfellen – eine sicherere, nicht so
leicht verrutschende Halteposition des Sackes unter dem Arm
ermöglichte. Was nun die Größe meiner Säcke
anbelangt, so tendierte ich im Laufe der Jahre zu einer Form, die
etwa den üblichen schottischen, französischen oder auch
bestimmten böhmischen Dudelsäcken entsprach, aber
hinsichtlich ihres Volumens dann letztlich doch kleiner ausfiel. Aber
dies hängt wohl auch wieder damit zusammen, dass ich in dieser
Frage schon alsbald, eben wieder ganz im Gegensatz zu den Ansichten
bestimmter Traditionalisten(15) oder auch anderer verbreiteter
Dudelsackvorurteilen, zu der Meinung gelangte, dass ein besonders
großer Sack keineswegs besonders vorteilhaft sei. Weder –
was manchmal betont wurde – hinsichtlich besserer und
„vollerer“ Borduntöne, noch etwa, wie allzu leicht
und gerne angenommen wird, in Bezug auf entspanntere Bedingungen für
das Luftholen am Dudelsack. Ich möchte eher Wert auf einen stets
möglichst prall gefüllt zu drückenden Sack legen.
Möglicherweise
könnten insofern also meine entsprechenden Säcke auch für
manchen Spieler als etwas ’zu klein’ geraten erscheinen.
Was
nun aber alle die Elemente betrifft, die in einen solchen Sack
eingebunden werden müssen, so bin ich ebenfalls alsbald von den
ansonsten üblichen Buchsen aus Holz abgegangen. Auch wenn sich
solche aus diesem Material jederzeit leicht drechseln und dabei auch
in traditioneller Weise als optisch attraktive Dudelsackelemente
gestalten lassen, so haben sie doch den prinzipiellen Nachteil, dass
sie insbesondere unter Feuchtigkeitseinfluss, immer wieder ihre
Maßhaltigkeit verlieren bzw. verändern, oder eben auch
entsprechend reißen können.
Buchsen
aus bestimmten Plastematerialien sind hingegen sowohl belastbarer als
auch reißfester, bleiben exakt maßhaltig, sind zudem
weitaus leichter und können letztlich auch weniger „klobig“
in das Sackmaterial eingebunden werden. Ich habe also alsbald nach
bestimmten, entsprechend gestalteten „Flaschenhalsteilen“
bestimmter Kunststoffflaschen Ausschau gehalten und dann, vor allem
ab 1989, grundsätzlich nur noch entsprechende Buchsen aus den
Köpfen von Kunststofflaschen im „Coca-Cola-Kaliber“
verwendet. Dies würde ich nun, auch wenn gerade so etwas
manchem Traditionalisten vielleicht als besonders schändlich
erscheinen mag, als eine besonders günstige Lösung aller
damit zusammenhängender Buchsenprobleme am Dudelsack, eigentlich
jedem Dudelsackhersteller empfehlen wollen, wobei ich sogleich
deutlich darauf hinweisen muss, dass sich die dann nötig
werdende feinere Bearbeitung solcher „Flaschenhalsbuchsen“,
auch überaus problematisch gestalten kann, und mir letztlich nur
mit Hilfe von besonderen Spezialwerkzeugen zur Metallbearbeitung,
gelungen ist.(16)
Das
heißt also nun, dass bei meinen mundbeblasenen Dudelsäcken
in der Regel zwei solcher Flaschenhalsbuchsen ins Sackmaterial
eingebunden werden. Die Buchse für die Aufnahmefassung eines
speziellen Ventilstückes, auf welches dann auch das
Mundblasrohr, also die „Windkapsel“, aufgesetzt werden
kann, muss im vorderen Teil des Sackes, leicht seitlich versetzt,
eingebunden werden. Die Position der anderen Buchse, welche dann für
die Aufnahme der Bordunfassung gedacht ist, kann aber nun
unterschiedlich sein. Entweder bevorzugt man eine Spielhaltung bei
der die Bordunpfeifen des Instrumentes nach oben gerichtet sind, so
wie wir das eben als weitverbreitetes Dudelsackbild auch von
schottischen Spielern im Sinn haben, oder man bevorzugt – wozu
wiederum ich neige – die Haltung der Bordune nach vorne, die
sich ebenfalls bei vielen traditionellen Instrumenten finden lässt.
Diese hat meiner Meinung nach den Vorteil einer besseren
Übersichtlichkeit sowie der leichten Erreichbarkeit dieser
Bordunpfeifen beim Einstimmen des Instrumentes. Für diese beiden
Fälle von Bordunhaltungen, wird die Position der entsprechenden
Buchse also im oberen Teil des Sackes, hinter dem Anblasrohr gewählt
werden müssen. Es gibt aber auch die Möglichkeit ihrer
seitlichen Einbindung in den Sack, wenn wir eine dementsprechende
Position der Bordunpfeifen vorziehen wollen. Diese finden wir
beispielsweise bei der Northumbrian Small Pipe, aber auch bei anderen
westeuropäischen und bestimmten osteuropäischen
Dudelsäcken, bei denen die Bordunpfeifen manchmal sogar einfach
nach unten hängen können. Ich habe die seitliche
Bordunposition (insbesondere auch so, dass die Bordune dabei auf dem
rechten Unterarm zu liegen kommen) ebenfalls oft benutzt, und
insofern diese „Bordun-Buchse“ eben auch bei
mundbeblasenen Dudelsäcken manchmal seitlich im Sack
eingebunden.(17)
Die
dritte nun noch zu besprechende Buchse befindet sich natürlich
im Sackhals. Gerade dort, wo es besonders feucht werden kann, sollte
sich dann auch eine Buchse aus Plastematerial befinden, wobei ich
dafür jedoch einen kleineren Durchmesser und auch eine ganz
andere Form bevorzugt habe, bei welcher ich mit
“Flaschenhalsmaterialien“ nichts mehr anfangen konnte.
In
die Hälse meiner Dudelsäcke wird also ein etwas längeres,
flexibles Stück Schlauchmaterial eingebunden, welches soweit in
den Sackhals hineinreichen sollte, dass dort auch stets (also auch im
Falle eines möglichen Verwindens, Verquetschens oder Abklemmens
dieses schlanken Halses) eine gleichmäßig gesicherte
Luftzufuhr für die Melodiepfeife garantiert werden kann. Im
vorderen Teil dieses Schlauchstückes befindet sich dann aber
wieder eine Buchse aus festem Plastematerial, welche jeweils genau
passend für die Aufnahme des Ihnen bereits vorgeführten
Winkelhals-Kopfstückes für die Melodiepfeife, eingerichtet
wurde.
Damit
komme ich nun zum „dritten Problembereich“, d.h. zu den
jetzt zu erläuternden zusätzlichen „Verbindungsstücken“,
bzw. den „Fassungen“, die jeweils in all diese
Sackbuchsen einzusetzen sind und sich dabei insgesamt als eine
weitere Besonderheit meiner Instrumente erweisen.
Denn
– wie bereits gesagt – sind derartige, von mir für
wichtig erachtete Kombinationen, keineswegs typisch für die
bisherige Geschichte der Dudelsackherstellung.
Auch
die Melodiepfeifen von Dudelsäcken werden oftmals einfach nur
in eine entsprechend im Sackhals eingebundene einfache Buchse
gesteckt.
In
diesem Sinne möchte ich also wieder auf das bereits erwähnte
Winkelhals-Kopfstück für die Melodiepfeife zurückkommen.
Dessen
vorteilhafte Besonderheit besteht beim meinen mundbeblasenen
Instrumenten nun darin, dass sich damit sowohl eine günstigere
Spielhaltung der Melodiepfeife am Sack ergibt, als auch darin, dass
sich durch diese, im Zusammenhang mit der Sackhalsbuchse
konstruktionsbedingte Spielhaltung der Melodiepfeife, auch eine stets
sichere Luftzufuhr gewährleisten lässt. Außerdem aber
ergibt sich dabei auch ein wesentlicher Vorteil hinsichtlich des
sicheren Umgangs mit der Melodiepfeife, sobald diese vom Sack
abgenommen werden soll.
Ein
mundgeblasener Dudelsack sollte meiner Meinung und meiner Erfahrung
nach, stets nach dem Spiel auseinander genommen, entwässert und
zum weiteren Austrocknen vorbereitet werden. Dieses Problem ist nun
bei Dudelsackexperten im Zusammenhang mit entsprechenden Tipps zur
Abdichtung von Säcken, eines der Themen, bei denen es immer
wieder ganz erstaunliche und auch ganz unterschiedliche Auffassungen,
Legenden, und Behauptungen zu bestimmten Spezial-Rezepten (bis hin zu
Whisky und Bienenhonig u. a.) und dadurch wunderbar zu optimierende
Sackmaterialeigenschaften gibt, von denen gewiss auch einige in der
bisherigen Geschichte des Instrumentes ihre entsprechende Rolle
gespielt haben mögen, von denen allen ich aber überhaupt
nichts halten möchte und dabei auch nicht zu erkennen vermag,
was da etwa unter heutigen Verhältnissen wirklich noch von
effektivem Nutzen sein könnte. Meine Meinung, die hier gewiss
auch vorurteilshaft sein mag, geht hingegen dahin, dass letztlich ein
effektives Austrocknen des Sackes nach feuchtem Spiel, wohl gerade
bei Säcken aus solchen wie den von mir verwendeten Materialien,
immer zu empfehlen sein wird. Und in diesem Sinne wollte ich also
auch immer, sowohl die Melodiepfeife, als ebenso auch alle
Bordunpfeifen und das Ventilmundrohr, nach dem Spiel mit möglichst
einfachen Handgriffen und dabei möglichst geschützt, aus
dem Sack entfernen können, um diesen damit effektiv austrocknen
zu lassen. Und in dieser Weise, - also durch die hier konzipierte
Kombination von Buchsen und Fassungen, können dann auch alle
diese Teile entsprechend „fassungsgeschützt“, sowohl
zum Trocknen, als eben auch zum gefahrlosen Aufbewahren bzw. zum
Transport des Instrumentes, abgenommen und abgelegt werden. Denkt man
hingegen an Dudelsäcke der üblichen Art – ich nehme
hier wieder die schottischen Instrumente als Beispiel – so
zeigt sich, dass so etwas dort völlig unmöglich wäre.
Denn auf diese Weise würden da sowohl die Tongeneratoren von
Melodiepfeife und Bordunen, als auch das dann ebenso ungeschützte
Ventil des Anblasrohres, unweigerlich immer wieder der Gefahr einer
alsbaldigen, zerstörerischen Beschädigung ausgesetzt
werden.
Und
noch eine weitere besondere und wohl auch besonders vorteilhafte
Möglichkeit ergibt sich damit. Es lassen sich nun mit diesen
Fassungen, sowohl die Melodiepfeifen als auch die Bordunpfeifen eines
jeden solchen Dudelsackes, jederzeit problemlos, mit wenigen
Handgriffen und in hoher Sicherheit, auch am jeweiligen Sack
austauschen.
Ebenso
wie für die Dudelsackfassung der Melodiepfeife, habe ich auch
für die Herstellung der entsprechenden Bordunfassungen wiederum
Metallröhren bevorzugt, womit diese dann, vor allem bei der
Herstellung von Doppelbordunfassungen, weitaus schlanker gestaltet
werden können, als die vergleichsweise klobigen, hölzernen
Exemplare an den üblichen Dudelsäcken.(18) Natürlich
sind dabei die Herstellungsbedingungen für solche Fassungen aus
Metall ganz andere als die für Holz und die normalerweise
weitaus mehr mit Drechslerarbeiten und Holz befassten Dudelsackbauer
werden gewiss lieber auf ihren traditionellen „hölzernen
Technologien“ beharren wollen.
Zu
diesen metallenen Bordunfassungen meine ich aber, dass sie mit diesem
Material nicht nur schlanker, sondern letztlich auch präziser
und hoffentlich auch haltbarer, gestaltet werden können und sich
solche Metallröhren auch als vorteilhaft hinsichtlich des
jeweils wieder sicheren Einsteckens in die entsprechenden Buchsen des
Sackes erweisen. Im Grunde genommen aber, treffen wir hier, wenn wir
nur die Bordunfassung betrachten (und also einmal von der
Besonderheit ihrer Kombination mit einer Sackbuchse absehen) nur auf
einen bestimmten Materialunterschied sowie eine dadurch bedingte,
maßgenauere Formunterschiedenheit, aber nicht auf eine völlig
andere Konstruktion dieses Instrumentalelementes.
Das
verhält sich nun aber in Hinsicht auf das jetzt noch zu
betrachtende Ventilanblasrohr meiner Dudelsackinstrumente ganz
anders.
Im
Vergleich mit anderen, ansonsten üblicherweise verwendeten
Anblasrohren, haben wir es hier durchaus mit wesentlichen
Konstruktionsunterschiedenheiten und nicht nur mit anderen
Materialien und Formen zu tun.
Dies
möchte ich Ihnen nun noch näher vor Augen führen.
Zunächst
ist leicht zu erkennen, dass der dabei von mir verwendete
empfindliche Ventillederlappen, hier durch die aus einem kurzen
Metallrohrstück bestehende Ventilfassung sicher geschützt
ist und auf diese Weise auch das ganze Mundrohr mit Ventil sofort im
Instrumentenkasten abgelegt und gefahrlos getrocknet oder auch
transportiert werden kann. Sie können aber auch erkennen, dass
die Gesamtkonstruktion dieses Anblasrohres aus drei ganz
unterschiedlichen Hauptelementen zusammengesetzt ist: Also
die wesentlich aus Metall bestehende Ventilfassung, die sich beim
Spiel des Instrumentes in der entsprechenden Kunststoff-Buchse des
Sackes befinden muss,
dem wesentlich aus Plastematerial hergestellten Ventilkörper
mit seinem angebundenen Lederlappen, der sich dann in der
entsprechenden Metall-Fassung befindet, und dem
wesentlich aus Holz hergestelltem Anblasrohr mit seinem besonderen
Mundstück und der eingelassenen präzise aufgeriebenen PVC-
Fassung, mit welcher es auf den Ventilkörper aufgesetzt werden
muss, aber auch – wie Sie bereits wissen – in seiner
ganz anderen möglichen Funktion als Windkapsel, auf jedes
meiner Schalmeieninstrumente aufgesetzt werden kann und in dieser
Funktion dann außerdem noch geeignet ist auch eine
entsprechende zusätzliche Feinstimmeinrichtung aufzunehmen.
Wenn
ich dies alles nun mit den ansonsten üblichen Anblasrohren
anderer Dudelsackhersteller vergleiche, so muss unweigerlich ein
kolossaler Unterschied vermerkt werden.
Dort
finden sich Anblasrohre, die einfach nur aus einem einzigen Stück
Holz gedrechselt wurden und an deren, dann einfach in eine Sackbuchse
einzusteckendem unteren Zapfen, lediglich ein einfach nur
entsprechend eingeschnittenes, kurzes Schlauchstück oder eine
entsprechende kleine Kappe aus elastischem Silikonkautschuk oder
ähnlichem, als Ventil angebracht werden muss. Also ein
Ventilblasrohr welches im extremen Fall, insgesamt nur aus zwei
unbedingt erforderlichen Elementen (oder eben auch aus dreien -
falls man die nötigenfalls noch am Zapfen anzubringende,
abdichtende Fadenwicklung, noch dazu zählen möchte)
zusammengesetzt sein kann. Und dieses Minimum, welches sich bereits
mit wenigen Arbeitsgängen und einigen einfachen Handgriffen ohne
weitere Umstände realisieren lässt, kann für das
sichere Funktionieren eines solchen Dudelsackventilrohres auch
durchaus ausreichend sein.
Demgegenüber
kann die Konzeption meines, nun zum Vergleich anstehenden
Ventilrohres, welches nicht nur aus weitaus mehr zusammenzusetzenden
Teilen, sondern auch nur mit Hilfe von einer wohl mehr als
hundertfach größeren Anzahl von Arbeitsgängen und
aufwändigen Handgriffen zustande zu bringen ist, als die reine
Unsinnigkeit erscheinen. Als ein nicht nur offensichtlich sehr
zeitaufwändig, sondern doch wohl auch weitgehend mit
überflüssigem Arbeits- und Material- Aufwand zustande
gekommenes Dudelsackelement, welches in seiner Funktion als
Ventilanblasrohr wohl auch kaum besser funktioniert, als das
ansonsten übliche einfache, welches zudem im Sinne dieser
Einfachheit auch noch als das „traditionellere“
ausgegeben werden kann und in seiner „rein hölzernen“
Machart auch wiederum besonders günstig in einer entsprechend
anmutenden Weise, gestaltet werden kann.
Ich
muss mich hier mit meiner ganz offensichtlich völlig anderen
Dudelsackkonzeption also auch einer solchen spannungsgeladenen
Vergleichslage stellen.
Natürlich
werde ich dabei nun auf all die zum Teil bereits geschilderten
Vorzüge bestimmter Funktionsbesonderheiten, wie eben die
verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten der Windkapsel
einschließlich der Aufnahme einer dafür genau angepassten
zusätzlichen Feinstimmeinrichtung, die vorteilhaft geschützte
Unterbringung des Ventillappens in der Metallfassung für den
Ventilkörper, oder auch die von mir bei allen solchen Elementen
angestrebten Maßgenauigkeiten im Sinne der Austauschbarkeit
bzw. unproblematischen Ersetzbarkeit aller dieser Einzelelemente an
verschiedenen Dudelsäcken meiner Machart usw. verweisen.
Außerdem
aber, würde ich, speziell am Beispiel des für einen gut
funktionierenden Dudelsack überaus wesentlichen Ventils, welches
schließlich zu den am meisten beanspruchten und am ehesten
verschleißenden Kleinteilen eines Dudelsackes gehört, auch
auf etwas ganz anderes hinweisen wollen: So perfekt die mit wenigen
Handgriffen einzuschneidenden und dann als Ventilkappen einfach
anzufügenden elastischen Silikonelemente an manchen der heutigen
Dudelsäcke auch funktionieren mögen, im Falle ihres
Versagens oder auch später einmal möglichen „Hartwerdens“,
oder sonstigem „Kaputt- oder Verlorengehens“, müssten
sie ersetzt werden bzw. dann auch erneut beim Hersteller, oder sonst
irgendwie, neu besorgt werden.
Ganz
so wie das fehlende Ersatzteil eines modernen Autos.
Meine
zunächst weitaus aufwändiger angelegte Ventilkonzeption mit
dem traditionell angebundenem Lederlappenventil, kann hingegen im
Falle des Versagens, von jedem Spieler selbst wieder repariert und
entsprechend mit Vaseline weitergepflegt werden.
Damit
singe ich nun nicht plötzlich doch das Lied zum Lobe schlichten
„mittelalterlichen Selbermachens“, sondern ziele auf
etwas grundsätzlich anderes ab, was mir nicht nur in Hinsicht
auf dieses kleine Ventilelement als wichtig erscheint.
Ich
meine alle die Faktoren die dazu beitragen können bestimmte
Bindungen von Musikinstrument und Spieler, sowohl zu stiften, als
auch aufrecht zu erhalten und zu vertiefen.
Um
es zunächst an diesem kleinen Beispiel in ganz grober Art und
Weise zu sagen:
Die
Silikonkappe am Ventilrohr ist geeignet besondere Bindungen des
Spielers an den Hersteller seines Instrumentes zu stiften.
Meine
Mundrohrventilkonzeption ist eher geeignet bestimmte Bindungen des
Spielers an sein Instrument zu stiften.
Im
ersten Falle wird der Spieler sich zunächst auf die Versicherung
des Herstellers hinsichtlich des Funktionierens seiner Ventilkappe
vertrauensvoll verlassen müssen und sich im Falle deren
Versagens, wiederum vertrauensvoll auf diesen verlassen müssen,
da er auf ihn angewiesen sein wird, wenn es darum geht nun Ersatz zu
besorgen.
Im
zweiten Falle kann dem Spieler jedoch deutlich werden, dass er auf
diese Ventilkonstruktion in dem Sinne vertrauen kann, dass es ihm
immer möglich sein wird, dieses wesentliche Element seines
Instrumentes auch selbst im Griff zu haben, selbst reparieren und
erneuern zu können. Sein entsprechendes Vertrauensverhältnis
wird sich also wesentlich in Richtung auf sich selbst sowie auf sein
Verhältnis zu seinem Instrument beziehen. Und diese Bindung muss
sich nun keineswegs so entwickeln, dass er etwa künftig ständig
gezwungen sein wird, sich dort mit einem stets reparaturbedürftigem
Teil herumzuschlagen, sondern sie hat vielmehr die Chance sich im
Sinne der Entwicklung seiner eigenen Freiheit zu entfalten. Der
Freiheit dieses prinzipiell gefährdete Teil eines
Dudelsackinstrumentes, auch immer selbst funktionssicher beherrschen
zu können. Und er kann diese Freiheit dann vielleicht auch im
Sinne eines sich dabei entwickelnden besonderen
Traditionsverständnisses bzw. Traditionsverhältnisses
leben, da eben gerade Dudelsackspieler, so etwas im Sinne ihres
Instrumentes und zum Nutzen ihrer Musik, auch immer schon selbst
gekonnt und gemacht haben.
Dieses,
aus meiner Sicht, für kulturvolles Instrumentalmusikgeschehen
grundlegende Problem derartig möglicher, freilich stets auch
ganz individuell entstehender, individuell zu stiftender und
individuell weiterzuentwickelnder Bindungen eines Spielers an sein
Instrument, möchte ich nun auch aus der Position eines
Dudelsackspielers, der sich letztlich doch sein ganzes Instrument
möglichst selber machen wollte, noch eingehender kommentieren.
Und ich möchte dies auch immer noch in Bezug auf mein sicherlich
in besonders penibler Weise konzipiertes Anblasrohr tun.
Meine
ersten Dudelsack-Schalmeien hatte ich zunächst ohne Windkapseln
hergestellt, da ich sie immer gleich an ganz einfachen Säcken,
an denen sich damals auch noch „ganz einfache“
Abblasrohre befanden, spielen wollte. Erst später, nachdem Klaus
Stecker, der wohl erste in der DDR agierende, quasi professionelle,
also eben kommerziell orientierte, Schalmeien- und Dudelsackbauer,
seine Schalmeien mit bestimmten, mir sehr grob und klobig
erscheinenden Windkapseln anbot, habe auch ich mich damit beschäftigt
und dabei natürlich – eben auch im Zusammenhang mit meinen
damaligen akribisch gedrechselten Schallbechern – sowohl an
entsprechend schlankere, aber eben auch haltbare und hinsichtlich
ihrer Fassungen möglichst exakt maßhaltige, Windkapseln
gedacht. Aus diesen Überlegungen und Ambitionen entstanden dann
auch meine speziellen hölzernen Windkapseln, welche oben mit
einem hellen PVC-Mundstück und unten mit einer jeweils exakt
aufgeriebenen Fassung aus ebensolchem Material ausgestattet sind. Die
Herstellung derartiger Windkapseln erwies sich zwar zunächst als
ausgesprochen schwierig und auch sehr aufwändig, erschien mir
aber letztlich immer unverzichtbarer. Jedenfalls konnte ich es nie
wieder sein lassen Windkapseln in gerade dieser aufwändigen
Machart herzustellen, obwohl dies jeweils mehr Arbeit erfordern kann,
als etwa die oftmals durchaus einfachere Herstellung bestimmter,
jeweils dazugehöriger Instrumentenkörper. Ich hatte eben
bereits eine besondere, offenbar ganz andere Bindung an dieses
spezielle Teil eines von mir geliebten Musikinstrumentes entwickelt,
die sich eben deutlich von dem unterschied was ich ansonsten bei
anderen Dudelsack- und Schalmeienherstellern immer wieder erleben
konnte. Denn, dass man sich unter dem Gesichtspunkt des schnellen und
gewinnbringenden Verkaufs solcher Instrumente, doch eher für
ganz andere Produktionsweisen und Technologien entscheiden musste,
lag wohl auf der Hand.
Mir
kam hingegen alsbald der Gedanke, dass derart gestaltete Windkapseln
auch in attraktiver und nützlicher Weise als Mundblasrohr am
Sack geeignet sein könnten und dafür dann auch ein
bestimmter Ventilzwischenkörper entwickelt werden müsste.
Und dann ergab sich auch – irgendwie ganz folgerichtig –
die Notwendigkeit dieses besondere Ventilteil wiederum besonders
geschützt unterzubringen und eben nicht einfach (wie ansonsten
allenthalben üblich) direkt in eine Sackbuchse einzustecken.
Dass nun die wiederum aus Metall gefertigte Fassung für dieses
Ventilteil den gleichen Fassungsring aus hellem PVC trägt, wie
auch die darüber befindliche Windkapsel, ergab sich dann auch
konsequent aus der Weiternutzung bestimmter Funktionseigenschaften
von bestimmten bereits unvermeidbar verwendeten Formelementen.
Insofern findet sich dieses Formelement eines hellen PVC-Ringes dann
auch wieder in gleicher Weise als Funktionselement an der metallnen
Doppelbordunfassung und ist zudem auch bei vielen meiner metallnen
Winkelhalskopfstücke zu finden. Das dies alles, wenn ich es
jetzt recht bedenke, eben irgendwie auch mit der Art von
Windkapsel-Lösung zusammenhängt, zu der ich mich damals in
durchaus „unökonomischer“ Weise durchgerungen hatte,
hängt offenbar auch mit bestimmten Bindungen zusammen, die sich
bei mir schon ziemlich zu Anfang meiner später zunehmenden
Dudelsack-Aktivitäten herausgebildet haben müssen. Dabei
kann ich in Hinsicht auf diese „Ventilanblasrohrwindkapsel“
nun sagen, dass es sich bei dieser, im deutlichen Unterschied zu den
ursprünglichen so hübsch gedrechselten Holzschallbechern
meiner ersten Schalmeien, keineswegs irgendwie nur um eine, als
einigermaßen „geglücktes Produkt drechslerischer
Eitelkeiten“ anzusehende Besonderheit handelt, sondern, dass es
bei meinen Windkapseln von Anfang an um ein überaus schwierig
und aufwändig herzustellendes Musikinstrumentenelement handelte,
dessen wesentliche Formeigenschaften sich aber alle auch durch
spezifisch erforderliche Funktionseigenschaften begründeten. Und
auf diese Weise ist es offenbar dann auch zu dieser, möglicherweise
„überpeniblen“ Ventilmundrohrkonstruktion gekommen.
Eine Konstruktion, deren Grundelemente sich (ebenso wie auch andere
Dudelsackelemente) an allen meinen mundgeblasenen
Dudelsackinstrumenten in weitgehend austauschbarer Weise finden
lassen.
Das
können Sie nun auch hier an den vorliegenden zusammengesetzten
Dudelsackinstrumenten erkennen, von denen einige mit Bordunen in
sowohl nach oben gerichteter als auch seitlicher Spielposition,
eingerichtet sind und andere wiederum auch ohne solche
„Zusatzpfeifen“ für ein Dudelsackspiel ganz ohne Bordune(19)
vorgesehen sind.
*
Anmerkungen/Quellen:
(01)
Auf einer der ersten Sitzungen des vereinigten gesamtdeutschen
ICTM-Nationalkomitees in Berlin, dessen Mitglied ich damals noch war,
wurde von westdeutscher Seite auch über die dortigen
Dudelsackaktivitäten berichtet und unter anderem darauf
hingewiesen, dass es immer schwierig sei, mehrere Dudelsackspieler zu
einem gemeinsamen Auftritt, zu einem entsprechenden
„Zusammenspielen“, zu gewinnen. Nicht nur, weil
unterschiedliche Dudelsäcke eben auch in unterschiedlichen
Tonarten eingestimmt sein können, sondern weil auch
„gleicheingestimmte“ Dudelsackspieler in der Regel
Individualisten sind. Und es wurde dazu angemerkt, dass es nur einmal
vorgekommen sei, dass sich tatsächlich acht solcher Musikanten
zum gemeinsamen Dudeln zusammenfanden. Ich konnte damals darauf
hinweisen, dass das Zusammenspiel vieler Dudelsäcke in der DDR
durchaus öfters vorkam und innerhalb der „Deutschen
Dudelsackspieler Runde“ sogar einmal ein ganzes Dutzend
solcher Instrumente gemeinsam öffentlich aufgetreten sind. Dies
kann aber wohl nur auf Grund der ganz anderen kulturpolitischen
Strukturen in der DDR erklärt werden. Sowohl das Zustandekommen
dieser speziellen Spielergemeinschaft, als auch die ganz besonderen
Bedingungen ihrer Existenz in der DDR, bedürfen da eingehenderer
Erklärungen. Wenn ich nun versuche, diese besonderen Bedingungen
aus der Sicht dessen zu schildern, der zunächst in der DDR eine
private Dudelsack-Interessengemeinschaft und dann eben auch diese
Dudelsackspieler-Runde gegründet hat, so wird diese Schilderung
auch unweigerlich durch alle von mir sowohl zu den jeweiligen
„Gründerzeiten“, als auch heute dazu vertretenen
Meinungen und damit wohl auch durch alle jeweils damit
zusammenhängenden Vor- und Nachurteile, beeinflusst werden. Da
ich dies weiss, sehe ich auch keinen Grund, meine entsprechenden
Meinungen nun etwa im Sinne demonstrativ vorzutäuschender
Schein-Objektivität lieber nicht zu verdeutlichen. Und gerade,
weil meine diesbezüglichen Meinungen und Motivationen dabei
zumeist einen unverhüllt politischen Charakter tragen, kann für
mich – eben auf Grund dieser Meinungen und Motivationen –
nun ebenfalls kein Grund bestehen, diese nun etwa lieber nicht zu
äußern. So war bereits eine der ersten
neofolkloristischen Dudelsackaktivitäten in der DDR, nämlich
die Teilnahme einer extra für diesen Anlass speziell
zusammengestellten Dudelsackgruppe am internationalen
Dudelsackfestival in Strakonice, von meiner Seite her eine vor allem
politisch motivierte Aktion. Ich wollte, dass mein Staat, mit dem ich
darüber schon lange auf den verschiedensten Ebenen ’zu
reden’ versucht hatte, hier endlich zur Vernunft kommt, und die
traditionellen sorbischen Dudelsackspieler zu diesem internationalen
Festival schickt. Und er hat es ja dann, nach diesem provokanten
ersten Windbeutelauftritt, auch regelmäßig getan.
Wenn ich allerdings bedenke, wie intensiv gerade ich auch später
noch von bestimmten Kulturinstitutionen und Funktionären mit dem
Vorwurf des illegitimen und unkorrekten Verhaltens konfrontiert
wurde, da die Gruppe Windbeutel doch auf diesem Festival quasi
„DDR-offiziell“ aufgetreten sei, ohne doch aber damals
auch offiziell von der DDR delegiert worden zu sein, konnte ich
freilich nicht sicher sein, ob es sich da tatsächlich bereits um
einen Durchbruch von Vernunft gehandelt hat… Ein ganz
ähnlicher Konflikt mit den weniger vernunftgeleiteten
Kulturinstitutionen meines Staates wiederholte sich dann, als ich
kurz nach dieser ersten „Windbeutelaktion“ eine private
Dudelsack-Interessengemeinschaft, die „Deutsche
Dudelsackbrüderschaft der DDR“ - einen entsprechend seiner
Programmatik zweifellos spezifisch sozialistischen Kulturverein -
gegründet hatte. Über die erstaunlichen Aktivitäten
dieser Interessengemeinschaft wurde alsbald auch in den Medien der
DDR, vorwiegend freundlich, berichtet. Aber bestimmte staatliche
Kulturinstitutionen legten doch weiterhin Wert darauf, mir deswegen
mit dem Staatsanwalt zu drohen und das ganze immer wieder für
illegal zu erklären. Letztlich begann mein Staat dann aber doch
zur Kenntnis zu nehmen, dass sich inzwischen nicht nur zum Thema
Dudelsack, sondern generell zur Problematik von Musikfolklore, immer
mehr jugendliche Interessengruppen zusammenfanden. Und so wurde dann
auch im eigentlich dafür schon lange zuständig
verantwortlichen „Zentralhaus für Kulturarbeit der DDR“,
unter der dort deutlich formulierten Losung “Wir brauchen in
der DDR keine privaten Dudelsackbrüderschaften, sondern eine
staatlich unterstützte ’Zentrale Arbeitsgemeinschaft für
Musikfolklore der DDR’“, auch eine solche „ZAG“
installiert. Und all dies, - dass also mein Staat sich endlich auch
dieser ihm verfassungsgemäß gestellten Aufgabe, in einem
Bereich, wo bereits völlig neuartige Kulturaktivitäten
entstanden waren, zuwandte, war wiederum durchaus im Sinne der
Programmatik des von mir zuvor gegründeten Kulturvereins. Im
Zusammenhang mit meiner dann erfolgenden Berufung zum Vorsitzenden
dieser ZAG war es eine klar abgemachte Angelegenheit, dass die
Aktivitäten der „Dudelsackbrüderschaft“ künftig
im Rahmen einer speziellen ZAG-Arbeitsgruppe fortgeführt werden
sollen. Dass ich mich dann aber alsbald aus dieser Funktion wieder
verabschiedete, hängt im wesentlichen mit den immer
prinzipienloser und dann auch zunehmend korrupter werdenden
Verhaltensweisen maßgeblicher Kulturinstitutionen und der wohl
damit auch verknüpften Zunahme von Intrigen und
Positionsrangeleien im Umfelde dieses mir dann auch aus anderen
politischen Gründen immer suspekter werdenden „Zentralhauses
für Kulturarbeit“ zusammen, die ein fruchtbares Arbeiten
in dieser ZAG sowie auch in der dortigen Arbeitsgruppe
„Musikfolkloristisches Instrumentarium“ zunehmend
schwieriger machten. Insofern war dann auch die Gründung der
„Deutschen Dudelsack Runde“ ein Versuch der Fortsetzung
von bestimmten Dudelsackaktivitäten im Sinne der vormaligen
„Dudelsackbrüderschaft“, - aber eben außerhalb
von bürokratisch-organisatorisch vorstrukturierten Richtlinien
und Arbeitsgruppenstrukturen des Zentralhauses.
Die „Dudelsackbrüderschaft“ hatte ich gegründet,
als es noch keine einzige in der DDR hergestellte Schäferpfeife,
sondern lediglich einige sorbische Bock-Dudelsäcke in der
Lausitz gab, aber die „Deutsche Dudelsackspieler Runde“
konnte ich gründen, als es bereits landesweit eine ganze Menge
selbstgebauter deutscher „Schäferpfeifen-Dudelsäcke“
gab, und also ein solcher weiterer Versuch bestimmter alternativer
Kulturaktivitäten auch möglich wurde. Ein Versuch auf der
Grundlage und im eigentlichen Sinne eines Staates, welcher sich nun
aber, in den letzten Jahren seiner Existenz, gerade auch auf dem
Gebiet der Kultur, doch wieder immer vernunftärmer und letztlich
nur noch administrativ-krisenbewältigend, aber ohne irgendein
erkennbares kulturpolitisches Konzept, verhielt. Aber bestimmte
Grundstrukturen und Gesetzesgrundlagen dieses Staates sowie ein
großes Aktivitätspotenzial von vielen ehrlich engagierten
Musikfolkloristen und Kulturverantwortlichen in den verschiedensten
Institutionen, gab es eben doch bis zum Ende der DDR. Und nur auf
dieser Basis konnte es dann dort auch so etwas wie diese
Spielergemeinschaft geben, deren Abkürzung ja nicht zufällig
auch die Buchstabenfolge „DDR“ ergibt.
Eine politische Windbeutelei, die sowohl im Sinne eines politischen
Gags als auch im Sinne einer hochernsthaften Kulturinitiative zu
verstehen ist und sich insofern freilich im Nachhinein sowohl im
Sinne einer „mehr Freiheit“ einfordernden rebellischen
Protestbewegung gegen die DDR, als auch im Sinne einer durch
„politischen Aktivismus“ zu charakterisierende
Kulturerscheinung zur Unterstützung der „politischen
Diktatur in der DDR“ interpretiert werden kann.
Eine Initiative, die doch aber eigentlich nur auf dem Boden der DDR
in einer so sinnvoll-selbstverständlichen, aber eben auch
rebellisch-alternativen Weise entstehen und existieren konnte und
deren Wesentlichkeit wohl niemals durch irgendwelche „mildernden
Ausgewogenheiten“ oder etwa als „politische Konsequenz“
formulierte Einseitigkeiten innerhalb solcher, unter nunmehrigen
politischen Verhältnissen nahe liegenden
Interpretationspolarisierungen erfasst werden kann, sondern letztlich
nur im Rahmen eines intensiveren Diskurses zu den prinzipiellen
Wechselseitigkeiten und Wirkmechanismen des
„demokratisch-Befreienden“ innerhalb
sozialistisch/kommunistischer Diktatur-Verhältnisse, in der
Auseinandersetzung mit den Wechselseitigkeiten und Wirkmechanismen
des „diktatorisch-Repressiven“ innerhalb bürgerlicher
Demokratie-Verhältnisse, verständlich werden kann.
Für ein besseres Verständnis der Wesentlichkeiten dieser
ganz neuen deutschen Dudelsackaktivitäten
innerhalb der zweiten Hälfte des vergangenen
Jahrhunderts, wäre in diesem Sinne eben immer auch genauer zu
bedenken und exakt zu rekapitulieren, zu welch doch so
unterschiedlichen Initiativen und Aktivitäten sich Menschen in
Deutschland unter ganz unterschiedlichen politischen Bedingungen und
Lebensverhältnissen sowohl selbst aufgerafft haben, als auch
dabei durch die Moden und die Offerten ihrer Zeit haben treiben
lassen.
Jedenfalls funktionierte die „Deutsche Dudelsackspieler Runde“
folgendermaßen:
Wenn irgendein Großveranstalter bei mir wegen Dudelsackmusik,
oder später dann auch zunehmend direkt wegen dieser „Dudelsack
DDR“ anfragte, musste dort klargestellt werden, dass es sich
bei diesem Ensemble um Dudelsackspieler aus dem ganzen Lande
handelte, welche sich eigentlich nur zu solchen Auftrittsanlässen
zusammenfinden können und deswegen darum bitten müssen,
möglichst für zwei Tage eingeladen zu werden: Am ersten Tag
werden wir proben und am zweiten können wir dann einen oder
zwei Auftritte absolvieren.
Der Veranstalter musste dann also die Übernachtungen und die
Probenmöglichkeit (die wiederum auch öffentlich sein
konnte) garantieren und dann fragte ich landesweit herum, welche
Dudelsackspieler mit Instrumenten in G-Stimmung) bereit und
interessiert wären, einen solchen Termin wahrzunehmen. Die
Adressen der ermittelten Interessenten bekam dann in der Regel der
Veranstalter, welcher nun auch kulturpolitisch begründete
Einladungen an die interessierten Musikanten verschickte. Falls es
sich bei den Proben- und Auftrittsterminen um Werktage handelte, so
konnte nun jeder Dudelsackspieler dafür in seiner Arbeitstelle
eine Freistellung beantragen und hatte auf der Basis entsprechender
Gesetze der DDR auch hohe Chancen, diese bewilligt zu bekommen. Wenn
dann die Teilnehmer feststanden, wurden diese wiederum dem
Veranstalter mitgeteilt, welcher in der Regel nun entsprechende
Verträge verschickte, in denen er, ebenfalls auf der Basis
bestimmter eigens dafür bestehender Gesetze der DDR, jedem
Teilnehmer Fahrtkosten, Übernachtung und Honorar zusicherte
sowie den Proben- und Auftrittsort mitteilte. Dort trafen wir uns
dann, und es war jedes Mal wieder ein etwas anderer Personenkreis,
der da zusammen kam, und manchmal herrschte da auch fast die Stimmung
eines kleinen Dudelsackfestivals. Auf Grund dieser besonderen
Auftrittsbedingungen handelte es sich dann in der Regel auch um
entsprechend „honorige“ Auftritte, so z. B. in Rundfunk
und Fernsehen, im Palast der Republik, zu den Bach-Feierlichkeiten in
Leipzig, zu größeren Festivals und Volksfesten in
verschiedenen Bezirken der DDR, zur Kultur-Konferenz der DDR, zum
Festival des Politischen Liedes usw.
Zu dieser ganzen Problematik möchte ich hier auch auf meine Arbeit: ’Allgemeine „Hintergrund-Anmerkungen“
zu den Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt’ verweisen.
(02)
Dieses Instrument aus meiner Musikinstrumentensammlung war damals das
einzige Dudelsackinstrument mit konischer Melodiepfeife, von dem wir
in der DDR ausgehen konnten. Die Möglichkeit, auch andere
konische Dudelsackpfeifen zu vermessen, ergab sich erst viel später,
nachdem sich einige Neofolkloristen dann auch über
Westdeutschland entsprechende belgische Dudelsäcke besorgt
hatten und, wiederum später, auch Jack Mitchell zwei schottische
Instrumente aus seiner Heimat in die DDR mitbrachte.
(03)
An diesem, zuvor mit viel Aufwand und keineswegs „auf legalem
Wege“ aus der CSSR besorgten Instrument hatte ich bereits
damals wesentliche Veränderungen vorgenommen und es auch mit
einer ganz neuen Melodiepfeife, die von mir fast vollständig aus
Metall angefertigt wurde, ausgestattet. Diese Dudelsackmelodiepfeife
verfügte bereits damals über einen erweiterten Tonumfang
und mehrere entsprechende „Tonloch-Klappen“. Der
Begründer und Organisator des Festivals in Strakonice, Josef
Rezny, bat mich damals um diese Melodiepfeife und erhielt sie im
Austausch für die mir gestattete Möglichkeit, die
Northumbrian Small Pipe aus seiner Dudelsacksammlung kurz anzuspielen
und gründlich zu vermessen, als Geschenk. Diese „metallene
Melodiepfeife“ müsste sich also nun in seiner
Privatsammlung befinden. Siehe dazu wiederum auch: ’Allgemeine
„Hintergrund- Anmerkungen“ zu den Dudelsackpfeifen aus
meiner Werkstatt’ in www.bhje.de .
(04)
Dieses Instrument wurde dann auch verschiedentlich bei bestimmten
Studioaufnahmen mit der Gruppe „Windbeutel“ im Rundfunk
der DDR eingesetzt, zu denen ich mir heute allerdings die Frage
stellen kann, ob davon wohl noch irgendetwas erhalten geblieben sein
könnte? Aber mit einer solchen Frage verbinden sich sofort auch
noch weitergehende Probleme. Zu DDR-Zeiten war ich anfänglich
immer davon ausgegangen, dass zu entsprechenden ganz neuen
Kulturentwicklungen, wegen deren wir damals ja auch in die
entsprechenden öffentlichen Sendungen oder dann auch in
Aufnahme-Studios gebeten wurden, dann sicherlich auch die
entsprechenden Aufzeichnungen in die Archive des Rundfunks gelangen
werden. Und mit den entsprechenden Redakteuren von Sendungen oder
Leitern von Aufnahmestudios konnte ich mich auch stets in einem
solchen Sinne verständigen. So entsinne ich mich auch noch gut
an die Aufzeichnung einer Kindersendung, an der sowohl der
Liedermacher Gerhard Schöne, als auch das holländische
Gesangsduo „Bollan und Bollan“, sowie eben auch die
Gruppe „Windbeutel“, welche damals recht häufig in
Funk und Fernsehen zu tun hatte, beteiligt waren, und ich damals auch
die erste in der DDR hergestellte Schäferpfeife vorstellen
konnte. Damit wurde von uns dann auch (begleitet von Kontrabass und
Harmonika), das Kinderlied „Spannenlanger Hansel…“
gespielt. Und dies war ganz gewiss das erste Mal, dass in der DDR ein
deutscher Dudelsack öffentlich über den Rundfunk zu hören
war. Diese Besonderheit war damals zweifellos auch den beteiligten
Rundfunkleuten, mit denen ich auch in diesem Sinne sprach, völlig
klar. Insofern schien mir auch sicher zu sein, dass dieses
Tonereignis erhalten bleiben würde. Und gerade dieser Mitschnitt
wurde dann ja auch wiederholt im Rundfunk gesendet, was meine
entsprechende „Gewissheit“ verstärkte. Erst Jahre
später, als ich dann auf Grund meiner nunmehrigen Funktion als
ein vom „Minister für Kultur der DDR“ berufener
„Vorsitzender der ZAG Musikfolklore“ auch mit
höherrangigen Verantwortlichen des DDR-Rundfunks über
solche Angelegenheiten sprechen konnte, musste ich feststellen, dass
dort offenbar überhaupt kein Sinn für eine solche
Verantwortlichkeit bestand. Man sah offenbar keinerlei Veranlassung,
solche und auch andere aus meiner Sicht eben als dokumentationswürdig
geltende Aufnahmen offiziell zu erhalten. Bestenfalls befand sich
Derartiges inzwischen vielleicht unter bestimmten eher persönlichen
oder letztlich auch ganz privaten Arbeitsmaterialien von besonderen
Redakteuren oder sonstigen Mitarbeitern, und dort könne ich mich
ja mal umhören… Aber im Archiv war kein „Spannenlanger
Hansel“ mit deutschem Dudelsack zu finden…
Damals kam es mir insbesondere darauf an, dass auch alle drei
Grundtypen der in der DDR inzwischen „neu entstandenen“,
selbstgebauten altdeutschen Dudelsäcke, also Hümmelchen,
Bock und Schäferpfeife, auch auf Schallplatte erscheinen
sollten, und mit Hilfe der Studioaufnahmen des Rundfunks, von denen
ich wusste, dass dazu auch von allen drei Instrumententypen
verschiedene Aufnahmen vorlagen, wäre das auch möglich
gewesen. Da mir dies nun als besonders wichtig erschien, versuchte
ich über ein solches Projekt auch mit Prof. Stockmann zu
sprechen, der aber eher indigniert reagierte, und dazu sagte, dass er
aber doch bereits das Erscheinen einer solchen Platte mit Dudelsack
(Tanzhaus LP mit Jo Mayer) „gemanagt“ habe und dies doch
auch ein großer Erfolg sei, und man nun doch nicht gleich
alles „überstürzen“ dürfe usw…
Jedenfalls sind dann noch verschiedene Aufnahmen mit selbstgebautem
deutschen Bock und mit verschiedenen Schäferpfeifen auf
DDR-Schallplatten erschienen, aber meines Wissens keine mehr mit dem
deutschen Hümmelchen, obwohl der Rundfunk (aber auch das
Fernsehen) durchaus über solche verfügten. Was das
DDR-Fernsehen betrifft, so musste ich dort ganz ähnliche, aber
politisch wiederum ganz anders strukturierte Erfahrungen machen.
Natürlich sind dort ebenfalls Dudelsack-Aufnahmen, auch mit
allen drei deutschen Dudelsacktypen, entstanden, und es wurden in
diesem Zusammenhang auch immer wieder die Instrumente meiner
Sammlung, für die verschiedensten Programm-Sendungen,
aufgezeichnet. Dabei versuchte ich ebenfalls stets mit den dazu
Verantwortlichen über die Archivierung derartiger Materialien
zu sprechen, wo mir dann aber immer wieder bestimmte bürokratische
Schwierigkeiten erläutert wurden. So geriet ich auch mit einer
besonders verständnisvollen und engagierten Redakteurin in
Kontakt, die dann in meiner damaligen Ladenwohnung besonders
intensive, mehrere Tage beanspruchende Aufzeichnungen zu meiner
Sammlung sowie zu bestimmten Details der Herstellung von Dudelsäcken,
vornahm. Als dann das Fernsehen nach einiger Zeit wieder bei mir
wegen entsprechender Aufnahmemöglichkeiten zu meiner Sammlung
anfragte und ich dazu meine Verwunderung äußerte, wurde
mir mitgeteilt, dass die vorliegenden Aufnahmen zwar alle
ausgezeichnet gelungen seien, sich nun aber aus politisch-rechtlichen
Gründen im Archiv unter Verschluss befänden und keinesfalls
gesendet werden könnten, da die entsprechende Kollegin
inzwischen einen „Ausreiseantrag“ aus der DDR gestellt
habe….
Wenn ich all solche Imponderabilien nun aus heutiger Sicht bedenke,
so kann ich zwar weiterhin verärgert über bestimmte,
offensichtlich mit viel Unverständnis und entsprechenden
Unfähigkeiten ausgestatteten sowie in bestimmten
politisch-bürokratischen Querelen ineffizient verfangenen
Verantwortlichen von Funk und Fernsehen der DDR sein, muss dann aber
noch verärgerter darüber sein, dass letztlich erst viel
später, im Zusammenhang mit der politisch gewollten Vernichtung
dieser DDR-Institutionen, wohl auch damals noch Existierendes nun
auch in einer wohl auch kaum jemals genau aufzuklärenden Weise
„verlorengegangen“, untergegangen und vernichtet worden
ist. Die Frage, ob etwa die ersten in der DDR entstandenen
Hümmelchen-Ton-Aufnahmen, die ersten Aufnahmen mit meiner
kleinen Schalmei in Bb oder auch die verschiedenen, mit dem deutschen
Bock entstandenen Aufnahmen von Windbeutel sowie die verschiedensten
Fernseh-Aufzeichnungen meiner damaligen Instrumentensammlung etc.
heute noch irgendwo existieren, wird sich wohl nur schwer beantworten
lassen.
Dabei denke ich, dass es bei diesem kleinen Beispiel aus größeren
Zusammenhängen nicht nur um eine mögliche „Tragik“
innerhalb eines entsprechend „allesumwälzenden“,
aber eben doch als ‚unvermeidlich’ zu begründenden
politischen Umbruchs geht, innerhalb dessen es eben auch zu
bestimmten „tragischen Vorgängen“ kommen konnte,
sondern, dass es sich hier um etwas ganz anderes handelt. Die damals
zunehmend kritikwürdiger werdenden und oftmals zweifellos auf
spezifischer Insuffizienz beruhenden Unzulänglichkeiten von
bestimmten DDR-Kulturinstitutionen und entsprechenden Verhältnissen
mit ihren eben auch aus Unqualifiziertheit resultierenden
Erscheinungen von Unverständnis und Verantwortungslosigkeit
gegenüber bestimmten Kulturentwicklungen in der DDR, standen
alsbald ganz anderen Kräften gegenüber und wurden so dann
auch zügig bestimmten, nun eher „hochprofessionell
qualifizierten“ und überaus effizient eingreifenden
„Abwicklern“ ausgeliefert, deren spezifisches
Unverständnis für das, was dann auf ihr Handeln und
Eingreifen hin zur alsbaldigen Vernichtung anzustehen hatte, in
dieser Weise eher zum politischen Wesen ihrer spezifischen
Hochqualifiziertheit zu zählen ist. Und in diesem Sinne handelte
es sich dann wohl oft auch eher um eine doppelte Diabolik, als nur um
einfache Tragik.
(05)
Ich habe hier nicht ohne Grund diese entsprechend deutungsoffene
Formulierung gewählt, denn gerade innerhalb dieser Entwicklung
konnten einem zuweilen imposant aufgemachte Dudelsackspieler mit
wiederum imposanten Instrumenten begegnen, die zwar keineswegs
imposant spielen konnten, aber der Bewunderung des Publikums
innerhalb wiederum zumeist höchst imposant aufgemachter
„Mittelalterspektakel“ immer sicher sein konnten. So
entsinne ich mich einer Begebenheit, an welche später auch immer
wieder mit viel Gelächter erinnert wurde: Ein äußerlich
beeindruckend phantasievoll kostümierter Dudelsackspieler aus
der „Mittelalter-Crew“ von Roman Streisand wurde einmal
während eines Dudelsackspielertreffens von Spielern, die bereits
mit der „Deutschen Dudelsackspieler Runde“ aufgetreten
waren, ausgefragt, welches Lied oder sonstiges Musikstück er
denn wohl vorspielen könne. Und es stellte sich dabei heraus,
dass er zwar heftig und lautstark mit seinem Instrument zu hantieren
vermochte, aber eben - wie später immer wieder belustigt
erinnert wurde - „nicht ein einziges Lied spielen konnte“.
Ebenso belustigend erschien manchem von uns dann auch der
Tonmitschnitt des späteren ersten Auftrittes der Gruppe
„Spilwut“ vom Dudelsackfestival in Strakonice. Dieses
Tonband konnte man sich immer wieder anhören, um dabei von
Schrägklang zu Schrägklang und von Krach zu Krach
herzlich-belustigt oder auch spöttisch-abwertend lachen zu
können. Ich habe zu all dem aber immer den Standpunkt vertreten,
dass gerade so etwas durchaus auch als „original
mittelalterlich“ gelten kann, denn genau solche Scharlatane
oder Gaukler werden auch schon im Mittelalter mit diesem Instrument,
auf diese Weise, erfolgreich umgegangen sein. Vielleicht gibt es kein
anderes Musikinstrument, dessen Wirkungsgeschichte so eng, und eben
oft auch ganz untrennbar, mit bestimmten Formen von Gauklertum und
Scharlatanerie verbunden ist. Zudem war ich auch stets der Meinung,
dass es gerade bei diesem Instrument völlig legitim sein kann
auch ganz verschiedene Wege des Erlernens zu beschreiten. Das
zielstrebige Erarbeiten eines bestimmten Liedrepertoires muss nicht
der einzige Weg sein um sich den Eigenarten eines Dudelsackes in
musikantischer Weise anzunähern. Auch das zunächst
vielleicht martialisch anmutende Erproben bestimmter
dudelsackspezifischer Effekte und Besonderheiten bei einem sich eher
wild und rebellisch gebärdenden Dudelsackenthusiasten, kann zu
authentischem Musikantentum führen. Und sicherlich können
aus einigen derartigen Dudelsackenthusiasten später auch einmal
hochernsthafte und spezifisch qualifizierte Musikanten geworden sein,
wobei eben auch die Möglichkeit besteht, oder inzwischen sogar
nahe liegt, dass genau solche Mentalitäten doch in genau dieser
martialisch scharlatanesken Weise auch eher im Rock-, Pop- und
sonstigen Show-Geschäft, als entsprechende Gaukler, imposante
Wirkungen erzielen können. Damit bin ich nun eigentlich bereits
in der Gegenwart, möchte mich aber, da ich den Namen Roman
Streisand bereits erwähnt habe, doch noch zu diesem und der
damaligen Dudelsack-Situation in der DDR äußern.
Roman Streisand hatte mich damals verschiedentlich gefragt, ob ich
nicht auch bei ihm, also bei seinen „Mittelalter-Aktivitäten“,
mitmachen könnte und ich war da dann doch immer eher
zurückhaltend. Und in einem solchen Gespräch drückte
er dann auch einmal seine Verwunderung darüber aus, dass immer
wieder Veranstalter an ihn herangetreten sind, die sich darauf
beriefen, dass gerade seine Gruppe doch „ausdrücklich von
Dr. Eichler empfohlen“ worden sei, - was sicherlich auch
zutraf, denn das habe ich tatsächlich oft getan. Und dazu habe
ich ihm dann – ebenso wie auch anderen – gesagt, dass ich
es für einen ausgesprochen glücklichen Umstand halte, dass
es so etwas wie ihn und seine Gruppenaktivitäten inzwischen im
Kulturbetrieb der DDR gibt, dass ich es aber für überaus
bedenklich halten würde, wenn sich solche
„Mittelalteraktivitäten“ künftig als
dominierende Tendenz bei der nun begonnenen Wiederbeschäftigung
mit deutschen Dudelsäcken in der DDR herausbilden würden,
denn ich hätte da ganz andere Vorstellungen und auch persönlich
eine ganz andere Konzeption meiner Aktivitäten zum
Dudelsackspiel.
Aus heutiger Sicht kann ich dazu also ein ganz deutliches Resümee
ziehen. Roman Streisand gehört hier zweifellos zu den „Siegern
der Geschichte“, denn genau das, was ich damals als eine eher
mit Besorgnis zu betrachtende Möglichkeit angesehen hatte, hat
sich doch dann als dominierend durchgesetzt, wohingegen das, was mir
damals als wichtig erschien, heute kaum noch als erwähnenswert
erscheint, oder eben entsprechende Erwähnungen auch auf Grund
der von wieder anderen „Siegern der Geschichte“
verwalteten Machtstrukturen effektiv unterbunden werden. Die in
diesen Zusammenhängen aber nun doch ganz objektiv zu
konstatierende Siegerposition von Roman Streisand ist nun wiederum
auf eine ganz besondere Weise interessant, wenn man bedenkt, dass
dieser offenbar inzwischen auch nicht mehr als erwähnenswert
gilt. Und dies lässt sich nun in einer besonders spannenden Art
und Weise vermerken. Ich denke, dass gerade Roman Streisand und die
Bewertung seiner Aktivitäten in gewisser, aber wohl auch in
besonders aufschlussreicher Weise sowohl als ’Spielball’,
als dann auch als „Indikator“ für das Wirken
politischer Kräfte und Zusammenhänge gelten kann und in
diesem Sinne entsprechend genauer betrachtet werden sollte, und ich
sehe mich aus dieser Sicht veranlasst, also auch noch mehr dazu zu
sagen. Was mögliche Anfechtungen im Sinne einer solchen
„Spielballfunktion“ betrifft, so möchte ich mich
zunächst auf eine eher kommentarlose Aufzählung
entsprechend ambivalenter Ereignisse und Zusammenhänge, so wie
etwa die höchstamtliche Verleihung einer speziellen
„DDR-Goldmedaille“ für die besonderen
Kulturleistungen seiner Gruppe oder aber auch die
„Schreckensbildfunktion als Traditionsverletzer“, die
wieder andere Amtsinhaber in der DDR seinen Aktivitäten zuordnen
wollten, oder auch den offensichtlichen Missbrauch, den damals ein de
facto „Staatsjournalist“ wie Wolfgang Leyn mit ihm als
Interviewpartner treiben konnte, sowie etwa auch den Umgang, den die
Medien mit dem unübersehbaren, mit Hilfe von
„Mittelalterkostümen“ und riesigem „Spilwut-Banner“
groß aufgemachten Erscheinungsbild seiner Gruppe innerhalb der
großen Berliner Demonstration vom 4.11.1989 treiben konnten,
sowie überhaupt bestimmter Tendenzen politischer
Uminterpretationen seiner Aktivitäten, beschränken. Dass er
aber dann, auch trotz all seiner eigentlich unübersehbaren und
unleugbar hohen Bedeutung und auch angesichts all dem soeben zu
seinen Aktivitäten Erwähnten, offenbar selbst nicht mehr
als erwähnenswert gilt, sehe ich als einen besonders
aufschlussreichen Indikator für das hohe Maß politischer
Verlogenheiten und intensiv betriebener Verfälschungen der
Geschichte von Dudelsackaktivitäten in der DDR an. Ich beziehe
mich hier auf die entsprechende Darstellung anlässlich des 2006
veranstalteten Tanz- und Folk-Festivals in Rudolstadt und möchte
erst einmal in vergleichender Weise auf fünf dort als
Initiatoren dieser Entwicklung hervorgehobene Namen zu sprechen
kommen, unter denen – geradezu wie beiläufig – auch
meiner genannt wurde. Er steht dabei neben Klaus Stecker, Jo Mayer,
Bodo Schulz und Jörg Zapfe, welche - so der Autor dieser
Darstellung zur Dudelsackgeschichte in der DDR – dort „relativ
abgeschottet von der Entwicklung im Westen, das Fahrrad neu erfinden
mussten“.
Diese Darstellung und Zusammenstellung von Namen ist, ebenso wie die
Tatsache, dass da der Name Roman Streisand weder an dieser Stelle
noch auch in diesem gesamten Artikel (ebenso wie auch seine Gruppe)
nicht erwähnt werden, in höchstem Maße lächerlich.
Die Sache wird noch fragwürdiger, wenn dann noch zu bedenken
ist, dass auch das von Lothar Junghähnel in Westdeutschland
herausgegebene „Dudlpfeifer-Fachblatt“ überhaupt
keine Erwähnung in dieser Darstellung zur Geschichte von
Dudelsackaktivitäten findet. Eine stets hochinteressante und
zutiefst informative folkloristische Zeitschrift, welche damals
zweifellos sowohl für die Dudelsackinteressenten im Westen als
auch im Osten Deutschlands (wo wir sie immer wieder kostenlos von
Lothar Junghähnel, aber auch von verschiedenen anderen
westdeutschen Dudelsackfreunden zugeschickt bekamen) von überaus
großer Bedeutung war.
Angesichts der aus diesem Rudolstadt-Artikel auch ansonsten deutlich
werdenden Fachunkundigkeit des Autors könnte man nun meinen,
dass er eben davon, oder auch von Roman Streisands Aktivitäten,
noch nie etwas gehört hätte. Dem kann aber keinesfalls so
sein, denn sowohl die politisch wesentlichsten und mutwilligsten
Verzerrungen, die einem da begegnen, als auch die Gesamtaussage
seiner Darstellung, stehen alle in ganz besonderer Weise mit den
speziell von Roman Streisand initiierten Aktivitäten in
Zusammenhang. Sowohl die Behauptung, dass es in der DDR eine
„Dudelsack-Punk-Bewegung“ gegeben habe, als auch die
daran angehängte Behauptung, dass dieses Instrument also damals
als Symbol einer speziellen Freiheitsbewegung gegen das diktatorische
DDR-Regime gegolten habe, und eben auch der in diesem Artikel so
überdeutlich als Hauptrichtung (oder genauer gesagt sogar als
die einzige Ausrichtung) von Dudelsackaktivitäten hervorgehobene
Boom von „Mittelalter-Events“ - all dies wäre ohne
seine Aktivitäten und seine Gruppe „Spilwut“ einfach
nicht zu untermauern. So wären etwa Musikanten, die sich
vielleicht tatsächlich als „Dudelsack-Punker“
interpretieren ließen, eben gerade in seinem Umfeld und
andererseits eben wohl kaum im Umfeld der „DDR Dudelrunde“
(innerhalb derer freilich auch Roman Streisand selbst mitgemacht hat)
zu finden gewesen. Und auch die Behauptung der besonderen
„Freiheitssymbolik“ dieses Instrumentes muss eigenartig
bleiben, wenn der, der das behauptet, sich dabei die Freiheit nimmt,
ausgerechnet das entsprechend interpretierbare Auftreten von Spielwut
am 4.11.1989, ebenso wie andere entsprechend politisch prononcierte
ostdeutsche Dudelsack-Aktivitäten aus diesen „DDR-Wendezeiten“,
welche damals auch mehrfach intensiv über die Medien sowohl der
DDR als auch der BRD verbreitet wurden, einfach unter den Tisch
seiner Geschichtsdarstellung fallen zu lassen.
Und am haarsträubendsten ist dann eben letztlich, dass, bei
aller sonstigen Hervorhebung von Mittelalteraktivitäten, dann
genau der Name dessen, der damals ganz offensichtlich der Initiator
dieses damals ganz neuen Trends im Kulturgeschehen der DDR war,
einfach verschwiegen wird, obwohl er ganz offensichtlich damals
nicht nur der Erste, sondern mit seiner Gruppe „Spilwut“
auch einige Zeit lang, das eigentliche Zentrum entsprechender
„Mittelalteraktivitäten“ in diesem Lande war. Ganz
offensichtlich derjenige, der damals diesen besonderen Trend
wesentlich ausgelöst und dann auch wesentlich geformt hat. Eine
aus meiner Sicht mögliche Erklärung dafür, dass diese
Tatsachen und Zusammenhänge nun verschwiegen und unterschlagen
werden, kann wohl darin bestehen, dass Roman Streisand in politischer
Hinsicht eben doch stets ein rebellischer Linker war, und, wie ich
mir vorstellen kann, vielleicht auch noch ist. Jedenfalls denke ich
bei ihm sicher zu sein, dass gerade er sich angesichts bestimmter
fremdenfeindlich-rassistischer und auch faschistoider Tendenzen, die
insbesondere im Umkreise des „Leipziger Zentralhauses für
Kulturarbeit“, aber eben gerade auch im Umkreise der dortigen
Folkloreszene (aus welcher sich – hier zunächst nur
nebenbei angemerkt – dann eben auch wesentliche Kräfte
zur inzwischen kommerziell erfolgten politischen Neugestaltung der
Rudolstädter Festivalaktivitäten rekrutierten) immer mehr
um sich griffen und dort eben auch Unterstützung fanden, nicht
in gleicher Weise stillschweigend, wegsehend und abwiegelnd verhalten
hätte, wie damals viele der dortigen Folkloristen oder auch die
meisten damaligen Mitglieder der dort verwalteten „ZAG
Musikfolklore“. Und insofern möchte ich nun zunächst
seinen Namen in Beziehung zu den in dieser Darstellung ansonsten
genannten Namen setzen und dabei durchaus mit meinem anfangen.
Wenn zu meiner Person etwa formuliert worden wäre oder würde,
dass es außer einer solchen „Dudelsack-Punk-Bewegung“
oder sonstigen, inzwischen auch politisch beliebig
uminterpretierbaren Aktivitäten zum Dudelsack in der DDR, doch
auch jemanden gab, der (was er ansonsten auch etwa noch alles getan
haben mag) doch vor allem darauf aus war, die Beschäftigung mit
diesem Instrument und die damit verbundenen Musikantenaktivitäten
ganz unverhohlen im Sinne der Unterstützung und weiteren
Entwicklung der „politischen Diktatur in der DDR“ zu
betreiben und zu fördern, dann könnte das zwar nun als
„politisch entlarvend“, oder manchem, der mich kennt,
auch als verleumderisch erscheinen, müsste aber von allen denen,
die mich wirklich soweit kennen, dass ihnen auch mein entsprechender
politischer Begriff von „Diktatur in der DDR“ bekannt
ist, im Sinne eines solchen Begriffsverständnisses als eine
durchaus wahre Aussage zu meiner Person akzeptiert werden. Dazu wäre
dann auch noch zu fragen, unter welchen „Dudelsackbannern“
und welchen Dudelsackkonzeptionen sich damals jeweils welche und wie
viele aktive Musikanten zusammengefunden haben, - wobei ich überhaupt
nicht beanspruche, mit meinen Ambitionen und Aktivitäten etwa
jemals mit Sicherheit zu einer Mehrheit gehört zu haben. Aber
die undifferenzierte Anführung meines Namens in der dortigen,
sowohl insgesamt fragwürdigen, als auch offensichtlich gezielt
unvollständigen Aufstellung, läuft auf eine deutlich
unwahre Aussage hinaus. Klaus Stecker kann bestenfalls in dem Sinne
als Initiator oder „Neu-Erfinder“ genannt werden, als
dass er der erste war, der in der DDR quasi-professionell Schalmeien
hergestellt und verkauft hat. Und er selbst hat sogar noch zu Zeiten,
als bereits Jo Mayer die Nennung meines Namens im Zusammenhang mit
Dudelsackaktivitäten tunlichst und weitmöglichst
(insbesondere wohl nach Anstoß oder auch direktem Anraten von
Prof. Stockmann, der derartige Verhaltensorientierungen und
entsprechend deutliche, „richtungsweisende Zeichensetzungen“
in geradezu perfekt autoritärer Weise durch sein Verhalten
ständig zelebrierte) zu vermeiden bestrebt war, doch noch
betont, dass er auf die Problematik und Besonderheiten von
Dudelsäcken und konischen Schalmeien erst durch mich aufmerksam
gemacht wurde. Und zu Jo Mayer muss dabei gesagt werden, dass er in
Hinsicht auf diese Instrumente überhaupt kein Initiator war,
sondern hier lediglich als ein bedeutungserheischender Neo-Folklorist
gelten kann, welchem es erst zu einem ziemlich späten Zeitpunkt
gelungen ist, nachträglich auf den bereits in vollen Touren
laufenden Dudelsackzug aufzuspringen, wo er dann dort zweifellos mehr
Talent im Sinne der Eroberung des Zugführerpostens, als etwa im
Sinne der weiteren Qualifizierung seines Dudelsackspiels, entwickelt
hat, und für diese Positionierungs-Ambitionen auch ganz
offensichtliche Unterstützungen aus dem Umfeld von Prof.
Stockmann (sowie dessen dabei spezifisch mitwirkender spezieller
Partnerin Hanni Bode) erhielt, welche ihn wohl für eine solche
Position auserkoren hatten. Dabei konnte er durchaus viele Lieder auf
diesem Instrument richtig spielen, hat es aus meiner Sicht aber nie
wirklich geschafft, dann auch dieses Instrument selbst „richtig“
zu spielen und es alsbald auch zu Gunsten anderer Instrumente, wieder
abgelegt.
Bodo Schulz ist dann wiederum noch viel später auf den bereits
von Jo Mayer belagerten Zug, eher als ein späterer
„Wendegewinnler“, als etwa ein Aktivist des
Dudelsackspiels in der DDR, aufgesprungen, und kann wohl inzwischen
als ein geschäftstüchtig-solider, ostdeutscher
Dudelsackbauer, aber keineswegs etwa als Initiator irgendwelcher
damaliger Dudelsackaktivitäten gelten. Wohingegen sich zu Jörg
Zapfe, der zwar ebenfalls keineswegs als Initiator oder
„Neu-Erfinder“ des Dudelsackgeschehens in der DDR gelten
kann, wiederum sagen lässt, dass er sich von allen anderen hier
genannten wohl dadurch unterscheidet, dass er sowohl als ein
professioneller Hersteller von soliden Dudelsackwerkzeugen, als auch
von verschiedenen Volksmusikinstrumenten, inklusive Dudelsack, sowie
dabei eben auch als solider aktiver Musikant und solider Facharbeiter
gelten kann. Bei den meisten anderen der hier Genannten war hingegen
nur jeweils eine dieser Qualifikationen wirksam ausgeprägt:
Klaus Stecker und Bodo Schulz wollten ihr Geld durch
Dudelsackherstellung verdienen und Jo Maier durch Dudelsackspiel,
während Jörg Zapfe sein Geld weiterhin als Werkzeugmacher
verdiente, und dabei meiner Erinnerung nach, in musikhandwerklicher
Hinsicht allen hier genannten „Fahrrad-Neuerfindern“
deutlich überlegen war.
Wie wäre nun aber unter dieser ohnehin überaus
unrepräsentativen Aufstellung von „Dudelsack-Initiatoren“
der Name Roman Streisand einzuordnen? Falls ich Klaus Stecker
niemals kennen gelernt hätte (was leicht hätte geschehen
können, da dieser damals weder mit Musik, noch ansonsten mit
Dingen, die mir wichtig waren, irgendwie in besonders engagierter
Weise zu tun hatte), so wäre dieser, falls bei ihm dann
überhaupt jemals ein Interesse an Schalmeien und Dudelsäcken
entstanden wäre, damals zweifellos auf Roman Streisand
angewiesen gewesen, um überhaupt genauer zu erfahren, um was es
da geht. Und auch falls ich mich niemals für diese Instrumente
interessiert hätte (was ich jedoch bereits seit meiner Kindheit
getan hatte), wären ganz gewiss auch ähnliche
Dudelsack-Initiativen in der DDR entstanden, in deren Mittelpunkt
dann aber ganz zweifellos vor allem, und vielleicht auch als
Einziger, Roman Streisand gestanden hätte. Dabei ist ganz
offensichtlich, dass vier der vom Autor dieses verfälschenden
Dudelsack-Artikels genannten Personen hinsichtlich ihrer
Dudelsackambitionen in bestimmter Weise miteinander zusammenhängen,
ohne in dieser Weise etwa mit Roman Streisand zusammenzuhängen.
So hätten meine Aktivitäten ohne die anfängliche
Zusammenarbeit mit Klaus Stecker sicher auch etwas anders ausgesehen,
wie sicherlich auch dann die weiteren Orientierungen, Ambitionen und
Kungeleien von Klaus Stecker und Jo Mayer, bis hin dann auch zu dem
später bereits in hohem Maße intrigendurchwirkten
Beziehungsgeflecht, welches sich letztlich unweigerlich auch in
Richtung auf Bodo Schulz auswucherte, wiederum ohne meine Person oder
auch meine Aktivitäten und Ambitionen sicherlich ebenfalls ganz
anders ausgesehen hätten – oder vielleicht auch niemals
zustande gekommen wären (?). Denn alle diese Beziehungen wurden
eben auch von den unterschiedlichsten Prioritätsbestrebungen
innerhalb der zweifellos besonders vielfältigen Berliner
Folk-Szene tangiert, welche sich wiederum im Prenzlauer Berg, also
genau dem besonderen Berliner Stadtbezirk, mit dem alle vier hier
zuletzt genannten Personen in bestimmter Weise, divergierend
verbunden waren, in ganz spezifischer Weise herausbilden konnte.
Völlig anders also, als in Hinsicht auf Roman Streisand, der
sich gegenüber all diesen speziellen Berliner Querelen, sowohl
als souveräner Dudelsackhersteller, als auch als souveräner
Dudelsack-Spielmann, letztlich doch weitgehend autark verhalten und
entwickeln konnte und dies auch in ganz besonderer Weise getan hat.
Zudem sammelten sich in seinem Umkreise eben auch immer wieder gerade
solche Dudelsackenthusiasten, die zwar bei der Dudelsackbrüderschaft
noch auf offene Arme, aber etwa dann bei „Windbeutel“
oder gar der „DDR-Dudelrunde“ eher auf Ablehnung hätten
stoßen können.
Das Verschweigen seiner Initiativen und seines Namens ist also nicht
einfach ein Versäumnis, sondern eine offensichtliche
Unsachlichkeit im Dienste geschichtsverfälschender Unwahrheit.
Ein Politikum, welches im Sinne der von mir hier apostrophierten
„Indikatorfunktion“ deutlich machen kann, in welch
erstaunlichem Maße und in welch geradezu unverschämter
Weise unter nunmehrigen Bedingungen die politisch-ideologisch
motivierte Verfälschung von DDR-Geschichte vonstatten gehen kann
und – um hier auch das Bild und bestimmte Funktionen des
Rudolstädter Festivals aufzugreifen, in dessen Rahmen diese
Darstellung schließlich in der Form eines „Leitartikels“
eingebracht wurde – wie ein solches Lügenkonstrukt dann im
Trubel eines auf vielen Bühnen zelebrierten bunten
Folkloregeschehens als „politisch selbstverständliche
Wahrheit“ und insofern dann wohl auch noch als ein inzwischen
auch tatsächlich in den Köpfen bestimmter Teilnehmer,
Besucher oder eben auch Veranstalter dortigen Trubels als deren
inzwischen entsprechend formiertes „Selbstverständnis“
fungieren kann. Denn, so wahrheitswidrig diese überaus verlogene
Darstellung zum Dudelsack in der DDR hier auch sein mag und in welch
geradezu „unglaublich“ tatsachenverachtender Weise dabei
auch vorgegangen sein mochte, das Ganze ist eben innerhalb der
inzwischen installierten Ganzheiten von „DDR-Bewältigung“,
zu denen dann auch buntes Folklore-Geschehen Rudolstädtischer
Art gehören kann, auf eine solche Weise politisch fest
eingebunden, dass dann von „Unglaublichkeit“ kaum noch
die Rede sein kann. Vielmehr wird die Selbstverständlichkeit der
Glaublichkeit all solcher Darstellungen innerhalb bestimmter
ideologisch formierter Ganzheiten, aus denen letztlich eben auch all
die inzwischen „politisch korrekten“
Glaubensdarstellungen zur DDR-Geschichte gehören, die dann (wie
unglaublich infam die Methoden ihrer Erzeugung auch sein mögen)
keine Mühe mehr haben werden, alleweil als durchaus glaubhaft zu
erscheinen.
Und für mich ist dabei eben wieder überaus interessant zu
beobachten und zu bedenken, in welche doch erstaunlich andersartige
Spannungsfelder von „Politik und Kultur“, oder auch von
„Lüge und Musik“, dabei wieder dieses, von mir in
besonderer Weise geliebte, Instrument geraten kann. Ein
Musikinstrument mit welchem freilich auch ich, stets im Sinne einer
als hochgradig politisch anzusehenden Angelegenheit umgegangen bin.
So, wie ich hier über die ganz zweifellos in besonderer Weise
charismatische und dann eben auch entsprechend umstrittene
„Dudelsack-Persönlichkeit“ Roman Streisand als einem
besonderen „Indikator“ für das bessere Verständnis
bestimmter politischer Entwicklungen und Zusammenhänge
reflektiert habe, denke ich, sollte man auch über die
politischen Zusammenhänge, in die gerade auch dieses besondere
’Musikinstrument Dudelsack’ immer wieder geraten konnte
und wohl auch künftig geraten kann, weiter nachdenken. Denn da
zeigt sich, dass es nicht nur hinsichtlich seiner älteren
Geschichte in besonderer Weise untrennbar mit sozialen
Differenzierungen, aber auch mit Gauklertum und allerlei Arten von
Scharlatanerie verbunden ist, sondern eben auch in seiner jüngeren
Entwicklung in Deutschland, in besonderer Weise in Konflikt mit
bestimmten politischen Formen von gezielter Verhinderung sowie von
politisch stimulierter Lügen- und Legendenkultur geraten konnte.
Und insofern konnte dieses Musikinstrument dann, über seine
bislang wohl vornehmlich regionalpatriotisch und nationalistisch
geprägten bisherigen Symbolfunktionen hinaus, auch in ganz
andere neuartige politische Dimensionen und entsprechende
Spannungsverhältnisse hineingeraten.
Auf welche spezielle Weise und auf welchen Um- und Übergangswegen
sich Derartiges aber bereits in den letzten Jahren der DDR, und dann
insbesondere auch in deren letzten „Übergangs-Wende-Zeiten“
abzeichnete, lässt sich vielleicht auch ein klein Wenig aus den
letzten Briefen entnehmen, die ich damals in diesen Angelegenheiten
in Richtung des dann bereits zur „Umwandlung“ anstehenden
„Zentralhaus für Kulturarbeit“ in Leipzig schickte.
Immer noch ging es dabei um die verheerende Obstruktionspolitik, die
dort bereits Jahre zuvor, gerade auch in Bezug auf bestimmte
DDR-spezifische Dudelsackaktivitäten, insbesondere hinsichtlich
der von mir seit vielen Jahren angestrebten und dann auch detailliert
vorbereiteten Ausstellung zur Geschichte des Dudelsackselbstbaus in
der DDR, sowie zur bereits im Jahre 1986 zur Publikation vorgelegten
Arbeit zur Selbstherstellung eines deutschen Dudelsackes, betrieben
worden war. Ich verweise dazu auf die Schreiben vom 28.6.90; 27.8.90;
24.6.91 und 10.10.91, welche allesamt, trotz der „pro forma
Antwortzusage“ vom 15.7.91, einfach unbeantwortet geblieben
sind.
(Siehe dazu den Wortlaut dieser Schreiben im „Anhang zu den
Allgemeinen Hintergrunds-Anmerkungen zu den Dudelsackpfeifen aus
meiner Werkstatt“.
Wenn man dabei die Tatsache bedenkt, dass gerade auch diese beiden
DDR-Aktivitäten zum Dudelsack - also die 1988 doch
stattgefundene Ausstellung zu den bis dahin in der DDR entstandenen
Dudelsäcken und die letztlich 1990 doch noch erschienene
Publikation zum Selbstbau eines solchen Instrumentes – genau in
diesem „Rudolstadt-Beitrag“ (ebenso wie natürlich
auch die politisch stets umstrittene, aber damals in der DDR doch
hochwirksame „Deutsche Dudelsackbrüderschaft der DDR“)
keinerlei Erwähnung finden, so kann dazu zweierlei bedacht
werden: Einerseits würde die Erwähnung derartiger (oder
eben auch vieler anderer Tatsachen) eben einfach nicht in das
politisch verfärbte Bild passen, welches der Autor dieses
Artikels zum Umgang mit dem Dudelsack in der DDR ausgemalt hat, und
andererseits wird auch eine in dieser Weise gezielt reduzierte Art
von „DDR-Geschichtsdarstellung“, nun auch gerade da in
besonderer Weise auf wohlwollende Zustimmung treffen können, wo
sich eben auch solche überaus korrupten und auch schon in
„Vor-Wendezeiten“ offen faschistoid und
pro-fremdenfeindlich-rassistisch agierende DDR-Kulturfunktionäre,
wie ein Horst Traut oder auch ein Jochen Schmidt und wohl auch eine
Reihe anderer, seit vielen Jahren gefolgschaftstreu mit der Leipziger
„Folklore-Leitinstitution“ und der Leipziger „Folk-Szene“
verbundener, ehemaliger DDR-Kulturfunktionäre, auch noch in den
„Nach-Wendezeiten“, spezielle effektive Mit- und
Einwirkungsmöglichkeiten bei der Gestaltung „Rudolstädtischer
Folk-Events“ sichern konnten.
(06)
Um hier bestimmten möglichen Missverständnissen in Hinsicht
auf die Melodiepfeifen der schottischen Dudelsäcke, welche sich
nun in der in Saarbrücken installierten Sammlung befinden,
vorzubeugen, muss ich auf Folgendes hinweisen.
An einigen dieser schottischen Chanter befindet sich jeweils
ebenfalls eine obere, zusätzliche, von mir dort angefügte
Tonlochklappe, welche man nun auch für eine Überblasklappe
halten könnte. Diese Eigenschaft hat sie aber an diesen
Melodiepfeifen nicht, sondern soll dort lediglich deren Tonumfang um
einen Ton erweitern. Diese Besonderheit machte sich für mich aus
folgendem Grunde erforderlich: Entsprechend eines Angebotes vom
Palast der Republik in Berlin, hatte ich einen Vertrag als
schottischer Dudelsackspieler für eine besonders riesenhaft
aufgemachte und mehrfach zu wiederholende Show unterschrieben, in
welcher auch „Mull of Kentyre“ gespielt werden sollte.
Bei den ersten Proben musste ich dann aber feststellen, dass der
Komponist Thomas Natschinski das Instrumentalarrangement für das
begleitende Orchester, offenbar auf Wunsch der bekannten Sängerin
Tamara Danz, bereits in F-Dur festgeschrieben hatte. Also in einer
Tonart, in der kein normaler schottischer Dudelsack dieses Lied hätte
spielen können. Ich sah mich also gezwungen, den Tonumfang
meines original schottischen Chanters für diese Auftritte um
genau einen Ganzton zu erweitern. Im Zusammenhang mit meinen
sonstigen „Klappenbemühungen“ an
Dudelsackmelodiepfeifen konnte ich dabei auch die bestätigende
Erfahrung machen, dass der schottische Chanter für weiteres
„Überblasen“ wohl auch kaum günstig geeignet
sein würde.
(07)
Herrn Klopfer hatte ich verschiedentlich in seiner Werkstatt in
Zwickau besucht und mir seine weltberühmten „Hobel-Maschinen“
für Doppelrohrblätter zeigen lassen. Neben diesen
Spezialitäten hatte er dort aber auch ein besonders effektives
Verfahren zur Herstellung nahtloser Oboenhülsen entwickelt.
Mein Wunsch nach einem Innenhobel für Blätter in den Maßen
der Northumbrian-Small-Pipe konnte von ihm dann aber, auf Grund
seines plötzlichen Todes, nicht mehr erfüllt werden.
(08)
Dieses Bedürfnis wurde in den letzten Jahren der DDR auch (und
zwar keineswegs nur von meiner Seite her) in der von mir (zuvor noch
in der Funktion des vom DDR Minister für Kultur berufenen
„Vorsitzenden der Zentralen Arbeitsgemeinschaft für
Musikfolklore der DDR“) gegründeten „ZAG
Arbeitsgruppe Musikfolkloristisches Instrumentarium“ als ein
künftig anzugehendes „Wunschprojekt“ diskutiert.
(09)
Dieser, von mir zurzeit noch „technisch-bastlerisch“
benötigte Bestand an solchen Spezialhülsen sollte also
später auch innerhalb des von mir künftig zu
hinterlassenden „Nachlass-Restbestandes“ an
Musikalien, welche im Sinne meiner generellen Sammlungsschenkung an
die Musikhochschule des Saarlandes natürlich dementsprechend
als Bestandteil dieser Sammlungs-Schenkung zu gelten hat, auch
besonders beachtet werden.
(10)
Siehe dazu auch den Flyer der Gruppe Windbeutel, welcher als Anhang
in meinem Beitrag
„Denke ich heute an Jack Mitchell…“ in:
www.bhje.de
abgebildet ist.
(11)
Diese Verfahrensweise hatte ich auch eingehend in der Publikation:
“Das Hümmelchen – ein altdeutscher Dudelsack“,
Leipzig 1990, geschildert.
(12)
Ich muss hier vor allem auf die besonders heftigen Reaktionen von
Jochen Schmidt, dem Chef des ASMW Markneukirchen verweisen, welcher
damals, angesichts eines meiner aus dieser blauen Gewebefolie
gefertigten Säcke mit der unverhüllt wütend
prononcierten Formulierung “Wir versuchen hier die
traditionellen Methoden der Dudelsackherstellung wieder zu beleben
und Du verwendest PVC-Folien!“ reagierte und auch im Weiteren
immer wieder, mit einem mir ganz unsinnig erscheinenden Eifer, auf
„traditionelle Methoden“ hinaus wollte. Ich habe dabei
sein Verhalten immer in einer bestimmten Weise für typisch in
Bezug auf bestimmte Erscheinungsformen fortschrittshemmenden
konservativen Denkens in der DDR empfunden. Bewusstseinsformen, die
sich in einem eigenartigen Mischungsverhältnis von
pseudosozialistischem DDR-Engagement und altkonservativen (bis hin zu
deutlich politisch rechten) Denk- und Verhaltensstrukturen offenbaren
konnten. Und da diese eben auch im Zusammenhang mit den damaligen
„Dudelsackaktivitäten“ eine unübersehbare Rolle
spielten, möchte ich hier wiederum darauf eingehen, und dabei
zwei Aspekte unterstreichen:
Zum einen in Bezug auf das von ihm formulierte „Wir“, auf
welches er sich als autoritärer Staatsfunktionär natürlich
immer wieder gerne berief, und zum anderen eben in Bezug auf seine,
ihm dabei als Staatsfunktionär verliehene Autorität als
Fachmann, auf die er sich natürlich ebenfalls stets berufen
konnte.
Was das von ihm beanspruchte „Wir“ betrifft, so handelte
es sich in diesem Punkt bei ihm um einen in bemerkenswerter Weise
politisch engagierten DDR-Bürger, dessen politische Entwicklung
allerdings in einer wiederum bemerkenswerten und für bestimmte
„DDR-Kader“ keineswegs untypischen Metamorphose verlief.
Angesichts, oder etwa auch im Vergleich, zu der noch in den 60/70er
Jahren typischen DDR-Losung „Vom Ich zum Wir“, mit
welcher damals die Entwicklung in Richtung einer immer
sozialistischer werdenden Gesellschaftsordnung überschrieben und
propagiert wurde, kann seine politische Entwicklung vielleicht
dadurch charakterisiert werden, dass er, im Sinne seiner ihm dann
verliehenen staatlichen Funktion, nun das Recht und wohl auch die
Pflicht zu haben glaubte, dass sein „Ich“ dieses „Wir“
nun in dem, was es unter seiner Leitung zu wollen und zu tun habe,
bestimmen müsse und sich dabei auch aus seinen Machtbefugnissen
ergibt, wer letztlich überhaupt zu diesem „Wir“
dazugehören könne. Und seine politische Verantwortung sah
er dabei offensichtlich darin, innerhalb der ihm zugeteilten oder
dann auch sich selbst zugeordneten „Zuständigkeitsbereiche“
genau in diesem Sinne „Ordnung zu schaffen“. Und so
konnte er auch kaum noch auf den Gedanken kommen, dass seine
Verantwortlichkeiten im Sinne der DDR sich doch eigentlich nur aus
den Interessen des „Wir’s“ herleiten lassen können
und dafür auch bestimmte rechtliche Strukturen akzeptiert werden
müssen. Für ihn war es dann auch einfach unverständlich,
dass etwa ein in ehrlicher Weise im Sinne der DDR engagierter Bürger
dabei auf seinen entsprechenden Rechten beharren wollte, wo sich ein
solcher doch eigentlich erst einmal „ordentlich unterzuordnen“
hätte. Um diese vielleicht etwas abstrakte
Positionsverdeutlichung auch etwas konkreter zu belegen, möchte
ich seine Position aus den Zeiten der ersten Diskussionen um
Perestroika und Glasnost erwähnen. Damals versuchte ich einmal
mit ihm über die inzwischen ganz offensichtlich
wahrheitswidrigen Berichterstattungen der DDR–Presse zu diesen
Vorgängen in der Sowjetunion zu sprechen, und die Diskussion
eskalierte dann bis zu der Fragestellung, ob auch ein Bürger
eines sozialistischen Staates die Möglichkeit und eben auch das
Recht haben müsse, Staatsinstitutionen verklagen zu können.
Eine Frage, die ich selbstverständlich mit einem deutlichen Ja
beantworten wollte, wohingegen Jochen Schmidt betonte, dass er sich
so etwas überhaupt nicht vorstellen könne. Mich überraschte
dies damals keineswegs, denn ich hatte mit ihm bereits eine andere
Erfahrung in Hinsicht auf Rechtsbewusstsein und amtlich verliehener
Funktionsmacht machen müssen. Als er einmal den Besitz eines
besonderen Luftgewehres erwähnte, bemerkte er dazu auch –
nicht ohne einen gewissen Stolz – dass dieses Luftgewehr noch
von seinem Vater, der nach dem Kriege als Volkspolizist tätig
war, einem „Nazi abgenommen“ worden sei. Meine
Verwunderung darüber, dass er es nun in seinem Besitz habe, war
ihm ganz unverständlich, und meine dann vielleicht tatsächlich
etwas überspannte Argumentation dazu fand er empörend und
wollte sie zunächst als „typische Philosophenspinnerei“
und zuletzt sogar als persönliche Beleidigung abtun. Wenn ich
bedenke, dass sich damals meine Verwunderung innerhalb dieses, dann
auch abgebrochenen, Gesprächs natürlich auch mit einer
zunehmenden Empörung über sein Unverständnis mischte,
so kann vielleicht auch sein „Beleidigtsein“ letztlich
verständlich werden. Mir ist aber erst viel später
verständlich geworden, dass diese Denkungsart, also
Machtbewusstsein über Rechtsbewusstsein zu stellen, bei ihm
offenbar bereits viel tiefer ausgeprägt war, als ich es damals
für möglich gehalten hätte. Meine
Bedenklichkeitsargumentation lief damals darauf hinaus, dass dann
aber doch vielleicht auch jeder Kollege seines Vaters sich jedes
Nazi-Luftgewehr, welches ihm gefällt, ohne Weiteres aneignen
konnte und unter solchen Verhältnissen dann auch ohne weiteres
mal einem Kommunisten ein solches, vielleicht besonders hübsches,
Luftgewehr abgenommen werden kann, wobei diesem dann mit Gewissheit
noch ein ganz anderer Schicksalsschlag bevorstehen wird, denn wer
bereits die nicht mehr in Frage zu stellende Macht hat, sich
jedermanns Luftgewehr anzueignen, hat dann in solchen Verhältnissen
wohl alsbald auch die Macht, festzulegen, wer nun als Kommunist und
wer als Nazi zu gelten hat, und so kann der schlichte Besitz eines
Luftgewehres letztlich auch jeden Kommunisten in viel stärkere
Schwierigkeiten als jeden Nazi bringen, was doch wohl nicht im Sinne
eines antifaschistischen Staates sein könne… Ich erinnere
mich gut daran, dass es mir damals nicht gelungen ist, etwa mit
solchen, doch auch witzig und vielleicht auflockernd zu verstehenden
Ausdrücken wie „kommunistisches Luftgewehr“ dieses
letztlich kurze Gespräch zu entspannen, und ich weiss auch ganz
genau, dass ich dann – obwohl es mir natürlich auf der
Zunge lag – doch nicht so weit gegangen bin, nun auch noch zu
fragen, ob er sich wirklich sicher sein könne, dass auch sein
Luftgewehr nicht vielleicht doch mal ursprünglich ein
„kommunistisches“ war. Aber ich hätte mir damals
keineswegs vorstellen können, dass sich Jochen Schmidt später
einmal genau gerade so verhalten würde, wie ich es in meinen
Reflexionen damals nur als das hypothetisch denkbare Verhalten eines
in lediglich vorgestellt-angenommener Weise entsprechend korrupten
Kollegen seines Vaters bedacht hatte.
Ich weiss von mir, dass ich sicher schon verschiedentlich in meinem
Leben auf diese oder ähnliche Art und Weise bestimmte Menschen
verschreckt und abgestoßen oder auch bis zur „Weißglut“,
sowie vielleicht auch bis zum Gefühl des Beleidigtseins
getrieben habe, und wenn ich dabei nur an Dudelsackspieler denke, so
steht neben Jochen Schmidt sofort auch ein spezieller Schottomane von
der Gruppe „Skye“ vor meinen Augen, der mir dereinst,
wütend vorwarf, dass es mir beim Dudelsack „doch immer nur
um Politik“ ginge, - ihm aber ginge es nur „um die Sache
selbst“. Mein dazu dann unvermeidlicherweise beharrliches
Diskutieren darüber, dass er hier zwar in durchaus rationaler
Weise meine linke Position richtig erkannt hat, aber nicht rational
zu erkennen sein kann, was denn nun für ihn dabei „die
Sache selbst“ sei, auch wenn er immer wieder nur wütend
betonte, „eben kein Roter zu sein“, musste seine Wut
gegen mich wohl ebenfalls weiter eskalieren lassen. Ich glaube aber
nicht, dass derartige Eskalationen von persönlichen (und
insofern dann vielleicht auch stets irgendwie „erklärbaren“)
Wutgefühlen, dann als Erklärungen für danach
erfolgende, geradezu unbegreiflich ehrlos-unanständig gezielte
Verhaltensweisen gegen die Adressaten solcher Wutgefühle
zutreffend sein können. Dazu sind letztlich bereits zuvor
ausgeprägte Charakterdeformationen und auch besondere Formen von
Gewissenlosigkeit erforderlich, die dann eben auch dazu führen
können, dass sich derartig verkorkste Charaktere letztlich auch
selbst aktiv zu Intrigen aufraffen, oder aber auch gerne die
vorteilsgewährende Position eines Erfüllungsgehilfen, im
Rahmen von bereits andererseits bzw. „höhererseits“
zielstrebig vorstrukturierten Intrigen, gegen die bereits fixierten
Adressaten ihrer Wut, zuordnen lassen.
In beiden Beispielen waren dann deren Verhaltensweisen innerhalb
solcher Strukturen von einem ähnlich hohem Maß
abgefeimtester Korruptheit und schlichtester Unanständigkeit
gekennzeichnet, auch wenn sich der eine eher mit einer zweifelhaften
„politisch linken“ und der andere eher mit einer durchaus
weniger anzuzweifelnden „rechten“ Haltung drapierte.
(13)
Ich denke, dass mein Respekt vor den Dudelsackbauaktivitäten von
Tibor Ehlers wohl kaum dadurch geschmälert werden kann, dass ich
natürlich davon ausgehen muss, dass sowohl seine Aktivitäten,
als dann auch die von ihm initiierten Instrumente in Westdeutschland
sicherlich in ganz andere politische Zusammenhänge gestellt
waren, als etwa meine und auch sonstige Dudelsackaktivitäten in
der DDR. Die Beschäftigung mit dem „Egerländer
Dudelsack“, also dem deutschen Dudelsackinstrument unter den
Böhmischen Dudelsäcken und also dem vielleicht
osteuropäischsten Dudelsack unter den deutschen Dudelsäcken,
der wiederum in deutlichem Zusammenhang mit den Dudelsäcken der
in Deutschland lebenden slawischen Minderheit und den Dudelsäcken
des Nachbarlandes Polen steht, war gerade für mich in einer
völlig anderen Weise von hochpolitischer Bedeutung, als er das
zunächst in Westdeutschland war. Mir war hier die
kulturpolitisch völkerverbindende Funktion dieses Instrumentes
im Sinne der Politik der DDR das Wesentliche. Und ich war dabei stets
der Auffassung, dass ein entsprechend ernstnehmendes und lebendiges
Aufnehmen dieses nun auch weiterzuentwickelnden Erbes deutscher
Kulturtraditionen letztlich nur im Zusammenhang mit den anderen
Grundtypen deutscher Dudelsackgeschichte geschehen sollte, und nur in
dieser Weise wirklich sinnvoll völkerverbindend und auch
entsprechend vielseitig musikantisch-musikalisch kulturfördernd,
im Sinne deutscher und europäischer Musik- und
Kulturtraditionen, gestaltet werden könnte. Dabei konnte ich
natürlich davon ausgehen, dass eine solche Auffassung, sowie
alle entsprechenden Bestrebungen, sich im völligen Einklang mit
den Grundanliegen der Politik der DDR befanden, auch wenn sich im
politischen Alltag dabei dann immer wieder ganz bestimmte, und später
auch in bestimmter Weise deutlich zunehmende Dissonanzen und auch
bemerkenswerte „Metamorphosen“ ergaben. Wenn ich im
Vergleich dazu den Egerländer Bock in Westdeutschland zu
bedenken habe, so wurde dieses Instrument der aus ihrer Egerländer
Heimat vertriebenen Deutschen dort, im Sinne seiner „an die
Heimat gemahnenden Funktion“, ebenfalls im Einklang mit der
offiziellen Politik, in Zusammenhänge eingebunden, welche dann
bis in die Gegenwart hinein zu ganz anderen „Dissonanzen“,
nämlich bestimmten Unstimmigkeiten und Verklemmungen in den
erforderlichen Prozessen der Völkerverständigung führen
konnten. Ein solcher „Grundvergleich“ wird aber letztlich
doch wenig darüber aussagen, wie solche und andere
Dudelsackentwicklungen in Westdeutschland konkret verlaufen sind,
welche sonstigen „Einklänge“ und „Dissonanzen“,
aber eben auch „Metamorphosen“ es dabei, insbesondere
auch im Vergleich zu den andersartigen Entwicklungen in
Ostdeutschland, wohl gegeben haben mag. Ich würde eine
entsprechend vergleichend angelegte Untersuchung solcher Unterschiede
für aufschlussreich halten und kann dabei wieder in besonderer
Weise auf den ganz unterschiedlichen „Stellenwert“
verweisen, den dabei die aus Böhmen stammende Dudelsackmusik
jeweils hatte, oder auch hätte haben können. Die Gruppe
„Windbeutel“ war sicherlich die einzige in der DDR, die
auch dezidiert und politisch ganz gezielt „Egerländer
Dudelsackmusik“ in ihrem Programm hatte, und wir sind gerade
damit auch zum internationalen Dudelsackfestival in Strakonice
aufgetreten, wobei es mir, wenn ich dies nun bedenke, wiederum
besonders bedenkenswert erscheint, dass wir dies als DDR-Bürger
bereits getan haben, lange bevor dann nach dem Zusammenbruch der DDR
auch authentischere „Egerländer Dudelsackmusik“,
vorgetragen von Egerländer Musikanten aus Westdeutschland, auf
diesem Festival erklang. Ich empfand es immer als Manko und als eine
Erscheinungsform bedauerlicher politischer Verständnislosigkeit
(aber oft eben auch simpler Kulturlosigkeit), dass bezüglich
derartiger Kulturzusammenhänge und entsprechend daraus
abzuleitender politischer Möglichkeiten und Notwendigkeiten in
der DDR offensichtlich kaum Interesse bestand. Natürlich habe
ich Wert darauf gelegt, dass solche Lieder ins Programm der Gruppe
“Windbeutel“ aufgenommen wurden, aber bei
Rundfunkproduktionen, zu denen wir ansonsten immer wieder gebeten
wurden, bestand dafür eben ’kein Interesse’.
(14)
Was in dieser Hinsicht die Geschichte des Böhmischen Dudelsackes
betrifft, so wird manchmal betont, dass früher insbesondere
die Säcke, welche aus dem Fell einer fachgerecht im Winter
erjagten Wölfin gefertigt wurden, als die besten galten: Das
Fell einer Wölfin sollte es sein, weil dieses weniger Bisswunden
aufweisen wird; ein im Winter erjagtes Tier sollte es sein, weil
dessen Fell besonders dicht sein wird, und dieses Fell sollte dann
natürlich auch möglichst keine „dudelsackgefährdenden“
Jagdverletzungen aufweisen…
(15)
Die meiner Erfahrung nach größten und meiner Meinung nach
dabei eben auch „zu großen“ Säcke, sind mir
bei den sorbischen Instrumenten begegnet, wo eben auch immer noch die
Tradition gilt, möglichst den ganzen Ziegenbalg als Sack zu
verwenden und in diesem Sinne auch gerne der Schwanz des Tieres
sichtbar am Dudelsack erhalten bleibt. Bestimmte ältere Bilder
zu diesen Instrumenten zeigen aber auch noch die vorderen Ziegenbeine
am Sack des Instrumentes. Ich kann mir dabei nicht vorstellen,
welchen Vorteil im Sinne eines gut funktionierenden Musikinstrumentes
dies etwa gehabt haben könnte, sondern sehe eher bestimmte
Nachteile, wenn an einem solchen, mit übergroßem Sack
ausgestatteten Instrument auch noch zwei Ziegenbeine neben der
Melodiepfeife herabhängen. Allerdings kann ich mir sehr gut
vorstellen, dass ein solches Instrument mit ’ganzen
Vorderbeinen’, falls irgend ein Dudelsackbauer dies heute
anfertigen würde, sicherlich alsbald auch interessierte,
traditionalistisch gesinnte Käufer finden würde, die diese,
dann wiederum optisch besonders auffälligen Sackpfeifen, auch
sofort als besondere Folklore-Sensation auf die Bühnen bunten
Folkloregeschehens führen würden.
(16)
Ich habe dabei die besten Erfahrungen mit HSS-Reibahlen machen
können, welche über unsymmetrisch angeordnete,
spiralförmige Schneiden mit langem Anschnitt verfügen.
(17)
Diese Bordunhaltung hatte ich eine Zeit lang bevorzugt, weil sie von
Vorteil sein kann, wenn man auf einer mit Mikrophonen bestückten
Bühne steht und auch den Bordunklang entsprechend deutlich
übertragen haben möchte, denn ein seitlich und etwas tiefer
aufgestelltes „Bordunmikrophon“ im Sichtfeld des Spielers
ist immer leichter mit den Bordunpfeifen „anzusteuern“
als ein von vorne und oben oder gar von hinten und oben
aufgestelltes. Andererseits kann diese seitliche Haltung in höchstem
Maße ungünstig sein, wenn sich der Spieler nicht auf einer
Bühne, sondern eher im Trubel und Getümmel eines
Volksfestes oder auch als Straßenmusikant unter vielen Menschen
bewegen möchte und also Gefahr läuft, dass seine in dieser
Haltung ohnehin weniger gut hörbaren Bordunpfeifen nun ständig
angestoßen oder gar beschädigt werden können. Es sind
hier also „Bühnenvorteile“ gegen “Getümmelnachteile“
abzuwägen.
(18)
Die überaus aufwändige Herstellung einer solchen, dann auch
möglichst „kleingehaltenen“ Doppelbordunfassung aus
Holz habe ich ebenfalls in meiner Arbeit: Das Hümmelchen –
ein altdeutscher Dudelsack, Leipzig 1990, eingehend dargestellt.
(19)
Ich habe auch immer wieder gerne auf Dudelsäcken gespielt, die
überhaupt keine Bordunpfeifen hatten, da der Bordunton ohnehin
bei bestimmten Musikstücken störend wirken kann. Siehe dazu
auch: „Allgemeine ’Hintergrund-Anmerkungen’ zu den
Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt“.
*