Zu den Besonderheiten einiger
blasebalg-betriebener Dudelsackinstrumente der
Musikinstrumentensammlung der Hochschule für Musik des
Saarlandes
Über
weiterentwickelte mundbeblasene Dudelsackinstrumente aus meiner
Werkstatt hatte ich bereits in meinem letzten Vortrag gesprochen und
dabei erklärterweise darauf verzichtet, auch schon auf
Instrumente näher einzugehen, die mit einem zusätzlichen
Blasebalg ausgerüstet sind. Wenn ich nun über derartige
Instrumente sprechen möchte, so scheint es mir angebracht, diese
auch in einen größeren entwicklungsgeschichtlichen
Zusammenhang zu stellen.
Ich denke, dass man bei
Dudelsackinstrumenten in dieser Hinsicht drei wesentliche
Grundkonstruktionen unterscheiden kann, welche wohl auch als
entsprechende Entwicklungsstufen angesehen werden können.
Zunächst das so
genannte „Platerspiel“, bei welchem sich der zwischen
Mundanblasrohr und Melodiepfeife unter Druck stehende
Luftreservoirbalg vor dem Mund des Bläsers befindet.
Ein derartiges
Dudelsackinstrument kann man auch einfach als Schalmei mit flexibel
aufblasbarer Windkapsel betrachten und dabei dann auch leicht von der
Vorstellung ausgehen, dass damit eben die Schwierigkeiten der
„zirkulierenden Atmung“ umgangen werden können.
Denn mit dieser biotisch möglichen Spielweise konnte
schließlich immer schon das Gleiche erreicht werden, was nun
mit Hilfe dieser zunächst recht einfachen und entsprechend nahe
liegenden „Zwischenbalg-Erfindung“ auf technischem Wege
ermöglicht wird.
Der spätere
Dudelsack, bei welchem sich der ebenfalls mit dem Mundrohr
anzublasende Luftreservoirbalg zunächst vielleicht zwischen
beiden Unterarmen des Spielers befand, aber dann doch vornehmlich in
der heute allgemein bekannten Position unter dem rechten oder linken
Oberarm des Spielers gehalten und gedrückt wird, kann zwar von
seiner Grundkonstruktion her als ein im Wesentlichen gleiches
Instrument betrachtet werden, birgt aber vor allem hinsichtlich
seiner nun ganz anderen Spielhaltung wiederum ganz neuartige
Entwicklungsmöglichkeiten in sich.
Und die dann wiederum
weiterentwickelte Dudelsackform mit zusätzlichem Blasebalg, bei
welcher ein in gleicher Weise unter dem einen Arm gedrückter
Luftreservoirsack nicht mehr mit dem Mund, sondern nun mit Hilfe
eines durch die Bewegungen des anderen Armes zu betreibenden
Blasebalges aufgepumpt und unter Druck gehalten wird, steht
geschichtlich als eine weitere Entwicklungsstufe, mit ebenfalls
weiterführenden Entwicklungsmöglichkeiten, da.
Was nun das
erstgenannte Instrument, also das „Platerspiel“ betrifft,
so kann man dazu auch bedenken, dass sich solche Instrumente wohl
nur in beschränktem Maße mit weiteren zusätzlichen
Pfeifen bestücken ließen.
Hingegen konnte ein
Luftreservoirbalg, den der Spieler nicht einfach vor seinem Gesicht,
sondern eben zwischen seinen beiden Armen oder unter einem Oberarm
drücken und festhalten konnte, auch entsprechend größer
sein und sich zudem in seiner nun viel sichereren Halteposition,
auch für die Aufnahme von weiteren Melodie- oder Bordunpfeifen
besser eignen.
Aber für beide
Typen von Dudelsackinstrumenten bleibt wesentlich, dass sie mit dem
Mundrohr angeblasen werden müssen.
Wenn wir nun wieder
dieses näher betrachten, so kann dabei aber auch noch eine
andere Differenzierung bedacht werden.
Beim „Platerspiel“
ist es durchaus möglich, auf ein Ventil im Mundblasrohr zu
verzichten, denn zum jeweils erneuten Luftholen an einem entsprechend
kleinem Luftsack kann das Mundrohr auch ohne weiteres immer wieder
kurz mit der Zunge verschlossen werden. Diese Möglichkeit
besteht dann bei den größeren armgedrückten Säcken
zwar auch noch, würde hier aber vor allem dann sehr hinderlich
sein, wenn es letztlich gilt, dort auch größere Luftmengen
und eventuell auch einen größeren Druck für den
Betrieb mehrerer Spielpfeifen zu bewältigen.
In diesem Sinne
erweisen sich also für solche größeren
Dudelsackinstrumente auch exakt funktionierende Ventile an
Mundblasrohren als erforderlich.
Bei
Dudelsackinstrumenten mit zusätzlichem Blasebalg entfallen dann
natürlich solche Mundblasrohre, aber es macht sich für
solche Instrumente nun noch ein weiteres exakt funktionierendes
Ventil am Blasebalg erforderlich, und letztlich muss dann bei einem
solchen Instrument auch auf die Funktionssicherheit aller seiner
Ventile und Rohrverbindungen weitaus mehr geachtet werden als bei
zuvorigen Dudelsackinstrumenten.
Das Anfügen eines
solchen zusätzlichen Blasebalges erweist sich aber auch noch in
anderer Hinsicht als problematisch.
Solche Instrumente, die
ohnehin weitaus schwieriger herzustellen und einzurichten sind als
die einfacheren mundbeblasenen Dudelsäcke, werden mit einem
solchen Zusatz-Balg auch wesentlich schwerer und letztlich auch
insgesamt umständlicher. Und sie sind hinsichtlich ihrer
Anforderungen an den Spieler dann auch keineswegs einfacher zu
beherrschen.
Worin bestehen dann
aber die Vorteile einer solchen aufwändigen und in mehrfacher
Hinsicht problematischen Instrumentalkonstruktion?
Das Aufwerfen dieser
zweifellos berechtigten Frage - aber auch die generelle Problematik
einer solchen technischen Erweiterung einer bestimmten
Instrumentalkonstruktion - war für mich immer wieder mit
bestimmten Ärgerlichkeiten verbunden, zu denen ich nun auch
wieder Stellung beziehen möchte.
Zunächst kann
einem da immer wieder der Verweis auf die Wissenschaftsautorität
Curt Sachs und dessen Ansicht, ’dass es wohl ein asthmatischer
Schäfer gewesen sein könne, der auf die Idee für einen
solchen Blasebalg gekommen sei…’ begegnen.
Für mich ein immer
wieder ärgerlicher Beleg für die anhaltende Wirkung einer
seitens der Wissenschaft einmal oberflächlich geäußerten
Ansicht, bei deren dann permanent gedankenloser Weiterverbreitung
man immer wieder nur mit der unsachlichen Kultivierung der Berufung
auf eine Wissenschaftsautorität in Verbindung mit einer
trivialen Märchenvorstellung konfrontiert wird, welche in dieser
Weise aber einer objektiven Betrachtung des eigentlichen Instrumentes
und der Kultivierung anderer sachlicherer Überlegungen im Wege
steht. Denn wer die Funktionsweise und die Entwicklungsprobleme von
Dudelsackinstrumenten wirklich erst nimmt, der wird wohl auch noch
andere mögliche Motivationsimpulse und grundlegendere
Entwicklungsmotivationen in Richtung auf ein entsprechendes
Blasebalginstrument erkennen können.
Ein anderes Ärgernis
ergab sich für mich dann aber auch angesichts der überaus
umständlichen Handhabung solcher Instrumente, welche wiederum
die Frage nach deren wirklicher Vorteilshaftigkeit umso stärker
hervortreten ließ.
Falls sich etwa C.
Sachs auch einmal die Mühe gemacht hätte, ein solch
umständliches Blasebalg-Gerät selbst zu erproben, so hätte
er dabei wohl auch nicht mehr so kurzsinnig über kurzathmige
Schäfer reflektiert. Aber diese meine Erwägung zu den
seinerseits möglichen Schwierigkeiten beim Umgang mit einem so
umständlichen blasebalg-bestückten Instrument bleibt
lediglich ähnlich spekulativ, wie die seinige zu den möglichen
Schwierigkeiten, die einem dudelsackspielenden Schäfer
vielleicht ohne Blasebalginstrument widerfahren konnten.
Viel wichtiger als
mögliche Atemerleichterungen erscheinen mir in Hinsicht auf das
Anfügen solcher Blasebälge zwei andere vorteilhafte
musikantische und musikinstrumentelle Veränderungen.
Der Spieler eines
solchen Instrumentes hat damit die Möglichkeit, nun
gleichzeitig als Instrumentalist und als Sänger zu wirken, wobei
sein mit Blasebalg ausgerüstetes Instrument
nun – wenn es
also entsprechend akribisch eingerichtet wurde - grundsätzlich
funktionssicherer wird, denn dessen Tongeneratoren, aber auch dessen
Ventile und sein gesamtes Röhrensystem, welches nun nicht mehr
dem stets verändernden Einfluss von feuchter Atemluft ausgesetzt
ist, sind auf diese Weise auch weniger gefährdet. Und dieser
besondere Vorteil scheint mir hier wohl das Wichtigste zu sein.
Ein Vorteil, den ich
natürlich ebenfalls für bestimmte meiner
Dudelsackinstrumente nutzen wollte, ohne mich dabei aber einfach mit
den Ärgernissen der bisherigen Konstruktionsüblichkeiten
von Dudelsackblasebälgen abfinden zu können. Denn solche
Blasebälge mussten bislang vom Spieler sowohl mit einem extra
Leibriemen als auch mit einem zusätzlichen Armriemen umständlich
am Körper angeschnallt werden. Zudem sind die in dieser Weise
anzuschnallenden Blasebälge zumeist auch überaus schwer und
klobig. Das können Sie auch in Ihrer Sammlung hier ohne weiteres
vergleichend an entsprechend blasebalgbetriebenen Dudelsäcken
feststellen.
Nachdem ich auch selbst
einige solcher anzuschnallender Blasebälge gebaut hatte, aber
niemals damit zufrieden sein konnte, war ich dann bestrebt, meine
Blasebälge prinzipiell handlicher, und also auch kleiner und
leichter zu gestalten. Dies versuchte ich dabei auch dadurch zu
erreichen, dass die Gelenkmechanik nun grundsätzlich völlig
ins Innere des „Balg-Pumpraumes“ verlegt wurde und dabei
eine möglichst körpergerecht angepasste Gesamtform des
entsprechenden Blasebalg-Systems angestrebt wurde. So habe ich
alsbald auch die Gelenkmechanik in Form einer entsprechend öffnenden
Federmechanik gestaltet, welche mir dann, nach vielem Üben und
anpassenden Erprobungen am eigenen Leibe, auch ermöglichte,
einen solchen Blasebalg am Dudelsack, letztlich ohne jegliches
Anschnallen an Bauch oder Arm, jederzeit sofort aufzunehmen und das
ganze Instrument dann schon nach wenigen pumpenden Balgbewegungen
auch zum Erklingen zu bringen.
Eine weitere
Spezialität meiner Blasebälge (die in etwas anderer Machart
aber auch bei manchen üblichen „ungefederten“ und
ebenfalls „übergewichtigen“ Blasebälgen zu
finden ist) besteht nun darin, dass das bewegliche Leder zwischen den
beiden winklig gegeneinander zu bewegenden Holzplatten des
Blasebalges, also ein entsprechend „balgangepasst“
zurechtgeschnittener Lederlappen, dann an diesen Platten nicht
einfach angeklebt und festgenagelt wird, sondern dort genau genommen
„angenäht“ wird. Dies kann jeweils Stich für
Stich in einer dichten Reihe von zuvor exakt ins Holz eingebrachten
Bohrungen erfolgen, welche sich in einer umlaufenden Rille an den
Rändern beider Platten befinden. Diese Rillen-Naht muss dann
allerdings noch auf eine sichere Weise luftdicht versiegelt werden.
Das sollte möglichst von ihrer Innenseite her erfolgen, was
allerdings bei den letzten abschließenden Stichen an einer
solchen geschlossenen Konstruktion eine besondere handwerkliche
Geschicklichkeit erfordert. Dabei können die letzten Tropfen von
Versiegelungssubstanz dann aber auch durch die jeweiligen Öffnungen
in den beiden Blasebalgplatten, an den entsprechend letzten
Innenseitenbereich der Naht, aufgetragen werden.
Um den Besuchern ihrer
Sammlung künftig auch einen entsprechenden Verständniszugang
für derartige Besonderheiten einer solchen, insgesamt
schließlich völlig neuartigen Blasebalgkonzeption zu
ermöglichen, möchte ich dieser Sammlung hier auch einen
noch entsprechend unfertigen Blasebalg übergeben, bei dem auch
noch ein Blick in das Innere seiner Konstruktion möglich ist. An
diesem „offenen Blasebalgexemplar“ ist dann auch gut zu
erkennen, dass eine solche, dann in dieser Weise von innen her exakt
abzudichtende Rillen-Naht letztlich weitaus übersichtlichere
Abdichtungs-Verhältnisse ergibt, als wir sie ansonsten, bei
zumeist breitflächiger angelegter Versiegelungstechnologie, bei
anderen Dudelsackblasebälgen finden können. Und es ist
dabei wohl auch gut zu erkennen, dass die beiden winklig angeordneten
Holzplatten ihre stabile Endform als Blasebalg letztlich sowohl
durch das im Innern der Balgform befindliche Federgelenk als auch
durch die Form des zwischen beiden Platten einzunähenden
Lederlappens erhalten.
Entsprechend dieser
Technologie ist es dann aber auch immer wieder möglich, diesen
überaus beanspruchten „Lederlappenteil“ eines
solchen Blasebalges jeweils problemlos zu ersetzen bzw. neu
„einzunähen“ und abzudichten, ohne dass die beiden
Balg-Holzplatten bei einer solchen Reparatur dabei allzu große
Beschädigungen erleiden müssen. Ähnliches trifft dann
auch für das in die entsprechende Öffnung der äußeren
Holzplatte des Blasebalges einzubringende Blasebalgventil zu, welches
dann auch so gestaltet wurde, dass es dort stets problemlos wieder
herausgenommen, entsprechend gepflegt bzw. eventuell repariert, oder
auch wiederum erneuert und dann auch wieder neu justiert werden
kann, ohne diese Holzplatte dabei zu beschädigen.
Wenn ich Ihnen nun ein
entsprechend mit einem solchen Blasebalg ausgerüstetes
Instrument anspiele und vergleichend dazu ein gleichartiges
mundbeblasenes Instrument in Betrieb setze, so können Sie
erleben, dass auch der Umgang mit einem solchen komplexeren und
komplizierterem Dudelsackinstrument recht unproblematisch und flink
vonstatten gehen kann.. Schließlich konnte ich auch das vor
Ihnen liegende Balg-Instrument ohne weiteres aufnehmen, ansetzen und
auch unverzüglich in Betrieb nehmen und dann auch sofort wieder
ablegen. Mit bisherigen Blasebalginstrumenten wäre aber gerade
so etwas niemals möglich. Die ansonsten üblichen
Blasebalginstrumente müssen – wie ich schon angemerkt
hatte - vor dem Spiel immer erst sehr umständlich und
zeitaufwändig-langwierig an Arm und Leib angeschnallt werden und
lassen sich dann nach dem Spiel auch nur fast ebenso umständlich
und zeitaufwändig wieder ablegen.(01) Bislang war man als
Blasebalg-Dudelsackspieler eben immer in doppelter Weise gefesselt.
Damit kann ich also auf
eine Innovation verweisen, welche geeignet ist, die bereits
erwähnten Vorteile von Blasebalg-Dudelsäcken - also vor
allem die Vermeidung von feuchter Atemluft und die Sicherung der
Möglichkeit des Singens zum Instrumentalspiel – noch
effektiver zur Geltung gelangen zu lassen.
Ich sehe dabei aber
noch eine weitere Vorteilsmöglichkeit bei solchen Instrumenten,
welche ich Ihnen ebenfalls vorführen möchte.
Wenn man einen solchen
Dudelsack in sitzender Spielhaltung betreibt, so liegt nahe, dass die
Melodiepfeife dabei auch völlig problemlos und unverkrampft auf
dem Oberschenkel aufgesetzt werden kann, um auf diese Weise wiederum
auch ihre untere Öffnung quasi als ein zusätzliches
„Griffloch“ zu nutzen. Aus der Körperhaltung, die
hingegen ein entsprechend mundbeblasener Dudelsack erfordert, würde
sich ein solches Aufsetzen der Melodiepfeife auf den Oberschenkel
wohl zumeist nur viel verkrampfter gestalten lassen und ein dafür
vorgesehenes mundbeblasenes Instrument müsste dazu wiederum
jeweils speziell eingerichtet sein. Bei einem blasebalgbetriebenem
Instrument ergibt sich diese Möglichkeit aber viel eher „von
selbst“. Im Zusammenhang mit verschiedenen bisherigen
Ausführungen zu den besonderen spieltechnischen Möglichkeiten
bestimmter Dudelsackpfeifen aus meiner Werkstatt hatte ich ja bereits
mehrfach deutlich gemacht, von welch hoher musikantisch-musikalischer
Bedeutung eine solche Spielweisedann, zumal im Zusammenhang mit der
„gedeckten Griffweise“, letztlich für
Dudelsackinstrumente sein kann.
In Bezug auf den hier
anstehenden Vergleich zweier Dudelsackinstrumente mit gleichen
Melodiepfeifen, aber unterschiedlichen Anblasweisen lässt sich
also festhalten, dass ein entsprechend mundbeblasenes Instrument zwar
zweifellos auch als ein effektiv wirkender Dudelsack zu akzeptieren
ist, dass sich ihm aber dann als Blasebalginstrument sofort ganz neue
Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen. Das Anfügen eines
entsprechenden Blasebalges ist eben keinesfalls nur als eine mögliche
„Atmungsentlastung“ oder entsprechende sonstige
„Spielerleichterung“ zu verstehen, sondern sollte als
eine weit darüber hinausreichende, wesentliche
Weiterentwicklung der musikantisch-musikalischen Möglichkeiten
von Dudelsackinstrumenten begriffen werden.
Dies möchte ich
Ihnen nun noch an einem weiteren Blasebalg-Dudelsackinstrument aus
meiner Werkstatt verdeutlichen.
Dieses Instrument
verfügt (ebenso wie die beiden bereits vorgestellten Exemplare)
wiederum über eine zylindrische Melodiepfeife mit
Halbmembrantongenerator, aber – wie Sie leicht erkennen können
– auch noch über eine unmittelbar neben dieser hölzernen
Melodiepfeife angebrachte weitere Pfeife in Form einer dünnen
gebogenen Messingröhre. Bei dieser Röhre handelt es sich
nun um eine Bordunpfeife, welche mittels eines einzelnen Griffloches
auch während des Spiels auf der Melodiepfeife im Ton-Abstand
von einer Quarte „umgeschaltet“ werden kann. Im
Zusammenwirken mit einer noch außerdem an dieser Messingröhre
angebrachten Zusatzeinrichtung kann dann der entsprechende Bordunton
auch währen des Melodiespiels jeweils ganz aus- oder auch
wieder eingeschaltet, also auch jeweils entsprechend „abgestoppt“,
werden.
Dass ein ebensolches
„Abstoppen“ eines jeden Tones dabei auch auf der
entsprechenden Melodiepfeife dieses Dudelsackes möglich ist,
ging nun bereits aus meinen bisherigen Darlegungen zu solchen
zylindrischen Melodiepfeifen hervor. Allerdings wurde deren Tonskala
hier, im Sinne einer besseren Kombination ihrer Melodietöne mit
den beiden Tönen des „Umschaltborduns“, etwas anders
konzipiert und beginnt, ebenso wie auch die Tonleitern aller meiner
konischen Melodiepfeifen, mit einem unter dem Grundton des
Instrumentes liegenden Halbton, also – wie in solchen Fällen
auch oft gesagt wird – mit dem „Leitton“ der Skala.
Wenn ich Ihnen dieses
Dudelsackinstrument nun vorführe, so können Sie sowohl
hinsichtlich seiner Einzeltöne als auch hinsichtlich seiner
zweistimmigen Tonkombinationen all die Besonderheiten vernehmen die
ich Ihnen bislang nur in Worten zu erklären versuchte und Sie
können an diesem Dudelsackklangbild dann vielleicht auch
erkennen, dass Sie es nun mit einem Dudelsackinstrument zu tun haben,
welches in dieser Weise bisher ebenso „einmalig“, bzw.
neuartig ist, wie der dabei verwendete Blasebalg.(02)
Wir kennen zwar
bestimmte Dudelsackinstrumente, deren Melodietöne sich abstoppen
lassen (wie etwa die Northumbrian Small Pipe oder auch die Irish
Union Pipe) und ebenso Dudelsackinstrumente, bei denen sich auch
jeweils während des Melodiespiels bestimmte Borduntöne
ein-, aus- und umschalten lassen (wie etwa bei slowakischen oder auch
ungarischen u.a. Dudelsäcken; sowie wiederum bei der Irish Union
Pipe), aber es existiert meiner Kenntnis nach bislang noch kein
Dudelsackinstrument, welches derartige Klang- und Ton-Kombinationen
wie dieses kleine, von mir konstruierte Hümmelcheninstrument
zustande bringen könnte.
Dabei verhehle ich
keineswegs, dass es sich bei der Konstruktion dieses Instrumentes
auch um eine ganz bewusste Kombination von ganz bestimmten, und ganz
verschiedenartigen, osteuropäischen und westeuropäischen
Dudelsackprinzipien handelt.
Was dabei nun wiederum
die Problematik des Blasebalges betrifft, so lässt sich dazu
Folgendes sagen: Meine ersten Bemühungen in Richtung auf ein
solches, stets als kleines Hümmelcheninstrument gedachtes und
als entsprechend „umschaltbar“ angestrebtes
Dudelsackinstrument, gingen natürlich von entsprechenden
mundbeblasenen osteuropäischen Dudelsackvorbildern aus. Eine
umschaltbare Bordunpfeife nach meinen musikantisch-musikalischen
Vorstellungen konnte ich dann aber letztlich nur in Form dieser
dünnen, gebogenen Metallröhre realisieren. Und diese machte
dann – ganz entgegen meiner ursprünglichen Ambitionen in
Richtung auf ein kleines mundbeblasenes Instrument – wiederum
die Verwendung eines entsprechenden Blasebalges erforderlich, denn
nur mit einem solchen ließ sich dann auch die störende
Bildung von atemluftbedingtem Kondenswasser, welches sich zunächst
vor allem in dieser dünnen Metallröhre schnell ansammeln
konnte, verhindern. Aus weiteren diesbezüglich unternommenen
„Experimentalüberprüfungen“ ergab sich dann
aber auch, dass feuchte Atemluft nicht nur dort, sondern auch bei
Melodiepfeifen mit entsprechend geringem Durchmesser problematisch
werden kann, und sich insbesondere dann verheerend auswirken wird,
wenn es darum geht, solche Melodiepfeifen künftig auch noch mit
weiteren Tonlochklappenbohrungen, und dann auch mit
Überblaseigenschaften, auszustatten.
Aber gerade eine solche
Überblasmöglichkeit hatte ich ja – wie Sie aus
meinem letzten Vortrag wissen – ebenfalls schon sehr lange im
Sinn. Die also zunächst vor allem im Sinne der effektiven
Nutzung einer solchen gebogenen Metallröhre erfolgende
Entscheidung für ein Blasebalginstrument musste dann wiederum
auch die künftige Nutzung bestimmter Dudelsackfeinheiten aus der
Tradition der französischen Musette bzw. der Northumbrian Small
Pipe, bis hin zu weiteren Entwicklungsmöglichkeiten in Richtung
meiner besonderen „Überblasvorstellungen“, nahe
legen.
Dabei möchte ich
im Zusammenhang mit all diesen hier zu bedenkenden
Entwicklungsbesonderheiten und „Entwicklungskonsequenzen“
auch wieder auf einen damit zustande gekommenen und mir
bemerkenswert erscheinenden „Entwicklungsunterschied“
aufmerksam machen.
Im Vergleich zur
Problematik des ersten hier vorgeführten balgbetriebenen
Dudelsackinstrumentes, welches – wie ich deutlich gemacht hatte
– doch auch ohne Blasebalg als effektiver Dudelsack wirken
konnte, haben wir es bei dem zweiten, mit „Umschaltbordun“
versehenem Blasebalginstrument nun mit einem ganz anderen
Entwicklungsschritt zu tun, denn ein solches, nun doch ganz neuartig
konzipiertes Dudelsackinstrument, wäre ohne Blasebalg eben
garnicht effektiv funktionsfähig.
Hier wird der Blasebalg
erforderlich, um einem mit solchen Pfeifen konzipierten Instrument
überhaupt eine Lebensmöglichkeit zu verleihen.
Im ersten Falle
hingegen war das Anfügen eines Blasebalges eher eine besondere
Möglichkeit, um dem Instrument damit noch zusätzliche
weitere Entfaltungsmöglichkeiten zu erschließen. Also ein
Entwicklungsschritt, dessen Bedeutung wohl wesentlich im Sinne der
Erweiterung von Möglichkeiten zu sehen ist, wohingegen es sich
im zweiten Falle der Nutzung eines Blasebalges, also bei dem
„Hümmelchen mit Umschaltbordun“, doch eher um einen
„Entwicklungsumschlag“ im Sinne einer ganz neuartigen
Instrumentalkonstruktion handelt, welche dann freilich auch wieder
für entsprechende weitere Entwicklungen im Sinne der
Verfeinerung und Perfektionierung dieses „Neuentwurfes“
offen sein kann.
Aus meiner Sicht wird
sich dabei für ein solches „Hümmelchen mit
Umschaltbordun“ zunächst natürlich die weitere
Nutzung all der Feinheiten anbieten, über die ich bereits im
Zusammenhang mit den „zylindrischen Dudelsackpfeifen aus meiner
Werkstatt“ ausführlich gesprochen hatte. Also sowohl
klappenbedingte Umfangserweiterungen als auch entsprechende
Überblasmöglichkeiten für die Melodiepfeife. Und
außerdem läge dann natürlich auch eine Erweiterung
seiner Bordunklangeigenschaften nahe, indem sein bislang lediglich
zweistimmiges Klangbild in Richtung auf entsprechende
Bordunmehrstimmigkeiten ausgebaut werden könnte. Diese beiden
nun nachfolgend möglichen Entwicklungserweiterungen an diesem
Instrument werden sich dann aber wiederum nur aufgrund des zuvorigen
„blasebalgbedingten Entwicklungsumschlages“ erfolgreich
verwirklichen lassen. Denn sowohl eine dann entsprechend penibel
weiterzuentwickelnde Melodiepfeife als auch die weitere Anfügung
filigraner Bordunpfeifenröhren (zu deren verbesserter
Konstruktion wohl in beiden Fällen auch kaum auf weiteres
präzises „Metallröhrenmaterial“ verzichtet
werden könnte und welche dabei wiederum mit harmonisch
zusätzlich erweiternden Umschalt- und Abschaltmöglichkeiten
ausgerüstet werden könnten) wären dann unweigerlich in
ganz ähnlicher Weise ungeeignet für den Betrieb mit
feuchter Atemluft, wie die bereits vorliegende Umschaltbordunpfeife.
Außerdem kann
sich nun aber auch zeigen, dass die Möglichkeiten der Anfügung
weiterer Bordunpfeifen an ein solches Instrument, jetzt in einer ganz
besonderen Weise, ebenfalls gewissen „blasebalgbestimmten
Konstruktionsanforderungen“ unterliegen wird.
Dies möchte ich
nun auch mit dem dritten hier von mir vorzuführenden
Blasebalgdudelsack verdeutlichen.
Bei diesem Instrument
handelt es sich nun keineswegs in gleicher Weise um einen
Neuentwurf, auch wenn ich dabei wiederum völlig neuartige
Konstruktionsbesonderheiten für ein solches Dudelsackinstrument
genutzt habe. Vielmehr geht es hier zunächst um den Versuch von
bestimmten Weiterentwicklungen an einem traditionellen deutschen
Dudelsackinstrument, dem so genannten „Egerländer
Dudelsack“ oder eben auch dem „Deutschen Bock“.(03)
Ein ganz bestimmter
Instrumententyp, welcher schon seit langem obligatorisch mit
Blasebalg gespielt wird und normalerweise in weitaus größerer
Form sowie mit einer über die Schulter des Spielers nach hinten
abgewinkelten Bordunpfeife vorkommt.
Ich möchte meine
hier vorgeführte Instrumentalvariante deswegen auch lieber als
modernisiertes „Deutsches Böckchen“ oder eben als
„Kleinen-Bock“ bezeichnen.
Wenn ich mir diese
traditionell bereits belegte „Bock-Bezeichnung“ aber nun
hier erlaube, so muss ich sogleich auch auf bestimmte, meiner
Erfahrung nach von manchen Traditionalisten nur schwerlich zu
akzeptierende „Abweichungen“ bzw. grundsätzliche
Unterschiedenheiten gegenüber den entsprechenden traditionellen
Bock-Instrumenten hinweisen.
Am schwerwiegendsten
wäre da wohl der Umstand zu vermerken, dass es sich bei den von
mir hier für dieses Instrument verwendeten Tongeneratoren nicht
um einfache „oberhalb schwingende“ Zungen osteuropäischer
Art, sondern eben um „Halbmembran-Tongeneratoren“ (also
entsprechende „Doppelrohrblätter“, wie ich sie auch
bei meinen Hümmelchen-Instrumenten verwendet habe) handelt, für
welche ich schon lange eine aus bestimmten
vergleichsanalytisch-organologischen Experimental-Erfahrungen
herrührende besondere Vorliebe entwickelt hatte. Zudem lassen
sich wohl auch die hier von mir verwendeten Holz-Schalltrichter für
Melodie- und Bordunpfeife in gewisser Weise als inadäquat für
einen Bock-Dudelsack auffassen. Wenn dabei nun das letztere wohl vor
allem als eher äußerlicher Form- und
Konstruktionsunterschied moniert werden kann, so muss ich doch
akzeptieren, dass beide hier genannte Unterschiede durchaus als
wichtige Einwände geltend gemacht werden könnten, da sie
beide wesentlich verantwortlich für den nun doch durchaus
anderen Klangcharakter meines „Böckchens“ gegenüber
den bisherigen traditionellen Bock-Instrumenten sind. Die
Halbmembrantongeneratoren aufgrund ihrer prinzipiellen
Andersartigkeit, und die hölzernen Schallbecher aufgrund ihrer
deutlich kleineren und auch etwas anders gearteten Formgestalt.
Alle weiteren
Unterschiede können meines Erachtens aber nicht gegen meine
Auffassung, dass es sich eben doch um ein als „Bock“ oder
eben auch als „Böckchen“ zu bezeichnendes
Dudelsackinstrument handelt, vorgebracht werden.
Ich möchte also
nun auch auf meine entsprechenden Motivationen zu allen hier zu
vermerkenden typologischen Unterschiede eingehen und dabei auch
sogleich mit dem wesentlichsten Unterschied beginnen: Bei meiner
entsprechenden Entscheidung für Halbmembrantongeneratoren
handelt es sich also um den prinzipiellen Versuch einer
entsprechenden Erprobung der Geeignetheit eines westeuropäischen
Dudelsack-Tongenerators für ein eher osteuropäisches
Dudelsack-Instrument, aber eben auch um das unverhohlene Bestreben,
meine entsprechend positiven Experimentalerfahrungen mit diesem
besonderen Tongenerator letztlich auch für ein solches
Instrument konsequent nutzbar zu machen. Auch wenn dieses dann
tatsächlich mit einem etwas anderen Klangbild daherkommt. Ein
Klangbild, welches sich meiner Experimental-Erfahrung nach aber auch
noch vielgestaltig verändern lassen wird.
In Hinsicht auf die nun
deutlich andere Konstruktionsform der hier verwendeten Schallbecher
hat dabei dann wohl einerseits das Bedürfnis, ein solches
Instrument grundsätzlich kleiner zu gestalten, als auch –
vielleicht „andererseits“ - meine alte Zuneigung zur
Herstellungsweise dieser bereits an meinen ersten Schalmeien so gerne
verwendeter Holz-Schallbecher, eine entsprechende Rolle gespielt.
Dass ich nun bei diesem
Bock-Instrument auch Wert darauf gelegt habe, die Bordunpfeife nicht
nach hinten über die Schulter herabhängend, sondern eher
quer vor dem Körper, und also seitlich, auszurichten, hängt
wiederum mit meinem Bestreben einer handlichen Verkleinerung des
Instrumentes zusammen, wobei ich in diesem Punkt aber auch darauf
verweisen kann, dass sich eine ebensolche Ausrichtung des
Bock-Borduns vor dem Körper des Spielers schon lange bei
bestimmten polnischen Bock-Dudelsäcken durchgesetzt hat und
sich auch bei anderen traditionellen Böcken finden lässt.
Zwei weitere, von mir
ebenfalls für wichtig gehaltene Innovationen für mein
„Böckchen“, können nun wohl ebenfalls kaum als
„grundsätzlich illegitim“ für einen solchen
Instrumententyp angesehen werden, auch wenn sich diese bislang wohl
kaum bei bisherigen Bock-Dudelsäcken finden lassen.
Hier meine ich die von
mir natürlich auch für einen solchen Instrumententyp
vorgesehene Möglichkeit des genaueren und bequemeren Einstimmens
von Melodie und Bordunpfeife sowie eine spezielle Abschaltmöglichkeit
für den Bordunton.
Das heißt hier,
erstens, dass die in meinen bisherigen Ausführungen zu
verschiedenen Dudelsackpfeifen genauer beschriebene
„Feinstimmeinrichtung“ nun auch an einer solchen
„Bock-Melodiepfeife“ genutzt werden kann, und zweitens,
dass der Ton der Bordunpfeife meines „Böckchens“
nun (in zweifellos bislang ganz unüblicher und also
entsprechend „nichttraditioneller“ Weise) auch noch
mittels eines aus verschiebbaren Metallröhren bestehenden
„Stimmzuges“ eingestimmt und nachreguliert werden kann
und sich zudem auch noch durch Verdrehen des am Schallbecher
befindlichen „Röhrenwinkels“ völlig abschalten
lässt. Möglichkeiten, welche wiederum vom Spieler nur dann
bequem und sinnvoll praktikabel genutzt werden können, wenn sich
die Bordunpfeife eben auch im entsprechenden „Zugriffsbereich“
vor seinem Körper befindet.
Zu dieser
„Bordunpfeifenposition“ kann aber nun noch mehr gesagt
und bedacht werden.
Zunächst war für
eine solche Positionierung zu bedenken, dass eine dafür gedachte
Bockbordunpfeife entsprechend verkleinert bzw. verkürzt werden
müsste. Dies wollte ich dann auch dadurch erreichen, dass der
ohnehin bei solchen Bockbordunpfeifen übliche „Verkürzer“,
also ein in die Bordunpfeifenröhre eingefügtes
Zwischenstück mit meanderformigem Rohrverlauf, auch entsprechend
„erweiternd“ konzipiert wurde, indem dieses dann bei
solchen Instrumenten, statt der bislang üblichen drei parallelen
Meander-Bohrungen, hier auch mit fünf solcher nebeneinander
angeordneter Bohrungen ausgestattet werden kann. Dabei schien mir
wiederum eine entsprechende Ausführung aus Metall nahe liegend,
denn in hölzerner Gestalt hätte ein solches
erweiternd-verkürzendes „Fünffach- Zwischenstück“
wieder allzu leicht unhandlich-klobig geraten können.
Für eine solche,
nun angepasst-verkleinerte Bordunpfeife, musste dann aber auch eine
nunmehr feste seitliche Position für ihre Anbringung am Sack
gefunden werden, wobei zu bedenken war, dass an dieser Sackseite
schließlich auch die Buchse für die Luftzuleitung aus dem
Blasebalg eingebunden werden muss. Dabei kam mir nun ein Gedanke zur
Hilfe, den ich ohnehin schon sehr lange verfolgt hatte und welcher
bereits zu Zeiten der ersten „Dudelsack-Beratungen“
innerhalb der „DDR-Dudelsackbrüderschaft“ zuweilen
von mir diskutiert worden war.
Es müsste doch
möglich sein, sowohl die Einleitung von Blasebalgluft in den
Sack als auch die Ausleitung von Sackluft in eine entsprechende
Bordunpfeifenbuchse, mittels nur einer einzigen seitlichen
Sackeinbindung zu realisieren. Die keineswegs unkomplizierte
Verwirklichung eines solchen Gedankens hat dann – wiederum
nach vielen Experimenten - zu der nun hier vorliegenden Lösung
in Form eines entsprechenden „Rohrwinkelstückes“
geführt, welches aus einer etwas größeren Röhre
und einer dann dort schräg–seitlich eingesetzten
kleineren Röhre zusammengesetzt ist. Die größere
Röhre befindet sich dabei mit einem Ende in einer seitlich im
Sack eingebundenen Aufnahmebuchse und nimmt an ihrem anderen Ende die
Bordunpfeife auf. Die kleinere Röhre aber, welche nun in
unmittelbarer Nähe zu dieser Aufnahmebuchse am Sack
schräg-seitlich aus der größeren Röhre
herausragt - aber in deren Innerem wiederum bis in den Sack
hineinragt - nimmt hingegen die Luftzuleitung vom Blasebalg auf.
Auf diese Weise konnte
also sowohl eine sichere seitliche Positionierung der Bordunpfeife
als auch eine sichere dortige Anbringung der Blasebalgzuleitung
mittels nur einer Sackeinbindung erreicht werden.(04)
Dazu möchte ich
nun wieder auf entsprechend unterschiedliche
„Weiterentwicklungsbesonderheiten“ aufmerksam machen.
Betrachtet man alle von
mir an diesem „Böckchen“ vorgenommenen Innovationen
und Veränderungen, so zeigt sich, dass es da einerseits um die
Übertragung und die Erweiterung bestimmter, bereits zuvor
existierender Besonderheiten von bestimmten traditionellen
Dudelsackinstrumenten ging, es sich aber andererseits auch um
gänzlich neuartige instrumentenspezifische
Konstruktionsbesonderheiten handelt. Und Letzteres ist wohl
zweifellos in Bezug auf die hier vorgestellte neuartige
Blasebalgkonzeption, in spezieller Verbindung mit den daran
geknüpften besonderen Möglichkeiten der nun ganz neuartigen
Zusammenlegung von einströmender und ausströmender
Dudelsackluft innerhalb eines dann nur von einer Buchse im Sack
aufzunehmenden Röhrensystems, der Fall.
Um diese Besonderheit
nochmals in anderer Weise zu verdeutlichen, kann ich auch sagen,
dass sich aus dieser „Blasebalg-Bordun-Verbund-Lösung“
nun erstmals in der Geschichte von Blasebalgdudelsäcken die
Möglichkeit ergibt, bei der Herstellung von Instrumenten,
welche sowohl mit Melodiepfeifen als auch mit Bordunpfeifen bestückt
sind, mit nur einer einzigen Einschneidung in das Sackmaterial
auszukommen.
In der bisherigen
Geschichte von Dudelsackinstrumenten mit Blasebalg waren hingegen für
die vom Blasebalg eingeleitete und die dann vom Sack ausgeleitete
Luft stets verschiedene Buchsen mit jeweils eigenen Einschneidungen
in das Sackmaterial üblich.
Dieser Unterschied ist
nun zwar ebenfalls etwas bemerkenswert Besonderes und durchaus
Neuartiges, verdeutlicht aber wohl kaum das eigentlich Wesentliche
dieser ganz neuartigen Blasebalg-Bordun-Verbindung. Ich meine zu
dieser vor allem, dass sie sicherlich zur künftigen
Weiterentwicklung und Perfektionierung von bestimmten
Dudelsackinstrumenten, insbesondere in Hinsicht auf das von mir heute
als zweites Blasebalginstrument vorgestellte „Hümmelchen
mit Bordunumschaltung“, in besonderer Weise dienlich sein kann.
Und in genau diesem Sinne hatte ich da ja auch bereits von gewissen
„blasebalgbestimmten Konstruktionsanforderungen“
gesprochen, welche vielleicht künftig in komplexer Weise
vorteilhaft wirksam werden können.
Ich kann dabei aber
auch sofort auf bestimmte, bereits realisierte Vorteile verweisen,
welche sich mit einer derartigen, seitlich im Sack einzubringenden
„Metallröhren-Winkelkonstruktion“ unmittelbar
ergeben. So wird durch dieses Winkelstück nun nicht nur eine
grundsätzlich stabilere Position für solche vor dem Körper
des Spielers angebrachten Bordunpfeifen gesichert, sondern es ergibt
sich dabei auch die Möglichkeit, durch Verdrehen dieses
Metallröhrenwinkels in seiner Buchse am Sack, die jeweils
günstigste „Winkel-Ausrichtung“ solcher Pfeifen
(also entweder mehr in Richtung auf den Fußboden, oder mehr in
Richtung auf die Schulter des Spielers) individuell einzurichten.(05)
Die Stabilität der
Querposition solcher Bordunpfeifen war bislang vor allem vom
jeweiligen Luftdruck im Sack abhängig, und die soeben
erläuterte Möglichkeit der individuellen Regulierung der
geschilderten „Winkelausrichtung“ von Bordunpfeifen
existierte überhaupt nicht. Und da es im Falle des Transportes
eines solchen, eben unvermeidlicherweise „sperrigen“
Musikinstrumentes auch erforderlich werden kann, es entsprechend zu
zerlegen, so wird sich dieses Winkelstück dann auch wieder als
vorteilhaft für den sicheren Schutz des Bordun-Tongenerators in
der größeren Röhre, und des
Blasebalg-Zuleitung-Ventils in der kleineren, erweisen können.
Im Sinne der
Weiterentwicklung des zuvor beschriebenen
„Umschaltbordun-Hümmelchens“ aber wird sich dieses
seitliche „Metallröhrenwinkelstück“ nun auch
wieder als grundlegend für alle sich damit neu anbietenden
Möglichkeiten der Verfeinerung und Perfektionierung
entsprechender weiterer, seitlich angelegter
Bordunpfeifenkonstruktionen erweisen können.
Was sich aber dann auf
den Wegen weiterer Entwicklungsmöglichkeiten künftig noch
alles als nützlich oder vielleicht auch wieder als hinderlich
erweisen kann, und was dabei dann an Nützlichem und
Vorteilhaftem auch wieder zur Seite getan oder vergessen werden wird,
und was andererseits vielleicht auch wieder als eher belanglose
Mode-Vorliebe auf den Markplätzen neuerer
Unterhaltungssensationen effektvoll hervorgehoben werden kann, wird
sich wohl nur aus dem vielfältigen Zusammenwirken von
Bedürfnissen und Ideen vieler unterschiedlicher Menschen im
aktiven Umgang mit diesem besonderen Musikinstrument ergeben können.
Wenn es gelingen kann,
eine entsprechende weitere Beschäftigung mit
Dudelsackinstrumenten dann auch innerhalb eines entsprechend
lebendig-aktiven Musikantentums zu erhalten, so werden unweigerlich
auch weitere Veränderungen und Verbesserungen an diesem
„Volksmusik-Musikinstrument“ erfolgen.
In diesem Sinne muss
ich auch betonen, dass die Entstehung der hier von mir vorgestellten
Innovationen eben nicht einfach als Produkte aus der
„Gedankenwerkstatt“ eines Philosophen oder etwa dem
„Konstruktionsbüro“ eines Technikliebhabers zu
verstehen sind, sondern sich letztlich aus dem intensiven
musikantischen Umgang mit diesem Instrument innerhalb einer in der
DDR in den siebziger Jahren entstandenen neuartigen
Musikanteninitiative ergeben haben, an deren damaliger Entwicklung
ich dann auch eine Zeit lang intensiv teilhaben konnte.