Was sind eigentlich Aerophone ? (Teil 2)
Im ersten Teil meines Vortrages hatte ich
mich wesentlich mit der Frage befasst, was wohl sinnvoller Weise unter dem so
oft widersprüchlich und unklar verwendeten Begriff „Aerophon“ zu verstehen sein
sollte, und ich hatte dies mit einer, manchmal bis ins detailliert
„Haarspalterische“, aber zuweilen auch bis ins abstrakt Prinzipielle,
reichenden kritischen Polemik, gegen die ansonsten zumeist hoch gelobte
Vierklassensystematik der Musikinstrumente verbunden.
Wie damals bereits angekündigt, werde ich
heute versuchen vielleicht weniger über abstrakte Begrifflichkeiten sondern
eher über konkrete aerophone Besonderlichkeiten und entsprechende
technikgeschichtliche Zusammenhänge zu sprechen, die wiederum ihre spezielle
Bedeutung im Zusammenhang mit einer entsprechenden Suche nach möglichen Wegen
zur Entdeckung eines „Natürlichen Systems der Musikinstrumente“ haben.
Dabei möchte ich nun mit solchen Flöten-
Besonderheiten beginnen, welche uns, - zumal im Vergleich mit bestimmten
anderen Instrumenten -, in der Regel zwar irgendwie bekannt, zumeist aber nicht
als spezifische Besonderheit bewusst, sind.
So etwa der doch eigenartige Umstand, dass
Röhrenflöten vergleichsweise die einzigen Blasinstrumente sind, welche auch am
„dicken Ende“ angeblasen werden können.
Bedenken wir im Vergleich dazu etwa Oboen,
Fagotte, Saxophone, Klarinetten und alle möglichen Arten von
Kesselmundstück-Blasinstrumenten, so müssen wir tatsächlich feststellen, dass
alle diese genau umgekehrt konzipiert werden müssen um effektiv zu sein. Und denken
wir wieder zurückblickend an Flöten, - insbesondere an unsere üblichen
Blockflöten oder auch an Querflöten älterer Bauart, so bestätigt sich uns diese
Besonderheit.
Bedenken wir dann aber insbesondere die
Querflöten, so stoßen wir sofort auf eine weitere Besonderheit: Das bislang
vielleicht physikalisch-akustisch-mathematisch am exaktesten berechnete und
entsprechend bestens optimierte natürlich-akustische Musikinstrument überhaupt,
nämlich die heutige Böhm-Flöte, verhält sich hier wiederum ganz entgegengesetzt,
da sie im Prinzip ebenfalls, ganz entgegen des ansonsten Flötenüblichem,
wiederum am dünnen Ende angeblasen wird. (1)
Dann kann uns, wiederum im Vergleich mit den
anderen genannten Blasinstrumenten, eine weitere Besonderheit auffallen.
Nehmen wir einen ganzen „Satz“ solcher
Instrumente, also eine komplette Flötenfamilie vom Pikkolo bis zum Flöten-
Groß-Bass, so können wir ohne weiteres vermerken, dass die tiefer klingenden
Instrumente jeweils immer leiserer klingen.
Ja, eigentlich klingen sie geradezu zu leise!
Eine Flötenmelodie im Diskant hat kaum
Schwierigkeiten sich im Zusammenspiel mit beliebigen anderen Blasinstrumenten
durchzusetzen; - im Bassbereich hingegen sind Flötentöne da oft vollkommen
hilflos. Und auch in Hinsicht auf die Skala einzelner Flöteninstrumente können
wir Gleiches vermerken:
Die tieferen Töne klingen jeweils immer
leiserer.
Ganz anders wiederum alle anderen
Blasinstrumente, welche auch in den tiefen Tonlagen, volle und kräftige Töne
hervorzubringen vermögen.
Wir können uns diese akustische Besonderheit
auch anschaulich „vor Ohren“ halten, wenn wir etwa einen vom Diskant bis zum
Großbass reichenden Flötenklang mit der Klangkraft eines Instrumenten-Satzes
vergleichen, der von der Pikkolo-Trompete bis zur Basstuba reicht.
Und, - um nun auch alle Blasinstrumente
wiederum mit cordophonen Streichinstrumenten, zu vergleichen, so kann uns noch
eine Besonderheit auffallen, die eben wiederum auch Flöten in besonderer Weise
betrifft. Ich möchte dabei von Windharfen einmal absehen.
Hier meine ich dann Folgendes: Solange noch
keine Drehleier erfunden war, konnte es auch noch keinen endlosen,
ununterbrochen klingenden chordophonen Ton geben.
Man könnte nun meinen, dass dies auch bei
angeblasenen Tönen, erst seit der Erfindung von Orgel- oder
Dudelsackinstrumenten der Fall gewesen sein mag.
Aber Nein, - hier gilt es wiederum ganz
wesentliche Entwicklungsunterschiede solch unterschiedlicher
Instrumentalmöglichkeiten festzuhalten:
Blasinstrumente konnten nicht nur historisch
viel früher entstehen als Saiteninstrumente, sondern sie waren auch sofort zu
längeranhaltenden Tonbildungen in der Lage, welche den vom Mensch gespielten Saiteninstrumenten
– solange da noch nicht einmal das Anstreichen der Saiten erfunden war -, noch
sehr, sehr lange versagt blieben.
Hingegen waren Blasinstrumente, und unter
ihnen eben auch die entsprechenden Aerophone, also die Flöten, nicht nur vom
Augenblick ihrer Entstehung an, sofort zu langanhaltenden Tönen in der Lage,
sondern im Prinzip, mittels der so genannten „zirkulierenden Atmung“, auch zu
ununterbrochen endlosen Tonbildungen fähig.
Freilich wird in diesem Punkte schwer zu
entscheiden sein, wann diese besondere Spieltechnik denn etwa erfunden, und
dann auch häufiger angewandt, worden ist.
Vielleicht hängt es nun mit der geschilderten
besonderen Schwäche des Flötenklanges zusammen, dass sich bei diesen
Instrumenten wiederum eine weitere organologische Besonderheit häufig finden
lässt, die ansonsten bei Röhren-Blasinstrumenten meiner Kenntnis nach) nur noch
(und da freilich weitaus seltener) in Kombination mit lamellarer
Schallerzeugung vorkommt.
Ich meine den so genannten Mirliton- Effekt,
der den Flötenklang mittels eines vibrierenden Häutchens, also einer „locker
mitschwingenden“ Ganzmembrane, in bestimmter Weise „verfärbt“ und damit auch
in gewisser Weise „durchdringender“, und also auch „durchsetzungsfähiger“
macht.
Und vielleicht sollte ich hier auch noch auf
eine ganz bestimmte „aerophone Selbstverständlichkeit“ hinweisen, die zuweilen
aber von manchen Musikanten als „Besonderheit“ wahrgenommen wird.
Wenn - um dazu ein bestimmtes Beispiel zu
wählen- etwa ein Harmonikaspieler und ein Flötist zusammen spielen und sich
letzterer dafür auch jeweils genau auf die Harmonika eingestimmt hat, aber dann
vielleicht beide unter den Einfluss herbeiströmender kalter Luft geraten, so
werden sich die beiden unterschiedlichen Instrumente natürlich verstimmen, –
allerdings in jeweils anderer Richtung.
Da sich die Luft der Flöte abkühlt, wird
dieses Instrument nun etwas tiefer klingen, wohingegen die kühler gewordenen
Zungen der Harmonika, diese nunmehr höher erklingen lassen.
Aber wie gesagt, eigentlich keine
Besonderheit, sondern ein etwa ebenso selbstverständlicher Vorgang, wie wenn sich
auch zwei mit entsprechend unterschiedlichem Saitenmaterial - also etwa
einerseits Metall- und andererseits Nylonsaiten – bespannte Gitarren, unter
Temperaturveränderung, ebenso in entgegengesetzte Richtungen verstimmen
werden...
Ich möchte nun auf ganz andere, m. E. weitaus
wesentlichere Besonderheiten von Flöten zu sprechen kommen und dazu mit einer
Frage ansetzen, welche ich sowohl in bestimmten Vorlesungen und Vorträgen als
auch zu Führungen in meinen Musikinstrumentenausstellungen, immer wieder gerne
gestellt habe:
Was können wir wohl als das raffinierteste
aller Musikinstrumente ansehen?
Ich meine raffiniert, - und nicht etwa
kompliziert, oder komplex, oder schwer verständlich usw...
Manchmal wurde dann unter den Antworten die
Trompete genannt. Also eine Antwort, von Jemandem dem das Gleiche aufgefallen
war, was ich schon im ersten Teil meines Vortrages dazu angemerkt hatte, dass
nämlich dieses Instrument nur mittels eines raffinierterweise „ausgeborgten“
Tongenerators funktioniert, der eigentlich gar nicht selbst zum Instrument
gehört, denn wir müssen dem Instrument schließlich immer wieder erst bestimmte
„polsterförmige Membranen“, also die Lippen unseres Mundes, zur Verfügung
stellen, damit es auch als Trompete erklingen kann.(2)
Eine andere, oft gegebene Antwort lautete:
„Das Didgeridoo“!
Wobei dazu in der Regel weniger das gleiche
wie bei der Trompete gemeint war (was sich beim Didgeridoo doch schließlich
auch sagen ließe), sondern – ganz im Sinne einer immer noch anhaltenden
Mode-Faszination um dieses Kult-Instrument – wohl eher an die Vielfalt von
spieltechnischen Raffinessen und Mehrstimmigkeiten, die dieses Blasinstrument
erfordert und ermöglicht, gedacht wurde.
Für Sie mag indessen – da ich ja hier über die
Spezifik von Aerophonen sprechen möchte – bereits klar sein, dass ich natürlich
mit meiner Frage auf die Flöte aus war, bei welcher sich Raffinesse in einem
ganz anderen Sinne vermerken lässt:
Ein Instrument mit welchem es gelingt, seine
instrumentalintegrierte Luft, mittels Anblasluft in Schwingungen zu versetzen,
welche dann, wiederum mittels der Außenluft, an unser Ohr geleitet werden.
Es ist also bei diesem, in dieser Hinsicht
eben unübertroffen raffiniertem Luft-Luft-Luft-Instrument, immer nur Luft im
Spiel, - eine vollkommen luftige, und durch und durch windige Angelegenheit.
Zumal wenn wir nun noch bedenken, dass dabei
jeweils auch ein Teil der Anblasluft aus unseren Lungen, welcher soeben noch
(hier gleichsam wie die Lippen am Trompetenmundstück) Bestandteil unseres
Körpers war und von diesem, dann dem Instrument zur Verfügung gestellt wurde,
um so auch zum Bestandteil der schwingenden Luft innerhalb des durchströmten
Instrumentenkörpers zu werden, welcher dann, wiederum kurz darauf, auch als ein
Bestandteil der schwingenden Außenluft zur Wirkung zu kommen hat, damit die
ganze Angelegenheit auch längerwährend funktioniert.
Wir sollten uns aber trotzdem einig darüber
sein, dass es trotz dieser jeweils völlig luftig-raffinierten Austausch–
Prozesse, doch sinnvoll bleibt, in der Betrachtung dieses Gesamt-Prozesses
jeweils das Anblasen mit Luft als auslösende Erregungsart, - die jeweils
instrumentalintegrierte Luft im Flötenrohr, als das eigentliche einzige WESO,
also als das einzige „wesentliche Element schallrelevanter Oszillation“ des Instrumentes,
und die jeweilige Außenluft dann, als das schallleitende Medium, zu
akzeptieren.
Wenn dies klar gestellt ist, kann ich auch
folgende drei Fragen aufwerfen, von denen die ersten beiden freilich zunächst
ziemlich willkürlich anmuten mögen:
Lassen sich auch unter den Aerophonen,
Musikinstrumente mir vergleichbar raffinierter Mehrstimmigkeit wie beim
Didgeridoo finden, und gibt es etwa auch unter den Aerophonen Instrumente in
der Art der Trompete, - nämlich mit einem tatsächlich vollständig vom Organismus
des Spielers erst auszuleihendem primärem bzw. einzigem WESO?
Zwei Fragen auf die ich zurückkommen möchte,
- wobei die letztere bereits eine dritte Problematik berühren kann, nämlich die
Frage, inwieweit wir auch Teile unseres Körpers, oder auch diesen selbst, bei
solchen œberlegungen zur Systematik der Musikinstrumente, als
“musikinstrumentelle Technik“ auffassen und systematisch systematisierend
einbeziehen sollten.
Ich möchte dieses letztere Problem zunächst
von einer anderen Seite angehen.
Zuweilen kann einem die Auffassung begegnen,
dass in Anbetracht der Gesamtheit von Musikinstrumenten, doch die menschliche
Stimme als eines der wichtigsten Musikinstrumente überhaupt, nicht nur unter
diesen systematisch eingereiht, sondern auch als besonders wesentliches,
Sinn-, Orientierung- und Vorbild- stiftendes „Instrument“, systembildend
hervorzuheben sei, zumal die Entwicklung vieler Musikinstrumente ja letztlich
wohl doch aus den Bemühungen zu verstehen seien, die menschliche Stimme
nachzuahmen oder es ihr musikalisch gleich zu tun....
Derartige Betrachtungen, die ich eher für
einen Ausfluss musikalischer Stimm-Liebhaberei, als denn für ein Ergebnis
systematisch sachlichen Nachdenkens über die Entwicklung musikinstrumenteller
Technik halten muss, kann ich zwar nicht einfach ignorieren, aber eben auch
keinesfalls zustimmend teilen.
Für das Verständnis der Technikentwicklung um
die es hier geht, muss eben deutlich unterschieden werden, zwischen dem was
unser gegenständlicher Organismus an allerlei Möglichkeiten mit auf die Welt
bringt, und dem was er dann zwischen sich und die Welt, in die er geraten ist,
an Gegenständlichem „stellt“ und nutzt.
Technik ist eben das Zweitere, - das vom
Menschen gegenständlich „Dazwischengebrachte“.
In einer systematisch zu gestaltenden
Aufstellung aller wichtigen schallgebenden musikalisch-musikantischen Mittel
wird natürlich, neben vielen Musikinstrumenten, auch die menschliche Stimme
einen hervorragenden Platz einnehmen müssen und dies mag man auch für bestimmte
Systematiken der „Instrumentationslehre“ usw. so handhaben.
Aber im Sinne der Systematisierung
musikinstrumenteller Technik, insbesondere im Sinne des hier umrissenen
Anliegens, wären alle Versuche ihrer dortigen Einordnung völlig verfehlt.
Soweit zur menschlichen Stimme.
Unser Organismus verfügt aber noch über ganz
andere physikalisch-akustische Möglichkeiten,- und damit sind wir auch wieder
bei den Möglichkeiten aerophoner Schallerzeugung.
Denn schließlich kommen wir nicht nur als
Schreihälse auf die Welt, in der wir geraume Zeit später die Erfahrung machen,
dass wir auch singen können, sondern wir machen – in der Regel erst etwas
später -, auch unweigerlich die Entdeckung, dass wir neben Schreien, Sprechen
und Singen auch noch über die verschiedensten Möglichkeiten des Pfeifens, sowie
noch weiterer körpereigener Möglichkeiten von aerophoner Schallerzeugung,
verfügen, - von denen die flötenartigen allerdings zweifellos die
bemerkenswertesten sind.
Und hier lohnt sich – gerade im Sinne eines
tieferen Verständnisses der Entwicklung musikinstrumenteller Technik – eine
eingehendere Betrachtung solcher Möglichkeiten, auch wenn diese alle eben
gerade noch nicht zu „musikinstrumenteller Technik“ im eigentlichen Sinne von
Technik gehören können.
Denn wir sollten festhalten, dass wir nicht
nur als sprach- und singbegabte Naturwesen existieren, sondern eben auch von
Natur her eigentlich „Flöten“ sind; - indem wir nämlich über die doch
erstaunliche Möglichkeit verfügen, mittels unseres Leibes und innerhalb dessen,
Flötentöne hervorzubringen. Freilich alles „untechnische“ und insofern
eigentlich auch „nichtinstrumentelle“ Flötentöne.
Und dabei ergibt sich dann auch die
interessante Frage, welche Bedeutung dies denn nun wohl für das Verständnis der
Entstehung und Entwicklung, der dann erst weitaus später entstehenden ersten
„technischen“ Flöteninstrumente außerhalb unseres Leibes haben könnte.
Ist etwa die Erfindung erster Flöten, dem
Versuch geschuldet das „Körperpfeifen“ des Menschen nachzuahmen oder zu
verbessern?
Dementsprechende Vorstellungen gibt es
tatsächlich immer wieder, zumal auch bei C. Sachs, Musikinstrumente zuweilen
als „Organprojektionen“ ausgegeben werden.
Ich neige hier zu einer ganz anderen
Betrachtungsweise, welche ich im Folgenden etwas näher darstellen möchte.
Dabei möchte ich aber auch - wie bereits im
ersten Aerophon-Vortrag betont – nochmals darauf hinweisen, dass gerade die
Betrachtung aerophoner Schallerzeugung, besonders geeignet ist, bestimmte
generelle Probleme der Entstehung und Entwicklung musikinstrumenteller Technik
zu bedenken, zu verdeutlichen und zu verstehen.
Und dies kann hier, wo wir bereits begonnen
haben unseren eigenen Organismus als Flöte zu betrachten, wiederum besonders
deutlich werden.
Denn in Hinsicht auf seine speziellen
aerophonen Möglichkeiten erweist sich dieser, im Vergleich zu allerlei anderen,
wie etwa lamellophonen, membranophonen, chordophonen oder sonstigen
solidophonen Möglichkeiten von Schallerzeugung, als durchaus in ganz besonderer
Weise bevorteiligt und begabt.
Darauf möchte ich nun näher eingehen:
Auch hier können wir wieder unterscheiden
zwischen anzublasenden (also flötengemäßen) und anderen, etwa anzuschlagenden
aerophonen Konstellationen, wie z.B. das Händeklatschen mit hohlen Handflächen,
oder auch das Erschüttern der Luftmenge in unserer jeweils unterschiedlich weit
geöffneten Mundhöhle, durch seitliches Anschlagen der Wangen oder auch
spezielleres Zusammenschlagen unserer Hände vor leicht geöffneter Mundhöhle und
vielerlei ähnliches.
Dabei sind aber nun bereits hochinteressante
Differenzierungen möglich:
Einfaches Pfeifen mit leicht angespitzt
geöffnetem Mund kann unserem Organismus naturgemäß auch im entspanntem Schlaf,
oder sonst irgendwie – etwa genau gegenteilig - während hochangespannter körperlicher
Anstrengung, mehr oder weniger ungewollt, widerfahren.
Bewusstes Melodiepfeifen, oder auch mit
absichtsvoll schalenförmig gestalteten Handflächen zu klatschen, sind bereits
ganz andere Prozesse. Und am Beispiel unserer naturgegebenen Flötenmöglichkeiten
zeigt sich da, eine noch bemerkenswertere Palette von Unterschiedenheiten und
möglichen Neuartigkeits-Erfindungen, die wir bereits mit unserem eigene
Organismus veranstalten können, ohne bereits den Schritt in Richtung
körperverlassender technischer Gegenständlichkeit tatsächlich vollzogen zu
haben.
Sobald wir unser Pfeifen mit Mund und Lippen,
auch mit Hilfe von Fingern im Mund und an den Lippen, vielgestaltiger und
vielfältig veränderbarer gestalten, machen wir mit uns selbst als Flöten mehr,
als ansonsten die Natur mit uns bereits gemacht hatte. Und noch interessanter,
gestalten sich unsere aerophonen Körpermöglichkeiten, wenn wir dann etwa unsere
beiden Hände zu einem okarinaartigem Hohlraum formen und diesen dann geradezu
„instrumental“ – eben ganz genau so wie mittels einer wirklichen Okarina – vor
unserer Mundhöhle mit den Lippen anblasen.
Regelrechte Erfindungen, die in dieser
bereits hochentwickelten Form, keineswegs mehr so einfach als „naturgegeben“
anzusehen sind, wie eben das einfache Mundhöhlen-Lippen-Pfeifen, welches uns –
wie gesagt - zuweilen auch ganz ohne unser Zutun, und ganz ohne Sinn und
Verstand widerfahren kann.
Und hier kann dann auch die Frage aufgeworfen
werden, ob etwa die Erfindung der eben geschilderten Handokarina, eher vor oder
aber eher nach, der „Erfindung“ erster körperfremd-gegenständlicher – also im
eigentlichen Sinne „technischer“ – Flöteninstrumente, anzunehmen sei?
Aus meiner Sicht können dazu – ganz abgesehen
davon, dass dies wiederum in unterschiedlichen Frühmenschkulturen, jeweils
wieder ganz unterschiedlich vonstatten gegangen sein kann – für beide
Möglichkeiten auch jeweils gute Gründe, bzw. dazu einleuchtende Vorstellungen,
angeführt und entwickelt werden.
Wichtig scheint mir hierbei aber vor allem,
dass diese œberlegungen zu solchen körpereigenen aerophonen Möglichkeiten und
deren möglicher Weiterentwicklungen über unseren Körper hinaus, dann auch im
Zusammenhang mit den allerselbstverständlichsten Verhaltensweisen unseres
Körpers zur Ernährung und den dabei notwendigerweise in, an und vor unserer
Mundhöhle ins Spiel gelangenden Gegenständlichkeiten, weiterzuführen sind.
Und so betrachtet, geraten nun die aerophonen
Möglichkeiten von Schallerzeugung, die zunächst - solange wir sie nur in ihren
körpereigenen Möglichkeiten betrachtet hatten - geradezu als dominant
erscheinen mussten, in ein wiederum bemerkenswertes „Hintertreffen“, sobald wir
hier die darüber hinausgehenden Entwicklungsschritte verfolgen.
Denn bevor hier etwa an holen Halmen oder
holen Knochen, oder auch anderen Hohlkörpern wie Muscheln, Fruchtschalen,
Schädeln oder Nüssen usw., flötenartige Instrumentalmöglichkeiten entdeckt
werden konnten, wurden möglicherweise auch schon andere, vielleicht näher
liegende Schallerzeugungsmöglichkeiten wahrgenommen.
Schließlich können da solche membranophonen
Tonerzeugungsmöglichkeiten wie der bereits erwähnte so genannte „eingespaltene
Grashalm“ oder auch die so genannte „Bandzunge“, die in diesen Formgestaltungen
mit Gewissheit in damaliger Nahrung vielfach vorgekommen sein werden, manchmal
viel näher liegen.
Und auch wer etwa einen längeren
Röhrenknochen, in den damit sicherlich unvermeidlich verbundenen Bemühungen an
dessen Mark zu gelangen, nicht nur aussaugt, sondern auch ab und an prustend
ausbläst, konnte damit ganz leicht und unverhofft auf einen, mittels seiner
Lippen erzeugten, Trompetenton stoßen.
Aus einem solchen Knochen (oder entsprechendem
Pflanzenhalm) oder auch den anderen, beim Essverhalten vielfältig anfallenden
sonstigen Hohlkörpern, aber ein erstes effektives Flöteninstrument in Anwendung
zu bringen, wäre in der Regel doch ein weitaus schwierigerer Vorgang.
Hier muss ich allerdings sofort wieder einem
weit verbreiteten flötenbezüglichen Vorurteil entgegentreten.
Wenn etwa Archäologen und Anthropologen unter
sonstigen Knochen und Werkzeugen, auch auf Röhrenknochen, die vielleicht
Musikinstrumente sein könnten, stoßen, so suchen sie in der Regel nach
Anzeichen für ein „Flötenmundstück“ und nach Grifflöchern, und wenn beides
vorhanden ist, - glauben sie sicher zu sein. Der Nachweis von
Mundstückgestaltung gilt als Beleg dafür, dass es tatsächlich ein mit Absicht
als solches hergestelltes Flöteninstrument ist, und die Grifflöcher dann etwa
auch als Hinweis auf die Art und den Entwicklungsstatus der entsprechenden
Musikkultur.
Dies muss zunächst auch nicht alles falsch
sein; - es ist aber entsetzlich vereinfachend und eben in bedenklicher Weise
vorurteilsbeladen.
Wer Flöteninstrumente in ihren vielfältigen
Erscheinungsformen, sowie hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Verwendungs- und
Entwicklungsmöglichkeiten, systematisch ernst nimmt, kann wissen, dass auch
einfachste Röhren, ohne die geringsten Anzeichen von Mundstücksbemühungen oder
Grifflöchern, hoch virtuos bespielte Flöteninstrumente einer hoch entwickelten
Musikkultur sein können.
Freilich nur, wenn eine besondere, zwar
inzwischen weltweit verbreitete, aber eben nicht einfach zu beherrschende
Anblasmöglichkeit, nämlich der „Schrägflötenansatz“, der in der jüngeren Geschichte
insbesondere in islamischen Kulturen genutzt und gepflegt wurde und wird, in
Anwendung kommt.
In meinen Vorlesungen zur Systematik und
Physik der Musikinstrumente habe ich dies alljährlich, an etwa armlangen
einfachsten PVC Röhren vorgeführt, deren einziges „Griffloch“ in der unteren
Röhrenöffnung bestand.
Und damit, - also auch ohne weitere
Grifflöcher -, können an solchen, von der Konstruktion her zwar überaus
einfachen, aber von der Spielweise her dann sehr komplizierten, höchst
anspruchsvollen Musikinstrumenten, in den oberen, überblasenen Oktaven,
durchaus lückenlose diatonische Tonleitern (mit weiteren möglichen
Zwischentönen) realisiert werden.
Ein solches Instrument gehört aber nicht nur
deswegen, sondern auch in ganz anderer Hinsicht zu den vorzüglich zu
beachtenden Besonderheiten von Flöteninstrumenten, - worauf ich ebenfalls noch
zurückkommen werde.
Hier muss zunächst aber wieder betont werden,
dass die Existenz solcher mundstückloser Flöten nun aber nicht bedeuten kann,
dass meine Darstellung von vorhin, nunmehr hinfällig sei.
Der trompetengemäße Schallerzeugungsvorgang an
einer solchen mundstücklosen Röhre, ist nicht nur unter dem Aspekt seiner stets
zufällig möglichen, Wieder- und Neu-Entdeckung, sondern auch hinsichtlich
seiner – im Vergleich zum aufwändigeren Schrägflötenansatz – bestechenderen
Einfachheit, als stets nahe liegender, und insofern wohl auch als
wahrscheinlich historisch früher entstanden, anzusehen.
Aus solchen œberlegungen ergeben sich aber
auch noch weitere Fragen.
Wenn uns das „Flöten und Pfeifen“ bereits vor
der Erfindung erster Flöten- und Pfeifen zugänglich war, dessen Bedeutung und
mögliche Faszination dann aber vielleicht durch die Entdeckung neuer, nun
„technischer Blasinstrumentenmöglichkeiten“ wieder zurückgedrängt werden
konnte, wie könnten dann seine weitere Entwicklung und die entsprechend
spezifischen Entfaltungsmöglichkeiten unterschiedlicher Flöteninstrumente
(gegebenenfalls auch wieder im Vergleich zu anderen Blasinstrumenten) zu
beurteilen sein?
Ich werde mich nun natürlich nicht auf weitere
Spekulationen zur möglichen Reihenfolge der Entstehung verschiedener
Instrumente einlassen, meine aber doch, dass sich aus vergleichsanalytischer
Sicht sehr wohl bestimmte Aussagen zu diesen Entwicklungen treffen lassen.
Wenn wir wieder unseren, aus der Betrachtung
von Essverhalten herrührenden œberlegungen folgen, so lässt sich wohl sagen,
dass nach der, im Vergleich zur Entstehung erster oboenartiger und
trompetenartiger Blasinstrumente, wahrscheinlich späteren Entstehung von
instrumental entwickelterem Flötenspiel, diese Instrumente alsbald eine dann
wahrscheinlich wieder rasantere und auch vielfältiger gestaltete Entwicklung,
genommen haben.
Für eine solche Hypothese gibt es aus meiner
Sicht eine Reihe von Begründungsmöglichkeiten, die sich vor allem aber, aus den
im Grunde genommen zumeist robusten, aber trotzdem vielfältig
unterschiedlichen, Konstruktionsmöglichkeiten solcher Instrumente, und den
dafür naturgegeben, vielfältig naturwüchsig vorhandenen
Konstruktionsmaterialien, ergeben.
Und diese Vielzahl biogen vorbereiteter
Materialien die uns die Natur ohne unser Zutun anbietet, ist eben hinsichtlich
aerophoner Entwicklungsmöglichkeiten in besonders deutlicher Weise zu
vermerken.
Um dies vielleicht wieder an unserem bereits
erwähntem Beispiel, der „mundstücklosen“ Schrägflöte, also einem einfachen
Stück Rohr, an dem ja die verschiedensten Anblasarten möglich sind, deutlicher
zu machen, folgende Anmerkungen:
Die trompetengemäße Anblasweise kann sozusagen
als eine frühe und „leichte Geburt“, die auch sofort mit lautstarkem Getöse
in die Welt gesetzt wurde, verstanden werden, wohingegen der Schrägflötenansatz
mit all seinen Schwierigkeiten, zumeist wohl viel später und mit viel mehr
Komplikationen auf die Welt kommt, dies dann aber mit eher anmutig
einschmeichelnden Tönen begleiten kann.
Dabei käme in diesem Vergleichsfall noch
hinzu, dass die ersten, noch körperverbundenen, trompetengemäßen Töne, an einem
solch einfachen Rohr (oder eben auch einem Horn oder einer schneckenförmigen
Muschel usw.), durchaus auch noch körperanalog (also etwa „Prustend“,
„Furzend“ oder auch „Quikend“) anmuten können und dabei zumeist auch an
Instrumente von beachtlicher Größe gebunden sind, wohingegen die
Schrägflötentöne sofort – trotz aller zuvor möglichen körpereigenen
Flötentonerfahrungen die wir schon gemacht haben können - etwas unüberhörbar
Neues auf die Welt bringen, dessen nunmehr künstliche Erzeugung an diesem Rohr,
auch nichts körperhaftes mehr an sich haben muss und zudem auch in weitaus
kleinerer Instrumentalform möglich ist.
Die Neuartigkeit dessen aber, was nun mittels entsprechender
Flötentöne in die Welt und in die Geschichte der Menschheit eingebracht wird,
ist in mehrfacher Hinsicht von überaus erstaunlicher Bedeutung.
Die Natur konfrontiert uns damit in gleichsam
zweierlei Weise mit der Möglichkeit Flöten zu „erfinden“:
Zum einen, in dem sie uns erkennen lässt,
dass sowohl wir selber, als auch andere Lebewesen, solche sind und dies zudem
mittels unserer Finger oder auch unserer speziell geformten Hände noch
eigenwillig ausgestalten können, und zum anderen mittels der Tatsache, dass
sie, - ebenso wie bei der Hervorbringung eines solchen Wesens wie wir es sind -
letztlich auch bei der Hervorbringung der Vielzahl von all den anderen
Lebewesen, den gleichen Gesetzen folgt und uns dabei in Hülle und Fülle mit
geradezu ideal vorbereiteten biogenen Röhren und anderen entsprechenden
Hohlkörpermaterialien überschüttet, welche eben einfach wunderbar zur direkten
Nutzung als Flöten sowie auch zur späteren Herstellung von gerade solchen
Instrumenten geeignet sind.
Eine Möglichkeit, die uns die Natur offenbar
in „bevorzugter Weise“ eröffnet.
In diesem Sinne scheint es mir am Beispiel
einer solchen Schrägflöte auch eher angebracht nicht so ohne Weiteres von einer
„Erfindung“, sondern vielleicht eher von einer eigentlichen Entdeckung zu
sprechen, denn ein solches Stück Rohr lässt sich zuweilen auch ohne jeglichen
erfinderischen Arbeitsaufwand, unmittelbar, in quasi fertiger Form, aus der
Natur entnehmen, bzw. als „instrumentale Möglichkeit“ entdecken.
Zu „erfinden“ waren da lediglich noch die
unterschiedlichen Möglichkeiten ein solches unverändertes Rohr dann auch in
verschiedenster Weise als Flöte anzublasen, - also entweder panflötenartig oder
als Schrägflöte in jeweils offener oder gedackter Weise...
Was hat dies aber nun, mit den von mir bereits
als „überaus erstaunlich“ bezeichneten, weiteren Besonderheiten dieser
Entwicklungen zu tun?
Dazu möchte ich mit einer Besonderheit
anfangen, die Ihnen vielleicht nicht sonderlich beeindruckend erscheinen mag,
aber für mich, im Sinne meines generellen Bemühens um ein systematisches
Verständnis der so oft eigenartigen Entwicklungsbewegungen musikinstrumenteller
Technik, doch von hoher Bedeutung ist.
Ich beziehe mich dabei auf ein heute bereits
angeschnittenes Problem:
Wenn wir uns selbst, als ein von Natur her,
nicht nur als sprach- und singbegabtes, sondern auch als flötentonbegabtes
Wesen, oder auch gar selbst als wandelnde Flöten begreifen können (was ja alles
richtig ist), und dann auch noch beginnen vorgefundene Werkzeuge als Flöten zu
benutzen und später auch selbst künstliche Flöten, als musikinstrumentelle
Technik, herzustellen, so kann doch bemerkenswert sein, dass wir dies zunächst
gerade nicht in der gleichen physikalisch-akustischen Weise tun, wie es die
Natur zuvor mit uns getan hat.
Ja, wir stellen diesbezügliche Fragen
eigentlich überhaupt nicht, sondern wursteln eher - beispielsweise beim Essen
und Trinken - einfach darauf los, und entdecken und erfinden dabei dann
zuweilen ganz Erstaunliches. So zum Beispiel auch Flöten und andere
Blasinstrumente.
Und ganz gewiss stimmt dabei gerade das
überhaupt nicht, was wir dann manchmal von uns selbst gerne glauben möchten –
und was mir als Entwicklungsvorstellung innerhalb der Musikwissenschaften,
immer wieder begegnet ist -, nämlich die Vorstellung, dass die Entstehung und
Entwicklung von Musikinstrumenten etwa „auf der steten Suche nach dem schönen
Klang“, und insofern doch vorwiegend absichtsvoll und gezielt suchend erfolgt
sei.
Um die damit angeschnittenen Probleme zu
verdeutlichen, möchte ich sie nun mit einer Reihe von gezielt aufgeworfenen
Fragen und den dazu aus meiner Sicht möglichen Antworten konfrontieren:
Als erstes sollten wir uns hier die Frage
stellen, wie denn eigentlich das einfache Pfeifen mit dem Mund und unseren
gespitzten Lippen, physikalisch funktioniert.
Ich denke, dass dabei, von unserer inneren
Rachenöffnung her, ein schlanker Luftstrom durch unsere, im Vergleich mit
dieser öffnung weitaus größeren Mundhöhle, zur wiederum kleineren Mundöffnung
geleitet wird, wodurch die in der Mundhöhle integrierte Luftmenge in
Schwingungen versetzt wird, welche dann an unseren Lippen, als Pfeiftöne an die
Außenluft abgestrahlt werden. Solche Pfeiftonschwingungen werden dort
allerdings auch abgegeben wenn wir nicht blasen, sondern auf gleichem Wege
durch unsere Mundhöhle saugen. Die beiden, jeweils im Querschnitt deutlich
kleineren öffnungen, des im Querschnitt eben deutlich größeren
luftdurchströmten Hohlraums unserer Mundhöhle, sind dabei wohl die
wesentlichen physikalischen Vorraussetzung um die Luft in diesem Hohlraum in
schallrelevante Schwingungen zu versetzen. Die unterschiedlichen Höhen der so
erzeugten Töne, lassen sich dabei vor allem mittels jeweiliger Veränderungen
des Volumens dieses Hohlraumes „Mundhöhle“ erreichen, wobei dessen durchblasene
Größe auch noch durch bestimmte Zungenbewegungen schlagartig „umgeschaltet“
werden kann.
Wenn wir diesen, eigentlich recht
überschaubaren und letztlich doch so nahe liegenden – nämlich unmittelbar in
uns selbst vorliegenden – aerophonen Vorgang und seine entsprechenden
Konstruktionsbedingungen verstanden haben, können wir nun auch gezielt fragen, ob
sich eine technische Verwirklichung dieser spezifischen Möglichkeit von
Schallerzeugung, nämlich ein Hohlkörper, mit lediglich zwei, möglichst
gegenüberliegenden kleinen öffnungen, auch in der bisherigen, doch so überaus
vielfältigen Entwicklung unterschiedlichster Flöteninstrumente finden lässt,
und in welcher Weise dieses zunächst biotisch-physikalische Prinzip
gegebenenfalls von uns dann technisch-physikalisch weiterentwickelt wurde.
Unter den mir bekannten traditionellen
Flöteninstrumenten vermag ich Derartiges jedoch nicht zu erkennen.
Mir fallen in diesem Zusammenhang lediglich
zwei ganz neue Arten von zunächst recht schlicht anmutenden aerophonen
Tongeneratoren auf, die wohl erst in der zweiten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts entstanden sind, und innerhalb der Ihnen hier übergebenen
Musikinstrumenten-Sammlung natürlich von entsprechend hoher Bedeutung sind, -
auch wenn sie ansonsten wohl eher zu den ganz unscheinbaren, und belanglos
anmutenden Tonerzeugern gehören, die einer üblichen musikwissenschaftlichen
Betrachtung wohl auch kaum als Wert erscheinen mögen.
Es handelt sich dabei einmal um einen mit
vielen regelmäßigen „Quereinfaltungen“ versehenen flexiblen Schlauch aus dünnem
Plaste-Material, welcher entweder anzublasen, oder aber auch an einem Ende frei
herumzuschleudern ist, und im Sinne eines solchen Gebrauchs auch schon seit
Jahrzehnten als Musikinstrument verkauft wird.
Dieser, eben keinesfalls innen glatte, sondern
“ziehharmonikamäßig“ gestaltete Schlauch, verfügt insofern über eine Vielzahl
von aneinandergereihten, sich jeweils wieder verengenden Hohlräumen, die wohl
alle physikalisch ebenso wirken können wie unsere Mundhöhle beim Pfeifen.
Und von daher ist er offenbar auch zu einer
ebensolchen Schallerzeugung in der Lage.
Ich bin mir hier zwar nicht völlig sicher ob
diese Interpretation seiner „schallerzeugenden Physik“ auch wirklich genügend
zutreffend ist, verfüge aber über keine bessere, und möchte ihn insofern auch
entsprechend zuordnen.
Viel eindeutiger sind die Verhältnisse nun bei
dem anderen, von mir hier hervorzuhebendem Instrumentalbeispiel.
Eine völlig schlichte Teekesselpfeife, welche
tatsächlich lediglich aus einem einfachen, auf den Teekessel aufzusetzenden
kleinen Hohlkörper aus Blech, mit zwei gegenüberliegenden kleinen öffnungen,
besteht, durch die dann der Dampf jeweils ein- und dann an der
gegenüberliegenden öffnung pfeifend wieder ausströmen kann, wobei ein
entsprechender Pfeifton auch – ebenso wie beim soeben geschilderten Schlauch
und beim biogenen Mundpfeifen – möglich wird, wenn nicht geblasen sondern
gesaugt wird, - was freilich bei Teekesseln kaum vorkommt.
Diese spezielle Pfeife gehört allerdings auch
unter den Teekesselpfeifen eher zu den Seltenheiten, denn meiner Erfahrung nach
– und ich habe ja mein Leben lang ständig nach solchen Dingen Ausschau gehalten
– sind die meisten dieser Exemplare, doch eher in der Art von
Blockflöten-Kopfstücken konstruiert.
Was möchte ich nun hier als „besonders
bedenkenswert“ hervorheben?
Zunächst vielleicht nur den Umstand, dass wir
nur mittels einer in dieser Weise stets kritisch bis ins Detail gehenden
Betrachtungsweise, auch ein besseres Verständnis zu all diesen wirklichen, oft
sehr verwundenen und auch oft wundersam widersprüchlichen, aber eben
keinesfalls bereits gründlich erforschten, Entwicklungsbewegungen dieser
speziell musikinstrumentellen Technikerscheinungen gewinnen können.
Bewegungen, die zuweilen auf höchst
umständliche und langwierige Weise, die eigentlich nahe liegende technische
Wiederverwirklichung eines ursprünglich primär biogenen Prinzips von
Schallerzeugung zustande bringen können.
Also sozusagen ein Fall von reziproker oder
auch „negativer“ Bionik. (3)
Und in Anbetracht der Tatsache, dass dafür
erstaunlicherweise viele hunderttausende von Jahren erforderlich waren, könnte
beispielsweise ein Philosoph, - insbesondere etwa ein mit der Hegelschen
Philosophie vertrauter – hier geradezu „Heureka“ rufen, und darauf hinweisen,
wie doch, auch hier wieder, mittels der „List überirdischer Vernunft“, völlig
vorbei an dem was alle damit befassten Akteure sich auch immer dabei gedacht
haben mögen, anlässlich dieses kleinen Blechholkörpers auf Teekesseln, doch die
die Natur wieder, in technischer Erscheinungsform, zu „sich selbst“ gekommen
ist.
Vor der Erfindung einer solchen
Teekesselpfeife hatte sie das (soweit ich die Sache technikgeschichtlich
übersehe) ja noch nicht geschafft.
Ich möchte aber noch auf weitere, nun auch
wieder völlig anders zu bewertende, Besonderheiten speziell aerophoner
Technikentwicklungen aufmerksam machen.
Dazu muss ich wieder auf die bereits
eingehend kommentierte Schrägflöte zurückkommen, anlässlich derer ich bereits
darauf hingewiesen hatte, dass mit einem solchen, sehr einfachem Instrument, in
den oberen Oktaven bereits komplette diatonische Tonleitern erzielt werden
können.
Es geht nun nicht darum zu behaupten, dass
etwa alle frühen Musikkulturen solche abgefeimten Spieltechniken schon lange
bevor an anderen Flöteninstrumenten auch Grifflöcher eingebracht wurden,
beherrscht hätten.
Das kann sich in der Wirklichkeit der
Entwicklung menschlicher Musikbemühungen von Fall zu Fall jeweils ganz
unterschiedlich zugetragen haben.
Hier soll lediglich auf entsprechende
Möglichkeiten hingewiesen, und außerdem auf Folgendes aufmerksam gemacht
werden:
An einer solchen schlichten Flötenröhre -
welche, wie gesagt, nicht einmal immer unbedingt einer aufwändigen,
werkzeugerheischenden Herstellung bedarf, sondern durchaus auch als ein ganz
besonders günstiges „Naturangebot“, also als ein seitens der Natur bereits
weitgehend „fertig vorliegender“ Gegenstand in die Hände früher
Menschengeschlechter geraten konnte, lassen sich – in der Regel auch ohne allzu
große Mühe – bereits in den unteren Oktaven, problemlos, wunderbare
Partialtonreihen hervorbringen.
Ein für das Verständnis von Musik und deren
weiterer Entwicklung fundamentales Ereignis.
Ein Ereignis, mit welchem dem Menschen
erstmals bestimmte grundlegende harmonikale Naturgesetzlichkeiten offenbart
werden, die zuvor in der „Natur alleine“ (also ohne den bereits entsprechende
Technik benutzenden Menschen), in dieser musikalischen Klarheit, nicht
erlebbar, und in dieser Offenbarungsform auch nicht existent, waren.
Ein physikalischer Vorgang, welcher den
Menschen mit einer – letztlich nicht nur in Hinsicht auf Musik – fundamentalen
harmonikalen Naturgesetzlichkeit konfrontiert.
Die Naturkraft der Musik, konnte ihm dies
bereits in den frühesten Zeiten menschlicher Geschichte in dieser Deutlichkeit
vor seine Sinne führen, wobei es nun ein bereits völlig „technisches“ Mittel,-
nämlich ein Musikinstrument war, welches diese Vorführung ermöglichte.
Im Vergleich zu allen anderen, zu diesen
Zeiten der geschichtlichen Entwicklung des Menschen bereits möglichen
Musikinstrumenten, wird hier wieder deutlich, dass nur bestimmte Aerophone,
nämlich Flöteninstrumente, zu solchen, in diesem Falle eben auch besonders
frühen „Offenbarungsleistungen“ fähig waren.
In dieser Hinsicht wären sie bestenfalls noch
den Chordophonen vergleichend zur Seite zu stellen, deren erste
Entwicklungsschritte aber doch wohl erst viel, viel später einsetzten und sich
auch dann in vielerlei Hinsicht ganz gewiss weitaus schwieriger als bei Flöten
gestalteten. (4)
Allerdings ist dabei wiederum interessant,
dass sich letztlich für ein gründlicheres philosophisch-naturwissenschaftliches
Verständnis solch harmonikaler Naturgesetzlichkeiten, doch die später
entwickelteren und insofern dann auch „überschaubareren“ Saiteninstrumente,
weitaus besser eigneten, als etwa Flöten, was uns allenthalben durch die
bekannten chordophonen Experimetaluntersuchungen von Pythagoras bewusst ist und
uns so auch allzu leicht vergessen lässt, dass eben doch Flöteninstrumente de
facto die ersten und weitaus früheren „Experimentalvorrichtungen“ waren,
mittels derer Menschen derartige Naturgesetzlichkeiten erlebbar machen
konnten.
Und wie eigentlich bei allen näher in
Augenschein genommenen Entwicklungsprozessen, kann uns ein derartiges „Hin und
Her“ von Bedeutungsbewegungen, eben auch in der Entwicklung
musikinstrumenteller Technik immer wieder begegnen.
So auch wenn wir uns nun - immer noch auf dem
Wege Aerophone besser und tiefgründiger verstehen zu wollen - auf eine weitere
Vergleichsoptik von Aerophonen und Chordophonen einlassen, innerhalb derer
wiederum zunächst Flöten das Primat zuerkannt werden muss.
Ich meine hier den Zusammenhang von
Musikinstrument und Waffen.
Und zwar von Fernwirkungswaffen im Sinne von
technischen Energiewandlern.
Mit Blick auf den Bogen ist dieser
Zusammenhang oft betont worden, und da können wir auch wissen, dass dieses,
technisch bereits weitaus kompliziertere und auch schwieriger herzustellende
chordophone Werkzeug, in seinen Anfangsentwicklungen wohl alsbald in einer
Identität von Musikinstrument und Waffe existiert hat.
Was lässt sich dazu nun vergleichsweise über
Flöteninstrumente sagen?
Ich beziehe mich wieder auf die von mir
besonders ins Auge gefasste Schrägflöte, die ich – wie gesagt – in meinen
Vorlesungen immer als einfache Röhre in einer etwa armlangen Größe, und mit
etwas mehr als fingerstarkem Umfang, vorgestellt hatte.
Diese Dimensionen wurden von mir aber nicht
zufällig gewählt, denn in dieser Länge lässt sich die untere Röhrenöffnung noch
bequem als das einzige Griffloch des Instrumentes bedienen, das Ganze also
auch besonders effektiv als Musikinstrument bespielen, wobei sich auch die
bedeutungsvollen Partialtonreihen, welche auf kürzeren Röhren in der Regel
weniger umfangreich und auch akustisch weniger beeindruckend ausfallen, günstig
nutzen lassen.
Und außerdem – und dies soll ja nun
verdeutlicht werden - lässt sich eine Schrägflöte in dieser Länge, bereits als
ein überaus effektives Schiessgerät, als Blasrohr, also als Fern- Tötungswaffe
und Musikinstrument gleichermaßen, verwenden.
Allerdings ist wohl anzunehmen, dass es sich
bei diesen spezifischen Waffeneigenschaften eines solchen Röhren-Flöteninstrumentes
um eine sekundäre, der Nutzung als Musikinstrument erst nachfolgende Entdeckung
und Erfindung des Menschen handelte.
Die Töne von Röhrenflöten gingen sicherlich
der Nutzung von Röhrenflöten als Waffen voraus.
In Bezug auf die historisch weitaus spätere
Nutzung der Waffeneigenschaften des Bogens, verhält es sich dann aber eher umgekehrt,
denn seine intensivere Nutzung als Musikinstrument ist wohl doch vielmehr als
eine erst sekundär abgeleitete Entwicklung zu verstehen.
Als Waffe ist dieser zudem auch ein weitaus
effektiveres und gefährlicheres Instrument, da er auch auf größere
Entfernungen wesentlich mehr Masse ins Ziel bringen kann als jedes Blasrohr
und sich damit eben auch als Fern-Tötungsinstrument gegen Mitmenschen
erfolgreich einsetzten lässt.
Aber die Identität von Musikinstrument und
Fernwaffe findet sich eben auch schon, historisch viel früher, als eine
aerophon verwirklichte Möglichkeit.
Dabei kommt noch hinzu, dass sich ein derartiges
Flöten-Waffeninstrument, aufgrund der spezifischen Robustheit einer solchen
Röhre, auch noch in einer weiteren Funktion als Tötungswerkzeug eignen kann.
Ich meine den insbesondere in Afrika
verbreiteten „Jagdstock“, welcher, - weder Speer noch Pfeil, sondern eher
Schlag- und Wurfwerkzeug -, sich eben in dieser „Blasrohrflötengröße“, auch
wieder in anderer Weise, zur Kleintierjagd eignen kann.
Demgegenüber fehlt dem Bogen allein, wohl
aufgrund seiner weitaus komplizierteren und auch empfindlicheren Konstruktion,
eine solche weitere Jagdgeräte-Möglichkeit, die er ja ohnehin bereits dem
Pfeil übergeben hat.
Und, - um diesen Unterschiedsvergleich von
aerophonen und chordophonen Robustheits-Entwicklungen noch weiterzutreiben -,
so lassen sich auch folgende, eher aus der jüngeren Vergangenheit und bis in
die Gegenwart reichende, musikinstrumentelle Vergleichsbeispiele anführen.
Flöten sind desöfteren in verschiedene andere
Werkzeuge, wie etwa längere Schlagstöcke, Peitschen oder auch Spazierstöcke
eingebaut worden, und gerade die letzteren haben es dabei fast zu so etwas wie
einer Mode gebracht.
Denn „Spazierstockflöten“ sind inzwischen als
Besonderheit bestimmter Musikinstrumentensammlungen, keineswegs etwas völlig
außergewöhnliches.
Und diese, inzwischen vergangene, Mode, hat
damals wohl auch dazu geführt, dass dann auch „Spazierstockgeigen“ hergestellt
wurden.
Vergleicht man nun wiederum diese beiden, so
zeigt sich, dass entsprechende Flöten durchaus von hoher Qualität sein konnten,
da ihnen die Spazierstockform nicht unbedingt völlig hinderlich sein musste, -
wohingegen sich der Konstruktionskompromiss den der „Spazierstockgeigenbauer“
eingehen musste, stets ungünstig auf solche Geigen auswirken musste.
Außerdem waren entsprechende „Stockflöten“
wohl auch stets besser geeignet, den derben Umgang, der etwa auch Peitschen und
Schlagstöcken widerfahren konnte, unbeschadet zu überstehen, als etwa Geigen.
Soweit zu vergleichsanalytisch zu bedenkenden
„Form- und Konstruktionsbesonderheiten“ unterschiedlicher Musikinstrumente, die
im Zusammenhang mit so manchen Entwicklungsbesonderheiten von bestimmten
Musikinstrumenten, schließlich stets mitbeachtet werden sollten.
Wir sollten dabei aber auch – und dies ist
mir nun noch viel wichtiger - bestimmte wechselseitig-wechselwirkende
Zusammenhänge in noch weiterführenden entwicklungsgeschichtlichen Dimensionen
bedenken und werden dabei, wenn auch unter wieder ganz anderen technologischen
Bedingungen, wiederum auf Zusammenhänge von Flöteninstrumenten und
Schusswaffentechnik treffen können.
Wenn der Bogen im bisher bedachten Vergleich
als Musik- und Mordinstrument vielleicht etwas ärmer als eine Blasrohrflöte
anmuten mag, so erweist er sich doch als sonstiges Werkzeug in wieder ganz
anderer Weise als besonders nützlich und vielseitig, und hat dabei auch eine
geradezu ungeheure Bedeutung im Sinne bestimmter technischer
Weiterentwicklungen erlangen können.
Denn mit seiner Hilfe konnten dann auch bestimmte,
zuvor nur mit den Händen genutzte, Bohr- und Reibewerkzeuge besser betrieben
werden.
So konnte er sowohl als Reibe-Feuerzeug (wo
ihm sicherlich wiederum das Blasrohr vielfach zur Hilfe gekommen sein wird),
als auch als Handbohrmaschine genutzt werden.
Denn geführt von der damit umwickelten
Bogensaite, konnten nun allerlei Bohrwerkzeuge durch einfache Hin- und
Herbewegungen des Bogens, sowohl weitaus effektiver als auch präziser zur
Wirkung gebracht werden.
Und insofern wurde mit Hilfe dieses zunächst
nur mörderisch und musikalisch wirkenden Werkzeuges dann auch eine ganz
neuartige technische Entwicklung eingeleitet, welche schließlich für nahezu
die gesamte vorelektronische Technikentwicklung mit der wir es inzwischen auf
unserem Planeten zu tun haben, grundlegend ist:
Ich meine die auf Drehbewegungen beruhende
Entwicklung von Maschinentechnik.
Von der in oben geschilderter Weise
bogenbetriebenen „Handbohrmaschine“ geht die Entwicklung unmittelbar zu ersten
einfachen, zunächst ebenfalls nur mit dem Bogen angetriebenen,
Drechseleinrichtungen über. Und mittels dieser Maschinen ergab sich dann auch erst
die Möglichkeit nun auch Flöteninstrumente herzustellen, die sowohl in
musikalisch-akustischer, als auch in ergonomisch-formästethischer Hinsicht,
letztlich viel adäquater und freier gestaltet werden konnten, als dies die
zuvor stets biotisch vorgeformten Materialien bislang zuließen.
Für so entstandene Flöteninstrumente waren
dann zwar Schusswaffeneigenschaften nicht mehr nahe liegend, aber die für ihre Herstellung
erforderliche neue Maschinentechnik, wirkte dann wiederum grundlegend für die nun
weitere Entwicklung gänzlich neuer und weitaus mörderischerer, wiederum auf
„Röhrentechnologie“ beruhender Schusswaffenentwicklungen.
Mich persönlich tangieren derartige
Zusammenhänge beispielsweise immer wieder bei der Herstellung bestimmter
Flöten, Pfeifen und Schalmeien an den Drechselbänken in meiner Werkstatt.
Denn eines der wichtigsten Werkzeuge welches
ich dabei benutzen muss, ist ein spezieller Bohrer, welcher auch heute noch
von bestimmten Fachleuten (sowohl aus der Musikinstrumentenindustrie, als auch
aus der Maschinenbauindustrie) als „Kanonenbohrer“ bezeichnet wird, da dieser,
mit seiner, speziell für längere Bohrungen in besonderer Weise spanabhebend
gestalteten Schneide, eben ursprünglich vor allem für die auf Drehmaschinen
erfolgende Herstellung besonders präziser Bohrungen von Feuer-Schusswaffen,
entwickelt worden ist.
Also von solchen Schusswaffen, deren zerstörerische
und lebensvernichtende Eigenschaften nun alle „Blasrohr- und Pfeil und Bogen-
Schussgeräte“, bei weitem übertreffen, und so bis heute nicht nur das
militärische, sondern auch das gesamte zivile und politische Geschehen auf
unserem Planeten mitbestimmen, und die alle – wie wir natürlich wissen, es
aber kaum näher zu bedenken geneigt sind – eben auch unüberhörbare
„Röhren-Tongeneratoren“ sind.
Und wenn wir dies doch gründlicher bedenken
wollen, so wären dabei nicht nur solche eigentlich zunächst nur äußerlichen Zusammenhänge
zu beachten, sondern es sind dann auch weitaus grundsätzlichere, eher „innere“ Bedingungen
und Besonderheiten derartiger Technikentwicklungen zu bedenken.
Denn am Anfang dieser ganzen, nunmehr
letztlich unsere gesamte Zivilisation überaus wesentlich mitbedingenden und
mitbestimmenden Schusswaffenentwicklung standen doch die ganz einfachen
schlichten Röhren-Flöteninstrumente.
Man kann also auch sagen, dass insofern die
gesamte Entwicklung von heutiger Fernwaffentechnik, welche gegenwärtig geradezu
alltäglich zur Vernichtung vieler Menschenleben eingesetzt wird, sich
letztendlich aus dem zunächst nur spielerisch-musikorientierten Umgang mit
technisch genutzten röhrenförmigen Naturmaterialien ableitet.
Vielleicht ist es übertrieben, wenn ich dann auch
sage, dass uns also auch unsere von Natur gegebene Musikinteressiertheit auf diesen
Weg der technischen Entwicklung von Fern- und dann eben auch von
Massenvernichtungswaffen gebracht hat, mit denen wir inzwischen sowohl uns
selbst, als auch wiederum die Natur die uns hervorgebracht hat, in Gefahr
bringen.
Die Frage aber, inwieweit dabei jeweils das
„musikale Moment“ (wie ich es hier gerne bezeichnen würde) etwa als „primär
auslösend“ und „bestimmend anstoßend“ oder doch eher als nur „mitwirkend“ oder jeweils
nur „begleitend“ einzuschätzen wäre, ließe sich aber wohl nur dann genauer
beantworten, wenn endlich auch die Entwicklung von Musikinstrumenten als
wesentliches Element genereller Technikentwicklung, sowohl von der
Philosophie, als auch von allen anderen dieses Problemfeld jeweils tangierenden
Wissenschaften, ernster genommen würde.
Meine diesbezüglich kritische
Wissenschaftsposition, von der her ich auf eine überwindung entsprechender
bisheriger Vernachlässigungen aus bin, habe ich ja schon oft betont.