Vortrag zur Eröffnung der Musikinstrumentenausstellung
an der Hochschule für Musik Saar.
(Gehalten am 22.10.2008 in Saarbrücken)

Sehr geehrte Damen und Herren, - dass ich hier bei Ihnen einer Vielzahl von Musikinstrumenten wieder begegnen konnte, die mir lange als wissenschaftliche Objekte unmittelbar zur Verfügung standen und mich über viele Jahrzehnte meines Lebens hinweg begleitet haben, das ist mir eine wirkliche Freude. Dabei bin ich auch beeindruckt, diese Instrumente nun in einem solch würdigen Rahmen, wie der bei Ihnen bislang eingerichteten Ausstellung vorzufinden. Dies leitet mein Denken sofort auf den Wahlspruch des Leipziger Gewandhausorchesters, welcher mich dort schon als Schulkind beeindruckt, und auch in meinem späteren Leben nie wieder losgelassen hat: Ein Motto, in welchem betont wird, dass ’wahre Freude stets eine ernste Angelegenheit’ ist. Und der tiefere Ernst und Inhalt meiner Freude besteht hier vor allem darin, dass mir in der Wiederbegegnung mit diesen Instrumenten auch der mögliche Anfang der Erfüllung einer seit 1990 immer wieder stark gefährdeten Hoffnung erscheint, der Hoffnung nämlich, dass diese Sammlung doch möglichst in ihrer wissenschaftlichen Substanz und zum Zwecke ihrer künftigen wissenschaftlichen Weiternutzung erhalten bleiben möge. In diesem Sinne möchte ich auch meinen deutlichen Dank an Prof. T. Duis aussprechen, der bereits während seines ersten Besuches meiner damals in Berlin eingerichteten Exposition sein deutliches Interesse an der Rettung dieser Sammlung aussprach und dann auch bei allen weiteren, auf diesem Wege notwendigen Schritten stets sein Wort gehalten hat. Ebenso muss ich meinen Dank an Dr. A. Markmiller richten, welcher diesen ganzen Prozess zunächst zielgerichtet eingeleitet und dann - stets organisatorisch unterstützend - auch bis auf den heutigen Tag durchgehend begleitet hat.
Wenn ich dies hier so ehrlichen Herzens sagen kann, dann möchte ich auch in gleicher Weise darüber sprechen, was ich als das Besondere und das „eigentlich Wertvolle“ dieser Sammlung ansehe. Ihr spezifischer Wert erschließt sich nicht einfach in der zusammenfassenden Vielzahl der darin erhaltenen Instrumente oder etwa mit Blick auf einen speziellen Bestand an vielleicht besonders bemerkenswerten, sehr interessanten oder auch besonders seltenen „Sammler Raritäten“. Freilich gibt es auch hier - neben den vielen, über die Zeiten hinweg schadhaft gewordenen Instrumenten - einen derartigen ’Raritäten-Bestand’, (so beispielsweise die von mir stets in besonderer Weise geliebten deutschen Cistern oder auch bestimmte Blasinstrumente). Ich möchte den wirklichen Wert dieser Gesamtkollektion doch eher auf zwei übergreifende ideelle Aspekte beziehen. Und ich muss es sogar, sobald ich im oben geschilderten Sinne ernsthaft darüber nachdenke. Zum einen handelt es sich im Wesentlichen wohl um die größte private Sammlung von Musikinstrumenten, die zu Zeiten der DDR dort entstanden ist. Genauer gesagt, um den Großteil dessen, was davon nach ihrem Untergang, über die politisch gewendeten Zeiten hinweg, von mir mit Hilfe vieler meiner Freunde gerettet werden konnte. (1)
Den zweiten Aspekt ihres ’besonderen Wertes’ halte ich dann, da er sich nicht so sehr auf die Vergangenheit bezieht, sondern vornehmlich in die Zukunft gerichtet ist, für den weitaus bedeutenderen. Mit dieser Sammlung ist, (2) wohl erstmals in der Geschichte von Musikinstrumentensammlungen überhaupt, die Initiative für eine ganz neue Art von Musikinstrumenten-Ausstellung ergriffen und dann auch verwirklicht worden. Eine Ausstellung, die einem für Musikinstrumente ganz neuartigem museologischen Prinzip folgte: Dem Prinzip einer möglichst systematisch strukturierten Exposition im Sinne einer Annäherung an das ’Natürliche System der Musikinstrumente’. Ich denke, dass es eine solche Initiative, die bei mir als Reaktion auf einen bestimmten unklaren Zustand der systematischen Musikinstrumentenkunde entstanden ist, zuvor wohl noch nie gegeben hat.
Beide von mir hier hervorgehobenen Aspekte habe ich aber trotzdem (jeweils durch Einfügung des kleinen Wörtchens „wohl“) mit einer gewissen Zurückhaltung formuliert, denn hundertprozentig sicher sein kann ich mir da nicht. (3) Vielleicht hat doch irgendein mir unbekannt gebliebener ostdeutscher Sammler in dieser Zeit noch mehr Instrumente an sich gebracht? Und außerdem kann ich bislang auch nicht völlig ausschließen, dass nicht doch schon irgend jemand anderes bereits vor meiner diesbezüglichen Initiative - ob nun in Deutschland oder sonst irgendwo in der ’großen weiten Welt’ - auf die doch eigentlich so nahe liegende Idee gekommen sein könnte, auch eine Musikinstrumenten-Ausstellung einmal nach dem Prinzip einer derartigen Systematik-Konzeption einzurichten. Immerhin ist die ’große weite Welt’ auch voller sonstiger Museen und entsprechender Ausstellungen (etwa auf den Gebieten der Technik oder der Naturkunde, speziell auch der Lebenserscheinungen), in denen derartige Konzepte und entsprechende Ideen in ganz selbstverständlicher Weise schon seit vielen, vielen Jahrzehnten ständig umgesetzt werden. Und ich würde mir sogar sehr wünschen, dass so etwas auch bei Musikinstrumenten bereits stattgefunden hat. Ich kann aber kaum an die bereits stattgefundene Realisierung einer solchen eigentlich nahe liegenden Möglichkeit glauben. Denn Musikinstrumenten Museen, sowie auch entsprechende Aussteller, werden in der Regel doch von ganz anderen, und oft sehr einseitig-orientierten, manchmal auch fatal wissenschaftsfernen, Ideologien geleitet. Und mein dementsprechend ausgeprägter Mangel an Glaube in dieser Frage begründet sich, trotz meiner entgegengesetzten Wünsche und Hoffnungen, eben vornehmlich aus bestimmten Erfahrungen in Hinsicht auf einen sehr eigenartig ungewissen Zustand der systematischen Musikinstrumentenkunde, - insbesondere in Deutschland.
Auf diesen Wissenschafts-Zustand möchte ich nun, ganz im Sinne dieses von mir besonders hervorgehobenen ’Wert-Aspektes’ dieser Sammlung, etwas näher eingehen; - muss dazu aber auch etwas weiter ausholen.
Der Beginn der modernen Geschichte der Systematisierung von ’natürlich-akustischen’ Musikinstrumenten (4) ist wesentlich mit dem Namen des Belgiers V. Mahillon zu verbinden. Er war, so denke ich, der Erste, der dabei, in einer klaren Orientierung auf die Physik, die Grundlage für eine wissenschaftlich begründete und umfassend angelegte Systematik dieser besonderen Erscheinungsform von Technik erkannt hat. Mit seinem 1888 erschienenen Katalog des Musikinstrumenten-Museums in Brüssel, (5) insbesondere aber mit den im dortigen Vorwort dargelegten konzeptionellen Gedanken zur Problematik einer wissenschaftlichen Systematisierung, wurde von ihm ein deutlicher Paradigmenwechsel in der Geschichte dieses Systematisierungsdenkens eingeleitet und sachlich begründet.
Im gegenwärtigen Selbstverständnis der Musikwissenschaften, zumal in Deutschland, gibt es jedoch die Tendenz, diese Leistung eher den beiden Musikwissenschaftlern C. Sachs und E. M. v. Hornbostel, mit ihrer 1914 in Deutschland veröffentlichten „Systematik der Musikinstrumente“, zuzuordnen. (6)
Ich meine, dass diese Tendenz in eine ganz falsche Richtung weist (7) und sehe mich insofern gezwungen, dabei auf offensichtlich Falsches, reichlich Fragwürdiges und eindeutig Verfehltes im Zusammenhang mit dieser Systematik hinzuweisen. Denn die Geschichte des musikinstrumentellen Systematisierungsdenkens in Deutschland (die meines Erachtens bislang viel zu wenig detailliert erforscht ist) wird seit dem Erscheinen dieser bis heute zumeist hoch gelobten Arbeit von Sachs und Hornbostel, auch durch eine fortlaufende Reihe von signifikanten Fehlleistungen, bedauerlichen Fehlentwicklungen und zuweilen sogar von regelrecht wissenschaftsfeindlichen und letztlich auch als verbrecherisch zu charakterisierenden Aktivitäten und Vergehen begleitet. Ich möchte dabei insbesondere auf solche Vergehen aufmerksam machen, die sich auch gegenwärtig noch, mit ihren Nachwirkungen in Deutschland, als Hürden für eine unvoreingenommen offene und wissenschaftlich sachgerecht motivierte Diskussion zu dieser Problematik erweisen.
In diesem Sinne nun zurück zur Sachs / Hornbostelschen Systematik von 1914.
Betrachtet man diese Arbeit eingehender, so müsste eigentlich auffallen, dass dort, trotz der darin von den beiden Autoren selbst deutlich betonten Notwendigkeit eines in sich logisch geschlossenen Aufbaus und der „Einheitlichkeit des Teilungsgrundes“ für jegliche Systematik, doch eine Reihe ganz offensichtlicher logischer Unstimmigkeiten enthalten sind.
Wenn man dann noch die dort als „den Anforderungen der Logik voll entsprechend“ (8) interpretierte Originalarbeit von Mahillon (auf die dies aber keineswegs zutrifft) vergleichend betrachtet, so können die logischen Widersprüche in und zwischen beiden Arbeiten eigentlich kaum noch übersehen werden.
Wir treffen im Text von Sachs und Hornbostel auf Behauptungen, die nicht mit der Wahrheit in Einklang zu bringen sind, und auch bei Mahillon auf die verschiedensten logischen Widersprüche, - die jeder, der sich wirklich der Mühe unterzieht, diese wissenschaftsgeschichtlich so bedeutenden Arbeiten, auch entsprechend den Maßstäben der Wissenschaft, ernsthaft zur Kenntnis zu nehmen und gründlich zu durchdenken, selbst wahrnehmen kann. (9) In einer vor mehr als einem Jahrzehnt unternommenen, eingehenderen Untersuchung derartiger Unstimmigkeiten habe ich damals betont, dass Mahillon, trotz seiner Verdienste hinsichtlich bestimmter Grundfragen zur Systematisierung, letztlich doch eine ’Katalog-Systematik’ hinterließ, in deren Grundstruktur weiterhin bestimmte Inkonsequenzen, bestimmte ungelöste Probleme, sowie eine Reihe von Widersprüchen enthalten sind. Diese Problemlage wurde aber von Sachs und Hornbostel offenbar nicht wirklich erfasst, oder etwa weiter bearbeitet. Ihre Systematik kann in dieser Hinsicht auch keineswegs irgendwie als ein „Versuch“ zur Lösung derartiger Probleme angesehen werden. (10)
Vielmehr wurden diese Probleme mit bestimmten, äußerlich sehr anspruchsvoll anmutenden, aber inhaltlich gänzlich unsoliden Behauptungen, unter den Teppich bzw. den Tisch der Wissenschaften und entsprechend möglicher Diskussionen und Nachfragen gekehrt, wobei dann ’oberhalb’ ungehindert ’reiner Tisch’ gemacht werden konnte, indem mit einer inhaltlich zwar immer noch ebenso problematischen, aber in pragmatischer Hinsicht weitaus beeindruckender ausgestalteten Systematik, nun ein nahezu ungehinderter ’wissenschaftlicher Siegeszug’ unter den dann zunehmend weltweit agierenden Musikethnologen angetreten werden konnte. Die Herkunft dieser Systematik aus Deutschland hat dabei - in einer Zeit, als die deutsche Wissenschaftskultur noch international als vorbildlich und richtungsweisend galt - sicherlich auch eine besondere Rolle gespielt. Und von besonderer Bedeutung für die weitgehend kritiklose Akzeptanz dieser letztlich doch kritikwürdigen und unsoliden Systematik, war in diesem Zusammenhang gewiss auch, dass man sich mit ihr nun, zur genauen Einordnung eines jeden Instrumentes, nach dem damals allenthalben als genial gepriesenem ’Deweyschem Dezimalsystem’ zu richten hatte. Diese besondere Forderung konnte dann auch leicht als beeindruckendes Indiz für die besondere ’logische Qualität’ dieser Systematik genommen werden, zumal sich bei all denen, die geneigt waren, sich diesen spezifischen Bezifferungsanforderungen zu unterwerfen, geradezu zwangsläufig die Vorstellung verfestigen musste, dass man sich mit jedem, derartig exakt zu beziffernden Einordnungsschritt auch unmittelbar dem Himmelreich unanfechtbar-soliden logischen Denkens annähert, von dem aus dann freilich nicht mehr weiter nach Widersprüchen im Fundament der Systematik zu fragen war.
Angesichts einer nur drei Jahre später erschienenen Arbeit von C. Sachs über die Maultrommel, (11) also einem Instrument, mit dem ich mich mehrere Jahrzehnte lang - sowohl als stets aktiver Musikant, als auch in sehr langwierigen Laboruntersuchungen und in verschiedenen anderen physikalischen Experimenten - immer wieder befasst hatte, musste ich das Verhältnis von Sachs zu seiner eigenen Systematik dann noch viel kritischer sehen. Diese hätte sich nun als eine sichere Grundlage für ein wirklich exaktes Verständnis dieses hochproblematischen Instrumentes erweisen müssen, zumal ein Ziel seiner Untersuchung schließlich auch darin bestand, eine genaue Einordnung bzw. Positionierung der Maultrommel im Sinne des Deyweyschen Dezimalsystems vorzunehmen. Vor diesem dann nicht unproblematischen Hintergrund kann vielleicht auch verständlich werden, dass er ganz wesentliche Eigenschaften dieses offensichtlich sehr schwierig zu interpretierenden Tongenerators einfach nicht erkennen oder auch nicht ’anerkennen’ konnte, bzw. auch kurzweg leugnete, und so letztlich auch eine scheinbar problemlos-perfekte Einordnung vornahm.
In späteren musikwissenschaftlichen Diskussionen zur Maultrommel musste eine derart vorschnelle Platzierung des Instrumentes letztlich aber doch in Zweifel gezogen werden. Diese haben dann - trotz der unterschiedlichsten Interpretationen, die es zu diesem speziellen Instrumenten-Sonderling (den ich in diesem Sinne gerne als den ’Archaeopteryx der Audioorganologie’ bezeichne) auch nach wie vor geben mag - letztlich doch deutlich gemacht, dass sich zwar das Instrument und die mit ihm verbundenen organologischen Probleme zunehmend besser erkennen lassen, - sich dabei jedoch die hochgelobte Systematik zunehmend als untauglich, genauer gesagt, sogar als hinderlich, erweisen musste. (12)
Doch bevor ich mich, mit diesem Vorgriff auf diese Diskussionen, bereits in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg begebe, muss ich auf den schwersten und verbrecherischsten Eingriff, den es bislang in der Geschichte des musikinstrumentellen Systematisierungsdenkens in Deutschland gegeben hat, zu sprechen kommen. Mit der Machtergreifung der deutschen Faschisten wurden Sachs und Hornbostel als Juden zunächst aus ihren Wissenschaftspositionen und dann aus Deutschland vertrieben. Auch diese spezielle musikwissenschaftliche Besonderheit der deutschen Geschichte ist - ganz im Unterschied zu anderen vergleichbaren oder auch gleich zu setzenden Fällen faschistischer Vertreibungen von Wissenschaftlern - überraschend wenig wissenschaftsgeschichtlich detailliert erforscht.
Hornbostel verstarb nach wenigen Jahren in England, und Sachs, der niemals wieder nach Deutschland kam, konnte seine Arbeiten in New York fortsetzen und verstarb dort 1959. Mit dieser Vertreibung, unter den Bedingungen vorherrschender antisemitischer Ideologie, waren natürlich auch die Möglichkeiten einer sachlich weiterzuführenden und vielfältig tiefergreifenden Diskussion zu dieser Systematik und den damit zusammenhängenden offenen Problemen zunächst weitestgehend verunsichert. In besonderer Weise bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang dann aber die Tatsache, dass eine auch in der Fachliteratur zuweilen zitierte (also doch nicht einfach nur immer wieder unterschlagene) formal-logisch auch durchaus zutreffende Kritik an dieser durchaus unlogischen Systematik, gerade von einem deutschen Physiker aus gerade dieser Zeit stammt. Ich meine die Kritik von H. Backhaus aus dem Jahre 1938. (13)
Bedenkt man etwa die damalige, in Deutschland deutlich antisemitisch motivierte, aber eben auch gegen bestimmte objektive Entwicklungen der modernen theoretischen Physik gerichtete Kritik an A. Einstein durch deutsche Physiker (wo sich immerhin zwei hochbedeutende deutsche Physik-Nobelpreisträger besonders antisemitisch hervorgetan haben), dann sind auch kritische Hinweise zur Systematik von Sachs und Hornbostel - zumal wenn man eben nicht über nähere Erkenntnisse aus detaillierten sachlich-wissenschaftsgeschichtlichen Untersuchungen verfügen kann - keineswegs ohne Bedenken hinzunehmen. Außerdem ist keineswegs sicher abzusehen, ob und inwieweit derartige Ungeklärtheiten, auch heute noch, die offene kritische Diskussion um diese problematische Systematik verunsichern. Dabei meine ich aber, dass eine sachgerecht kritische Haltung zu all diesen Problemkomplexen in Zukunft immer wichtiger wird, worauf ich bereits seit Mitte der 80er Jahre wiederholt hingewiesen habe. Die in erster Näherung berechtigte Kritik von Backhaus, welche, in seinem überwiegend von konkreter Physik geprägten Text, eigentlich fast wie eine Nebenbemerkung anmuten kann, verfährt dabei im Ansatz zunächst ganz sachlich ’systematisch’: Wenn man gemäß der Grundstruktur dieser Systematik, also der Vierklassen-Teilung in Idiophone, Membranophone, Chordophone und Aerophone, die ersteren dadurch bestimmt, dass sie nicht extra gespannt werden müssen, um effektiv zu klingen, dann sind in diesem Sinne eigentlich die letzteren, also Aerophone, wiederum doch auch Idiophone - bloß eben gasförmige. (14) Das ist im Prinzip zweifellos völlig richtig und kann auch ’beeindruckend’ logisch wirken - wobei meine persönlichen Erfahrungen jedoch immer wieder dahin gehen, dass sich gerade Musikwissenschaftler von einer derart stringent vorgebrachten logischen Argumentation in der Regel überhaupt nicht beeindrucken lassen. Aber die von Backhaus betonte Fehlleistung gehört eben genau zu den unlogischen Aspekten dieser Systematik, die man - ich benutze wieder meine Formulierung von vorhin - nach den Maßstäben der Wissenschaft genommen, letztlich auch als Fehlleistung ernst zu nehmen hätte... Allerdings bleibt auch in diesem speziellen Falle von Kritik Vieles weiterhin fragwürdig - sowohl hinsichtlich dieser Kritik selbst (da sie von Backhaus nicht konsequent logisch weitergeführt wird), als auch hinsichtlich möglicher Nachwirkungen all der damit zusammenhängenden offenen Probleme, bis in die Gegenwart hinein. (15)
Nach dem zweiten Weltkrieg und der späteren Entwicklung von zwei ganz unterschiedlichen Staaten in Deutschland haben wir es dann mit der Herausbildung einer Wissenschaftssituation zu tun, die noch weitaus größere Bewertungsschwierigkeiten hervorbringen und sicher auch zukünftig nach sich ziehen wird.
Da wäre als erstes die Besonderheit festzuhalten, dass die wichtigsten neueren Arbeiten und auch die deutlichsten Ansätze zu einer problemlösenden Kritik bzw. ’zur Überwindung’ der Sachs-Hornbostelschen Systematik - sowie generell zur konsequenten Weiterentwicklung des musikinstrumentellen Systematisierungsdenkens - seither in Ostdeutschland entstanden sind.
Desweiteren wären dann die ganz andersartigen ’Besonderheiten’ zu registrieren und zu analysieren, die sich später, ab 1990, im Zusammenhang mit den Umgestaltungen der ostdeutschen Wissenschaftslandschaft ergeben haben und welche dann wiederum zwangsläufig zu zusätzlichen Verunsicherungen und Verklemmungen dieser weiterzuführenden Diskussion geführt haben. Wenn man dann noch bereits zuvor entstandene Entwicklungen aus den letzten Jahren der DDR, in denen sich gerade in den Bereichen von Wissenschaft und Kultur (16) bestimmte Veränderungen und auch Zerfallserscheinungen immer deutlicher abzeichneten, näher ins Auge fasst, werden die entsprechenden Bewertungsschwierigkeiten immer größer.
Hier sind mindestens zwei übergreifend wesentliche, aber durchaus unterschiedliche, in gewisser Weise auch widerstreitende, Problemkomplexe zu berücksichtigen, deren Einflüsse und Auswirkungen aber - ob nun in gewissen partiellen Wechselseitigkeiten oder hinsichtlich wesentlicher Zusammenhänge, oder auch nur hinsichtlich einfachster Faktenbetrachtungen – keineswegs leicht zu beurteilen sein werden. (17) Eine für künftige wissenschaftsgeschichtliche Untersuchungen und Bewertungen überaus komplex vernetzte Sachlage.
Als die erste dieser neuartigen ostdeutschen Systematiken wäre hier die Arbeit „Prinzip einer Systematik der Musikinstrumente“ von H. H. Dräger aus dem Jahre 1948 (18) zu nennen. Neben einer ganzen Reihe von Aussagen und Prinzipien in dieser Arbeit, welche ich wiederum für kritikwürdig halten bzw. auch direkt als falsch kennzeichnen muss, (19) wird von Dräger aber zum ersten Mal der überaus wichtige Gedanke der möglichen Existenz eines „Natürlichen Systems der Musikinstrumente“ eindeutig innerhalb der Musikwissenschaft geäußert. Eine Vorstellung, die sich bei mir schon lange vor der Kenntnis dieser Arbeit herausgebildet hatte und sich später, vor allem auf Grund von philosophisch motivierten Untersuchungen zur Kulturethologie, Anthropologie bzw. zur Frühgeschichte des Menschen, immer tiefer verfestigte. (20) An diese Vorstellung Drägers schließt sich dann auch ganz eindeutig Herbert Heyde, mit seinem erst 1975 zur Veröffentlichung gelangten, sehr kybernetisch konzipierten Werk „Grundlagen des natürlichen Systems der Musikinstrumente“ (21) an.
Aus Westdeutschland, wo natürlich nach dem zweiten Weltkrieg auch systematische Arbeiten zu Musikinstrumenten entstanden, aber keine so grundsätzlichen Konzepte entwickelt wurden, begegneten mir dann aus den Jahren 1959/60 stammende musikwissenschaftliche Publikationen, in denen eine für mich erschreckend dogmatische Haltung zur Systematik deutlich wird. C. Sachs formuliert dabei nahezu in der Art einer ’öffentlichen Bekanntmachung’ und ohne irgendwelche Argumente dazu auch nur anzudeuten, dass “...C. Sachs und E. M. v. Hornbostel gemeinsam... (die) heute gültige, sehr eingehende ‚Systematik der Musikinstrumente’ ausgearbeitet haben“. (22)
Und diese „Gültigkeitserklärung“ wird kurze Zeit später noch von Kurt Reinhard mit einem entsprechenden Statement übertroffen, aus welchem hervorgeht, dass jeder kritische Versuch, diese offenbar vorzügliche Systematik irgendwie anzutasten, nur zu Verwirrungen führen kann. (23)
Derartige ’Autoritätsbeweise’ haben dann auch später, wie ich immer wieder erleben musste, ihre verheerenden, nämlich denkbehindernden, Wirkungen in den Musikwissenschaften ausüben können, - und tun dies wohl immer noch.
Die Tatsache aber, dass grundlegend neue und weiterführende Konzepte, wie die von Dräger und Heyde, in der DDR diskutiert worden waren, und es somit auch möglich sein müsste, die mir (schon während meiner Lehrzeit als Maschinenbauer, vor allem in Hinsicht auf die verschiedensten Blasinstrumente bzw. “Aerophone“) immer offensichtlicher erscheinenden logischen Mängel und methodologischen Schwächen bisherigen Systematisierungsdenkens zu Musikinstrumenten aufzudecken und weiterhin zu diskutieren, wirkte auch später für mich motivierend im Sinne einer intensiveren wissenschaftlichen Beschäftigung mit diesem Problemfeld. (24) Auch mein schon aus Kinderzeiten herrührendes Interesse an Musikinstrumenten als einer in besonders verbindlicher Weise humanisierten Form von Technik, wurde dabei immer wieder in bestimmte Richtungen geleitet, was sicher auch Auswirkungen auf meine Sammelleidenschaft hatte. Etwa ein knappes Jahrzehnt nach dem Erscheinen der Arbeit von Heyde konnte ich am Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR, wo ich zuvor schon seit etwa einem Jahrzehnt mit philosophischen Problemen der Biologie, insbesondere Anthropologie und Ethologie, beschäftigt war, sukzessive die Möglichkeit erwirken, mich ebenfalls mit entsprechenden Fragen der Systematisierung von Musikinstrumenten zu befassen. (25)
Diese ’musikphilosophische’ Erweiterung unseres Forschungsgegenstandes wurde damals vor allem vom Leiter dieses wesentlich mit philosophischen Problemen der Wissenschaftsentwicklung befassten Forschungsbereiches, Prof. Herbert Hörz, vorbehaltlos unterstützt. (26)
Eine gänzlich andere Situation erlebte ich hingegen bei den Musikwissenschaften, insbesondere im Umkreis von Prof. E. Stockmann.
Mit ihm - der sich immer wieder mit der Aura umgab, dass sich doch jeder Interessent für Volksmusikinstrumente an ihn wenden könne, und dies ja auch ständig geschähe, da er schließlich in seiner Funktion als langjähriger Präsident des bei der UNESCO angebundenen „International Council for Traditionel Music“, sowie als Herausgeber des in der DDR erscheinenden vielbändigen „Handbuchs der europäischen Volksmusikinstrumente“ (27) einer der weltbedeutendsten Kenner auf diesem Gebiet sei - versuchte ich zunächst in eine permanentere Diskussions-Beziehung zu intensiveren Problemerwägungen bezüglich bestimmter Musikinstrumente zu kommen (damals vor allem zu Waldzithern, Maultrommeln, sowie Dudelsäcken und anderen dazu systematisch vergleichbaren Tongeneratoren), (28) war aber alsbald von den vielen Fällen deutlicher Unkenntnis und dramatischer Ahnungslosigkeit seinerseits (29) enttäuscht und später dann auch geradezu entsetzt über bestimmte, in seinem Umfeld offenbar fest eingeübte Autoritäts-Strukturen, und der dort in besonders subtiler Art und Weise sowie in besonders tief ausgeprägter Form anzutreffenden, dogmatischen Beharrung auf der Allein-Gültigkeit der Sachs / Hornbostelschen Systematik. (30)
Entscheidend für meinen Eindruck war letztlich, dass ich in seinem Umfeld immer wieder und allzu deutlich (von ihm und von anderen) signalisiert bekam, dass kritische Fragestellungen zur „gültigen“ Systematik und/oder meine Ansichten zur Problematik eines „Natürlichen Systems der Musikinstrumente“ hier als irrelevant und ’wissenschaftlich überholt’ gelten; - ebenso wie etwa meine vorrangig naturwissenschaftlich-philosophisch motivierten Problemsichten bzw. entsprechend vergleichsanalytisch begründete Fragestellungen zu ganz bestimmten Tongeneratoren, dort einfach nicht ernsthaft diskutiert werden konnten. Im Laufe der Zeit verstärkte sich jedenfalls bei mir der Eindruck, dass eine solche Forschungsarbeit, wie ich sie am Zentralinstitut für Philosophie weitgehend unbehelligt, viele Jahre lang, betreiben konnte, innerhalb seines Einflussbereiches (also innerhalb der Musikwissenschaften) niemals möglich gewesen wäre.
Anstatt nun aber meine seither so kritische Haltung zu seinem, meiner Meinung nach oftmals verheerendem Wirken in Wissenschaft und Kultur, sowie seinen Positionsbollwerken im Wissenschaftsbetrieb, hier anhand subjektiver Eindrücke und persönlicher Erfahrungen zu illustrieren, werde ich meine kritische Position letztlich doch mehr in Richtung auf bestimmte, von ihm in der wissenschaftlichen Literatur fixierte Aussagen hin zu begründen haben, denn üblicherweise gilt dies als der ’sachgemäßere’ und ’objektivere’ Weg wissenschaftlicher Auseinandersetzung, - als etwa persönliche Zeitzeugenschaften zu offensichtlich unsachlichen und wissenschaftlich nicht begründbaren (aber durchaus ’akademisch üblichen’) Verdrängungsaktivitäten hinsichtlich bestimmter Themen und Personen im oftmals machtpositions-orientiert organisiertem Wissenschaftsbetrieb.
Aber lassen sie mich zuvor dazu noch eine für mich zwar nicht ganz ungefährliche, (31) aber doch die Zeitumstände und bestimmte konkrete ’Verständnisbedingungen’ in den Musikwissenschaften wieder ins Blickfeld rückende ’Nebengeschichte zur Maultrommel’ erzählen. Eine Geschichte, welche sich - so ärgerlich mir auch entsprechende Erinnerungen dabei immer noch sein müssen - doch in vielerlei Hinsicht als typisch oder gar symbolträchtig, und vielleicht auch als aufschlussreich, für die hier zu bedenkenden Zusammenhänge von ’Systematisierungsdenken’ und ’spezifischem Wert’ einer Sammlung erweisen könnte.
Ich hatte schon erwähnt, dass es bereits eine internationale Diskussion zu diesem Instrument gegeben hatte. Dabei wurden auch kritische Positionen zur ’gültigen’ Systematik deutlich. Es wurden aber auch bestimmte, sich wiederum auf diese Systematik berufende Umdeutungsversuche zur Maultrommel unternommen, - bis hin zu der, meiner Meinung nach ganz unsinnigen Vorstellung, sie künftig nun einfach als „Aerophon“ auffassen zu müssen.(32) Aber eben alles auch in der musikwissenschaftlichen Literatur veröffentlichte und also auch nachlesbare Positionen, die, wie ich meinte, auch an der westdeutschen Musikwissenschaft nicht völlig unrezipiert vorbeigegangen sein konnten. Viel später, also Anfang der 90er Jahre, wagte ich nun, auf einer besonderen musikwissenschaftlichen Veranstaltung der Humboldt-Universität wiederum die Problematik dieses Instrumentes aufzuwerfen, wobei ich damals meinte, verschiedene Gründe zu erkennen, um meine zuvor in der DDR bereits ziemlich fest eingeübte Zurückhaltung mit solchen, bei Musikethnologen offenbar nur als ’störend oder völlig verfehlt’ empfundenen Fragen, aufgeben zu können.
Es erschien mir bedenkenswert, dass zu dieser Veranstaltung nun auch Musikwissenschaftler aus Westberlin erschienen waren; - ich also insofern vielleicht auch mit einem anderen Informationsstand und vielleicht auch mit mehr Offenheit bzw. Aufgeschlossenheit für meine, die Systematik tangierenden Fragen rechnen könne. Außerdem war diese wissenschaftliche Veranstaltung mit dem Auftritt eines Ensembles einer aus Vietnam stammenden ethnischen Minderheit verbunden, welches auch ein (mir bereits bekanntes und in diesem Zusammenhang als besonders aufschlussreich erscheinendes) schalmeienartiges Blasinstrument in seinem Programm nutzte. Ein Instrument, dessen sehr spezieller Tongenerator durchaus die gleiche Grundkonstruktion aufwies, wie bestimmte vietnamesische Maultrommeln - nur eben deutlich kleiner. (33)
Damals fragte ich also, ob in der Musikkultur dieser Minderheit bzw. in der Gegend, in der sie lebt, auch Maultrommeln hergestellt oder genutzt werden – und begründete meine Frage mit der doch offensichtlich maultrommelartigen Konstruktion des speziellen Tongenerators dieses kurz zuvor erklungenen Blasinstrumentes, und also von daher auch zu erwägender audioorganologischer Zusammenhänge...
Sofort wurde meine Frage mit unverhohlener Heftigkeit von einem Westberliner Musikethnologen zurückgewiesen: Einen solchen Zusammenhang zwischen Maultrommeln und diesem Blasinstrument kann es gar nicht geben. Die Maultrommel ist bekanntermaßen ein Idiophon, - es ist völlig unverständlich wie eine solche Frage überhaupt gestellt werden kann... Und die zuständige Musikethnologin der Humboldt - Universität, welche – als Vietnam-Spezialistin mit Landeserfahrung - dieses Konzert organisiert und mit den Musikern abgesprochen hatte, ergänzte sogleich mit einem einzigen Satz: „Meines Wissens gibt es in dieser Gegend keine Maultrommeln“. Nach dieser ’Diskussion’, am Ende der Veranstaltung, sprach dieser Herr mich extra nochmals an, wiederholte, weniger heftig, sein Erstaunen zu meiner ganz „abwegigen Frage“ und verwies mich, dann durchaus freundlich, auf die (von mir allerdings bereits grundsätzlich kritisierte) „wichtige Arbeit von C. Sachs zur Maultrommel“, - ohne auf meine Argumente, die ich freilich dabei auch kaum noch richtig vortragen konnte, einzugehen.
Bei einer späteren musikwissenschaftlichen Veranstaltung in Westberlin, zu der ich damals ebenfalls noch eine Einladung erhielt, versuchte ich dann wiederum mit ihm ins Gespräch zu kommen; - immerhin hatte er mich damals, nach der Veranstaltung in der Humboldt-Universität, persönlich angesprochen.
Dazu hatte ich nun einen sehr umfangreichen Hefter mit Kopien meiner Arbeiten zu diesem Instrument mitgebracht. Es ist mir dann auch gelungen, ihm dieses Konvolut, mit dem Hinweis, dass es sich um neuere, noch unveröffentlichte, Forschungsergebnisse meiner Untersuchungen zur Maultrommel handele, und der Bitte um Kenntnisnahme bzw. Meinungsäußerung, zu übergeben. Aber ich habe immer noch seine, an meiner Fragestellung zwar völlig vorbeigehenden, aber vielleicht gerade deswegen so markig akzentuierten, und für jeden der sich noch im Raum aufhielt, unüberhörbaren, Worte im Ohr: „Die Maultrommel ist ein Zupfidiophon, - das werden auch Sie einsehen müssen, Herr Eichler, - lesen Sie dazu die von Stockmann und Kaden herausgegebene Neuveröffentlichung der Systematik von Sachs und Hornbostel und das Vorwort von Stockmann.“
Damit bin ich zwar an einem ’wesentlichen Punkt’ angelangt - nämlich dem üblichen, unreflektiert-dogmatischen Umgang mit der Sachs / Hornbostelschen Systematik unter ausdrücklicher Berufung auf die entsprechende Apologetik Stockmanns - aber doch noch nicht bei der weitaus vielschichtigeren Symbolträchtigkeit der geschilderten Gesamtsituation:
Warum musste sich hier die Musikethnologie wieder genau so verhalten, wie ich es leider schon viel zu oft als durchaus typisch für bestimmte Vertreter dieser Wissenschaftsdisziplin erlebt habe? Nicht das real vorliegende Instrument, um welches es in meiner Frage damals in der Humboldt-Universität ausdrücklich ging, und welches sich damals, nach wie vor, nur drei bis vier Schritte entfernt von diesen beiden maßgeblichen Fachleuten im Raum befand, wird zur Diskussion herangezogen oder wenigstens in Augenschein genommen. Nein: Die sofortige Verteidigung einer in der Literatur festgeschriebenen, wohletablierten Theorie ist offenbar wichtiger. Und auch die zuständige Fachexpertin, die in der Pause noch mit den vietnamesischen Musikern gesprochen hatte, fragt diese nun nicht, ob in deren Region vielleicht Maultrommeln bekannt sind, sondern gibt lediglich kurze Auskunft darüber, was ihr bekannt ist...(34)
Ich kam mir wieder vor wie auf einer DDR-ICTM Nationalkomitee-Tagung unter Leitung von E. Stockmann und war mir wieder mal nicht sicher, ob ich nun an meiner eigenen Wahrnehmung oder eher am Zustand der Musikinstrumentenkunde / Musikethnologie zweifeln sollte.
Wie dem auch sei, - wenn man hier wieder nüchtern und genauer hinsehen kann, werden letztlich noch weitaus tiefergreifende musikethnologische Problemlagen deutlich: Wer sich in dieser Weise „in Treue fest“ und grundsätzlich, an diese Systematik bindet, der wird nicht nur zu einer solchen Art abweisenden Diskussionsverhaltens neigen können, sondern dem werden sich auch bestimmte Forschungsfelder grundsätzlich verschließen, da mit dieser einschränkenden Optik ganz wesentliche Forschungsfragen überhaupt nicht mehr ins Blickfeld wissenschaftlichen Interesses genommen werden. Vietnam wäre eigentlich eine der Regionen, in denen sich derartige Zusammenhänge zwischen ’konstruktionsgleichen’ (oder auch entsprechend ’analogen’) Tongeneratoren bei Blas- und Zupfinstrumenten mit Sicherheit ganz vortrefflich vergleichend analysieren ließen. Und mit solchen Forschungen könnte man nicht nur genauere Antworten zu spezifisch musikethnologischen Fragestellungen, sondern auch darüber hinaus Antworten und Ergebnisse erhalten, die sowohl für systematisch denkende Musikwissenschaftler, als auch für entsprechend interessierte Philosophen, aber eben auch für Anthropologen und viele andere Fachrichtungen, von großer Bedeutung sein könnten. Als Beispiel denke ich etwa nur an solche Fragen wie: Handelt es sich hier nur um eine einfache Analogie (Wie etwa in Hinsicht auf das Flexaton ?) oder eher um Konvergenzen oder Ähnliches usw. oder haben wir es dabei vielleicht auch mit Homologien zu tun? Und sofort wären wir wieder bei grundsätzlichen Systematisierungs- und Klassifikations-Fragen.
Mit diesem Beispiel möchte ich aber auch auf den anfangs hervorgehobenen besonderen Wertaspekt der vorliegenden Sammlung zurück kommen: Mit Hilfe der dort verfügbaren Vielzahl von Maultrommeln unterschiedlichster Art, sowie entsprechend weiterführender Instrumentalmaterialien (einschließlich verschiedener Exemplare des erwähnten „schalmeienartigen“ Instrumentes aus Asien) lassen sich sofort entsprechend reale Zusammenhänge, aber auch verschiedene, organologisch denkbare Entwicklungswege - oder eben auch entsprechend mögliche Forschungsfragen und/oder Forschungsprojekte - sowohl deutlicher darstellen als auch genauer durchdenken. Angesichts der in einem solchen Sinne exponierten Instrumente müssten dann selbst die dogmatischsten Anhänger der ’gültigen Systematik’, ganz andere Wege ihrer Argumentation suchen. (35)
Und dazu noch ein ganz anderes Beispiel aus dieser Sammlung:
Aus bestimmten Gründen habe ich mich bisher in meinem Vortrag mehr an theoretisch intensiver zu durchdenkende Problemkonstellationen gehalten; - insbesondere auch an solche, die von einer bewusst kritisch-verantwortungsvollen Musikwissenschaft schließlich schon seit nahezu hundert Jahren hätten berücksichtigt, diskutiert und auch ernsthaft bedacht werden können, was - wie ich hier zeigen wollte – aber nicht offensiv geschehen ist.
Ich habe aber noch nicht betont, dass diese Systematik inzwischen auch aus ganz einfachen praktischen Gründen - eigentlich schon seit mehr als zwei Jahrzehnten - als überholt, und auch in diesem praktischen Sinne, als wissenschaftlich völlig untauglich gelten muss. Denn es gibt inzwischen auch ganz neuartige Blasinstrumente, (36) bei denen, als primär schallrelevant oszillierendes Element, eine gespannte Ganz-Membrane die wesentliche Rolle für die Schallerzeugung spielt. Also `sekundär aerophone Membranophone´, deren primär schallrelevant wirkendes Element eine geschlossene Ganz-Membrane ist. So etwas kann es aber im Sinne der „gültigen“ Systematik gar nicht geben. Dafür ist dort überhaupt kein Platz. Schon allein deswegen bedarf es einer völlig neu strukturierten, neuartigen Systematik der Musikinstrumentenkunde, - aber die Musikwissenschaften verschlafen dies alles offenbar immer noch...
In meinem schon seit vielen Jahren verschiedentlich vorgestelltem, und auch zu allen meinen `Systematik und Physik´ - Vorlesungen zugrunde gelegtem ’vergleichsanalytisch begründeten System’ gibt es derartige Unterbringungsschwierigkeiten für real mögliche Musikinstrumente prinzipiell nicht. Vielmehr sind dort unter verschiedenen Aspekten entsprechende ’weiße Flecken auf der Landkarte möglicher natürlich-akustischer Instrumente’ auszumachen, die ohnehin nahe legen, dass noch weitere, bislang unbekannte, natürlich-akustische Musikinstrumente völlig neuer Art möglich sind. Ob nun als neue Erfindungen innerhalb unserer ’hochzivilisierten’ Welt, oder als nachträgliche Entdeckungen innerhalb sehr alter, aber unbeschadet erhaltener traditioneller Kulturen, - etwa in den Resten noch erhaltener Urwälder....
Wenn nun Besucher dieser Sammlung, auf ihrem Weg durch eine entsprechend aufgebaute Ausstellung, vorbei an allen anderen, konsequent systematisch angeordneten Blasinstrumenten, an die Stelle mit diesem neuartigen Tongenerator gelangt sind, so kann leicht verdeutlicht werden, dass, in Anbetracht des dortigen Instrumentenmaterials, keinerlei ernsthafte Verteidigung der Sachs / Hornbostelschen Systematik mehr möglich ist. Es können nur noch völlig anders geartete Neuentwürfe zur Debatte stehen. Und da konnte ich dann stets - als ein reales Beispiel für ein ganz neuartiges Systematik-Konzept für derartige Instrumente - auf die mit meiner Sammlung installierte systematische Anordnung sämtlicher bekannter Blasinstrumente verweisen, an deren bisheriges Ende, durchaus folgerichtig und auch systematisch-logisch zwingend, der angeblasene membranophone Tongenerator gestellt werden kann. Eine systematische Anordnung ganz anderer Qualität, die mit den gerade bei Blasinstrumenten und „Aerophonen“ so überaus verwirrenden Unklarheiten der offiziell ’gültigen Systematik’ nichts mehr zu tun hat. (37)
Mit diesem Instrumentalbeispiel eines membranophonen Blasinstrumentes möchte ich aber auch noch etwas anderes, weitaus Schwererwiegendes, deutlich machen: Betrachtet man diesen Tongenerator genauer, so muss auch folgendes auffallen: Zu seiner Herstellung kann schon ein kleines Stückchen Membran-Haut, zwei ineinander verschiebbare Röhrensegmente von wenigen Zentimetern Länge, etwas Sehne oder Rinden-Streifen, sowie geeignete Dichtungsmasse, wie etwa Harz oder Wachs etc., ausreichend sein. Das sind alles Materialien, welche die Natur uns unmittelbar und überreichlich in den verschiedensten Größen und Material-Qualitäten zur Verfügung stellt und dabei auch die Möglichkeit einer spielerischen Herstellung eines solchen daraus bestehenden Gerätes, auf dem Wege weitgehend werkzeugloser Handarbeit, keineswegs ausschließt. Eine derartige Erfindung könnte also auch schon viele Jahrtausende früher, irgendwo auf unserem Planeten, eine Rolle gespielt haben! Wenn man nun bedenkt, dass für die beiden Rohrstücken auch Knochen bzw. Bein usw.(also ein nicht so leicht ’verrottendes’ Material) in Frage kommt, dann sollte doch sofort damit begonnen werden, weltweit unter entsprechenden archäologischen Funden, Ausschau zu halten; ebenso wie unter noch existierenden uralten Kulturen gezielt nach entsprechenden (dann auch weniger ’knochenharten’) Anhaltspunkten gesucht werden könnte.... Das aber gerade in Hinsicht auf Blasinstrumente ohnehin besonders bornierte (38) Selbstverständnis der bisherigen Instrumentenkunde, welches sich in seiner selbstverschuldeten Anbindung an diese ´systematisch einschränkende Systematik` bereits gegenüber einer solchen, vielleicht schon vor vielen Jahrtausenden genutzten, ’membranophonen Blasinstrumenten-Möglichkeit’ als abgeschlossen und verschlossen erwiesen hat, würde aus dieser Perspektive natürlich einem in diesem Sinne gezielt forschenden Wissenschaftler nur mit ’vollster Verständnislosigkeit’ begegnen können, und die inzwischen so offensichtlich ausgeprägten Ambitionen zur dogmatischen Verteidigung dieser Systematik werden dann auch mit Sicherheit zu um so heftigeren Ablehnungen solcher, durchaus sinnvoller (und inzwischen vielleicht auch dringend notwendiger)  Forschungsaktivitäten führen...
Dementsprechend hege ich den generellen Verdacht (und dazu könnten auch noch andere, auch durchaus weniger hypothetisch strukturierte Beispiele angeführt werden), dass auf Grund dieser fatalen Systematik seither noch weitaus mehr Forschungsfragen ausgeblendet wurden, als uns bislang überhaupt bewusst werden konnte, und in diesem Zusammenhang auch bestimmte, vor wenigen Jahrzehnten vielleicht noch aktuell mögliche musikethnologische Forschungsprojekte, inzwischen wohl als ’für immer verpasst’ abgebucht werden müssen.
Dabei vertrete ich schon sehr lange die Meinung, dass ein besser durchdachtes Auf- und Übernehmen bzw. Weiterführen der von Mahillon entwickelten grundsätzlichen Gedanken, im Verbund mit einer kritischeren Sicht auf seinen - dann doch deutlich auf einer anderen Gedankenebene konzipierten – Sammlungs-Katalog, auch eine bessere, weniger einschränkende bzw. weniger fehlorientierende Forschungskultur der Musikethnologie und der Audioorganologie hätte entstehen lassen können. Die Sachs / Hornbostelsche Systematik hat entsprechende Fehlentwicklungen wesentlich mitverschuldet und dann immer wieder ’rückkoppelnd’ verstärkt, d.h. auch, dass sie im oben geschilderten Sinne ganz gewiss erheblich einschränkend gewirkt hat. Sie ist nicht nur ungeeignet, um unser Verständnis für die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten natürlich-akustischer Musikinstrumente zu schärfen bzw. offen zu halten, sondern - weitaus schlimmer - sie hat in der Musikinstrumentenkunde bzw. der Musikethnologie etc. immer schon zu bestimmten Einengungen der entsprechenden Sicht auf diese Technik (die zuvor aber gerade durch Mahillon schon weitaus grundsätzlicher und viel weitsinniger, geöffnet worden war) geführt und dabei sicherlich auch dazu beigetragen, bestimmte, sinnvoll mögliche Forschungsfragen systematikbedingt-systematisch, auszublenden. Ich muss an dieser Stelle wieder auf die entsprechende Symbolträchtigkeit meiner ’umständlichen Nebengeschichte zur Maultrommel’ verweisen. Wie umfangreich die Menge derartig verdrängter Forschungsfragen etwa sein könnte, und welcher Art diese wohl gewesen sein mögen, - das wären bereits Fragen aus einem anspruchsvoll zu konzipierenden Forschungsprogramm jenseits der bisherigen systemischen Sichtbeschränkungen. Wobei dann generell mit zu bedenken wäre, dass gerade bestimmte theoretische Mängel dieser Systematik sie auch stets in besonderer Weise geeignet machen konnten - als autoritätsgestütztes ’theoretisches Mittel’ oder auch als wissenschaftsbetrieblich abgesicherte ’Argumentations-Basis’ - bei der Verhinderung anderssinniger Forschungsansätze bzw. konkurrierender Wissenschaftsprojekte, eingesetzt und missbraucht zu werden. (39) Und ein derartiger konzeptioneller Funktionswandel innerhalb der Denkaktivitäten einer wissenschaftlichen Disziplin (der sich in der Geschichte der Wissenschaften auf den unterschiedlichsten Gebieten, finden lässt) kann dann auch zu schwerwiegenden Deformationen des Verständnisses ihres eigentlichen Gehaltes sowie des wissenschaftlichen Niveaus einer von derartigen Fehlentwicklungen betroffenen Fachrichtung führen.
Gerade dies aber scheint mir in besonders deutlicher Weise der Fall bei der von E. Stockmann formulierten Art von Lobpreisungen zu dieser Systematik, in seinem Vorwort zur Neuherausgabe der Arbeiten von E. M. v. Hornbostel, (40) zu sein.
Als ich diese apologetische Darstellung das erste Mal vor Augen hatte, dachte ich zunächst, dass angesichts einer solch außergewöhnlich hohen und in sich so überaus widersprüchlichen Konzentration von deutlichen Unwahrheiten, tendenziösen Verzerrungen und offensichtlich übertriebenen Lobpreisungen innerhalb so weniger Zeilen, kaum ein verantwortungsbewusster Wissenschaftler diesen Text wirklich ernst nehmen oder unkritisch übergehen könnte.
Es stellte sich aber alsbald heraus, dass ich mit dieser übertrieben hoffnungsvollen Sichtweise vollständig Unrecht hatte. Hier war kein alsbaldiger kritischer Durchbruch zu erwarten...
Besonders eindrücklich in Erinnerung sind mir zu dieser, von mir gerade nach 1989 wiederholt aufgeworfenen Systematisierungsproblematik dabei heute noch die diesbezüglich knappen, aber aufschlussreichen Gespräche mit Marianne Bröcker (der neu gewählten Präsidentin) sowie die überaus langwierigen und zumeist ambivalent ausartenden Dispute mit A. Michel (ihrem Stellvertreter), im dann gesamtdeutschen ICTM Nationalkomitee, dem ich damals noch als Mitglied angehörte. Gerade dort stieß ich immer wieder auf eine durchaus deutlich demonstrierte Zustimmung zu gerade diesem Text von Stockmann und ebenso auf eine ganz unkritische Absolut-Verteidigung von C. Sachs. Aber mehr noch: Der deutliche, häufig geradezu demonstrativ zelebrierte Bezug auf genau gerade diese, in dieser Publikation von Stockmann festgeschriebenen Darstellung zur Systematik, ist mir in den folgenden Jahren immer wieder, auch bei verschiedenen ausländischen Fachleuten bzw. auf verschiedenen internationalen wissenschaftlichen Veranstaltungen, an denen ich später, freilich nur mit erheblichem persönlichem Aufwand, und dann auch immer ganz unübersehbar als quasi nichtakademischer, ostdeutscher Außenseiter und ’Langzeit-Arbeitsloser’, doch teilnehmen konnte, begegnet. Zuletzt zum Beispiel im Jahre 2005, auf einer internationalen Tagung zum Thema „wissenschaftlicher Musik-Sammlungen“, (41) wo anlässlich einer meiner notorischen Hinweise auf die Mangelhaftigkeiten des festgeklopften Systematisierungsdenkens zu Musikinstrumenten, sogleich ein Musikwissenschaftler aus Tirol das Wort ergriff, und dabei eine entsprechend ’Stockmannsche Formulierung’, geradezu wörtlich, aus dem Gedächtnis herzusagen wusste.
Ich werde also auch auf bestimmte Aspekte dieses Textes, nun gründlicher und bis in manches Detail hinein, einzugehen haben. Es handelt sich um etwa zwanzig gedruckte Zeilen aus seinem auch ansonsten sehr problematischen Vorwort, - mit welchem ich mich allerdings schon vor mehr als zwei Jahrzehnten (damals noch als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Philosophie an der Akademie der Wissenschaften der DDR) kritisch auseinandergesetzt hatte. (42)
Die seither innerhalb meines Denkens, also sozusagen ’innerhalb meiner vergleichsanalytischen Denkwerkstatt’, weiterhin ständig stattfindenden diesbezüglichen Erwägungen befanden sich dabei stets auch in einem sachlich-gegenständlichen Spannungsverhältnis zu bestimmten Aktivitäten in meiner ’audioorganologisch-mechanischen Werkstatt’ zur Herstellung bestimmter ’vergleichsanalytischer Experimental-Modelle’, und in diesem Zusammenhang wiederum zu den Instrumenten meiner Sammlung, die dann jeweils auch gemeinsam mit bestimmten Laborgeräten des Physikalischen Instituts, sowie mit bestimmten, in meiner mechanischen Werkstatt selbst hergestellten ’Experimental-Modellen’ in meinen Vorlesungen zur ’Systematik und Physik der Musikinstrumente’ vergleichsanalytisch-kombiniert eingesetzt wurden.(43)
Bei diesem besonderem Textabschnitt geht es anfangs hauptsächlich um die Würdigung der wissenschaftlichen Leistungen des promovierten Chemikers v. Hornbostel in den Musikwissenschaften. Dabei wird von Stockmann die „Systematik“ als die ganz besonders hervorzuhebende und wohl wichtigste Leistung seines Lebenswerkes, sogleich an die erste Stelle der „heute geradezu als `klassisch` angesehenen Literatur der Musikethnologie“ gestellt. (44) Ähnliches finden wir auch bei dem Stockmann-Schüler C. Kaden, im anschließend folgenden zweiten Vorwort, mit den Worten: „Und nicht zufällig gehört die ´Systematik der Musikinstrumente´ (1914) zu seinen berühmtesten Schriften“. (45)
Eine solche Darstellung des Verhältnisses von Hornbostel zu 'seiner Systematik’ mag zunächst zwar wie eine einfache sachliche Feststellung anmuten, erscheint mir aber doch aus vielen Gründen als sehr fragwürdig und letztlich auch als sehr ambivalent. Sie wird zwar auch wieder ihre Wirkungen als beeindruckender ’Autoritätsbeweis zum Lobe der Systematik’ entfalten können, sich letztlich aber, angesichts der immer deutlicher werdenden Fragwürdigkeiten dieser Systematik sowie vieler offener Fragen zu Hornbostels tatsächlicher Mitwirkung an diesem Orientierungswerk, doch als problembelastet erweisen. Da im ganzen Vorwort (auch in dem von Kaden) keinerlei konkrete Aussagen über den tatsächlichen Anteil von Hornbostel am Zustandekommen dieser Arbeit von 1914 zu finden sind, bleibt letztlich doch alles im Unklaren eines weitgehend abgedunkelten Schattenbereiches von Vermutungen, - wobei diese Schatten hier auch durch den Schein des ’beeindruckenden Autoritätsbeweises’ hervorgerufen und geformt werden. Und insofern ist diese Darstellung auch kein wirklich aussagekräftig-sinnvoller Beitrag für ein besseres Verständnis des tatsächlichen wissenschaftlichen Lebenswerkes von Hornbostel.
Unter diesem Aspekt betrachtet, halte ich sie sogar für abenteuerlich und letztlich auch für verantwortungslos. Denn mit den in dieser Weise bedeutungsvoll hochgehobenen, aber inhaltlich doch unklar angelegten Aussagen, auf der Basis einer ganz und gar unklaren Fakten- oder auch ’Beweislage’, werden zwangsläufig auch günstige Bedingungen für weitere, in unterschiedlichste Spekulations-Richtungen wild wuchernde Interpretationsmöglichkeiten vorbereitet, die dann auch ungehindert weitere Ambivalenzen hervorbringen werden. Die Musikwissenschaften, insbesondere die Audioorganologie, werden aber künftig doch bestimmte Problemkomplexe, die an konkreten Instrumenten, aber vielleicht auch an bestimmten Installationen von Sammlungen (?), deutlich gemacht werden können, irgendwann einmal ernsthaft zur Kenntnis nehmen müssen, wobei die Kritik an dieser Systematik sicher künftig noch von anderen Quellen her gespeist werden wird, und ohnehin nicht auf ewig ignoriert werden kann. Je deutlicher es dieser Kritik aber gelingen wird, sich letztlich doch zu akzentuieren, umso fraglicher muss dann auch das bislang gezeichnete Bild Hornbostels in der Wissenschaft erscheinen. Angesichts der in diesem Vorwort aber unternommenen, offenbar vor kaum einer Übertreibung zurückschreckenden - dann aber hinsichtlich vieler konkreter Punkte immer wieder überaus fragwürdig bleibenden – Darstellungen, kann es ohnehin bereits heftig in Frage gestellt werden.
So werden sich künftig auch ganz andere Bilder seines Wirkens entwerfen, oder nahe legen lassen, in denen dieser Systematiker (?) beispielsweise weniger als bahnbrechender Wissenschaftler, sondern möglicherweise eher als ein, im Allgemeinen vielleicht ’genialischer’ und alle Welt mit allerlei Ideen vielleicht irgendwie beeindruckend anregender, aber offenbar zuweilen doch auch recht unsolider „learned gentleman“ des Wissenschaftsgeschehens, einzuschätzen wäre. Keinesfalls aber als wirklich „systematischer Wissenschaftler“. Denn zumal in Bezug auf ’seine Systematik’ könnte vermerkt werden, dass er da, gerade als Naturwissenschaftler, zumal als promovierter Chemiker, doch wohl kaum auf der ’Höhe seiner Zeit’, oder auf dem ’Niveau seines speziellen naturwissenschaftlichen Fachgebietes’, heuristisch anregend in den Musikwissenschaften gewirkt, oder etwa ’naturwissenschaftlich mitgedacht’ habe, - sondern eigentlich deutlich versagt hat. Zumindest aber lässt sich klar sagen, dass der Chemiker v. Hornbostel dabei offenbar nicht im Sinn hatte, was gerade die Chemie seiner Zeit längst im Sinn hatte. Wenn man die spezifischen Erkenntnisse sowie bestimmte methodologische Problemstellungen, die gerade diese Wissenschaft damals so unübersehbar hervorbringen konnte und die auch in anderen Fachgebieten stärkste Beachtung fanden, hier genauer ins Auge fasst und auch wissenschaftsgeschichtlich vergleichend bedenkt, dann steht man mit dem Naturwissenschaftler v. Hornbostel, der in diesen Darstellungen als „Mitbegründer der Musikethnologie“  und überhaupt „zum führenden Kopf der Musikwissenschaft“ (46) emporgelobt wird und dabei vor allem „Als einer der Ersten“ der zeigen konnte, „dass naturwissenschaftliche Methoden sehr wohl ihren Platz in der Geistes- und Gesellschaftswissenschaft haben...“ (47) herausgestellt wird, und dessen wichtigste Arbeit dabei dann noch ausgerechnet „seine Systematik“ sein soll, vor einem geradezu rätselhaft verworrenem Problemgeflecht. Ich denke in diesem speziellem Zusammenhang beispielsweise an die überaus bemerkenswerte Entdeckung eines vorher nur geahnten „Natürlichen Systems“ - des damals knapp fünfzig Jahre alten „Periodischen Systems der chemischen Elemente“, mit seinen deutlich ausgewiesenen ’weißen Flecken’ - d.h. für weitere Entdeckungen von Elementen klar vorgezeichneten offenen Stellen. Eine Sensation der Wissenschaftsentwicklung in der damaligen Zeit - zumal der in Deutschland! Und dabei muss auch beachtet werden, dass auf dem Wege zu dieser ganz außerordentlichen Entdeckung, auch von einigen Naturwissenschaftlern in ganz bestimmter Weise die Musik heuristisch in ihre Überlegungen zum Verständnis von Strukturgesetzen der Chemie einbezogen wurde (im Kern etwa vergleichbar mit der Bedeutung die musikwissenschaftliches Denken auch bei der systematischen Erforschung astronomischer Strukturen, insbesondere der Bewegungsgesetze von Planeten durch J. Kepler - also bereits in der eigentlichen Geburtsstunde der modernen Naturwissenschaften überhaupt – hatte{!}), wohingegen wir seitens des Chemikers unter den Musikwissenschaftlern bzw. von ihm selbst, dazu nichts Dementsprechendes oder Vergleichbares erfahren...Außerdem muss ich auch an die damals bereits hoch entwickelten Bestrebungen der Chemie denken, für die von ihr untersuchten Objekte auch exakte, systematisch klassifizierende Bezeichnungen festzulegen bzw. wissenschaftsgerechte Lösungen für entsprechende Festlegungen zu finden. So wie es beispielsweise auch hinsichtlich der systematischen Reihen der gerade doch auch von Hornbostel selbst, in seiner Dissertation, untersuchten 'Aldehyde', unübersehbar ist.
Was finden wir von solchen damaligen Klassifizierungsaktivitäten und systemischen Erkenntnissen der Chemie - die für konsequent systematisch denkende Audioorganologen doch ebenfalls von größter Brisanz hätten sein müssen – dann aber in „seiner berühmten Arbeit“, der „Systematik“?
Können wir Entsprechendes (wie E. Stockmann mir auf meine diesbezügliche Frage dereinst lapidar antwortete), “doch allein schon in den allerersten Sätzen der“ Systematik“ finden“? Also etwa in der dort als erstem Satz formulierten Aussage: „Klassifikatorische Arbeiten sind allgemein etwas anrüchig“? Kann wirklich konfliktlos davon ausgegangen werden, dass ein solcher Satz wie dieser, tatsächlich von dem promovierten Chemiker v. Hornbostel hätte formuliert werden können? Und wenn, mit welcher Absicht eigentlich? Oder: Warum hat dieser doch angeblich so, naturwissenschaftlich exakt orientierte Chemiker’, auch die weiteren, doch so nebelhaft verbleibenden Einleitungs-Formulierungen, einem C. Sachs einfach durchgehen lassen? Jedenfalls ist für mich letztlich nicht zu erkennen, dass etwa der Chemiker v. Hornbostel diese wissenschaftsgeschichtlich so überaus wichtigen und damals durchaus aktuellen Bestrebungen der Chemie, an die Musikwissenschaften heranträgt oder etwa auf solche Zusammenhänge verweist, bzw. Derartiges etwa konzeptionell in seiner Systematik verarbeitet oder irgendwie ’mitbedacht’ habe. Nein, - selbst der Gedanke eines derartigen „Natürlichen Systems“ wird erst sehr lange nach seinem Tode, vierunddreißig Jahre später, aus der Position einer durchaus kritischen Sicht gegenüber der ’Hornbostelschen Systematik’, von einem Musikwissenschaftler (wie bereits erwähnt, von Dräger - der dabei freilich ebenfalls die Naturwissenschaften vor Augen hatte) eingebracht und zur Diskussion gestellt. Und im Verlaufe der weiteren Geschichte des ’Systematisierungsdenkens in Deutschland’ zeigt sich dann, dass wiederum gerade dieser Gedanke seither, vor allem von den Anhängern und Verteidigern der „Hornbostelschen Systematik“, permanent ’systemkonform-systematisch’ ignoriert wird...
Dieses, hier nur angedeutete, aber sicher noch weitaus vielschichtiger und in weiteren Vernetzungen zu betrachtende Spannungsverhältnis von Hornbostel und spezifischer Naturwissenschaft, sowie dem entsprechenden Niveau von damaligem ’naturwissenschaftlich orientiertem Systematikdenken’ und Musikwissenschaft, scheint mir dabei das interessanteste, aber leider auch das am wenigsten geklärte Problem zu sein.(48) Seltsamerweise finden sich zu derartigen überaus konkreten Bezüglichkeiten hinsichtlich der konkreten Naturwissenschaft Chemie und Hornbostels entsprechend konkreten Einflüssen auf die Musikwissenschaften und die dortige „Systematik“, auch in den Vorwörtern von Stockmann und Kaden keinerlei konkrete Hinweise.(49)
Im nächsten Satz wird nun die „immens praktische Bedeutung“ seiner Systematik „für die noch junge Musikinstrumentenkunde“ hervorgehoben. (50)
Hier meine ich, dass eine sachliche Einschätzung dieser „praktischen Bedeutung“ künftig nicht umhin kommen wird, auch auf die damit verbundenen Konflikte, d.h. auf die von dieser Systematik erst verursachten bzw. mit-bedingten, praktischen und theoretischen Konflikte und Widersprüche dieser, an diese Systematik gebundenen Praxis, näher einzugehen. (51) Ich bin hier eher geneigt von einer ’immens schädlichen Bedeutung dieser Systematik für die Musikinstrumentenkunde’ zu sprechen. Und schon könnte ich dabei wieder auf meine ‚Nebengeschichte zur Maultrommel’ verweisen.
Anschließend stoßen wir auf einen besonders problembeladenen Satz von Stockmann: „Das universelle, logisch fundierte und hierarchisch aufgebaute Klassifikationssystem, eine Gerüstordnung auf Grund von Kriterien der Konstruktion und Spielart, gab der Instrumentenforschung erstmals ein festes Fundament. (52)
Was die ersten beiden unwahren Behauptungen zu „logisch fundiert“ und „universell“ betrifft, so habe ich mich dazu bereits eingehend geäußert. Die anschließende Verwendung der beiden Wörter „Konstruktionsart und Spielart“ zur Bezeichnung der grundlegenden Kriterien des Sachs / Hornbostelschen Klassifikationssystems ist zwar eigenartig, aber vielleicht auch nicht ganz untypisch. Es handelt sich um zwei recht archaische, die Problemlage eher verunklarende, als wirklich klärende Begriffe. (53) Hier kann auch Absicht vermutet werden, denn der klare Hinweis auf die ’Vier-Geteiltheit dieses Klassifikationssystems’, aus der eben auch dessen bereits verdeutlichtes ’logisches Dilemma’ rührt, wird damit wiederum vermieden. Eine derartige, dabei immer wieder deutlich werdende Bevorzugung verschleiernder Begriffs-Unschärfen und bestimmter Wort-Ambivalenzen weist dann auch auf jeweils unterschiedliche Wege möglicher Interpretationen dieses Textes: Zum einen kann dies als weiterer Beleg für eine solche, bei Stockmann generell anzutreffende Verunklarungs-Tendenz gewertet werden; - zum anderen aber eben auch auf bestimmte Unklarheiten und Inkonsequenzen seines eigenen Denkens hinweisen. Und möglicherweise spielt beides eine Rolle. Zum Schluss seines Satzes wird dann noch die Behauptung aufgestellt, dass mit dieser Systematik “der Instrumentenforschung erstmals ein festes Fundament“ gegeben wurde. (54)
In Hinsicht auf die hier wiederholte, aber nichtsdestoweniger nach wie vor unzutreffende ’Festigkeitsbehauptung’ zu diesem Fundament, müsste ich mich ebenfalls wiederholen. Hinsichtlich der nun aber noch behaupteten ’Erstmaligkeit’, muss ich mindestens darauf hinweisen, dass in diesem Punkte bereits Sachs und Hornbostel im Vorwort zu ihrer Systematik selbst, inhaltlich das Gleiche zu Mahillons Vierklassensystem gesagt hatten, was Stockmann nun zur Vierklassen-Systematik von Sachs & Hornbostel behauptet. (55) Wer war denn nun aber der Erste?
Wenn, daran anschließend, die Bedeutung der Hornbostelschen Systematik als ’Verständigungsbasis der Instrumentenforschung’ betont wird, so muss dazu wiederum kritisch angemerkt werden, dass sie in vielen Fällen doch eher als ’sichere Basis für solide Missverständnisse und komplettes Unverständnis’ gewirkt hat, wobei ich wieder auf meine umständliche ’Nebengeschichte zur Maultrommel’, aber auch auf viele andere, dazu mögliche Beispiele verweisen kann. Bezüglich meiner eigenen Forschungen möchte ich dabei vor allem auch auf das Schwirrholz, als ein für diese Systematik ebenfalls entsprechend aufschlussreich- problematisches, und gerade auch von C. Sachs keineswegs richtig verstandenes Musik-Instrument, hinweisen. (56)
Außerdem aber - und dies ist im Zusammenhang mit dieser ’Verständigungs-Behauptung’ noch weitaus mehr zu bedenken - besteht darüber hinaus eben auch die schwer zu übersehende und auch schwerlich zu vermeidende Gefahr, dass letztlich auch bei jeder scheinbar doch geglückten ’klaren Verständigung’ auf dieser eben doch in sich unklar bleibenden ’Verständigungsbasis’, immer auch bestimmte Folge-Unklarheiten, sowie entsprechende Fehlsichten und Vorurteile, weiterhin ’abgesichert’, weiter verfestigt und auch weiter in die Zukunft transportiert werden können. Ich halte also gerade in diesem Punkt auch eine entsprechend feinere Differenzierung von ’Verständigungsbasis’ und ’Verstehensbasis’, sowie einer, davon wiederum genauer zu unterscheidenden ’wissenschaftlichen Basis für ein sachgerechtes Verstehen des systematisch zu erforschenden Instrumentalmaterials’ für erforderlich. (57) Die bislang „gültige“ Systematik von Sachs und Hornbostel kommt aber keinem einzigen dieser drei zu differenzierenden Aspekte wirklich entgegen.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet, erscheint mir auch der darauf folgende Satz kritikwürdig: „Zwar wurden immer wieder Versuche unternommen, sie durch neue Klassifikationen zu ersetzen. Doch bewährten sich diese nicht.“ (58)
Denn hier wird von vornherein, vorbei an der grundlegenden, wissenschaftlich notwendigen Unterscheidung von „bewährt“ und ’bewahrheitet’, aber auch von „Versuchen der Ersetzung“ dieser Systematik und ’Versuchen der Kritik’ an dieser Systematik, ein völlig irreales Bild der Wissenschaftsgeschichte unterstellt. (59)
In diesem Sinne spreche ich auch vom ’Systematik-Paradoxon der Musikwissenschaften’, welches, aus meiner Sicht betrachtet darin besteht, dass die vorgebliche Bewährtheit dieser Sytematik sich letztlich lediglich als Ergebnis langwährender Verhinderung von Wahrheit erweist.
Gerade eine solche Verfahrensweise begegnet einem dann auch in dem letzten Satz dieses Textes von Stockmann, wobei jetzt - mit einer kaum noch zu übertreffenden Art von Lobpreisung - auch noch auf eine besondere ’Seltenheits-Weihe’ der ’höheren Ebenen des Wissenschaftsbetriebes’ abgezielt wird.
Dazu erwähnt er nun in überraschender Weise (aber letztlich doch wieder unverkennbar ’gezielt fehlleitend’), die Arbeit von Dräger, um damit zu behaupten, dass dieser „die von Hornbostel und Sachs vorgenommene Grundordnung der Musikinstrumente beibehält“. (60) Und diese (in mehrfacher Hinsicht grundsätzlich unkorrekte sowie auch im Detail direkt wahrheitswidrige und wiederum gezielt fehlorientierende) Darstellung, wird dann als Beleg für eine ebenfalls unzutreffende, aber verblüffend eigenartige und in ihrem Höhenflug kaum noch zu überbietende (aber insofern sicher für manchen auch besonders „beeindruckende“), abschließend zusammenfassende Lobpreisung genommen, deren detaillierte Widerlegung nun zwangsläufig auf eine langwierige Wiederholung fast aller hier bereits genannter Kritikpunkte zu seinen sonstigen wahrheitswidrigen Darstellungen hinauslaufen muss. Diese unvermeidlichen Wiederholungen, die ich, wie viele andere notwendige Zusatz-Argumente, nun aber aus Zeitgründen in die Fußnoten meines Vortragens verlagert habe,  kann ich Ihnen also hier als Vortrag ersparen, - nicht aber seine zusammenfassenden Worte aus dem Jahre 1986: „So haben wir (mit dieser Systematik) den in den Gesellschaftswissenschaften höchst seltenen Fall zu verzeichnen, dass die Ergebnisse einer vor siebzig Jahren vorgelegten Arbeit in ihrer Substanz bis heute uneingeschränkt Geltung besitzen und die Grundlage auch neuerer Untersuchungen bilden“ (61) - Eine schillernd formulierte Perlenkette von effektvoll aufgeblasenen Unwahrheiten, aus der Werkstatt eines hochkarätig positionierten Wissenschaftskapitäns, dessen Glanzstücke sich bei eingehender Prüfung ihrer vielfarbig schillernden Oberfläche, dann doch als Seifenblasen erweisen.
Wenn es aber nun schon um Zeiträume (wie „siebzig Jahre uneingeschränkter Erfolg“) und  entsprechende Jahreszahlen sowie wissenschaftlich anmutende Aufgeblasenheiten geht, so habe ich jetzt vor, in Form einer, nun allerdings ’völlig unlogischen’, Überleitung, auf den Abschluss meines Vortrages, zuzusteuern und dabei in den nächsten fünf Minuten auch darüber zu sprechen, was uns, - nun in spätestens fünf Jahren, in Hinsicht auf diese ’Systematik-Problemlage’ in Deutschland bevorstehen wird. Wie wird sich die Musikwissenschaft hierzulande,  wenn es dann um die Gestaltung des hundertsten Jahrestages dieser so fragwürdig gelobten Systematik geht, dazu verhalten können? (62) Wie werden sich die hier geschilderten Konflikte und die damit verbundenen Tendenzen, dann etwa auf die konkrete Ausrichtung entsprechender ’Jubiläumsveranstaltungen’ auswirken?
Die Gestaltung offenerer bzw. fruchtbarerer Bedingungen für eine gesicherte freiere Entfaltung sachlich-wissenschaftlich begründeter Kritik an dieser fatalen Systematik sowie einer damit verbundenen, freieren Weiterentwicklung musikinstrumentellen Systematisierungsdenkens, sind hierzulande jedenfalls, gerade im Prozess der deutschen Einheit, nicht nur verpasst, sondern auch für die Zukunft weithin verdorben und stark beschädigt worden. Und als Folge davon müssen nun auch derartig konkret-zeitnahe Ungewissheiten überaus bedenklich stimmen.
Die wesentlichen Probleme dessen aber, was ich heute hier darlegen konnte, machten schon seit vielen, vielen Jahren die inhaltliche Substanz und den Haupt-Schwerpunkt meiner von dieser Sammlung ausgehenden bzw. damit verbundenen, Aktivitäten aus. Die damit unvermeidlich verbundenen Konflikte in Bezug auf die jeweils herrschenden politischen Verhältnisse und deren Wissenschaftskonstellationen, sowie die daraus wiederum resultierende, immer notwendiger werdende Kritik, waren letztlich aber nur in distanzierter und dann auch oft in nahezu haarspalterisch-akribischer Weise, abzuhandeln.
Hätte ich mich für diesen Vortrag hingegen entschließen können (was ich, nach eingehenderen Erwägungen dazu, dann aus dringenden Gründen nicht getan habe), doch einen ganz anderen, für mich ebenfalls überaus wichtigen Schwerpunkt meiner Sammlungs-Aktivitäten - beispielsweise die fast ebenso alte, und ebenso problembeladene, (63) ständige Beschäftigung mit deutschen Cistern und cisternartigen Instrumenten - hier zum Schwerpunktthema zu machen, dann wäre es mir auch leichter möglich gewesen, etwas mehr über die Bedeutung solcher zunächst keineswegs rein-rationalen, sondern eher emotional, leidenschaftlich-beseelt, ausgerichteten Motivationen zum Sammeln und Untersuchen solcher Wissenschaftsobjekte zu sagen. Dieser Aspekt musste aber in den eher kaltblütigen Ausführungen zur Systematik nahezu untergehen. Das bedauere ich.
Denn mir scheint diese spezielle ’Motivations-Problematik’ eben doch eine ganz besondere, und in gewisser Weise auch grundlegende Bedeutung in der Wissenschaft (und dabei keineswegs nur in der Audioorganologie) zu besitzen.
Es geht dabei darum, die zwar irgendwie zustande gekommene, jedoch überaus schwierig zu fassende und zunächst auch nur gänzlich subjektiv, persönlich-intim entstandene Liebe zu bestimmten Erkenntnis-Objekten, doch irgendwie ’zu begreifen’ bzw. im Sinne von Wissenschaft ’auf den Begriff ’ einer ernsthaft tiefer reichenden  Verstehens-Möglichkeit zu bringen. - Eine aus meiner Sicht überaus schwierige Problemlage, der man sich wohl nur mit Hilfe der Philosophie bzw. gegebenenfalls auch der Theologie, wird verständnissinnig annähern können.
Wenn ich mich nun auf das Wagnis einlasse, dazu noch einige Worte zu sagen, so habe ich nicht vor etwa über meine eigene diesbezügliche Passion zu sprechen, sondern möchte lediglich verdeutlichen welchen Anfechtungen man in diesem Zusammenhang begegnen kann und inwieweit ein besseres Verständnis dieses überaus schwierigen Problems vielleicht doch hilfreich (Oder vielleicht auch grundlegend unverzichtbar?) für Wissenschaft sein könnte.
Da es sich – so man gewillt ist diese hier zunächst nur vage gekennzeichnete Problematik auch ernst zunehmen - jeweils um einen ganz besonderen, wesentlich individuell selbst bestimmten Motivationsvorgang handelt, ergibt sich von daher auch eine individuell-einzigartige, stets persönlich gefärbte und eben auch persönlich bleibende Verliebtheits-Beziehung, welche als solche ohnehin immer schwierig zu begründen oder auch ’zu ergründen’ sein wird. Sie kann insofern auch leichthin, als eine „nicht fest und sicher begründete“ Angelegenheit erscheinen und wird dann auch oft in einer Weise wahrgenommen, in der sie immer wieder entsprechend leichtfertig abgetan werden kann. Sobald sie dann noch - vielleicht vorbereitet durch ein solches ’Abtun’ - im Wissenschaftsbetrieb, als unsicherer oder gar „irrationaler“ Faktor erscheint, wird sie letztlich auch entsprechenden Angriffen und Diffamierungen ausgesetzt sein. Dies kann gerade auch bei ’demonstrativ betont rational agierenden’ Wissenschaftlern sogar zu der oftmals geradezu sprichwörtlichen Haltung führen (die mir beispielsweise auch bei Stockmann und in seinem Umfelde immer wieder begegnet ist), dass die wissenschaftlichen Objekte ihres professionellen Betätigungsbereiches, doch schließlich vor solchen, in jedem Falle irgendwie suspekten und eher „amateurischen Musik-Instrumenten-Liebhabern“ geschützt werden sollten, - und schon werden dafür dann auch entsprechend effektive ’Schutz- und Abwehr-Methoden’ entwickelt...(64)
Aber gerade von den aus tieferer Liebe entstandenen Ausgangspunkten entsprechender Beziehungen zu wissenschaftlichen Themenbereichen, ergeben sich, (so schwer diese auch zu ’fassen’ sind, und so schwerwiegend sie zuweilen auch verdächtigt und diskriminiert werden) letztlich doch auch besonders schwerwiegende und einzigartige Möglichkeiten der weiteren Entfaltung liebevoll tiefer greifender und länger andauernder, handfester Bindungen, welche so auch zu einer besonders festen Grundlage dafür werden können, schließlich immer mehr und möglichst alles über diese, eben aus tieferem, persönlichen Interesse her geliebten Objekte wissen zu wollen...So ’unrational’ und scheinbar ’wissenschaftsfern’ der Ausgangspunkt einer solchen persönlichen Beziehung also zunächst auch sein mag, - er kann im Falle ernsthaft-tiefergreifender Bindungen, doch zu einer gerade besonders festen, besonders unerschütterlichen Grundlage für verantwortungsbewusste und rational-wissenschaftlich unermüdliche Beschäftigung mit diesen Objekten werden.
Denn einer meiner Versuche, mir selbst - mir persönlich - das zwar sachlich feststellbare und auch in Worten zu beschreibende, mir aber trotzdem letztlich nahezu unbegreiflich bleibende ’Systematik-Paradoxon der Audioorganologie’ (welches - so unwissenschaftlich und wissenschaftsfeindlich es seinem Wesen nach auch ist - sich schließlich doch innerhalb dieses Wissenschaftsbetriebes selbst, also nicht etwa einfach durch groben Druck von außen, entwickelt und verfestigt hat) - mir dieses ’Paradoxon’ also mit diesem Versuch - doch irgendwie ’erklärlicher’ zu machen, besteht in der von mir kritisch wachgehaltenen  (aber stets auch mit kritischer Wachsamkeit neu zu überdenkenden) Vermutung, dass die verantwortlich-verursachenden Beteiligten am Zustandekommen einer solch widersinnigen Fehlentwicklung, sich einfach niemals auf eine in diesem Sinne fruchtbar beseelende und auf tieferer Zuneigung begründete leidenschaftlich-ernsthafte Interessen-Beziehung zu dieser besonderen ’Werkzeugkultur-Musikinstrument’, eingelassen haben. Die Motivationen ihrer Aktivitäten rühren eben aus ganz anderen Dimensionen und Problemperspektiven, zumal sie im gegenwärtigen Wissenschaftsgetriebe wohl zweifellos eine Überzahl bilden.
Insofern können sie auch allzu leicht einer von eigener Insuffizienz mitbedingten Faszination hinsichtlich administrativ-effektiv organisierbarer Betriebsamkeiten unterliegen, denen gegenüber die eher langwierig und ermüdend anmutende Mühsahl wirklicher wissenschaftlicher Lebendigkeit, als weniger effektiv erscheint, zumal diese doch auch immer wieder in höchst suspekte Konflikte mit gerade den Administrationsformen gerät, die doch eigentlich eigens zum Zwecke ihrer Effektivierung ausgedacht worden sind...
Sie können mit ihren Betriebsamkeiten zwar innerhalb bestimmter, erkenntnisfernerer Bereiche der Wissenschaft auch stets gesicherten Honorierungen vielerlei Art entgegensehen, - verbleiben dort aber letztlich, ohne Liebe und ohne den inneren Zugang zu der nur in bestimmter Weise – nämlich über den Weg liebevoll-ernsthafterer Interessiertheit – tatsächlich zu erlebenden Freude über neue Erkenntnisse zu geliebten Objekten und Themenbereichen.
Gestatten sie mir in diesem Sinne einen letzten Satz: Neben den von mir bereits zu Anfang dieses Vortrages hervorgehobenen zwei Grundhoffnungen, also – dass sowohl die wissenschaftliche Substanz dieser Sammlung, als auch die Möglichkeiten ihrer weiteren wissenschaftlichen Nutzung, erhalten bleiben mögen – habe ich nun auch die Hoffnung, dass diese Sammlung vielleicht auch ab und zu Anregungen für das Zustandekommen solcher liebevoll-ernsthafter Interessiertheiten zu vermitteln vermag, so dass sich bei manchen dieser entsprechend ’angeregt Interessierten’ auch tiefergreifend-feste und länger-andauernde Bindungen im Sinne der Förderung mutiger und nie verzagender Aktivitäten zur Gewinnung weiterer wissenschaftlicher Erkenntnisse auf dem Gebiet der Audioorganologie ergeben mögen.(65)

*

Anmerkungen/Quellen:
(1)
Einer solchen Wertvorstellung würde hier auch die Tatsache entgegenstehen, dass allzu viele dieser Instrumente, deutlich angenagt durch den Zahn der gewendeten Zeiten bzw. durch das viele Hin und Her, sowie immer wieder anfallendes Um- und Rücklagern im Laufe immer schwieriger werdender Verhältnisse, auch schweren Beschädigungen ausgesetzt waren und so zum Teil in einen erbärmlichen (eigentlich kaum attraktiv ausstellungsfähigen) Zustand geraten sind.
(2)
Bernd H. J. Eichler, Statement zur Podiumsdiskussion: Transformationen - Translokationen -Dispersionen: Sammlungen im Kontext gesellschaftlichen und machtpolitischen Wandels; in : Musik- Sammlungen- Speicher interkultureller Prozesse, Erik Fischer (Hrsg.) Stuttgart 2007, Teilband B S.614-616 , sowie Bernd H. J. Eichler, „Museologische Erwägungen zur Systematisierung und Präsentation einer Privatsammlung“. in: ebenda, Teilband B S.641-649
(3)
In dieser Frage möchte ich mich nur ungern zu Einschätzungen hinreißen lassen, die sich vielleicht nur auf meinen Wissensstand und meine persönlichen Erfahrungen gründen, ohne die ausreichende Möglichkeit gehabt zu haben auch anderes Wissen gründlich zur Kenntnis zu nehmen. So könnte ich mir am ehesten bei manchen musikinteressierten Theologen, von denen ich als musikinteressierter Philosoph damals eine ganze Reihe intensiver kennen gelernt habe, auch entsprechende Sammleraktivitäten gut vorstellen auch wenn sie mir dort kaum begegnet sind. Und in Richtung einer solchen Möglichkeit wäre dann auch denkbar, dass mir die Bekanntschaft mit einem solchen entsprechend vergleichbar intensivem Sammler möglicherweise schon deswegen entgangen sein könnte, weil dieser damals weniger leicht von den offiziellen Medien in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt worden wäre, als etwa ein in der DDR politisch aktiver Philosoph wie ich, der mit seiner Sammlung oder auch mit entsprechenden Aktivitäten zur Entwicklung des Dudelsackspiels, zur Thüringer Waldzither oder anderen neofolkloristischen Entwicklungen in der DDR, immer wieder in Presse, Funk und Fernsehen präsent war. Andererseits wäre nach dem Zusammenbruch der DDR wohl kaum ein ostdeutscher Theologe vorstellbar, welcher, zuvor noch intensiv und leidenschaftlich sammelnd, nun alsbald - so wie schließlich ich dann - gezwungen wäre, seine Sammelaktivitäten als „Langzeitarbeitsloser“ unmittelbar einzuschränken und letztlich aufzugeben. Auf diesem Hintergrund aber ist gezwungenermaßen die erwähnte DDR- Spezifik meiner Sammlung zustande gekommen.
(4)
Der Begriff ’natürlich-akustische Musikinstrumente’ ist im hier anstehenden Zusammenhang nicht in kurzen Worten exakt zu definieren. Hier ist zunächst vor allem an die Menge derer gedacht, welche unter Ausschluss elektrischer, elektromechanischer und elektronischer Musikinstrumente zusammengefasst werden kann. Dabei ist meiner Meinung nach aber auch sofort mit zu bedenken, dass beispielsweise auch Musikinstrumente mit ionisierten Gasen bzw. mit „Plasmalautsprechern“ etc. wiederum auch als „natürlich-akustisch“ im Sinne der grundlegenden Orientierung Mahillons auf ’physikalische Aggregatzustände’ interpretiert werden könnten. Im Sinne meiner Systematik-Auffassung vertrete ich den Standpunkt, dass eine wissenschaftlich exakt begründete Systematisierung der im oben umrissenen Sinne ‚natürlich-akustischen Musikinstrumente’ als eine Vorraussetzung für die dann auch zu leistende, weiterführende Systematisierung weiterer Tongeneratoren-Entwicklungen auf weiteren Gebieten der Technik zu gelten hat und insofern entsprechend exaktere definitorische Abgrenzungen dann auch als Ergebnisse entsprechend weiterführender Forschungen erfolgen können und werden. Diese werden aber auch – abhängig von den jeweils weitergehenden Entwicklungen sowohl der musikintrumentellen Technik selbst, als auch der jeweils weiterzuentwickelnden  systemisch-systematischen Theorien dazu – immer wieder erneuten definitorischen Bestimmungen und Abgrenzungen unterliegen können, was jedoch keinesfalls als widersprüchlich im Sinne ihrer jeweils anzustrebenden Exaktheit zu verstehen ist, sondern gerade eben dafür jeweils erforderlich sein kann. In diesem Sinne darf dabei aber auch (um nicht in einen erneuten erkenntnisbehindernden Dogmatismus, wie im Falle der Sachs/Hornbostelschen Systematik zu verfallen) niemals die Möglichkeit außer Acht gelassen werden, dass sich eventuell später (eben auf Grund dann wiederum neuer Erkenntnisse auf Gebieten nachfolgender Entwicklungen), wiederum Korrekturnotwendigkeiten und Veränderungen in Hinsicht auf scheinbar zuvor bereits „abgeschlossene“ Bereiche, wie beispielsweise eben der „natürlich akustischen“, ergeben können. 
(5)
Victor Mahillon.“Catalogue descriptive et analytique de Musee Instrumental du Conservatoire Royal de Musique de Bruxelles“, Gent 1888
(6)
Erich M. von Hornbostel / Curt Sachs. „Systematik der Musikinstrumente: Ein Versuch“. Zeitschrift für Ethnologie 46 (1914). S.533-590...
(7)
Bernd H. J. Eichler: “Versuchungen zur Systematisierung natürlich-akustischer Musikinstrumente aus Sicht und Situation der Vergleichsanalytischen Organologie“ (Vortrag an der Humboldt-Universität zu Berlin vom 26.11.1997)
(8)
Erich von Hornbostel und Curt Sachs. “Systematik der Musikinstrumente / Ein Versuch“ (1914); in:  Erich Moritz von Hornbostel / Tonart und Ethos / Aufsätze zur Musikethnologie und Musikpsychologie; herausgegeben von Christian Kaden und Erich Stockmann, Leipzig 1986, S.154
(9)
Bernd H. J. Eichler: “Versuchungen zur Systematisierung natürlich-akustischer Musikinstrumente aus Sicht und Situation der Vergleichsanalytischen Organologie“ (Vortrag an der Humboldt-Universität zu Berlin vom 26.11.1997)
sowie
Bernd H. J. Eichler: “Kurzgehaltener Vortrag zur Systematisierung natürlich-akustischer Musikinstrumente“ (Vorgetragen am 29.5.02 im Seminar für Vergleichende Musikwissenschaft der Freien Universität Berlin)
(10)
Dementsprechend gelangte ich damals zu folgender Einschätzung: „Mit ihrer... in der Grundstruktur ...doch von Mahillon übernommenen Systematik, wurde diese Problemlage letztlich nur verschleppt und im Laufe weiterer Wissenschaftsentwicklung eigentlich sogar dadurch verschärft, dass das mit dieser Erfolgs-Systematik und ihren renommierten Namen verkoppelte organologische Bewußtsein der Musikwissenschaften dann offenbar nicht mehr sonderlich geneigt war, die von Mahillon in grundsätzlicher Weise aufgeworfene Systematisierungsproblematik auch weiterhin grundsätzlich und scharf im Blick musikinstrumenteller Detailuntersuchungen und im Sinn konzeptionell- systematisierenden Denkens zu behalten.“
Siehe dazu:
Bernd H.J. Eichler: “Versuchungen zur Systematisierung natürlich-akustischer Musikinstrumente aus Sicht und Situation der Vergleichsanalytischen Organologie“ (Vortrag an der Humboldt-Universität zu Berlin vom 26.11.1997)
Aber auch:
Bernd H.J. Eichler: “Kurzgehaltener Vortrag zur Systematisierung natürlich-akustischer Musikinstrumente“ (Vorgetragen am 29.5.02 im Seminar für Vergleichende Musikwissenschaft der Freien Universität Berlin)
(11)
Curt Sachs: Die Maultrommel. Eine typologische Vorstudie, in: Zeitschrift für Ethnologie, 1917, S.185-200 sowie dazu:
Bernd H. J. Eichler. “Über die Wechselseitigkeiten von Instrumentalkonstruktion und Klangmöglichkeiten bei Maultrommeln“, in: Instrument und Umwelt - Wechselbeziehungen zwischen der Beschaffenheit von Musikinstrumenten und ihren kulturellen Rahmenbedingungen, hrsg. von M. Bröcker, Bamberg 1995

Die damals noch bei mir existierende Vorstellung, über die Bedeutung des Spaltes und der in diesem Bereich schwingenden Luft, als möglicherweise eigenständig zu bedenkendes ’WESO’ habe ich schon kurze Zeit danach, auf Grund weiterer Forschungen, grundsätzlich aufgegeben. (Siehe dazu die späteren Arbeiten zu diesem und anderen Tongeneratoren.)
(12)
Hinderlich sowohl in Bezug auf bestimmte Wesensmerkmale dieses speziellen Instrumentes (Wesensmerkmale die dann gerne unterschlagen werden), aber eben auch hinderlich in Bezug auf die Erkenntnis wesentlicher systematischer, systemischer, sowie entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhänge, die doch eigentlich gerade im Zusammenhang mit diesem besonderen Tongenerator in aufschlussreicher Weise deutlich werden können. Siehe dazu auch:
Regina Plathe: “Kulturgeschichte der Maultrommel“, Bonn 1992, welche auch auf diese Diskussion eingeht.
(13)
Hermann Backhaus. “Über den Stand der Forschung auf dem Gebiet der physikalischen Akustik“; in: Archiv für Musikforschung, 1938
(14)
Stockmann geht beispielsweise überhaupt nicht auf diese Kritik ein, obwohl sie ihm mit Sicherheit (und dies gewiss nicht nur von meiner Seite her) bekannt war.
(15)
Aber abgesehen von solchen, mir oft begegnenden „Logik- und Physik- abstinenten Mentalitätsbesonderheiten“ in den Musikwissenschaften - hier geht es schließlich um die Bewertung, bzw. um die genauere Einschätzung der wirklichen Bedeutung einer bestimmten Kritik. Und da sind wiederum die verschiedenartigsten Bewertungen möglich: Wer, wie etwa ich beispielsweise, erst einmal von der klaren Logik einer solchen Argumentation und den exakten physikalischen Ausführungen des Kritikers zur Akustik beeindruckt sein wird, der wird auch dazu neigen können, hier einen redlichen Kritiker zu unterstellen. Man kann - ganz in diesem Sinne - sogar bedenken, dass auch in diesem Text aus der Zeit des deutschen Faschismus die Systematik von Sachs & Hornbostel letztlich durchaus wie eine derzeit als gültig behandelte Orientierungsgrundlage der Musikwissenschaften dasteht.

Sobald ich an diese Angelegenheit aber mit einem genaueren kritischen Blick herantrete und dann mit weiteren gründlicheren Überlegungen über die Stringenz dieser Argumentation reflektiere, muss ich diese Kritik für ganz oberflächlich und inkonsequent halten. Sie verzichtet darauf, sich der eigentlichen Quelle, nämlich dem ebenfalls unlogischen Original von Mahillion zu zuwenden, von welchem schließlich weitaus mehr logische Widersprüche in die Sachs / Hornbostelsche Systematik übernommen wurden, als nur der von Backhaus kritisierte. Noch schwererwiegend aber ist, dass diese Kritik gerade da endet, wo eine gegenstandsbezogen-sachliche Kritik erst richtig zu beginnen hätte, um sich dann weiter entfalten zu können. Der in dieser Systematik etablierte „Aerophon – Begriff“ ist nicht nur aus rein formal-logischen Gründen zu tadeln. In der unscharfen Bedeutung, die er durch diese Systematik in den Musikwissenschaften zugewiesen bekommt, ist er inzwischen auch aus ganz sachlich physikalisch-akustischen Gründen zu einem der fragwürdigsten und irreführendsten Begriffe dieser Wissenschaft geworden, wobei er mit weitaus mehr begrifflichen Inkonsequenzen und systemischen Verunklarungen belastet ist, als durch den - gemessen daran, eher zurückhaltend und schlicht, aber doch streng logisch gestalteten - kritischen Hinweis von Backhaus jemals deutlich gemacht werden könnte. Und außerdem kann hier auch bedacht werden, dass der kritische Blick von Backhaus nicht bis zur damit zusammenhängenden Vielfalt des „Wechsels von Teilungsgründen“ vordringt. Eine Gefahr für den Systematiker, vor welcher bereits Sachs und Hornbostel deutlich gewarnt hatten– ihr dann aber selbst nicht entgehen konnten, denn diese „Sünde“ lässt sich schließlich wiederum sowohl beim Original von 1888 als auch beim „Plagiat“ von 1914 finden. Aber auch dies alles bleibt - ohne das erforderliche historisch detaillierte Hintergrundwissen - jeweils ganz unterschiedlich interpretierbar.
So könnte der Mangel an Konsequenz hier auch im Sinne von ’ehrenwerter Fairness’ und/oder lobenswert demonstrativer Zurückhaltung gedeutet werden. Ebenso aber könnte angesichts dieser letztlich doch sehr inkonsequent bleibenden Kritik auch die Vermutung wach bleiben, dass es sich vielleicht doch um eine erwünschte, und dann auch an entsprechend renommierter Stelle gezielt in die Fachliteratur eingebrachte, also letztlich doch wissenschaftspolitisch motivierte, und mit derartiger Motivation auf den Weg gebrachte, „Kritikdienstleistung“ gehandelt habe. Eine Kritik zum „rechten“ Zeitpunkt und an „richtiger“ Stelle, bei der zudem gesichert ist, dass dem ausführenden Kritiker - ob dieser nun mit kritischer Lust oder Unlust agiert - auch die „ehrerhaltende Möglichkeit“ bzw. der besondere „Unanfechtbarkeitsstatus“ zufiel, einfach nur das schreiben zu müssen, was sicherlich auch die meisten seiner Physikerkollegen - die sich gewiss auch nicht gründlicher mit dem, was da kritisiert werden sollte, befasst hatten – ebenfalls schon beim ersten Anblick dieser Systematik deutlich erkannt zu haben glaubten...
Ich möchte eine derartige, vielleicht allzu weit hergeholt erscheinende Interpretations-Nuance hier nicht weiter ausbauen oder vertiefen, aber letztlich doch insofern darauf hingewiesen haben, als dass ich aus persönlicher Erfahrung nur allzu gut weiß, dass sich die meisten Kritiken, die sich von einem so vorbereiteten, oft mit vielen Lügensteinen bereits vorgepflastertem Weg her, beispielsweise meinen Arbeiten, meinen Aktivitäten oder meinem Denken (ob nun vor oder nach 1989) entgegenstellten, oft unter einem auch irgendwie sachlich anmutendem Scheinheiligenschein, aber zumeist doch deutlich unter dem Niveau einer weitergreifenden, sachlich möglichen Auseinandersetzung bewegten. Und letzteres ist eben auch bei der vorliegenden Kritik von Backhaus allzu deutlich möglich. Schließlich muss noch angemerkt werden, dass sich die hier vielleicht etwas überdeutlich herausgehobene Möglichkeit einer letztlich doch „administrativ erwünschten“ Kritik im Sinne einer solide erscheinenden „nicht-ehrgefährdenden Pflichterfüllung“ auf den dafür entsprechend vorbereiteten Wegen, in der politischen Realität letztlich stets weitaus häufiger verwirklicht, als die vergleichsweise „schweren Fälle“ offensichtlicher, und dann in der Regel auch leichter zu entlarvender, Verleumdungen und Diskriminierungen.
(16)
Siehe dazu auch:
Bernd H. J. Eichler: “Einige Bemerkungen zur Dudelsackentwicklung in der DDR und zu erweiterten Möglichkeiten eines Hümmelchen- Instrumentes“/ (Vortrag beim Internationalen Festival der Dudelsackpfeifer, August 1989 in Strakonice CSSR)
(17)
Die eine Komponente, nämlich die durchaus eigenartige „Ostlastigkeit“ dieser Entwicklung in Deutschland, ist keineswegs so leicht zu erklären, wie vielleicht die andere, erst später zur Geltung kommende, d.h. die nach dem Zusammenbruch der DDR gezielt erfolgende Vernichtung ganzer Bereiche der ostdeutschen Wissenschaftslandschaft, welche (nicht nur meiner persönlichen Erfahrung nach) allzu oft mit einer deutlich von den ideologischen Standards des Kalten Krieges geprägten Siegermentalität verknüpft war. Die daraus zwangsläufig resultierenden gewaltigen Apologetikinitiativen, sowohl zur politisch zielstrebigen Durchführung /’Abwicklung’ entsprechender Maßnahmen und Veränderungen, als auch zu deren Verteidigung (ob nun im Prozesse ihrer Durchführung oder im Nachhinein) werden sicherlich noch sehr lange in die Zukunft hineinwirken, und so unvermeidlicherweise auch wieder wissenschaftsgeschichtliche Bewertungen beeinflussen.
(18)
Hans H. Dräger: “Prinzip einer Systematik der Musikinstrumente“, Kassel / Basel 1948
(19)
Den Auffassungen Drägers stehe ich wiederum in verschiedener Hinsicht (nicht nur hinsichtlich der „Beibehaltung des klassischen Vierklassendenkens“) kritisch gegenüber; - was auch aus meiner Arbeit „Versuchungen zur Systematisierung...“ hervorgeht. Insbesondere aber kann ich seine Auffassung zur systemischen Interpretation von Elektronen nicht teilen...
(20)
Siehe dazu beispielsweise:
Bernd H. J. Eichler: “Fragwürdiges und Bedenkenswertes zu Eigenart und Wesen von Musikinstrumenten“ und
Bernd H. J. Eichler: “Werkzeugverhalten und Sozialität im Meinungsstreit“ in: Rolf Löther (hrsg.), Tiersozietäten und Menschengesellschaften, Jena 1988 sowie
Bernd H. J. Eichler: “Kurzgehaltener Vortrag zur Systematisierung natürlich-akustischer Musikinstrumente“ (Vorgetragen am 29.5.02 im Seminar für Vergleichende Musikwissenschaft der Freien Universität Berlin)

Wichtig für die Herausbildung einer solchen Vorstellung waren aber sicher auch bestimmte Gedanken Mahillons, welcher in seinen grundsätzlichen und deutlich physikorientierten Überlegungen zur Systematisierung von Musikinstrumenten gerade derartige Erwägungen noch in den Vordergrund gestellt hatte. Dort waren noch deutliche Denkansätze in Richtung eines derartig naturbegründeten Klassifizierungssystems zu erkennen. Ansätze, die allerdings gerade im Übergang (worauf ich bereits hingewiesen hatte) zu seinem Katalog und dann später zur Sachs / Hornbostelschen Systematik, wieder verloren gehen...
(21)
Herbert Heyde: „Grundlagen des natürlichen Systems der Musikinstrumente. / Beiträge zur musikwissenschaftlichen Forschung in der DDR“, Band 7; Leipzig 1975

Seiner Arbeit stehe ich, vor allem wegen der darin vertretenen Entwicklungsauffassung zu Musikinstrumenten (die ich manchmal gerne als eine bestimmte Form von trivialisierendem „Instrumentaldarwinismus“ bezeichnet habe) sowie bestimmter, offensichtlich falscher bzw. ’verunglückter’ kybernetischer Darstellungen zur Funktionsweise von Musikinstrumenten (zumal des Schwirrholzes), kritisch gegenüber. Dabei konnte ich mich ohnehin nie von einer grundsätzlichen Skepsis hinsichtlich seiner Beanspruchung von Kybernetik lösen. Vieles innerhalb dieses damaligen Trends der Wissenschaftsentwicklung in der DDR, folgte dem wohl lediglich im Sinne einer gewissen „Wissenschaftsmode“. Noch vor meinem Philosophiestudium packte mich ebenfalls (etwa ein halbes Jahr lang) die Begeisterung für derartige Wissenschaftsmöglichkeiten, und ich las alles was ich dazu in die Hände bekommen konnte, wobei mich letztlich dann aber nur die Arbeiten von Norbert Wiener wirklich tiefer beeindruckten, Wenn ich ihn (bei dem sich übrigens auch hochinteressante Überlegungen zu Musikinstrumenten finden lassen) richtig verstehe, so lassen sich kybernetische Problemlösungen nicht auf die Anwendung/Nutzung von Schaltbildern reduzieren, sondern zielen vor allem auf eine konsequente Mathematisierung bzw. mathematische Durchdringung jeweiliger  Problemkonstellationen. Die meisten der damaligen kybernetischen Arbeiten in der DDR haben dieses Niveau aber wohl nicht erreicht, oder gar angezielt. Auch Stockmann folgte damals (aus meiner Sicht weitaus oberflächlicher als Heyde) einem solchen, doch längere Zeit anhaltendem, Modetrend. Eine sachlichere (also nicht nur, wie bei mir beispielsweise, von persönlicher Skepsis geleitete) Beurteilung dieser Aspekte, wird wohl wieder nur im Zusammenhang mit einer umfassenderen wissenschaftsgeschichtlichen Einschätzung der Kybernetik innerhalb der Wissenschaftsentwicklung der DDR erfolgen können.
(22)
Curt Sachs. „Vergleichende Musikwissenschaft / Musik der Fremdkulturen“, Heidelberg, 1959 S.19
(23)
Kurt Reinhard:„Beitrag zu einer Systematik der Musikinstrumente“ in: Die Musikforschung.13 (1960)
(24)
Von besonderer Bedeutung war für mich damals auch die durchaus sachlich angemessene und völlig undogmatische Darstellung dieser Problematik durch H. Zeraschi im „Musiklexikon“ von H. Seeger, Leipzig 1966. Bedenkt man dazu analytisch- vergleichend die Aussagen und Intentionen der 20 Jahre später erfolgenden Darstellungen Stockmanns, so kann deutlich werden, dass es sich nun nicht nur um konservativ- konservierenden Dogmatismus, sondern eigentlich um einen, von höchster Wissenschaftsposition her forcierten, Versuch handelt, bereits gewonnene Erkenntnisse (wie bei H. Zeraschi und auch anderen) „zurückzunehmen“ und eine entsprechend falsche bzw. zunehmend verfälschendere Sicht offiziell „festzuschreiben“.   
(25)
Siehe dazu beispielsweise:
Bernd H. J. Eichler: “Fragwürdiges und Bedenkenswertes zu Eigenart und Wesen von Musikinstrumenten“ und
Bernd H. J. Eichler. “Werkzeugverhalten und Sozialität im Meinungsstreit“ in: Rolf Löther (hrsg.), Tiersozietäten und Menschengesellschaften, Jena 1988
(26)
Diese Unterstützung durch Prof. Herbert Hörz, möchte ich deswegen so ausdrücklich hervorheben, weil es am gleichen Institut stets auch Kräfte gab, die einer solchen Initiative durchaus feindlich gegenüberstanden. Die philosophische Beschäftigung mit Musik und Musikinstrumenten war ohnehin eine Ausnahmeerscheinung für den Philosophiebetrieb in der DDR.
Ich selbst, als jemand der ohnehin schon als Sonderling gelten musste, stieß mit diesem Ansinnen zwar vielfach auf „belächelndes Unverständnis“, - wurde aber, da meine musikbezüglichen, insbesondere audioorganologischen Spezialkenntnisse dort schon seit vielen Jahren immer wieder in scheinbar musikferne philosophische Diskussionen einfließen konnten, gerade in Hinsicht auf die grundsätzliche philosophische und anthropologische Bedeutung der Frage nach einem „natürlichen System“ musikinstrumenteller Technik, letztlich von den ernstzunehmenden Philosophenkollegen aus diesem Bereich nie in Frage gestellt. Meine ’musikphilosophischen’ Forschungen erfolgten zunächst im Rahmen bereits bestehender Forschungsprojekte zur Humanethologie, zu Fragen der Menschwerdung und der Soziogenese- Problematik; - konnten später aber auch als Einzelprojekt “Musikphilosophie“ / „Vergleichsanalytische Organologie“ fortgesetzt werden. Dieses Projekt (eines der wenigen „Einzelpersonen-Projekte unseres Institutes) wurde später nach dem Zusammenbruch der DDR und der dann erfolgenden „Evaluierung unseres Institutes“ zwar deutlich positiv bewertet und als förderungswürdig eingestuft; - damit war aber kein künftiger Arbeitsplatz gesichert. siehe dazu auch:
H. Hörz: „Brückenschlag zwischen zwei Kulturen. Helmholtz in der Korrespondenz mit Geisteswissenschaftlern und Künstlern“, Marburg (Basilisken - Press) 1997, S.221-228
(27)
als ein Beispiel aus der fortlaufenden Reihe dieser Handbücher:
B. Bachmann-Geiser: „Die Volksmusikinstrumente in der Schweiz (Handbuch der europäischen Volksmusikinstrumente I/4)“, herausgegeben von E. Stockmann, Leipzig 1981
Siehe dazu auch meine Position zum immer wieder in „weiterer Ferne“ geplanten Band “Deutschland“ dieses Handbuches, sowie entsprechend zur Problematik der Systematik, in:
Bernd H. J. Eichler: „Mutwillige Anmerkungen zum Schwirrholz“ (Vortrag aus dem Jahre 1990, gehalten am Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR)
(28)
Siehe dazu auch
Bernd H. J. Eichler: “Das Hümmelchen - ein altdeutscher Dudelsack“, Leipzig 1990
Auch in dieser größeren Abhandlung zu Dudelsäcken (die dem Verlag beim Zentralhaus in Leipzig seit Anfang 1986 zum Druck vorlag) habe ich selbstverständlich bestimmte Überlegungen über systematisch zu bedenkende Zusammenhänge bei verschiedenen Tongeneratoren, auch hinsichtlich meiner Haltung zur Bedeutung osteuropäischer Dudelsäcke, dargelegt (siehe dazu auch die Literaturangaben weiter unten: z.B.: „Dudelsäcke im europäischen Spannungsfeld...), wobei ich mir Mitte der 80er Jahre noch nicht völlig über die genaue Funktionsweise der mir erst nach 1989 sachlich-gegenständlich bekannt und zugänglich gewordenen (hier in der „Nebengeschichte zur Maultrommel“ erwähnten) „schalmeienartigen asiatischen Blasinstrumente“ klar war. Ebenso wusste ich noch nichts über das damals allerdings bereits seit Jahren existierende „membranophone Blasinstrument“. (Die spätere, nach 1989 erfolgte genaue- gegenständliche Bekanntschaft mit diesen beiden Tongeneratoren verdanke ich jeweils Frau Dr. M. Dunkel aus Westberlin.) Auf Grund meiner Systematik-Auffassung war ich mir aber schon lange zuvor völlig sicher, dass es eine solche Tongenerator-Möglichkeit auch real geben könne. Bei vielen Experimenten mit dünnen, überlangen „Röhrentrommeln“ im Physikalischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin ist es mir dann auch gelungen, mittels speziell flach gestalteter und schräg an der Membran-Seite der Röhre angebrachter Düsen (dann letztlich aber auch nur mit Druck- & Pressluft) diese Membranen von oben bzw. von ihrer Außenseite her so anzublasen, dass sich in der Röhre auch Töne hervorrufen ließen, die ich als „sekundär- aerophon“ interpretieren wollte... Ein lautstarkes, unschönes und durchaus unpraktikables Ergebnis, wenn man eher an eine Nutzung als „normales Blasinstrument“ denken möchte. Insofern hat mich die spätere Bekanntschaft mit diesem besser funktionierendem membranophonen Tongenerator, bei dem der Atem-Luftstrom schließlich an die Innenseite der Membrane geleitet wird, sowohl hocherfreut (Ich sah mich also bestätigt – ein solcher Tongenerator ist auch als praktikables Blasinstrument möglich!), als auch betrübt (Warum war ich nicht auf diese doch so nahe liegende Idee des Anblasens derartiger ’röhrenverschließender Membranen’ an ihrer Innenseite gekommen; warum musste ich stattdessen so verbissen und langwierig an überdimensional langen Plaste- Röhren so viel Pressluft und so viel Membranmaterial vergeuden und dabei so verzweifelt auf einigermaßen erträgliche Töne lauern...??). Ein anderer von mir später beschrittener Untersuchungsweg, nämlich das Anblasen flachgeformter, nur an der Anblasöffnung offener Gefäße mit membranartigen Seitenflächen, zeigte dann ebenfalls, dass es sich dabei im Prinzip um „membranophone Blasinstrumente“ handelte. Bei diesen „angeblasenen Gefäß- Membranophonen “ (welche immer wieder in meinen Vorlesungen entsprechend vorgeführt und erläutert wurden) kann die Höhe der durch Anblasen an der Öffnung des okarinaartigen Gefäßes erzeugten Töne mittels Veränderung der Spannung dieser „Membranflächen“ weitaus signifikanter verändert werden, als durch Veränderung des Volumens der darin eingeschlossenen schwingenden Luft.
Aber auch unabhängig von diesen ’spannungsgeladenen’ Hintergründen, hat sich der Versuch der Veröffentlichung dieses Büchleins über deutsche Dudelsäcke beim „Leipziger Zentralhaus für Kulturarbeit“ (einer letztlich hoffnungslos menschenverachtend- kulturlosen und wesentlich auch durch ganz unübersehbare Formen von tief verinnerlichter Ausländerverachtung geprägten Leit-Institution des Kulturbetriebes der DDR) dann wie ein Kriminalfall entwickelt. Ich kann dabei nicht davon absehen, dass auch dort der entsprechende Macht-Einfluss von E. Stockmann (zumal in Kombination mit A. Michel) unübersehbar war und sich gerade bezüglich der DDR-Folkloreszene überaus verheerend auswirkte. Jahrelang wurde mir dort immer wieder offeriert, dass dieses Dudelsack-Buch sofort erscheinen könne, wenn ich mich endlich entschließen würde „auf diese ganze darin enthaltene ’Dudelsackphilosophie’ zu verzichten“...(Dabei handelte es sich im wesentlichen um die entsprechend systematischen Darlegungen zu verschiedenen Tongeneratoren sowie die damit verbundenen kulturellen Zusammenhänge in Europa, insbesondere meine entsprechenden Ansichten und Haltungen zu Osteuropa). An der in dieser Weise entsprechend vorgefärbten und dann auch von dieser Institution her programmierten und letztlich intensiv betriebenen mehrjährigen Hetzkampangne gegen meine Person (unter anderem als “Feind des Zentralhauses und anderer staatlicher Institutionen“ und also auch als „Staatsfeind“) und der letztlich von dortigen Funktionsträgern programmatisch erhobenen und offensiv verbreiteten Forderung der „Entfernung von Eichler aus der Folk-Szene“, besonders aber aus der von mir selbst dort vor Jahren gegründeten “AG-Folkloristisches Musikinstrumentarium“, haben sich dann auch einige prominente Vertreter aus der Reihe musikantisch aktiver Neofolkloristen, insbesondere aus dem Kern und dem Umfeld der Leipziger „Folkländer-Szene“, recht aktiv beteiligt. Dies bezog sich zuweilen auch unmittelbar auf meine Sammlungsaktivitäten. Einerseits wurde meine Sammlung zunächst von den verschiedensten Folklore-Gruppen (vor allem in Leipzig und Berlin) immer wieder in geradezu selbstverständlicher Weise genutzt, da ich doch immer wieder bereit war bestimmte Instrumente (für die ich niemals irgendwelche Gebühren verlangt oder erhalten habe) zu verleihen und ich habe dann keineswegs alle wieder zurückbekommen. Außerdem habe ich damals eigentlich ständig, bestimmte kleinere Instrumente aus meinen Sammlungsbeständen (wie etwa Mundharmonikas oder verschiedene Flöten) aber auch zunehmend selbst hergestellte, aus meiner eigenen kleinen Experimental-Werkstatt (wie lateinamerikanische Kenas, Panflöten und deutsche Schalmeien, Dudelsack-Melodiepfeifen, Brummtöpfe usw.) immer wieder an aktive Musikanten (auch verschiedener ausländischer Musikgruppen) verschenkt, was schon sehr bald auch zu üblen Stimmungen und gezielten Verleumdungsaktivitäten seitens der dann, mit der auf diese Szene abzielenden Herstellung und dem kommerziell orientiertem Verkauf ähnlicher Instrumente befassten, „neofolkloristischen Instrumentenbauer Szene“ führte. Andererseits wurde aber später, als auch Instrumentendiebstähle bei den zunächst nur in Leipzig stattfindenden Folklorewerkstätten, immer häufiger auftraten, von dort aus dann immer wieder ganz selbstverständlich „Der Dr. Eichler mit seiner Instrumentensammlung“ als der nahe liegende Hauptverdächtige solcher Diebstähle angegeben, so dass ich dann auch verschiedentlich aufgrund solcher Verleumdungen aus Leipzig, von der Kriminalpolizei behelligt wurde. Außerdem entwickelten sich damals auch in dieser Folk-Szene (eigentlich gänzlich unvermeidbar bei den sich dafür ganz besonders anbietenden Verhältnissen in einem Land wie der DDR) gerade auch diverse grenzüberschreitend- devisenbringende Privatverkäufe bzw. entsprechende „Tauschgeschäfte“ von alten oder neuen Musikinstrumenten aus diesem Land. Wenn ich an diese Zeit, in der auch Prof. Stockmann bei nahezu jeder sich ihm bietenden Gelegenheit (sowohl gegenüber Wissenschaftlern, als auch innerhalb der ’Folkloreszene’ oder gegenüber bestimmten Kulturfunktionären) ambivalent-zynische, bis zur Abfälligkeit reichende, Bemerkungen zu meinen diesbezüglichen Sammlungs-Aktivitäten machte, so lässt sich doch klar sagen, dass entsprechende Verleumdungen und gezielt ausgestreute Verdächtigungen, damals eigentlich nur von einem relativ kleinem (vielleicht zwei oder drei Dutzend umfassenden) mir eben feindlich gesonnenem oder auch gezielt aufgewiegeltem, Personenkreis ausgingen. Freilich ein Personenkreis der nicht einfach spontan, sondern eben innerhalb bzw. auch aufgrund, eines bestimmten, wohlorganisierten DDR-spezifischen Netzwerkes agierte. Dies änderte sich grundsätzlich im Lauf der neunziger Jahren, wo allein durch die allgemein politisch stimulierten und auch immer ungehemmteren  Medienaktivitäten gegen Arbeitslose und ,„Sozialschmarotzer“, nun für eigentlich jeden „Normalbürger“ stets klar auf der Hand liegen konnte, dass  dieser so auffällig aktive Langzeitarbeitslose, mit seinen doch offensichtlich wertvollen Musikinstrumenten, die er doch schon längst hätte alle verkaufen müssen, doch auch ganz offensichtlich „Sozialbetrug“ betreibt, auch wenn er dies mit dem Mantel der „Wissenschaft“ zu tarnen versucht...Das kann nur als besonders arrogant und „umso verdächtiger“ bewertet werden, da er doch „arbeitslos“ ist... Jedenfalls musste ich, angesichts der vielen, mir seither immer wieder in dieser Richtung gestellten „Nachfragen“ (zum Teil auch in Form offener Provokationen oder entsprechender aggressiver ’Bemerkungen’) immer wieder den Eindruck des Vorliegens derartiger Verdächtigungen (oder auch entsprechender Vorwürfe sowie dementsprechender Meinungshintergründe) bekommen. Und insofern bin ich auch hier - nun direkt in dieser Fußnotenzeile - sogleich gehalten, mich unter den nunmehr offensichtlich für solche Eskalationenen „freieren Gesellschaftsverhältnissen“ in einer, meine Würde als Mensch und Wissenschaftler eigentlich antastenden Weise, wehren und verteidigen zu müssen: Denn dieser, in dieser Weise auch gegen mich aufgewiegelte, und auch in dieser Hinsicht fraglos „freier“ gewordene ’Normalbürger’ (ob ihm nun trotz oder wegen des Medieneinflusses dem er unterliegt, der ’Status der Normalität’ wirklich zustehen mag) wird normalerweise weder die jeweils gerade noch geltenden Gesetze für „Arbeitslose“ kennen (oder gar verstehen), noch die ablösenden neuen. Denn da existiert immer noch diese, gewissermaßen „althergebrachte“ Gesetzeslage, die auch einem bereits bis an den Rand der Gesellschaft abgedrängtem Wissenschaftler, als ’Arbeitslosem’ doch immer noch die Möglichkeit zugesteht, gegebenenfalls einen gewissen Rest von würdiger Lebens-Aktivität, weiter leben zu können, indem seine „wissenschaftliche Sammlung“ unangetastet bleiben soll. Wenn vor 1990 im Geltungsbereich solcher Gesetze, sicher nur eine vergleichsweise Geringzahl von dementsprechenden Fällen anlag, und diese auch durchaus noch als ’untypische Ausnahmen’ {inklusive vielleicht bestimmter, eher politisch motivierter, auch als „Berufsverbote“ diskutierter Fälle} zur Bewältigung anstanden, so musste diese Gesetzeslage dann aber später, im Verlaufe ihrer und anderer „Übertragungen“ auf Ostdeutschland (wo diese und entsprechend weiterführende juristische Neuschöpfungen eben zur Bewältigung bzw. Umgestaltung dortiger politischer Verhältnisse eingesetzt wurden) schlagartig in ganz andere, politisch systematisch nun vieltausendfach zu bewältigende, Dimensionen geraten. Und so gibt es eben auch die andere, in der Regel weit später aufgebaute Gesetzeslage, die diese früher gesicherteren Möglichkeiten – in finanz- und spartechnisch weitaus effektiverer Weise - zunehmend weiter verunsichern und letztlich auch für Millionen von Menschen verunmöglichen kann. Solange der „Normalbürger“ aber noch nicht selber in den Status eines solchen, zur willkürlichen Verleumdung freigegebenen Entwürdigten geraten ist, wird ihm weder bekannt noch verständlich sein, dass beispielsweise der eine Arbeitslose seine, auch als  ‚Sicherheit’ und Kapitalanlage und weniger nach ’persönlichen Erinnerungswerten’ aufgebaute, zweite Bierflaschensammlung, nun vielleicht auflösen oder verkaufen muss, während der andere seine möglicherweise als ebenso geldwert zu taxierende „wissenschaftliche Sammlung“ behalten darf. Er wird dies eher als eine der vielen überdeutlichen Ungerechtigkeiten, die einem ohnehin ständig begegnen, empfinden und sich für die wiederum „viele öffentliche Mittel einsparende“ Abschaffung derartiger „Gesetzesreste“ zu wissenschaftlichen Sammlungen, leicht als „Stimmungsträger“ gewinnen lassen. Und dies nun auch noch umso leichter, wenn dann auch noch „Bildhaft“ gemacht werden kann, dass etwa der Bierflaschensammler in seinem blauen Arbeitsanzug, ohnehin immer schon viel härter und schwerer arbeiten musste, als der nun offensichtlich unbeschadet davonkommende „Weißkittel“, der seine wertvolle Sammlung einfach behaltende kann, wobei doch auf der Hand liegt, dass dieser doch ohnehin nur studiert hat, um sich von vornherein, geschützt und unbehelligt von den „schwereren und unangenehmeren“ Arbeiten, in aller „akademisch gesicherten Gemütlichkeit“, seiner (eben doch - verdammt noch mal, das muss hier doch Jeder sehen! - reichtumsvermehrenden) Sammelleidenschaft ungestört und abgesichert nachgehen zu können... Als nahezu ebenso unverständlich und vielleicht auch als ’ungerecht’ wird sich ihm dann aber darstellen, dass beispielsweise diesem Arbeitslosen wiederum, bei Androhung der sofortigen Beendigung der Zahlungen des Arbeitsamtes, strikt untersagt ist, etwa mit dieser Sammlung nun mehr als 15 Stunden in der Woche wissenschaftlich zu arbeiten – ganz egal ob bezahlt oder unbezahlt: Es darf da nicht mehr gearbeitet werden, sonst verliert er eben den „leistungsberechtigten Status als Arbeitsloser“! Ein von daher resultierendes Unverständnis unseres „Normalbürgers“ kann dann wiederum leicht im Sinne der Zustimmung zu einer doch offenbar viel ’vernünftigeren’ und dann wohl auch leicht bis zu weiter greifender Popularität hochzutreibenden Forderung wie:„Mehr ’Ein Euro-Jobs’ für Wissenschaftler“ (Die sollen ruhig auch mal richtig arbeiten!) umfunktioniert werden...
Zu derartig zwickmühlenhaften Verhältnissen und Zusammenhängen, in denen sich meine Sammlung und damit auch ich, über viele Jahre hin befanden, habe ich also nun deutlich zu erklären, dass ich gegenüber dem mich stets besonders gründlich und auch unverkennbar in „nicht-gutwilliger Absicht“, akribisch und intensiv beobachtendem Arbeitsamt Templin, auch stets (d. h insbesondere zu allen auch mit „Wertermittlungen“ befassten Antrags- und Überprüfungsvorgängen) meine Sammlung angegeben habe, zumal diese ohnehin zu einem großen Teil mit meinen ebenfalls stets genau nachzuweisenden, vielfältigen Bewerbungsbemühungen, aber auch vielen anderen wissenschaftlichen Aktivitäten, verbunden war. Und auch später, während meiner über fünf Jahre währenden, unmittelbar mit der Nutzung dieser Sammlung verbundenen und immer unbezahlten, Vorlesungsaktivitäten an der Humboldt-Universität, konnte ich (auch trotz der extra dazu in Berlin durchgeführten, verdeckten Kontrolle des Templiner Arbeitsamtes) nie bei einer solchen Überschreitung, dieser mir gesetzlich genau limitierten unbezahlten Arbeitszeit, ertappt werden...
Da die erstgenannte Gesetzeslage in der Zeit meiner Arbeitslosigkeit unangetastet erhalten geblieben ist, konnte auch meine Sammlung erhalten bleiben.
Mit dieser nun vielleicht allzu allegorisch von Blau- und Weiskitteln und damit zwangsläufig auch von Geldkonflikten durchwirkten Darstellung zu ganz  realen, sammlungsrelevanten „Vorurteilen und Verdächtigungen“, die keineswegs nur aus der von mir gerade geschilderten Zeit stammen, sondern auch jetzt noch, wo ich nicht mehr Eigentümer dieser Instrumente bin, ab und an auftauchen,  könnte sich nun aber auch ein ganz anderes Vorurteil unterstützen lassen, dem ich ebenfalls sofort entgegentreten möchte. Natürlich weis ich um die unter bestimmten Verhältnissen und Umständen besonders kulturgefährdenden, und dann auch im Detail menschenverachtend, faschistoiden Kräfte, die einer in ’entsprechend-medialer Weise’ geleiteten größeren Gruppe bestimmter, (etwa auch mit Bierflaschen und Blaukitteln ausgestatteter) „Normalbürger“, (zumal  solcher, die aufgrund ihrer sozialen Blaukittelposition ständig den härtesten Arbeiten und den schamlosesten Ungerechtigkeiten ausgeliefert werden) unter bestimmten Umständen zufallen oder auch politisch ’verliehen’ werden können. Dies unter anderem auch aus speziellen Erfahrungen aus dem so ’friedlichen’  Jahr 1989. In punkto Musikinstrumente, muss ich aber eher auf ein permanent schwerwiegendes Versagen von „Weiskittel-Kultur“ verweisen, - zumal wenn es um das konsequentere Durchdenken prinzipiell kulturgefährdender Zusammenhänge und Tendenzen bezüglich der immer noch (oder auch zunehmend) bedenklicher zur Wirkung kommenden Wissenschaftsdisproportionen geht. Dazu habe ich mich schon verschiedentlich geäußert und möchte hier nur verkürzt zusammenfassend darauf eingehen: Ich meine vor allem die immer noch, durch die sozialökonomischen Verhältnisse wohlorganisiert aufrechterhaltene Trennung von Natur- und Geisteswissenschaften. Aus dieser Lage aber wird wohl auch das anhaltende Versagen der europäischen Philosophie in Bezug auf den fehlenden Blick auf die hier in Rede stehende, eigentlich in besonderer Weise zu beachtende und anthropologisch-philosophisch wohl auch besonders aufschlussreiche Technikentwicklung, herrühren. Und aus der dadurch bedingten „Zeitgeist-Situation“ dann wohl auch der Umstand, dass selbst die modernen Technikwissenschaften sich dieser besonderen Technikentwicklung (die dort dann eben als ’Kunst’ abgetan, oder auch „herausgehoben“ bzw. anderen Zuständigkeitsbereichen zugeschoben, werden kann), auch nicht widmen werden, und so dann auch die ebenso separierten Musikwissenschaften, mit ihrem stolz gehütetem, besonderen Methodenarsenal, schon gar nicht mehr in den Sinn kommen wird, hier etwa natur- und technikwissenschaftlich exakt vorzugehen. Und dies kann dann nicht nur hinsichtlich „musikinstrumenteller Systematik“ zu weiteren signifikanten Wissenschafts- Disproportionen und auch anderen, unweigerlich immer brisanter werdenden Fehlentwicklungen führen. So werden dort eher die freilich überaus kulturnah und hochzivilisiert- human anmutenden, kulturethnologischen und kunsthistorischen Betrachtungsweisen gepflegt, denen sich (nicht nur in Bezug auf entsprechendes „Sponsoring“) in den geldorientierten Fragwürdigkeiten der sich um Kunst entwickelnden Kunstmarktaktivitäten leicht eine überaus hohe wissenschaftliche Bedeutung zuordnen lässt. Kein Wunder also auch, dass diese dort ins Zentrum der Aufmerksamkeiten gelangen. und so auch als „überaus hilfreich“ und zweifellos auch immer wieder als „sich bewährend“ gelten werden. Kein Wunder aber auch, dass sich dabei die Wissenschaftsdisziplin „Kunstgeschichte“ letztlich als eine unverzichtbare theoretische Grundlage aller dort, am „Kunstmarkt“ geldorientiert organisierten, oder auch „sponsorisierten“, Kulturverfallsprozesse, erweisen wird. In diesen Verkettungen lassen sich die, doch ebenfalls nur über geldorientiertes Denken zustande gekommenen, zuweilen eben auch kulturbedrohend aufschäumenden Motivationen oder auch daraus folgende, entsprechend menschenverachtend zu- und zerschlagenden (vielleicht dann auch tatsächlich bestimmten „bierflaschenbewaffneten Blaukitteln“ aufgetragenen oder zuzuordnenden) Ausfälle, keineswegs einfach als gefährliche Gegenbewegung gegen die Kultur und die Zivilisation aus der sie eigentlich herrühren, interpretieren, sondern eher als eine der eben auch immer wieder konsequent aus Verhältnissen dieser Art von Zivilisation adäquat, und nicht eigentlich widersprechend, hervorgehenden Verständnis- und Verhaltensweisen bedenken. Die einen ebenso gelddesorientiert wie die anderen. Hinsichtlich des nun zu erwartenden Zwischenrufs, dass mit dieser Betrachtungsweise letztlich nur Entschuldigungen für derartig kulturfeindliches Verhalten geliefert werden, werde ich dann wohl erwidern müssen, dass mir letztlich eher manche der hier umrissenen Wissenschaftsverhältnisse (die ich eben als zumindest „mitverursachend“ charakterisieren und bewerten muss) inzwischen schon längst nicht mehr als irgendwie „entschuldbar“ gelten können, obwohl sie scheinbar allgemein akzeptiert, doch zu den alles mitbeherrschenden gehören. Angesichts weiterer zu erwartender Einwände, - etwa mit dem Vorwurf, dass mit derartigen, an ’ästhetischen Werten und wirklicher Kultur’ doch vorbeiredenden, primitiv sozialkritisch-ökonomischen Betrachtungen wie diesen hier, welche ohnehin – wie eben alle sozialkritischen Betrachtungen, die nicht gewillt waren den besonders zu schützenden und in möglichst vielfältiger Weise herauszuhebenden „wertvollen Eliten“ einer Zivilisation, den ihnen gebührenden Rang, als den „eigentlichen Trägern“ der Entwicklung und Sicherung von „wirklich wertvoller Kultur“ zuzugestehen, - in der geschichtlichen Entwicklung bisher „nichts Gutes gebracht haben“, werde ich mir unter den gegenwärtigen geschichtlichen Verhältnissen aber doch wohl jeden Hinweis darauf, dass gerade dieses, gerade gegenwärtig wieder so deutlich betonte, „Lob der Eliten“, eines der bestgeeignetsten Elemente frisch modernisierten, genuin faschistischen Denkens sein kann, wohl vielleicht nun doch verkneifen müssen?
Siehe zu diesem gesamten Komplex auch:
Bernd H. J. Eichler: „Über den besonderen Bildungswert spielerisch in die Hand genommener und systematisch im Sinn bewahrter Musikinstrumente“, (Beitrag zur Diskussion 'Forum Bildung' vom Juli 2001; unwesentlich gekürzt)
Bernd H. J. Eichler: „Dudelsäcke im europäischen Spannungsfeld zwischen Ost und West“ (Vortrag vom 4.12.2004 zur Internationalen Arbeitstagung "Musikinstrumentenbau im interkulturellen Diskurs" des Musikwissenschaftlichen Seminars der Universität Bonn.) sowie:
Bernd H. J. Eichler: “Zur Position der sogenannten ‘durchschlagenden Zunge’ im ‘natürlichen System der Musikinstrumente’ (Vortrag vom 20.11.1999 zum 20 internationalen Musikinstrumentenbau-Symposium vom 19. - 21.11.1999 im Kloster Michaelstein) aber auch:
Bernd H. J. Eichler: “Zur Systematischen Position der sogenannten ‘durchschlagenden Zunge’ (Abstract zum Vortrag auf dem 20. Musik- Instrumentenbau-Symposium, vom 19.- 21.11.1999 im Kloster Michaelstein)
Zu der in diesem „Abstract“ vorgestellten Möglichkeit einer „Dudelsack-Melodiepfeife“ mit „rahmenjustiert- spaltgenau durchschwingender Zunge“ (worauf ich auch an anderer Stelle eingegangen bin) möchte ich nun auch Folgendes (wozu ich mich bislang noch nie schriftlich geäußert habe) anmerken:
Das erste Mal, dass mir eine solche „Zunge im Rahmen“ als ein im Dudelsack verwendeter Tongenerator begegnete, war 1975 im Kulturhaus von Strakonice (CSSR) während einer recht wilden, die ganze Nacht durchgehenden, Betriebsfeier des dortigen Großbetriebes, mit vielen Böhmischen Böcken und viel Bier. Zu dieser Feier waren von tschechoslowakischen Freunden auch einige ausländische Gäste (so auch einige jüngere Dudelsack-Interessenten aus der DDR) eingeladen worden. Diesen Besuch hatte Fridjhof Schulze, damals einer der ersten und rührigsten Neo-Folkloreaktivisten der DDR, privat für uns vermittelt und organisiert. Ich hatte damals schon mit der Herstellung von verschiedenen Schalmeien und Flöten sowie anderen Klein-Instrumenten begonnen, auch bereits verschiedene Dudelsäcke in verschiedenen Gruppen gespielt und zum Teil auch „restauriert“, aber noch keinen Dudelsack selbst gebaut, - hatte es aber bereits vor. Nachdem wir uns in Strakonice die Tongeneratoren verschiedener Böhmischer Böcke genau angeschaut hatten (zumeist wurde es uns freundlich erlaubt), gingen wir auch zu dem ebenfalls eingeladenen Dudelsackspieler aus Estland, Herrn Taul senior, dessen estnischer Dudelsack uns zunächst nicht so interessiert hatte. Dieser überaus freundliche und bescheidene Musiker, der zudem offensichtlich besser Deutsch sprach als wir Berliner, und dem ich in den folgenden anderthalb Jahrzehnten immer wieder zusammen mit seinem Sohn (der dann professionell „original estnische“ Dudelsäcke herstellte) zu den verschiedensten internationalen Dudelsackfestivals begegnen konnte, zeigte uns gerne seine Melodiepfeife, wollte aber nicht den Bordun öffnen. Es war ihm offensichtlich peinlich. Er sprach viel über die Schwierigkeiten bei der Revitalisierung des estnischen Dudelsackes, insbesondere darüber, dass das besondere Problem sicherer Borduntöne noch nicht ganz gelöst sei usw. Nachdem wir ihn doch überredet hatten, zeigte er uns, dass am Grunde seines Bordunrohres eine kleine Messingplatte mit durchschwingender Messingzunge, aus einer Harmonika, eingelassen war. Er versicherte, dass sich auf diese Weise wirklich die genauesten Borduntöne erzeugen lassen, denen allerdings der ansonsten – beispielsweise bei den wunderbaren Böhmischen Böcken - so typische „leicht- schnarrende“ Klangcharakter, weitgehend fehlt. Jahre später lernte ich auch den ältesten und damals noch einzigen authentisch-traditionellen sorbischen Dudelsackspieler mit seinem Instrument, Herrn Schuster, bei verschiedenen privaten Besuchen, näher kennen. Der erste Anlass dafür waren eine Reihe von Tonaufzeichnungen sorbischer Stücke und Lieder (Dudelsack und kleine dreisaitige sorbische Geige), die der Musikethnologe Dr. A. Hesse dort in den kleinen sorbischen Häusern aufzeichnete, wobei er mich (ohnehin als notorischer Dudelsack-Interessent bekannt) auch „zur besseren Kommunikation“ mitgenommen hatte, da ich damals dort sowohl als Dudelsackspieler und Dudelsackbauer als auch aus Fernsehen und Rundfunk mit verschiedenen anderen Instrumenten und eben auch mit meiner Sammlung, bekannt war. Schuster erzählte bei diesen Besuchen immer wieder, - auch ohne dass speziell danach gefragt wurde –, dass in seinem Bordun vor vielen Jahrzehnten „von einem der Alten“ (also einem Angehörigen früherer Generationen, die - wie er immer wieder betonte - „viel mehr gewusst haben als die ganze Wissenschaft heute“) eine „Messingzunge aus einer Harmonika“ eingebaut worden war, und sein Bordunton seit daher auch nie wieder nachgestimmt werden musste... Er konnte aber nicht sagen, ob diese Messingzunge nun mit Grundplatte und demgemäß entsprechendem Rahmen eingebaut wurde, oder nur als einfache „oberständig schwingende“ Zunge über einer entsprechend zubereiteten Hülse funktioniert.
Ich weiss nicht genau, inwieweit 1975 mein Bewusstsein, trotz meines bereits ganz wilden Interesses an den verschiedenartigsten Dudelsäcken, vielleicht doch noch teilweise von gewissen dumpfen Subalternitätsstrukturen gegenüber „feststehenden Traditionswerten“ umgarnt war? Vielleicht war ich doch noch in dieser Weise geneigt, etwa der erniedrigenden Kraft von „abstrakt festgelegten höheren Werten“ nachgeben zu wollen, denen man bei „Folklore“- (sobald man die damals plötzlich so übermäßig um sich greifenden und auch auf den verschiedensten Ebenen intensiv verbreiteten Vorurteile dazu, ernst nehmen wollte, oder ihnen etwa glaubenschenkend zuneigte - was ja in meinem Umfeld allgemein geschah) eben doch in schicksalhaft kultureingebundener Weise ’verpflichtet’ sei und dem letztlich nicht ständig entweichen könne... Obwohl ich freilich in der Realität, ständig gegen gerade diese Seite abstrakter Werte, am liebsten und am heftigsten rebellierte. Jedenfalls habe ich damals den mutigen Versuchs-Schritt der Familie Taul, tatsächlich nur für eine nicht besonders ernstzunehmende Belanglosigkeit, jenseits der überaus ernstzunehmenden Bedeutung der ’authentischen Tradition’ gehalten, - vielleicht sogar für einen Fehltritt, der keines weiteren Nachdenkens Wert ist... Heute ärgere ich mich, dass ich darauf nicht bereits in meinem Dudelsackbuch eingegangen bin und mich so nicht schon eher in Richtung auf neue, konkrete Werte weiterführenden Nachdenkens, eingelassen habe, - auch wenn ich mir damit damals ganz gewiss, noch weitaus größere Schwierigkeiten und noch heftigere Verleumdungen eingehandelt hätte.
Bei Schuster war ich dann aber bereits, aus ganz bestimmten Gründen, in höchstem Maße interessiert genauestens zu erfahren, um was es sich wirklich handelt. Aber sein Instrument, welches offenbar schon seit Jahrzehnten nicht mehr an der Bordunfassung bewegt worden war, ließ sich wirklich nicht öffnen, und als ihm mein deutliches Interesse klar wurde, nahm er mir das Ganze auch sofort aus der Hand. Er hatte schließlich auch seine Erfahrungen mit Wissenschaftlern... Ich hoffe aber, dass dieses spezielle Instrument von ihm noch erhalten ist, und denke heute, dass es als echte musikethnologische Sensation angesehen werden müsste, wenn sich vielleicht einmal, bei der letztlich doch irgendwann anstehenden Analyse des Gerätes, erweisen sollte, dass auch bei den in Deutschland lebenden Slawen Gleiches geschah wie in Estland: In ihrem Bestreben, eine von werktätigen Menschen in früheren Zeiten selbstgeschaffene Kultur auch in heutigen Zeiten fortführen zu wollen und der ihnen dabei begegnenden Schwierigkeiten auf der Suche nach musikantisch sicheren Borduntönen, greifen sie plötzlich auf ein eigentlich nur in Asien bekanntes Prinzip der Tonerzeugung zu. Eine zutiefst eigenwillig-subjektive und zutiefst menschliche Erscheinungsform von „Globalisierung“, welche in diesem Falle vielleicht auch nicht einfach zufällig gerade innerhalb einer der wenigen noch möglichen kulturellen Bereiche anzutreffen war, innerhalb derer man immer noch die Möglichkeit hat, sich in einer menschlichen Weise, gegen deren sonst so alles überwältigende Tendenzen zu kulturgefährdenden Unmenschlichkeiten, noch selbst, kulturvoll zu wehren, selbst zu bewähren und zu bewahren. Wo mag es Vergleichbares möglicherweise noch gegeben haben? Wenn ich wieder meine Erfahrungen dazu überschaue, so wird die professionelle Musikethnologie in Deutschland dem freilich kaum erkenntnissinnig gegenüber stehen. Aber ich denke nicht, dass dort – auf den oberen Ebenen des Wissenschaftsgeschehens - die eigentliche Gefahr in dieser vergleichsweise sehr punktuellen Angelegenheit lauert. Dies wäre schließlich lediglich als ein vielleicht bedauerlicher Verlust auf Grund bestimmter wissenschaftlicher Insuffizienz anzusehen; was allenthalben – geradezu zur Normalität gehörend – dort vorkommt. Schwererwiegende Gefahren lauern in diesem speziellen Falle wohl eher in der Praxis; und auch nicht auf der oberen, sondern eher auf unteren Ebenen des Wissenschaftswirkens. Wenn ich nur daran denke, dass das in Frage stehende Traditionsgerät Schusters, einmal von einem auf hiesigem musikethnologischem Niveau ausgebildetem und auch mit entsprechender Mentalität ausgestattetem, Museumsmitarbeiter, tatsächlich gezielt geöffnet werden wird, und dieser dabei auf eine Harmonika-Zunge stößt, so ist es das Allerwahrscheinlichste, dass diese sofort entfernt und zur Seite gelegt wird und der Haushandwerker etc. oder vielleicht auch ein örtlicher Dudelsackbauer, den Auftrag erhält, alsbald den auf Sachs / Hornbostelschen oder auch Stockmannschen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden, „musikethnologisch gesicherten Originalzustand“, dieses ethnisch so höchst wertvollen Kulturgutes, in voller museologischer Verantwortlichkeit, auch mit seinem ’originalen’ Tongenerator, ordentlich museumsgerecht wiederherzustellen und dann frisch gereinigt und „authentisch restauriert“, dem Publikum in diesem Sinne zu repräsentieren. Die dazu übliche Systematik, sowie weitere nötige Fachliteratur, um sich bei all dem auch vollkommen sicher zu sein, wird man auch in kleineren Institutionen zur Hand haben und die Autorität, des vielleicht herbeigerufenen Dudelsackbauers, wäre in diesem Falle ohnehin nicht zu übertreffen. Und dann bräuchte – da es schließlich um besondere ethnische Werte geht – nur noch ein ganz kleiner Tropfen von Nationalismus oder verbissenem Regionalpatriotismus hinzukommen, damit die schändliche Harmonikazunge nicht einfach im Hausmeisterhandwerkskasten abgelegt, sondern auch wirklich als Schandfleck übelster, aber nun doch glücklich verhinderter, Verfälschungsbestrebungen, der endgültigen Vernichtung zugeführt wird, wobei auch alle Spuren in Hinsicht auf den Museumsbestand, zur Beseitigung anstehen werden. Derartige „Selbstreinigungsvorgänge“ werden in einer, in derartiger Weise ’wissenschaftsgeleiteten’ Praxis, mit der gleichen Sicherheit ablaufen können, wie die Selbststabilisierungsprozesse um das „Systematikparadoxon“ in der wissenschaftsbetrieblich abgesicherten Theorie.
Wenn ich aus heutiger Sicht zu meiner Haltung aus dem Jahre 1975 angesichts des „Taulschen Dudelsackes“ sowohl deutlich ärgerliche Zweifel über mich, als auch fragende Zweifel zu mir  bedenken kann und muss, so war ich und mein Interesse an dem mir später begegnendem „Problem der Messingzunge“ im Schusterschen Dudelsack, bereits durch ganz andere Erfahrungen vorgeprägt und sensibilisiert: Die eigentlich unübersehbare (aber immer wieder allseits verlogen verleugnete) Zunahme faschistoider Tendenzen, bis hin zu offen profaschistischen Aktivitäten in der DDR, die einem keineswegs nur in Form trivial-nationalistischen Gebarens, auf den Strassen Berlins, oder (und dort weitaus häufiger und aggressiver) auf den Strassen Leipzigs, sondern ebenso (wenn auch auf dieser Ebene zunächst viel subtiler) unmittelbar in der Neofolkloreszene der DDR, zumal aber auch unübersehbar innerhalb der ZAG Musikfolklore und dem Leipziger Zentralhaus, begegneten, mussten mich aufmerksamer und auch in diesem Punkt immer nachdenklicher machen. Dabei meine ich nicht einfach nur solche Tendenzen wie den dort zunehmenden Kult um die „Führerpersönlichkeit der Folklorebewegung“ oder auch der so oft beschworenen und vielfach umkulteten Ideologie einer „Folkfamilie“ mit ihren deutlich ausgrenzenden Festlegungen darüber „wer dazugehört und wer nicht“ (begleitet etwa auch durch solche „Folk-Gags“ wie „Jürgen spiel auf, wir folken Dir“) oder die dortige, ganz unverhohlene, zuweilen auch ganz gezielte, und wohl auch gezielt gelenkte, Zunahme der auch offen seitens des Zentralhauses oder in der ZAG ausgesprochenen Verachtung und Missachtung bestimmter, in der DDR lebender Ausländer. („Die Vietnamesen werden doch hoffentlich bald wieder aus der DDR rausgeschmissen!“ {formuliert von einer Funktionärin des Zentralhauses auf einer Arbeitssitzung der von dem ZAG Parteiverantwortlichem geleiteten Arbeitsgruppe ’Feldforschung’}; „Zum Glück werden diese afrikanischen Hilfsarbeiter jetzt endlich von der Polizei nachts in ihren Unterkünften bewacht, um endlich unsere Töchter vor diesen ’sexuell unaufhaltbaren Naturtalenten’ zu schützen...“ {verschiedentlich formuliert und variiert in den Arbeitssitzungen der ZAG- Arbeitsgruppe Musikinstrumente vom Leiter des ASMW Markneukirchen und anderen von ihm dominierten Mitgliedern der AG}). Letztlich geht es dabei aber um eine weitaus komplexere Problematik, welche wohl auch alle anderen damaligen Entwicklungen in der DDR deutlich mit beeinflusst und auch mit geprägt hat, - hier aber unmöglich mit wenigen Worten charakterisiert werden kann. Die dabei in der Folk-Szene am deutlichsten faschistoid agierenden Funktionäre aus der ZAG Musikfolklore (ASMW; ZAG-Parteiverantwortlicher, ZAG- Verantwortliche des Zentralhauses u. a.) brachten dann alsbald die deutschtümelnd-orientierende Parole des „Kampfes gegen Traditionsverletzungen (!?) bei der Pflege deutscher Dudelsäcke in der DDR“ auf, und einige Jahre später wurde von dieser, inzwischen ebenfalls in den Status einer solchen „Führerpersönlichkeit“ erhobenen Seite erklärt, dass nun endlich auch „die exotische Phase in der Beschäftigung mit dem Dudelsack in der DDR überwunden werden konnte und nun abgeschlossen sei.“ Und das wurde dann auch der Leitung des Zentralhauses und den Funktionären des Kulturministeriums, als die „von dieser ’ZAG- Arbeitsgruppe Musikinstrumente’ erarbeitete Einschätzung zum „aktuellen Entwicklungsstand der Musikfolklore in der DDR“, angeboten. Prof. Stockmann war (zusammensitzend mit Dr. A. Michel ) persönlich bei der Verkündung und Propagierung dieser (aus meiner Sicht in mehrfacher Hinsicht verheerenden) „Einschätzungen“ dabei, und verlegte sich bei dieser größeren Zusammenkunft von verschiedenartigsten Funktionären und Musikanten, wieder auf sein, von jeweils vielen bedeutungsvollen Lächel-Gesten begleitetem „Schweigen des großen Weisen“. So sollte wohl nun auch kraftvoll und ungehindert, an das Werk der Durchsetzung einer nun klar vorgegebenen ’deutschen Linie’ gegangen werden. Damals wollte dann auch der ZAG Parteisekretär (der über viele Jahre hinaus die Förderung durch Stockmann in ganz besonders demonstrativer Weise erfuhr), - als ihm auf einer ZAG- Sitzung zur Vorbereitung der kommenden DDR-Folklore-Werkstatt, die Liste der von den Kultur-Bezirkskabinetten zur Teilnahme vorgeschlagenen Folk-Gruppen aus dem ganzen Land, vorgelegt wurden, - sofort alle Gruppen mit englisch-irisch-amerikanischen oder sonstigen nicht-deutschen Gruppen-Namen, persönlich von der Liste streichen... Ich kann mich nicht entsinnen, dass – außer mir – auch andere ZAG- Mitglieder damals sofort protestiert haben. Letztlich konnte aber eine solche politische Linie dort doch nicht durchgesetzt werden, - vielleicht auch deswegen, weil es, neben diesen Peinlichkeiten, auch noch ganz andere gab: Ganz offensichtlich bildeten die „zu streichenden Gruppen“ einen sehr großen Teil dieser vorgeschlagenen Liste, und wer auch nur einige dieser Gruppen kannte, konnte auch wissen (und das traf doch noch auf manche ZAG- Mitglieder zu), dass gerade dort in der Regel weitaus bessere, vielseitigere und sensiblere Musikanten zu finden waren, als etwa in der quasi als „Leitkultur“ benutzten Leipziger „Vorbildgruppe“ des Zentralhauses in Leipzig.
Generell kann bei der Betrachtung derartiger Entwicklungen aber nicht daran vorbeigesehen werden, dass dies alles eben auch stets mit der sozialen Ausrichtung bzw. der Zusammensetzung all der sozialen Gefüge zu tun hat, in denen sich solche Taten und Tendenzen abzeichnen und auch verwirklichen. – Dies gilt sowohl in Hinsicht auf die 'ganz großen Politik’, als auch in Bezug auf so scheinbar ’lächerlich kleinen Dinge’ wie einem winzigen Stück Messingblech in vielleicht nur einem einzigen estnischen Dudelsack, aus dem es sicher auch schon sehr lange wieder herausgenommen worden ist...
In dieser ZAG, in welcher zunächst vor allem aktive Musikanten aus bestimmten Amateur-Folkloregruppen der neu entstandenen Folk-Szene vertreten waren, änderte sich die Zusammensetzung im Laufe der Jahre vor allem in der Weise, dass zuletzt ein unsinniges Übergewicht an „nicht musikantisch-folkloristisch tätigen“ Funktionären und Vertretern verschiedener anderer ausgewählter staatlicher Institutionen zu verzeichnen war. Durch welche verschiedenartigen Kräfte dies bedingt war, ist hier schwer zu sagen, aber sicher historisch zu ermitteln... Und die erwähnten faschistoiden Tendenzen gingen dann auch vor allem von derartigen Institutionsvertretern bzw. Funktionären aus, von denen nahezu alle irgendwie in der Lage waren (und dies auch immer wieder aktiv und gezielt unternommen haben), jedem einzelnem ZAG – Mitglied, aber auch jedem sonstigen auserkorenen Musikanten aus der Szene, bestimmte (oft auch sehr gefragte) Vorteile und besondere Möglichkeiten zu bieten, aber auch allzeit zu jeweils erwünschtem ’Wohlverhalten’ zu veranlassen. Ein ganz charakteristisches Beispiel aus diesen, schon in den ersten Jahren der ZAG wirksam werdenden Strukturen scheint mir (auch wegen der damals dazu außerordentlich heftig überkochend dampfenden „Gerüchteküche“) die offenbar als spezielles „Stockmannsches Hintergundprojekt“ zustande gekommene, und dann auch als solches entsprechend in bestimmten (aus meiner Sicht bereits stark korrumpierten) Teilen der neofolkloristischen Szene bewunderte „Folks Tanz Haus“ - LP aus dem Jahre 1985, mit einem vergleichsweise überaus bemerkenswertem Plattentext von E. Stockmann selbst. Er liebte offenbar das gezielte Lancieren ganz bestimmter, anfangs stets mit vielen Verschwiegenheits-Festlegungen verknüpfter, aber doch sehr deutlich und auch demonstrativ unter seiner „persönlichen Schutzherrschaft“ stehender „Hintergrunds- bzw. Geheim-Projekte“, die jeweils auch unverkennbar mit dem Wirken verschiedenartigster unter-, über- oder nebengeordneter Machtebenen verknüpft waren. Letztlich aber hatten derartige Stockmann-Projekte, bzw. ihre Ergebnisse, aber auch einen überdeutlich wissenschaftsschädigenden bzw. wissenschaftskorrumpierenden Charakter. Dies trifft sicher sowohl auf die scheinbar eher innerwissenschaftlich organisierten Vorgänge gegen Dr. A. Hesse zu (um nur ein dortiges Beispiel zu nennen), als auch auf alle die, welche mehr im Verbund mit der ZAG und der neueren Folk-Szene vonstatten gingen. Von meinen konkreten Erfahrungen her kann ich dies mit Sicherheit zu all den von ihm gezielt verschleiert eingeleiteten, mich jeweils auch unmittelbar betreffenden Korruptions- und Verschleierungs-Versuchen und den dann nachfolgenden, organisiert „geheimzuhaltenden“ Projekten und Unternehmungen zu den Themen Dudelsack, Maultrommel und deutsche Cister sagen... Deren innere Tendenzen und die dabei zustande gekommenen Ergebnisse haben tatsächlich zu jeweils deutlich wissenschaftskorrumpierenden und erkenntnisbehindernden Tendenzen und Ergebnissen geführt.
Was nun seinen Plattentext von 1985 betrifft, den ich soeben als „vergleichsweise bemerkenswert“ bezeichnet habe, so möchte ich mich damit auf eine drei Jahre später erschienene neofolkloristische Platte und deren Text beziehen, die allerdings dann als ein in dieser ZAG doch in gewisser Weise ’öffentliches’ und auch kollektiv beratenes Projekt erschienen ist und auch einen inhaltlich gänzlich anderen Text zu dieser Geschichte aufweist (einen Text, welcher, wiederum in bemerkenswerter Weise, von einem bekannten Kulturfunktionär aus Leipzig verfasst wurde.)
Beide Platten sind dann alsbald in weiten Teilen der Szene als die „Stockmann LP“ und die „ZAG-LP“ bezeichnet worden, wobei der Text der zweiten immer wieder als „nicht so gut“ oder auch als „schlecht“ und der von Stockmann zumeist als „sehr gut“ und „sehr wissenschaftlich“ sowie vor allem immer wieder als „sehr verdienstvoll für die Folkbewegung“ eingeschätzt und hervorgehoben wurde. Ich halte den Text der zweiten LP (abgesehen von einigen eher unerheblichen Druck-Fehlern bzw. Fehlangaben zu bestimmten Musik-Titeln) für eine durchaus wissenschaftlich solide und inhaltlich wahre Darstellung zu dieser Kulturentwicklung in der DDR. Den fatalen Text von Stockmann, in dem sich ohne Weiteres eine Reihe von eindeutigen und offenbar auch ganz gezielten Fehl- und Falschdarstellungen finden und nachweisen lassen, halte ich hingegen für völlig verantwortungslos... Er gehört zu der Vielzahl schändlicher Dokumente von selbstdarstellerisch motivierten Verlogenheiten, die im Zusammenhang mit dieser Geschichte der „Folk-Bewegung“ in der DDR entstanden sind. (Wobei ein großer Teil davon, zumal beim ASMW in Markneukirchen, und wohl auch im Zentralhaus in Leipzig, sicher ab 1989 wieder angstvoll vernichtet wurde; - als Schallplattentext bleibt dieser jedoch verfügbar erhalten). Und die damals im Hintergrund derartiger Projekte verschleierten Aktivitäten, waren wahrscheinlich von gleicher Art wie dieser Text. Letztlich aber konnten solche Aktivitäten, dann auch eine der Grundlagen dafür werden, dass bestimmte, bereits zu DDR-Zeiten organisierte Verzerrungen der Geschichte dieser besonderen ostdeutschen Kulturentwicklung, nach dem Untergang der DDR, nun umso hemmungsloser betrieben wurden. Im Zusammenspiel all solcher Faktoren und Tendenzen wäre dann auch der spezifische Beitrag des Journalisten Wolfgang Leyn innerhalb der Vielzahl divergierender „Verzerrungsleistungen“ besonders zu beachten. Dieser konnte zu DDR-Zeiten stets, in einer ganz besonderen, eigentlich beispiellosen Doppelfunktion agieren - sowohl als hinreichend willfähriger „offizieller Staatsjournalist“ bzw. Mitarbeiter des Rundfunks der DDR (sowie für bestimmte Print- Medien der DDR) gewissermaßen „politisch geleitet und gebunden“, aber auch als (zwar „nichtmusikantisches“, aber doch in seiner obligatorischen Ansager- und Moderatoren-Funktion wesentlich mit- dominierendes „Folkländer Mitglied“ der Leipziger Szene (also als dort ’an der Quelle sitzender’ allzeitbereiter, hofberichterstattender ’Hausjournalist einer speziellen Szene’) immer wieder (hier vielleicht weniger „gebunden“) einen recht „beliebig – freien“ und wahrheitsvergessend - willkürlichen, manchmal gänzlich subjektiv gefärbten, Journalismus, zur neofolkloristischen Szene in der DDR (und danach), betreiben. Besonders bei ihm zeigen sich dabei ganz bestimmte Schwerpunkte „szenegemäßer“ Ignoranz, - beispielsweise hinsichtlich seiner demonstrativen Missachtung gegenüber bestimmten, ihm mit Sicherheit bekannten, wissenschaftlichen Arbeiten zur Entstehung und zur Geschichte dieser Kulturerscheinung und entsprechenden, nicht unwesentlichen, Aktivitäten aus dieser Entwicklung... Aber vor allem auch in Bezug auf ganz bestimmte, für diese Kulturentwicklung in der DDR durchaus bedeutende Aspekte, wie z.B. (um nur einige davon anzudeuten), hinsichtlich ganz bestimmter, auch deutlich akzentuierter und also auch entsprechend unterschiedlicher kulturpolitischer Ausrichtungen und Aktivitäten der verschiedenartigsten Gruppen aus dem ganzen Lande, hinsichtlich ganz neuartiger, neofolkloristischer Rundfunkaktivitäten, oder auch in Bezug auf ganz bestimmte musikinstrumentelle Aktivitäten auf ganz unterschiedlichen organisatorischen Niveaus, oder auch bestimmter, damals in der Gesamt-Szene durchaus heftig diskutierter, aber von bestimmten, eher „zentralhausfixierten Folkloristen“ keineswegs aufgenommenen oder etwa mitgetragenen (sondern eher gefürchteten) genuin-demokratischen Aktivitäten in der ZAG (aber auch außerhalb dieser - also eben solchen, welche gerade auf der Seite der von ihm besonders hervorgehobenen ’Teil-Szene’ nicht ausgeprägt bzw. auch überhaupt nicht vorhanden waren und so vielleicht dort eher befürchtet bzw. auch entsprechend permanent untergraben worden waren). Nach dem Zusammenbruch der DDR (und insofern dann auch seiner dementsprechenden „persönlichen Wende“), wurden seine spezifisch journalistischen Einseitigkeiten nicht nur ungehindert weitergeführt, sondern konnten nun auch noch in verstärkter Weise verzerrend, zur Wirkung kommen.
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Dies wurde mir zunächst in bestimmten Gesprächen immer deutlicher, zeigte sich dann aber überdeutlich, bis hin zu verschiedenen konkreten Peinlichkeiten, während seines ersten Besuches meiner Instrumentensammlung, in meiner Ladenwohnung in Berlin-Prenzlauer Berg.
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Später war ich dann auch entsetzt über die wiederum vorurteilsgeleitete Art und Weise des von ihm betriebenen „Wissenschaftsmanagements“ und seiner „wissenschaftsorganisatorischen Geniestreiche“, für die sich in seinem sehr subaltern ausgerichtetem Umfeld allerdings allenthalben begeisterungsfähige, vor allem aber „zustimmungswillige“ Bewunderer fanden. Ebenso konnten dort auch immer wieder genügend geeignete Personen von ihm aktiviert werden, wenn es galt, Abstimmungsverhältnisse zu bestimmten wissenschaftlichen Versammlungen und Beratungen oder das Festlegen von Forschungsschwerpunkten und Projekten bzw. von wichtigen Weichenstellungen hinsichtlich des von ihm beeinflussten Wissenschaftsbereiches entsprechend vorzubereiten. Mir musste dies alles als eine besonders ausgeprägte Erscheinungsform von intensiv vernetzter Intrigen-Kultur erscheinen, welche oft in kaum verschleierter Verkettung mit höheren Machtebenen und dann auch in besonders stringenten bzw. durchaus hinterhältig-zynischen Umgangsformen zelebriert wurde. Zuweilen sogar weitaus exzessiver (hier denke ich wieder an den Umgang mit dem Musikwissenschaftler Dr. A. Hesse), als vergleichsweise bestimmte, am Zentralinstitut für Philosophie stattfindende Macht-Konfliktzuspitzungen um Dr. P. Ruben. Immerhin ist über die letzteren (hier freilich weit deutlicher auf parteipolitisch tangierter Ebene ablaufenden) Machtkämpfe am Zentralinstitut für Philosophie, schließlich nach 1989 eine ganz eigene, und auch reichlich eigenartig philosophisch gefärbte, Skandalliteratur erstaunlichen Ausmaßes entstanden. In Richtung der „hohen Verdienste“, die E. Stockmann zugeordnet wurden und werden, konnte man dann auch weit in die 90er Jahre hinein, einen von seinen Anhängern in prinzipiell gleicher Weise fortgesetzten Lobes-Kult erleben, was sich beispielsweise anlässlich bestimmter späterer Rundfunksendungen zur Ehrung seiner Person deutlich ablesen lässt.
Damit akzentuiere ich freilich nur meine persönlichen, also auch ganz subjektiven Eindrücke, die natürlich nicht den Anspruch auf „umfassende Objektivität“ erheben können, und ich möchte nun auch nicht gleich eine rechtfertigende Vielzahl von damals unübersehbaren akademisch-politischen Intrigenspielen und entsprechend unbestreitbar unmittelbar miterlebter objektiver Tatsachenbeispiele zur Verstärkung und Unterstreichung meiner Eindrücke auflisten. Vielmehr habe ich im Rückblick auf derartige (freilich unübersehbar bis in die Gegenwart hineinwirkende) Verhältnisse und entsprechende wissenschaftsgeschichtliche Zusammenhänge eben doch die Hoffnung, dass es künftigen wissenschaftsgeschichtlichen Untersuchungen zu diesen sicher aufschlussreichen Parteiungen - insbesondere in Hinsicht auf das in Deutschland immer wieder in bestimmte Verklemmungen geratende organologische Systematisierungsdenken - gelingen möge, bestimmte fatale Zusammenhänge doch einmal sachgerecht aufzuhellen. Ich möchte dabei aber auch sogleich betonen, dass eine solche, künftig zu erhoffende, sachlich orientierte wissenschaftsgeschichtliche Aufarbeitung schließlich nicht nur verpflichtet sein muss, dann bestimmte Fakten zur Kenntnis zu nehmen, sondern sich auch den Anstrengungen akribischer Detailforschungen und entsprechender gedanklicher Mühen möglichst inhaltsbezogener (und eben nicht nur beschreibender) Erklärungsversuche zu stellen hat.
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Die ’Gefährlichkeit’ eines derartigen ’Erzählens’ besteht eben auch darin, dass ich mit der Erwähnung und Darstellung solcher zwar vielleicht aufschlussreicher, typischer bzw. auch symbolträchtiger Ereignisse (von denen ich auch für die nachfolgenden Jahre noch mit weiteren, jeweils viel Symbolik und dann auch im Detail viel mehr unmittelbar ökonomisch-soziale Brutalität offenbarenden Entwicklungen konfrontiert wurde) zwangsläufig auf bestimmte vorurteilsgeladene Mauern im Denken vieler Menschen stoßen muss. Sofern es dabei auch noch um Wissenschaft geht, werde ich, schon wenn nur ein einziges solches Beispiel detaillierter dargestellt wird (wie es ja nun bereits geschehen ist), zwangsläufig in die Nähe des üblen Geruchs eines offenbar eitlen, vielleicht sogar beleidigt- neidischen, aber auf jeden Fall ’rechthaberisch- besserwisserischen Bescheidwissers’ geraten und dazu noch für viele als ein unverkennbar typisches Beispiel für diese verdammten, stets larmoyanten Ostdeutschen dastehen, die immer wieder nur klagen, sich über das Glück der Einheit offenbar immer noch nicht richtig freuen können und offenbar auch keinerlei Dankbarkeit für die ihnen doch seit 1989 zuteil gewordene Freiheit aufzubringen vermögen, wo doch täglich von uns allen so viel Geld in diese Richtung transferiert werden muss, damit es ihnen, obwohl sie sich immer noch nicht richtig aufgerafft haben, um in der ’neuen’ Gesellschaft anzukommen, auch dort gut gehen möge... Das alles kenne, weiß und höre ich seit vielen Jahren sehr wohl.
(32)
Siehe dazu:
Bernd H. J. Eichler: “Über mögliche Konsequenzen zur Systematisierung von Musikinstrumenten, angesichts eines inkonsequent gebrauchten Begriffs der ‘Systematik der Musikinstrumente’“
(33)
Siehe dazu
Bernd H. J. Eichler: “Die Maultrommel als Gegenstand des Musikunterrichts - Systematisches Musikinstrumentenverständnis und ‘fremde Musik’“ sowie
Bernd H. J. Eichler. “Über die Wechselseitigkeiten von Instrumentalkonstruktion und Klangmöglichkeiten bei Maultrommeln“, in: Instrument und Umwelt - Wechselbeziehungen zwischen der Beschaffenheit von Musikinstrumenten und ihren kulturellen Rahmenbedingungen, hrsg. von M. Bröcker, Bamberg 1995
Die mögliche Symbolträchtigkeit meiner „Nebengeschichte zur Maultrommel“, auf die ich hier nochmals hinweisen möchte, lässt sich – zumal in Hinsicht auf den anschließend weiterführenden Text meines Vortrages - auch noch weiterreichend bedenken: Zunächst hatte ich auf der dann erwähnten späteren Veranstaltung der Musikethnologie in Westberlin (nachdem sich dies für mich aus der dortigen Diskussion, in der es um mögliche Perspektiven und Aufgaben der Musikethnologie und - wie zumeist bei solchen Diskussionen - auch um die vielbeschworene Problematik der „Interdisziplinarität“ ging) auf die mir offensichtlich erscheinenden Querverbindungen hingewiesen, die sich bezüglich der Musikethnologie in der internationalen Wissenschaftsdiskussion um die Soziobiologie von E. O. Wilson abzeichnen und ich versuchte dann auch, auf das Beispiel der dort sehr intensiv von Humanethologen und Soziobiologen diskutierten traditionellen Musikkultur bestimmter ’Selbstmord-Balladen’ bei verschiedenen Eskimokulturen, als Beispiel für derartige fachübergreifende Wissenschaftsentwicklungen, sowie entsprechende Problemvernetzungen einzugehen. Dabei wurde ich allerdings von einigen, mir als reichlich rüde in Erinnerung gebliebenen Einwürfen seitens jüngerer Musikethnologen aus Westberlin, welche sich mit Zwischenrufen wie: “Wat denn nu? - Ethnologie oder Ethologie?“ hören ließen, unterbrochen...Prof. Kuckertz (der mich damals in der Humboldt-Universität angesprochen hatte und diesmal nicht im Publikum, sondern im Präsidium der Veranstaltung saß - ich weiß nicht ob es sich hier vielleicht auch um Studenten von ihm handelte), war nun bestrebt das Publikum umgehend vor meinem, offenbar wieder als völlig verfehlt empfundenem Beitrag zu bewahren und forderte mich auf, diese ’doch sehr speziellen Probleme’ besser nach der Veranstaltung, persönlich mit ihm zu besprechen. Das war zwar deutlich diskriminierend, - aber ich musste mich notgedrungen daran halten und konnte mir dann auch seine ablehnende Position zu all den musikethnologischen Forschungsprojekten, die sich auch auf die moderne Verhaltensforschung bzw. Soziobiologie beziehen wollten, anhören. Mit einer für mich erstaunlichen Offenheit (E. Stockmann hätte sich kaum in einer solch klaren Weise geäußert, sondern eher wortreiche, zynisch- abwertende Andeutungen formuliert) verdeutlichte er seine diesbezügliche Ablehnungshaltung und sagte dazu: „Ich habe als Gutachter für die DFG laufend mit derartigen Anträgen, die sich auf Verhaltensforschung berufen, zu tun, die ich aber ablehnen muss, weil sie einfach primitiv sind...“ (Ich verzichte hier darauf, nun all die Widersprüche und Fragen aufzuwerfen oder zu verdeutlichen, die in diesem Zusammenhang zum Hornbostel - Vorwort von Kaden deutlich werden müssten; -.vielleicht hatte Kuckertz dieses nicht gelesen?) Jedenfalls fühlte ich mich damals geradezu in die siebziger Jahre der DDR zurückversetzt, wo eine ähnlich grundsätzlich ablehnende (von mir als Spezialist für Biologie und philosophischen Biologismus aber keineswegs vertretene) Haltung unter Philosophen und Gesellschaftswissenschaftlern sehr verbreitet war. Letztlich konnte ich ihm dann aber doch ein von mir vorbereitetes Konvolut zur Maultrommel übergeben. Schließlich war ich damals immer noch der Ansicht, dass gegen Vorurteile in der Wissenschaft nur solide wissenschaftliche Argumente, in einer sachlich unterbreiteten Form, wirksam sein können. Für die Übergabe dieses umfangreichen Ordners achtete ich sogar darauf einen Zeugen (einer meiner Musikanten-Kollegen) dabei zu haben, da es sich um noch unveröffentlichtes Forschungsmaterial handelte. Ich habe diesen Ordner dann allerdings nie zurückerhalten, niemals eine Meinungsäußerung von Kuckertz dazu erfahren, und auch nie wieder mit ihm Kontakt aufnehmen können. (Als ein Beispiel seiner auch publizierten Position zur Systematik von Sachs & Hornbostel möchte ich auf seine Darstellung in: Jahrbuch des staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz 1994, auf S.419 verweisen. Hinter seiner inhaltsleeren Formulierung, dass diese „ … aus unserem Fach nicht mehr wegzudenken.“ sei, wird lediglich die Realität, dass  in diesem Fach dazu offenbar nicht mehr ‚hingedacht’ werden soll, verschleiert.)
Kurze Zeit später gelang mir jedoch die Veröffentlichung eines bestimmten Teils dieser Ausarbeitungen. (Siehe: “Über die Wechselseitigkeiten von Instrumentalkonstruktion und...) Allerdings nur auf mein unnachgiebiges Drängen hin und trotz der deutlich demonstrierten Unwilligkeit der Herausgeberin, - was wiederum dazu führte, dass dieser Text dann letztlich mit deutlich diskriminierenden Druckfehlern veröffentlicht worden ist. Zudem wurde ich damals auch ausdrücklich wegen meiner darin enthaltenen (beim Thema Maultrommel eben nicht zu vermeidenden) Kritik an C. Sachs gerügt und nochmals, in einem besonderem Schreiben von M. Bröcker, darauf hingewiesen, dass man doch mit C. Sachs nicht in dieser Weise umgehen könne...(A. Michel sah sich zur gleichen Zeit ebenfalls veranlasst, mir fast gleichlautende ’Hinweise’ in dieser Richtung zu geben und sprach von „unberührbaren Heiligen“.) Die von M. Bröcker in diesem Sinne in ihrem speziellen Brief angeführten „Argumente“, waren dabei von hervorstechender Hilflosigkeit und ohne jede Substanz. Meine daraufhin in ausführlichen Briefen eingehend begründeten Vorschläge zu weiterführenden Veröffentlichungen über vorliegende aktuelle Ergebnisse aus meinen speziellen Instrumentenforschungen, sowie zu weiteren laufenden Forschungsvorhaben der von mir betriebenen „Vergleichsanalytischen Organologie“, wurden dann nicht mehr beantwortet.
Im Nachhinein erscheint mir dabei folgender, vielleicht auch nur als zufällig abzuwertender, aber eben doch inhaltlich-systematisch-thematisch und zeitlich-objektiv zusammenhängender Sachverhalt, relevant: Mein (in der vorliegend veröffentlichten Form freilich etwas verunstalteter) kritischer Artikel zur Maultrommel erschien damals im gleichen Publikationsorgan des ICTM wie ein Artikel der bereits erwähnten Vietnam-Spezialistin G. Jähnichen, zu einem besonderen (gerade auch im Sinne des Systematikverständnisses hochinteressant- aufschlussreichem) primär- aerophonem Instrument dieser vietnamesischen Minderheit, aus der soeben in der „Nebengeschichte zur Maultrommel“ geschilderten Veranstaltung mit meiner „Maultrommel-Frage“ in der Humboldt Universität. Nimmt man in diesem „Systematik- und Maultrommelzusammenhang“ dann noch die zur gleichen Zeit in Buchform vorgelegte westdeutsche Publikation zur „Kulturgeschichte der Maultrommel“ von R. Plathe hinzu, so könnte man alle diese Arbeiten, die sich letztlich sowohl zeitlich als auch inhaltlich, deutlich in einem bestimmten Zusammenhang befinden, zum Anlass einer wissenschaftshistorischen Vergleichung der zu diesen hochaufschlussreichen „weichenstellenden Wendezeiten“ deutlich zu unterscheidenden Tendenzen (oder auch methodologischen Niveaus?) der Musikinstrumentenforschung im vereinigt- vereinheitlichten Deutschland (etwa unter „besonderer Berücksichtigung der Problematik des Systematisierungsdenkens“... oder auch „des damaligen Entwicklungsstandes eines kritischen Bewusstseins zur „gültigen Systematik“) nehmen und in diesem Sinne auch entsprechend weitere mögliche Fallbeispiele in Betracht ziehen.
Also: In Buchform die unbehelligt gebliebene Musikinstrumentenforschung Westdeutschlands (wo die Autorin dieser Maultrommelarbeit – in einem mir freilich völlig fremden Gestus - „für die Überlassung des Themas“ zu danken hat{?}), und andererseits eine bestimmte repräsentative Vertreterin der soeben 'evaluierten' ostdeutschen Musikethnologen (denen nun das Glück der Wiedervereinigung nicht nur in Form besserer Gehälter in einer attraktiveren Währung, sondern auch - zweifellos ganz wesentlich und unverzichtbar für dieses Fach - hinsichtlich endlich besserer Reisemöglichkeiten in alle Welt, zuteil wird). Und dann noch ein überdeutliches Beispiel für einen – entsprechend einer klar formulierten politischen Programmatik - bereits gezielt aus dem Wissenschaftsbetrieb entfernten, und entsprechend der gleichen Programmatik, systematisch weiter an den „sozialen Rand der Gesellschaft zu drängenden“ ostdeutschen „Rechtfertigungsphilosophen“ des untergegangenen „Unrechtsregimes“, der immer noch glaubt ungebührliche Fragen gegenüber professionell etabliert- eingebetteten Wissenschaftlern aufwerfen zu müssen... (Meine jetzige ungebührliche Frage in dieser Richtung bezieht sich schließlich – immer noch im gleichen Sinnzusammenhang – auf das mögliche Verhalten der deutschen Musikwissenschaft im Jubeljahr 2014.)
Dass die Maultrommelarbeit von R. Plathe dabei eine eher traditionell-kulturgeschichtliche, und die andere Arbeit zum gleichen Instrument eine ganz anders konzipierte, vergleichsanalytisch und systemisch-systematisch orientierte Untersuchung ist, kann der Vergleichbarkeit dabei keinen Abbruch tun, sondern wäre vielmehr eine der erstlich wahrzunehmenden Wesensunterschiedenheiten. Und dass diese eher „traditionell kulturgeschichtliche“ Untersuchung offenbar auch aus einer geschichtlich eher „traditionellen“, älteren, aber noch lebendig erhaltenen Wissenschaftskultur kommt, wohingegen die „vergleichsanalytische“ Untersuchung aus einer weitaus späteren, ganz anderen, inzwischen aber bereits wieder weitgehend vernichteten Kultur, stammt, wäre wiederum Anlass, auch die entsprechend unterschiedlichen Wissenschafts-Kulturen, analytisch eingehender zu vergleichen (soweit dies jeweils noch möglich sein könnte)  - und vielleicht dann auch etwas genauer verstehen zu können, als dies zu Zeiten der in Ostdeutschland so verheerend wirkenden ’Umgestaltungen’ und ’Evaluierungen’ der Fall war...
Außerdem muss ich - immer noch im inhaltlich gleichen Zusammenhang - darauf hinweisen, dass es ein knappes Jahrzehnt später nochmals zu einer entsprechenden „Vergleichbarkeitssituation“ gekommen ist, welche dann aber keineswegs irgendwie als „zufällig entstanden“, sondern offenbar eher als absichtlich und zielgerichtet zu dieser besonderen Gelegenheit eingerichteten, und wohl auch in klar beabsichtigter Differenzierung zu meiner Position (also zweifelsfrei ganz bewusst) installiert wurde. Hier beziehe ich mich auf die (bereits erwähnte) Arbeit Zur Position der sogenannten ‘durchschlagenden Zunge’ im ‘natürlichen System der Musikinstrumente’.
Diesen Vortrag, mit einer grundlegenden Darstellung meiner Konzeption zur musikinstrumentellen Systematik, konnte ich am 20.11.1999 zum 20. internationalen Musikinstrumentenbau-Symposium im Kloster Michaelstein halten. Es gab dazu verschiedene Anfragen in der Diskussion, aber keinerlei kritische Hinweise oder Einwände – was ich bedauert habe. Prof. Jobst Fricke (einer der damaligen Veranstalter dieses Symposiums), der zu meinem Vortrag anwesend war, äußerte sich (auch in einem anschließendem Gespräch, in welchem er sich selbst ausdrücklich als „Systematiker“ bezeichnete) nicht dazu. Er sprach zu diesem Symposium an einem anderen Tag über ein anderes Thema. Dies ist auch im später dazu erschienenen „Symposiums-Band“ (zu dessen Herausgebern er ebenfalls gehört) nachzulesen. Erstaunlich für mich war dann aber, dass in diesem Band plötzlich auch ein damals überhaupt nicht vorgetragener, also auch gar nicht zur Diskussion gestellter, Beitrag von ihm zur gleichen Problematik (wenn auch mit der inhaltlich-systematisch ganz falschen Überschrift:„Systematik der Klangerzeugung mit Zungen“) kommentarlos vor- und vorangestellt wurde. Von mir weiß ich, dass ich über eine solche, quasi „Stockmannsche Macht“ in der Wissenschaft niemals verfügen werde, ebenso wie ich von mir weiß, dass ich mich in ’ähnlicher’ Lage niemals in einer derartigen Weise verhalten würde. Ich denke aber auch, dass diese ’nachträglich eingeschobene’ Zusatzveröffentlichung von J. P. Fricke, ein notwendigerweise zu beachtendes Vergleichsobjekt zum damaligen Stand bzw. den entsprechenden Tendenzen des „musikinstrumentellen Systematisierungsdenkens“ in Deutschland ist.
Allerdings, und das möchte ich auch deutlich aussprechen, habe ich mich bislang aus bestimmten Gründen gehütet, etwa zu versuchen diese eigentlich überaus kritikwürdigen Ausführungen von Fricke sogleich einer umfassenden Kritik zu unterziehen. Wären sie damals dort vorgetragen worden, so hätte ich mich sicherlich mit einer ganzen Reihe unterschiedlicher Fragen zur Diskussion gemeldet.
Innerhalb der nun vorliegenden eigenartigen Form, kommt mir aber zu Vieles suspekt vor.
Nicht nur weil diese Arbeit zur Systematik dort unter einer offensichtlich systematisch ganz verfehlten und irreleitenden Überschrift offeriert wird (Was soll damit ausgedrückt werden? Wem ist vielleicht dieser sehr dumme Fehler unterlaufen?) und auch gleich die ersten einleitenden Sätze mit unbelegten (vielleicht auch unüberlegten?) Behauptungen daherkommen und dann auch im Weiteren nicht eingelöste (und aus meiner Sicht auch nicht einlösbare, sondern auf dilettantischen und illusionären Vorstellungen beruhende) Versprechungen beinhalten, sondern auch deswegen, weil – durchaus ähnlich wie bei Stockmann – hier offenbar mit einer gezielt verunklarenden Sprache gearbeitet wird. Allein sein Umgang mit dem Wort ‚sogenannt’ macht dies überdeutlich. Diese Tendenz findet sich aber auch hinsichtlich anderer Sprachlichkeiten seines ’Beitrages’ bzw. seines ’vorangestellten Nachtrages’. Was die Verwendung dieses Wörtchens „sogenannt“ betrifft, so mag, (vergleichsweise gemessen an meiner entsprechend dazu notwendigerweise ausführlich und ’penibel-akribisch’ in meinen damaligen Konferenzbeiträgen dargelegten Position) die demonstrativ flatterhaft-leichtfüßige Verwendung in Frickes Text vielleicht als „erholsam-unverbindliche“ und vielleicht auch „niveauvoll-kokett geistreichelnde Persiflage“ gegenüber meiner, vielleicht als allzu dogmatisch empfundenen, deutlich erklärten Sinnfestlegungen für meinen Text, verstanden werden, oder gar auch so gemeint sein. Solche künstlich installierten Imponderabilien sind aber meine Sache nicht. Sie sollten auch nicht Sache von 'Systematikern' sein; - so denke ich jedenfalls. Ich weiß aber auch, dass ich in solchen Dingen wiederum ganz anders denke, als andere. Mir erscheint das Ganze einfach nicht koscher. Falls ich mich aber mit meiner Einschätzung hinsichtlich „gezielter Verunklarungen“ irren sollte, so stünde ich dann mit meinem Ansinnen einer notwendigerweise ernsthaft inhaltlich-sachlich orientierten Kritik, vor der Situation, mich hier erst durch einen wirren Wust von zuvor aufzuklärenden und dann zur Seite zu legenden Vieldeutigkeiten und Wort-Unklarheiten hindurch- entscheiden zu müssen, um so vielleicht auf die „rationale Menge“ und letztlich die „Substanz“ der einer Auseinandersetzung würdigen bzw. einer sachgemäßen Auseinandersetzung angemessenen Argumente seines Textes, vordringen zu können, - ohne dabei jedoch jeweils wirklich sicher sein zu können, ob ich mich auch tatsächlich mit seinen Auffassungen und deren Inhalten, oder eher mit den Inhalten meiner Vermutungen und Interpretationen dazu, auseinandersetze... Insofern habe ich auch Angst vor einer solchen „vorverunklarten“ Auseinandersetzung in Form einer besonderen „Angst vor mir selbst“: Da ich – wie bereits ausgesprochen – sofort ein Übermaß von, mir offensichtlich erscheinenden Unsinnigkeiten, Widersprüchlichkeiten und Falschaussagen, in seinem Text wahrzunehmen meine und gleichzeitig bemerken kann, dass seine mir so eigenartigen Argumente, andere Spezialisten offenbar zu beeindrucken vermögen (!?) (was ich mir inzwischen allerdings auch wieder durchaus jeweils erklären kann), möchte ich lieber noch etwas länger an mir selbst zweifeln dürfen, als mich mit meinen so schweren Zweifeln zum wirklichen Inhalt und zum Wahrheitsgehalt seines doch nicht einfach nur zufällig „nachgeschoben - vorangestellten“ Textes, allzu schnell auf das dünne Eis bzw. das stark vernetzte Minenfeld einer sehr irrational durchwirkten Auseinandersetzungssituation zu begeben. Und bislang haben seine Ansichten und Argumente zur Systematisierung ja auch noch nicht den vergleichsweise weitaus bedrohlicheren wissenschaftsbeherrschenden Status mancher (dabei noch weitaus fragwürdiger gestalteter) Argumente und Verfahrensweisen von Stockmann erlangen können (was mir vergleichsweise dazu, allerdings in der gegenwärtigen wissenschaftlichen Diskussionskultur in Deutschland, nun auch nicht mehr als ’völlig auszuschließen’ erscheinen kann).
Da aber gerade Prof. J. P. Fricke auch als bedeutender und international bekannter Spezialist für asiatische Instrumente mit „rahmenjustiert- spaltgenau durchschwingenden Zungen“ gilt, (was ich mir früher, angesichts seiner heutigen Argumentationsweise, hätte kaum vorstellen und erklären können, - mir nun aber - angesichts bestimmter realer Wissenschaftskonstellationen, doch erklärlich und vorstellbar wird) bin ich in einem späteren Vortrag („Dudelsäcke im europäischen Spannungsfeld zwischen Ost und West“ aus dem Jahre 2004), mit Bezug auf einen mir besonders wichtigen Aspekt, sowie mit Bezug auf bestimmte Forschungsaktivitäten im Zusammenhang mit meiner Sammlung, doch einmal kurz auf seinen Text eingegangen. Es ging dabei immer noch um dieses nun schon mehrfach erwähnte „schalmeienartige asiatische Blasinstrument mit maultrommelartigem Tongenerator“. Ich greife dazu (mit leichten Textveränderungen) auf meine entsprechenden Kurzkritik aus dem Jahre 2004 zurück, in welcher ich zunächst auf meine Beiträge aus dem Jahr 1999 in Michaelstein Bezug nehme. Damals war mir die Betonung der Tatsache, dass die Ankopplung der rahmenjustiert- spaltgenau durchschwingenden Zunge auch an flötenartig grifflochbespielte Röhren schon seit Langem in Asien zu finden ist, sowie der Hinweis auf die von mir experimentell erprobte Möglichkeit, ein solches grifflochbespieltes asiatisches Instrument, auch wie eine Schalmei, als Melodiepfeife am europäischem Dudelsack betreiben zu können, wichtig. Ganz anders bei J. P. Fricke, der hier auf eine diesbezügliche europäische Erfindung von Ernst Zacharias verweist...
Was nun die erwähnte Erfindung von E. Zacharias betrifft (mit dem ich seit vielen Jahren verschiedentlich bestimmte akustische Erfindungen von mir bzw. aus meiner Sammlung, gegen verschiedene Erfindungen von ihm getauscht habe, die dann auch in meine Sammlung sowie entsprechende Expositionen systematisch eingereiht wurden) so hat er mir (bei Vorlage entsprechender asiatischer Orginal- Teile aus meiner Sammlung, welche ganz genauso wie eine seiner ’Erfindungen’ funktionieren) bestätigt, dass er diese nun erstmals ’original’ erleben konnte und sie ihm zuvor noch nicht bekannt waren. Dies geschah auch lange nach dem Erscheinen der im Kloster Michaelstein „nachgeschobenen“ Publikation. Wie ist J. P. Fricke also dann mit E. Zacharias hinsichtlich seiner „Durchschlagzungen-Erfindung“ und also seinem damit doch zweifellos untrennbar verbundenem Interesse an entsprechend analytisch zu vergleichenden „originalen Instrumenten“ umgegangen? So wie Frau Jähnichen damals mit den vietnamesischen Musikern in der Humboldt Universität?
Die hinsichtlich der Systematik aber viel wichtigere Frage wäre hier für mich, inwieweit auch J. P. Fricke damals diese asiatischen Instrumente wirklich bekannt waren, bzw. in welcher Weise er sie systematisch verstanden hat oder zu interpretieren gedenkt. Oder auch: Warum er diese historisch viel älteren asiatischen Originale (wenn er sie schon Herrn Zacharias nicht zeigen und erläutern mochte) nicht wenigstens wechselseitig vergleichend zu dessen historisch ganz junger „Erfindung“ in dieser so dringlich von ihm „nachgeschobenen“ Arbeit genauer vorgestellt bzw. gründlicher behandelt hat? Insbesondere aber wären dabei eben doch auch Fragen zu dem „schalmeienartigen asiatischen“ Instrument zu stellen...
Vielleicht wird er sich in diesem Sinne doch darauf einlassen, die ihm nun auch aus der ihm vorliegenden Publikation, bekannte „vergleichsanalytische Systematik“ von mir, und die dortigen jeweils genau möglichen Positionierungen all dieser Instrumente genauer zu bedenken, um dann auch dazu Stellung zu nehmen?
In Asien, insbesondere in China, ließen sich mit Sicherheit Millionen Menschen finden, denen dieses in meiner Kurzkritik nun zum wiederholten Male genannte ’schalmeienartige’ Instrument bekannt ist (auch wenn dort vielleicht noch niemand damit jemals an einem Dudelsack experimentiert haben wird!?!). Und unter den asiatischen Kennern dieses Instrumentes gibt es sicher auch viele tausende, die eine sinnvoll kommunizierbare Meinung zu dessen audioorganologisch- physikalisch begründeter, systematischer Position entwickeln und auch vertreten können. In Deutschland aber wird beides, auf eine irgendwie rätselhafte Weise, immer wieder durch ’geheimnisvoll-mystische’, schwer zu verstehende und kaum zu durchschauende, aber spezifisch ’wissenschaftsinterne’ Verschleierungsmechanismen verunsichert und behindert. Und dies offenbar gerade bei (oder eher ’von’?) professionellen Wissenschafts-Spezialisten für Musikinstrumente....
Was nun die Vergleichbarkeits-Problematik betrifft, so bleibt hier festzuhalten, dass sich damals in Michaelstein doch unmittelbar zwei ganz unterschiedliche Wissenschafts-Positionen bzw. unterschiedliche ’Konzeptionen’ begegnet sind, die dann auch mittels spezifischer Möglichkeiten des etablierten Wissenschaftsbetriebes in wohlorganisierter und bewusster Weise „gegeneinander gestellt“ wurden. Und beide sind, zwar in jeweils eigenartiger Weise, aber letztlich doch - in einer Publikation (wenn auch eigenartig platziert) veröffentlicht worden. (Was meinerseits freilich nur sehr selten gelingt...)
Also: Zwei unterschiedliche Positionen, von zwei unterschiedlichen Personen, mit ganz unterschiedlichen Verhaltensweisen, die aus zwei ganz unterschiedlichen, zuvor getrennten Welten stammen und inzwischen auch in jeweils noch weitaus unterschiedlicheren, und auch weitaus schärfer getrennten Welten, existieren. Ein professionell agierender westdeutscher Musikprofessor auf der einen Seite und ein (freilich nicht einfach zufällig) deklassierter ostdeutscher Langzeitarbeitsloser auf der anderen. Die aber beide doch innerhalb eines Landes leben und wirken wollten – wenn auch dort mit strukturell ganz unterschiedlich fixierten Möglichkeiten. Wobei es sich um ein Land handelt, dem, unter allen Ländern dieser Erde, wohl doch die größte Verantwortung hinsichtlich dieser immer wieder verunglückenden Entwicklung des von dorther weltweit verbreiteten bzw. dominant beeinflussten musikinstrumentellen Systematisierungsdenkens zuzuordnen sein wird, - und welches also vielleicht doch einmal seiner daraus resultierenden, besonderen Verantwortung auch entsprechend ’gerecht’ werden müsste. Und vielleicht spielt zur Verwirklichung eines so verstandenen „Gerechtwerdens“ auch ein besseres Verständnis der möglichen Zusammenhänge von Gerechtigkeitskultur und Wissenschaftskultur eine Rolle?
Ich kann in diesem weitgehend verwestdeutschten Gesellschaftssystem Gesamtdeutschlands, welches auch in dieser Weise unvermeidlich immer weitere, trennende „Unterschiedlichkeiten und Selbstverschärfungen“ von Gegensätzen, sowohl in der umfassenderen sozialen Wirklichkeit, als auch in jeweils sozial unterschiedlich geprägten Verhaltens- und Denkweisen, hervorbringen wird, zwar bestimmte Vergangenheits-Geheimdienst-Akten zu meiner Person einsehen, und die entsprechende geheimdienstliche Behörde teilt mir auch sogleich mit, dass sie lediglich über eine ´Opferakte’ von mir verfügt, über deren Inhalt wiederum ich verfügen kann. So lächerlich aber deren Inhalt letztlich auch ist, so werden mir doch - schon nach dem ersten Blick auf diese Papiere - sofort bestimmte Personen aus meinem früheren Arbeits- und Lebensumfeld als „zu entlarvende Unrechts-Repräsentanten“ offeriert... Und mir wird sogleich auch mein Recht erläutert, dies alles auf Kosten des Steuerzahlers, gebührenfrei, als Privat-Kopie, mit nach Hause nehmen zu können usw...
Aber in Bezug auf den professionell agierenden Wissenschaftsbetrieb und entsprechende Vernetzungen werden sich weder die Hintergründe, noch die genaueren Inhalte derartiger dort organisierter Vorgänge jemals von mir zu meinen Lebzeiten erfahren lassen. Ebenso wie mir auch die näheren Umstände zu den im Umkreise von Stockmann bzw. durch Stockmann selbst so unverkennbar erfolgten Wissenschaftsmanipulationen zu deutschen Cistern, zu Maultrommeln und zu Dudelsäcken (als ganz bestimmten Projekt-Beispielen) etc., oder auch zum später erschienenen, überaus verlogenem und gezielt geschichtsverfälschendem Liederbuch der neueren DDR-Folkszene (alles Zusammenhänge die mich, und das zu DDR-Zeiten von dorther über mich verbreitete Intrigen- und Lügennetz, unmittelbar betreffen), stets weitgehend verschlossen bleiben werden. Und diese Verschlossenheiten erstrecken sich eben auch auf all die Aktivitäten von Personen, die - deutlich von ihm protegiert - eilfertig diverse „Beurteilungen“ und „Einschätzungen“ zu meiner Person (auch in Verbindung mit dabei genau zu beachtenden Handlungs- und Verschwiegenheits-Anweisungen – so z.B. der Leiter der Gruppe „Feldforschung“ bzw. der Parteisekretär der ZAG, der Leiter des erwähnten „Leipziger Zentralhauses“ oder der Chef des ASMW in Markneukirchen, usw. – alles Personen, die sich diesem hochrangigen Wissenschaftsmachthaber gegenüber auch unübersehbar subaltern-hörig verhielten) angefertigt und in Verbindung mit geheimhaltungsabsichernden „Ehrenworterklärungen“ gezielt in bestimmten Institutionen und ausgewählten Personenkreisen verteilt wurden. Ich werde weder deren Inhalte, noch deren Reichweite innerhalb des Wissenschaftsbetriebes (von dem sie wahrscheinlich primär induziert worden sind) jemals persönlich erfahren können...
Und wie habe ich mir all solche, dann auch später, in den 90er Jahren, von  Stockmann oder anderen sich gestört oder auch konzeptions- gefährdet fühlenden Wissenschaftlern oder entsprechend allzeitbereiten ’willigen Helfern’ zweifellos weiterhin beherrschten und entsprechend gestalteten (also von mir auch stets kritisch zu bedenkenden) Zusammenhänge und Strukturvernetzungen, etwa hinsichtlich meines, dann von der DFG umgehend abgelehnten Antrages zu dieser ganzen, bereits damals von mir als wissenschaftsgefährdend charakterisierten Situation um diese, sich doch so deutlich abzeichnende  „Systematisierungsproblematik in Deutschland“, vorzustellen? Werde ich je erfahren, vom wem und mit welchen wirklichen Begründungen, dieser Antrag aus dem Jahre 1998 von dieser doch zur Kompetenz verpflichteten Wissenschaftsinstitution, abgelehnt wurde? Eigentlich stand mir damals, als einem aus politischen Gründen auf den Weg der Arbeitslosigkeit abgedrängten Wissenschaftler, gar nicht mehr zu, dort derartige Anträge überhaupt noch stellen zu können; - ich habe aber (wie überhaupt in der ganzen Zeit meiner ’Arbeitslosigkeit’) neben der Weiterführung meiner wissenschaftlichen Arbeiten, auch ständig einen ungeheuren Arbeitsaufwand zur Überwindung aller möglicher bürokratischer Hürden, im Sinne des Erhalts wenigstens einiger wissenschaftlicher Wirk-Möglichkeiten, betrieben und letztlich doch auch (allerdings nur in einer sehr komplizierten Verbindung mit einer entsprechend ’offiziellen’ Wissenschaftseinrichtung, deren ’Vorantrag’ bei der DFG das Geschäftszeichen We 2336 / 1-1 und 1-2 trug) einen solchen Antrag, mit all den, für Fachleute verstehbaren Hinweisen zur „Brisanz“ dieser Situation in Deutschland, auf den „amtlich offiziellen Weg“ bringen können.
Was ich mir nun dabei - entsprechend meiner vielfältigen und konkreten ’Erfahrungen mit derartigen „Besonderheiten“ des amtlich organisierten Wissenschaftsbetriebes’ (also auch unter Berücksichtigung meiner Erfahrungen zu den entsprechenden Wissenschafts-Manipulationen Stockmanns - aber eben auch hinsichtlich sonstiger bürokratieverstrickter Macht-Institutionen) wiederum denken und gut vorstellen kann, sieht in etwa folgendermaßen aus, - und wird sich hoffentlich doch als übertrieben erweisen:
Vielleicht wurde dieser Antrag von diesbezüglich fachinkompetent-verantwortungslosen und vielleicht auch entsprechend „beauftragten“ bzw. demgemäß beeinflussten „Gutachtern“ sofort auf den Stapel der unverzüglich abzulehnenden Anträge, gelegt? Er könnte aber auch, durch die Hände ganz anderer Wissenschaftsakteure gegangen sein, um dann auf einen Stapel mit zwar ebenfalls dringend abzulehnender, aber doch ihrer Thematik wegen noch anderweitig zu überdenkender bzw. “im Auge zu behaltender“ Unterlagen zu gelangen. Und da könnte die Sache nun spannend werden und sich in folgender Weise weiter bedenken lassen: Da es sich bereits damals um ein eigentlich unübersehbar unvermeidliches Thema handelte, dessen künftig weiter zunehmende Brisanz auch auffallen konnte, wäre dann wohl auch kaum völlig auszuschließen, dass sich fernerhin eine willige Wissenschaftskraft (etwa in ebenso „schlicht-traditioneller Weise“ wie anlässlich einer „Kulturgeschichte zur Maultrommel“) wiederum artig „für die Überlassung dieses Themas“ zu bedanken haben wird, und auf diesem Wege auch eine, vielleicht ebenso brave, inzwischen vielleicht längst von bestimmten akademischen Instanzen ordentlich abgesegnete (mir aber bislang nicht zugängliche, gegebenenfalls vielleicht auch gezielt vorenthaltene) „ganz aktuelle“ und abgesichert zurechtgeschliffene Bearbeitung dieser Problematik zustande gekommen ist. Mir drängen sich bei solchen Überlegungen sofort ganz bestimmte Erinnerungen auf. Erinnerungen an - aus meiner Sicht geradezu grauenvoll inkompetenten – aber mit Stockmann verbundenen (bzw. von ihm betreuten) „musikwissenschaftlichen Darstellungen“ zur neofolkloristischen Szene der DDR, die in bestimmten Fällen auch deutlich lügenhaft durchwebt, - zum Teil auch von Personen die jahrelang vor aller Augen, von Stockmann, in ganz besonderer Weise protegiert worden sind und als Ergebnis dessen, später wohl als wissenschaftlich „authentische“ Zeitzeugen der DDR-Folkszene, oder inzwischen vielleicht sogar als Musikethnologen gelten. Wenn ich derartige handfeste Mechanismen und dazu die zuvor bedachten Manipulationsmöglichkeiten bedenke, so kann dies, egal welche und wie viele „Stockmänner“ dazu dann wirksam werden mussten, auch die Grundlage dafür werden, dass all das, was ich nun am 22.10.08 zur Systematik vorzutragen gedenke, mit einer einzigen, ganz einfachen Bemerkung, vom Tisch, bzw. aus dem  Sichtfeld eines möglichen Interesses an der von mir geschilderten Problemlage, gefegt werden könnte. Etwa in der Form:„Aber übertreiben sie doch bitte nicht so haltlos, - diese Probleme sind doch schon alle längst bekannt und viel genauer erforscht und auch wissenschaftlich exakt bearbeitet worden, - werden allerdings von den wirklichen Fachleuten, die eben auch die neuere Literatur dazu kennen, etwas anders beurteilt... Wenn sie bitte einmal folgende Literatur zur Kenntnis nehmen würden usw...“
Sowohl die von mir seit Jahrzehnten betonte Brisanz des Problems, als auch das Problem selbst, könnten auf eine solche Weise auch nun wieder mit den größtmöglichen Formhöflichkeiten und auf die aller unverschämteste und verlogendste Weise – erneut für „irrelevant und überholt“ erklärt werden. Denn gerade derartig eingreifende und scheinbar „alles wieder klarstellende Informations-Bemerkungen“, in Verbindung mit plötzlich und überraschend dazu vorgewiesener „neuester Spezialliteratur“, habe ich, vor allem von Stockmann selbst, aber auch von anderen, dann in gegebener Öffentlichkeit sehr eindrucksvoll agierenden  Wissenschaftsprominenzen, mehrfach in Erinnerung. Und solche Situationen wurden in der Regel auch überaus perfekt organisatorisch abgesichert. Dem damit dann so „wunderbar und elegant in die Parade gefahrenem“ ’kritisch und anders Denkendem’, verbleibt am Ort einer solchen Inszenierung, kaum noch eine Möglichkeit sich weiterer Unverschämtheiten zu erwehren. Bei Stockmann war für die „wissenschaftsorganisatorische Vorbereitung“ derartiger (wie er es einmal – fein dazu lächelnd - nannte) „klärender Ereignisse“, die jeweils von ihm bevorzugte, vorherige „Geheimhaltung“ entsprechend vorzubereitender „Wissenschafts-Projekte“, überaus charakteristisch. Dazu habe ich bereits angemerkt, dass dies jeweils auch zu sehr deutlich wissenschaftskorrumpierenden Effekten führen musste.
Soweit dazu meine, aus konkreten Erfahrungen rührenden Fragen, Vermutungen und Bedenken, die zwar selbst fragwürdig bleiben werden, - die ich mir aber unweigerlich stellen und vorhalten muss, sobald ich auch selbstbewusst mit-bedenke, dass bestimmte Vermittlungen von Erfahrungen, wohl auch immer dazu tendieren werden, bestimmte daraus erwachsende Vorstellungen wiederum gehörig zu verzerren oder auch die Wirklichkeit dabei um ein Vielfaches zu „untertreffen“.
Denn, ob ich mit meinen, zwar aus konkreten Erfahrungen erwachsenden Bedenken und Vermutungen, dann auch der konkreten Wirklichkeit in diesem Falle tatsächlich näher gekommen bin, weis ich nicht. Und ich ziehe es vor, dies jeweils lieber doch anzuzweifeln. Denn für ein wahrhaftiges Verständnis derartiger Verklemmungen innerhalb der Geschichte des Systematisierungsdenkens in Deutschland, wäre, gerade bei dieser wichtigen, konkret weichenstellenden Situation, eben auch die konkrete, auf ihre wirkliche Realität bezogene Analyse, der in solchen Vorgängen ablaufenden Eingriffe und Mitwirkungen etc., erforderlich. Die zwar auf Erfahrungen beruhenden, sich aber dann doch eher „scientfictionartig“ gestaltenden Vermutungen, werden hingegen subjektiv bleiben.
Wie wurde also letztlich tatsächlich mit diesen damaligen „Forschungsinformationen“ zum „musikinstrumentellen Systematisierungsdenken in Deutschland“, die auf dem Wege meines damaligen Antrages, doch bereits im Jahre 1997 bis auf diese Ebene des Wissenschaftsbetriebes geleitet werden konnten, dort umgegangen? Möglicherweise eine dort (also ’auf dieser Ebene’) immer noch sehr genau zu beantwortende Frage, zu der ich aber wohl niemals eine Antwort erhalten werde. Ebensowenig wie ich auf die Frage, ob ich etwa der einzige Wissenschaftler in Deutschland war, von dem damals derartige, die deutsche Wissenschaftskultur  betreffende, Signale in Verbindung mit ganz bestimmten, zuvor schon in wissenschaftlichen Körperschaften vorgetragenen, also schon lange zur Diskussion gestellten, Alternativ-Konzeptionen, ausgingen? Jedenfalls vertrete ich mit Blick auf meine dann folgenden Vorlesungsaktivitäten zur „Systematik und Physik“ immer noch – entsprechend meines bisherigen Kenntnisstandes – die Meinung, dass diese Vorlesungen damals wohl doch die einzigen dieser Art in ganz Deutschland waren. Eine in diesen Zeiten aber auch stets gefährdete Aktivität eines ohnehin ’fragwürdigen’ ostdeutschen Langzeitarbeitslosen, welche doch wohl auch ’nicht ohne Grund’ und ‚leicht erklärlich’, dann auch niemals von den Musikwissenschaftlern oder auch Studenten aus dem Wirkungskreise von Stockmann, Kaden, Kuckertz, Jähnichen usw. (um nur die hier bereits erwähnten, in dieser Weise freilich zum Teil willkürlich bleibenden  Beispiele, auch konkret zu nennen) aber auch anderer musikethnologisch ausbildender Wissenschaftseinrichtungen in Berlin, besucht wurden, obwohl gerade alle diese (aber eben auch viele andere - von denen dann aber auch  Zuhörer erschienen) mehrere Jahre lang, sowohl über das jährliche Vorlesungsverzeichnis der Humboldt-Universität, als auch durch ein Vielzahl von detaillierten, jährlich aktualisiert wiederholten, offiziellen Informations- und Einladungsschreiben dieser Universität, genauestens über diese (eben auch demonstrativ im Sinne einer bestimmten Systematik, systematisch aufgebaute musikinstrumentelle Veranstaltungsreihe informiert worden waren. (Oder gab es da doch gewisse „Inkognito-Fälle“, wie etwa bei der Kontrolle meiner Vorlesungsaktivitäten seitens des Arbeitsamtes Templin?)
Eine auf Objektivität orientierte Wissenschaftsgeschichte wird künftig nicht umhinkommen, sowohl alle derartigen, Initiativen als auch gerade bestimmte gegensätzlich konzipierte Arbeiten und Auffassungen, wie eben beispielsweise die von mir entwickelte Systematikkonzeption, und die dann dazu etwas später nachgeschobene von J.P. Fricke, sowie auch vorherige und später nach folgende „Vergleichbarkeitskonstellationen“ und ihre entsprechend mit-bedingenden  Hintergrundstrukturen usw., als historische Belege unterschiedlicher Tendenzen und Auffassungen und vielleicht auch unterschiedlicher Denkweisen, unterschiedlicher Wissenschaftshaltungen und gegensätzlicher Kulturen, zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend zu interpretieren.
Allerdings kann der hierbei eigentlich verantwortliche Wissenschaftsbetrieb in Deutschland, der sich hinsichtlich seiner Verantwortlichkeiten in traditionell bewährter Weise stets gerne hinter der Politik (inzwischen aber auch hinter der “Globalisierung“ - wo freilich bereits die Politik ausgeklügelte Versteck-Spielchen treibt) verstecken möchte, letztlich auch ohne Weiteres ’umhinkommen’ eine solche wissenschaftsgeschichtliche Forschung künftig auch tatsächlich gezielt zu unternehmen und solide zu betreiben. So sind beispielsweise die beiden hier in Frage stehenden Vorwörter von Stockmann und Kaden, die nicht nur mit gewiefter Eleganz an wissenschaftsgeschichtlichen Grundfragen und Realitäten ’vorbeiberichten’, sondern diese Geschichte in bestimmten Aspekten auch gezielt verzerren und geradezu verfälschen, dabei aber innerhalb gegenwärtiger Wissenschaftsverhältnisse doch durchaus die Anmutungskraft „solider wissenschaftshistorischer Darstellungen“ erlangen können (oder bereits erlangt haben?), auch durchaus als sinnfällige Beispiele, oder auch vorbildhaft- brillante Modelle bzw. empfehlenswert-effektive Verfahrensweisen, für ein solches, auch künftig sicherlich angestrebtes „Umhinkommen“, überaus geeignet.
(34)
Auf Grund meiner persönlichen Erfahrungen mit bestimmten Wissenschaftlern kann ich nicht anders, als diese Begebenheiten (bei denen diese Wissenschaftler sich freilich auch auf ihre persönlichen Erfahrungen mit einem sehr leicht als „Außenseiter“ oder auch „Spinner“ abzustempelndem „Störenfried“ berufen können) eben doch als ganz typische und durchaus symbolträchtige Beispiele für eine bestimmte, mir doch allzu häufig begegnete Wissenschaftsunkultur zu empfinden. Aber möglicherweise hat sich bei mir, mit dieser verallgemeinernden Empfindung, auch eine letztlich doch 'übertreibende Erfahrung' herausgebildet: Vielleicht handelte es sich doch eher um eine einfach nur sehr häufige und insofern dann auch auf allen ’Ebenen’ anzutreffende, typisch deutsche Erscheinungsform von allzu fest eingewöhnter Missachtung gegenüber bestimmten Ausländern und bestimmten Außenseitern und sollte schon insofern vielleicht eher einer allgemeineren Unkultur von menschenverachtendem schlechtem Benehmen, und nicht so übereilt einer speziell musikethnologischen Mentalität angelastet werden? Ich weis nicht... Vielleicht sollte ich mich tatsächlich aus Gründen der „Wahrscheinlichkeitsrechnung“ besser auf diese zweite Interpretation festlegen lassen? Nach meinen allzu deutlichen bisherigen Erfahrungen und meinem dabei auch immer wieder befragtem Gewissen, liegt die Wahrheit aber doch wohl eher in Richtung des belastenden Übergewichts von entsprechend peinlichen Erlebnissen mit Vertretern gerade dieser Fachrichtung.
(35)
Auf internen wissenschaftlichen Veranstaltungen, wo sowohl bestimmte Instrumente, als auch bestimmte Personen allzu leicht übergangen, oder auch von vornherein ausgeschlossen werden können und Fach-Experten stets darauf aus sein werden, ihre Positionen (ob nun in theoretischer Hinsicht oder auch - was freilich nicht immer so leicht auseinander zu halten sein wird - hinsichtlich ihrer Macht-Positionierung im realen Wissenschaftsbetrieb) weiterhin zu verteidigen oder auszubauen, wird so etwas immer wieder anders aussehen und auch anders ausgehen können, als vor Ort entsprechend systematisch exponierter Instrumentalmaterialien.
(36)
Siehe dazu auch die genauere Beschreibung dieses neuartigen Tongenerators in:
Bernd H .J. Eichler: “Über mögliche Konsequenzen zur Systematisierung von Musikinstrumenten angesichts eines inkonsequent gebrauchten Begriffs der ‘Systematik der Musikinstrumente’“
(37)
Diese Blasinstrumente, die in einer Reihe von aufgestellten Fächer-Schränken mit Glasscheiben (quasi als Mittellinie des zur Verfügung stehenden Raumes) ausgestellt waren, wurden wie folgt unterteilt:
1. alle Arten von Flöten (aus den verschiedensten Kulturen und Materialien) als ’echte Aerophone’ bzw. ’primär aerophone Blasinstrumente’ (die von diesen Instrumenten ’instrumentalintegrierte’ Luft bildet das primäre WESO);
2. Kesselmundstückinstrumente (aus den verschiedensten Kulturen und Materialien) als eine bestimmte Form von sekundär-aerophonen Blasinstrumenten (die Lippen des Bläsers am Kesselmundstück sind das primäre WESO);
3. Klarinetten, Saxophone, Tarogatos, Martinshörner etc. (ebenfalls aus den verschiedensten Materialien und Kulturen) als weitere Form sekundär- aerophoner Blasinstrumente (die jeweils oberständig am Tongenerator / Mundstückbereich aufgebrachte Zunge, aus den verschiedensten Materialien, ist das primäre WESO);
4. Oboen, Fagotte, Englisch Horn, Rankett, Schalmeien konischer und zylindrischer Art (also alle Arten von sogenannten „Doppelrohrbblatt- Instrumenten“ aus den verschiedensten Kulturen und Materialien) etc. als weitere Form sekundär-aerophoner Blasinstrumente (die beiden Halbmembranen [gegebenenfalls auch eine jeweils einzelne Halbmembrane] des sogenannten „Doppelrohrblattes“ [also gegebenenfalls des „Einzelhalbmembranen-Tongenerators], ebenfalls aus den verschiedensten Materialien herstellbar, sind das jeweils primäre WESO);
5. Neuartige „membranophone Blasinstrumente“ verschiedenster Bauart und aus den verschiedensten Materialien, als die neueste Form sekundär- aerophoner Blasinstrumente... (die angeblasene Ganz-Membrane des Instrumentes ist das primäre WESO).
6. An der Fensterseite des Raumes begann zudem eine „Entwicklungslinie“ zu Musikinstrumenten mit Zungen, in der letztlich (da diese Linie wiederum bis zur Vielzahl von Harmonikainstrumenten auf der Oberseite dieser Schranklinie geführt werden konnte) auch alle weiteren „Blasinstrumente“ unter entwicklungstheoretischen und systematischen Aspekten eingeordnet werden konnten...
Mit dieser Expositionsform, in der all diese (und noch viele hundert andere – dann an den Wänden dieses Raumes ausgestellten) Instrumente untergebracht werden konnten, wurde mir etwa drei Jahre lang in einer Berliner Musikschule ermöglicht im Sinne meines Systematikverständnisses zu wirken. Es ist die Form, die damals auch der Öffentlichkeit zugänglich war und in der sie auch Dr. A. Markmiller und Prof. T. Duis, sowie viele andere Vertreter des Saarlandes damals kennenlernen konnten. Im Zusammenhang mit der Übergabe eines Großteils dieser Instrumente wurde dann auch in diesem Raum eine exakte Bilddokumentation über jedes einzelne bisher übergebene Instrument sowie eine Videoaufzeichnung dieser damaligen Gesamt-Ausstellung, mit Kommentaren von mir, übergeben.
Siehe dazu wiederum:
Bernd H. J. Eichler, Statement zur Podiumsdiskussion: Transformationen- Translokationen-Dispersionen: Sammlungen im Kontext gesellschaftlichen und machtpolitischen Wandels; in : Musik- Sammlungen- Speicher interkultureller Prozesse, Erik Fischer (Hrsg.) Stuttgart 2007, Teilband B S.614-616 , sowie
Bernd H. J. Eichler, „Museologische Erwägungen zur Systematisierung und Präsentation einer Privatsammlung“. in: ebenda, Teilband B S.641-649
(38)
Die kürzere der beiden Röhren müsste dabei etwa folgende Merkmale tragen: Sie müsste über den größeren Durchmesser verfügen, so dass sie auf die längere auf- bzw. über- geschoben werden kann. Sie könnte an ihrem oberen Ende über Einkerbungen zum Festbinden der Membrane verfügen. Außerdem müsste sie über eine seitliche Einblasöffnung (Loch oder Schlitz an der Seite; oder eine entsprechend öffnende Einkerbung im unteren Röhrenrand) verfügen. Abgesehen vom zu vergleichendem Durchmesser beider Röhren, welche nur zusammen einen solchen Tongenerator ermöglichen, würde die kürzere (d.h. die ’obere’), falls sie über eine entsprechende seitliche ’Einblasöffnung’ verfügt, bereits alleine genommen, genügend ’verdächtig’ sein können, um damit auch akustisch zu experimentieren.
(39)
Dies ist sicherlich vielfach geschehen; und mir beispielsweise wiederholt in überaus unsachlichen Argumentationen gegen das Konzept von H. Heyde begegnet.
(40)
Erich von Hornbostel und Curt Sachs. “Systematik der Musikinstrumente / Ein Versuch“ (1914); in: Erich Moritz von Hornbostel/Tonart und Ethos/Aufsätze zur Musikethnologie und Musikpsychologie; herausgegeben von Christian Kaden und Erich Stockmann, Leipzig 1986, S. 151 - 206
(41)
Siehe dazu:
Bernd H. J. Eichler:, Statement zur Podiumsdiskussion: Transformationen- Translokationen- Dispersionen: Sammlungen im Kontext gesellschaftlichen und machtpolitischen Wandels; in : Musik- Sammlungen- Speicher interkultureller Prozesse, Erik Fischer (Hrsg.) Stuttgart 2007,Teilband B S.614-616 sowie
Bernd H. J. Eichler, „Museologische Erwägungen zur Systematisierung und Präsentation einer Privatsammlung“. in: ebenda, Teilband B S. 641-649
(42)
Siehe dazu auch:
Bernd H. J. Eichler: „Mutwillige Anmerkungen zum Schwirrholz“ (Vortrag aus dem Jahre 1990, gehalten am Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR)
(43)
Siehe dazu die Themen zur Vorlesungsreihe:
Bernd H. J. Eichler: “Vorlesungsreihe zur 'Systematik und Physik der Musikinstrumente'“ sowie
Bernd H. J. Eichler: “Ausgewählte Thesen und Anmerkungen zur ‘Vergleichsanalytischen Musikinstrumentenforschung’ (VAO)„ (Vorgetragen und erläutert am 14.5.1997 im Interdisziplinären Institut für Wissenschaftsphilosophie und Humanontogenetik an der Humboldt-Universität zu Berlin)
(44)
Erich von Hornbostel und Curt Sachs. “Systematik der Musikinstrumente / Ein Versuch“ (1914); in: Erich Moritz von Hornbostel / Tonart und Ethos / Aufsätze zur Musikethnologie und Musikpsychologie; herausgegeben von Christian Kaden und Erich Stockmann, Leipzig 1986, S.13
(45)
ebenda S.28
(46)
ebenda S.21
(47)
ebenda S.21
Auf meine, einst auch an Stockmann gerichtete, Frage/Bemerkung nach der doch seltsamen Bezugslosigkeit dieses immerhin von einem promovierten Chemiker mitverantworteten Textes in Richtung auf die damalige konkrete Situation in der Chemie (System der Elemente; klassifikatorische Aktivitäten, systematische Reihen etc...) antwortete er in seiner typisch eloquent-wortreichen, häufig aber auch sehr herablassenden Art, dass dazu aber doch bereits in den ersten Sätzen dieser klassischen Arbeit deutlich Stellung genommen worden sei und somit für den gebildeten Leser eigentlich alles gesagt wäre – man müsse sich diesen bedeutungsvollen Text eben nur gründlicher anschauen...
(48)
Ich habe hier nicht etwa einfach meine Meinung über v. Hornbostel formuliert, sondern möchte vielmehr, und vor allem, auf Gefahren hinweisen, die sich aus den vielfältigen Widersprüchen innerhalb dieser beiden Vorwörter, aber auch zwischen diesen und der damaligen, sowie der jetzigen Wirklichkeit ergeben.
(49)
In dieser Frage ist mir von verschiedenen Musikwissenschaftlern desöfteren entgegengehalten worden, dass v. Hornbostel doch offenbar in Berlin alsbald seine „Erfüllung“ als Wissenschaftler in den Musikwissenschaften gefunden habe und sich dann für Chemie eben überhaupt nicht mehr interessieren mochte, was doch für einen wirklichen Musikfreund nur allzu verständlich sei... Diese einseitig „symphathiegeleitete“ Betrachtung mag zwar zuweilen „einleuchtend“ erscheinen, muss auch nicht direkt allen meinen angeführten Bedenken widersprechen, steht aber doch allzu deutlich den speziellen Darstellungen, Behauptungen und Argumentationen von Stockmann und Kaden entgegen. Diese laufen schließlich darauf hinaus, dass damals, mit v. Hornbostel, gerade ein allseits interessierter und vielseitiger Naturwissenschaftler das Gebiet der Musikwissenschaft betreten hatte, dabei größte naturwissenschaftliche Übersicht mitbringt und stets eine Vielfalt von musikbezüglichen Naturwissenschaften im Sinn hat, in besonderer Weise über die Gabe der Interdisziplinarität und der Wissenschaftsorganisation verfügt, dabei in wegweisender Art ganz neue Sichten auf anstehende musikologische Fragen und Sachverhalte aufwirft, und so auch ständig ’seiner Zeit weit voraus eilt’... Und in einer derart euphorischen, und in vielen Punkten auch nur behaupteten und keineswegs wirklich sachlich belegten oder auch nur irgendwie belegbaren Darstellung, müssen sie – ob immer klar bewusst oder oft auch eher unbewusst – doch ständig an der Tatsache vorbei manövrieren, dass gerade durch die ihm nun auch noch „erstrangig“ zugeschriebene „Systematik“, bereits damals durchaus gegenteilige, d.h. einengende und engstirnig fehlorientierende Tendenzen und Wirkungen in der Musikwissenschaft zum Tragen gekommen sind.
Die oben geschilderte „chemieverleugnende“ Sicht bzw. eine dementsprechende Vermutung über einen solchen „Sinneswandel“, wäre jedenfalls in Hinsicht auf den doch stets vorausgesetzten „Systematiker“ und Naturwissenschaftler v. Hornbostel, ziemlich unhistorisch und ganz untauglich. Selbst wenn man einer solchen - für manchen Musikwissenschaftler sicher attraktiv und beeindruckend überzeugend wirkenden - Vorstellung anhängen möchte, dass also v. Hornbostel sich alsbald auch wirklich in keiner Weise mehr für Erkenntnisse und Entwicklungen der Chemie interessieren wollte, so können doch bestimmte sensationelle Wissenschaftsereignisse, die damals keineswegs nur ’chemieintern’ zur Kenntnis genommen wurden, unmöglich unbemerkt an ihm vorbeigegangen sein. Etwa zwei Jahre vor Entstehung der „Hornbostelschen Systematik“ wurde einer der ersten Nobelpreise für Chemie an eine Frau vergeben, die diesen Preis allerdings wiederum drei Jahre zuvor bereits – und damals als erste Nobelpreisträgerin überhaupt - für das Fach Physik erhalten hatte. Also jeweils – wie Stockmann ausdrücklich betont - die beiden bevorzugten Studienfächer von Hornbostel. Und das Zusammentreffen dieser beiden Fachrichtungen hat hier wiederum mit dem berühmten „Periodensystem der chemischen Elemente“ zu tun. Denn der zweite Nobelpreis wurde für die Entdeckung bzw. den ’Wirklichkeits-Nachweis’ zweier vorher in diesem ‚Natürlichen System’ nur als „weiße Flecken“ verzeichneter „Elemente- Platzierungen“ vergeben: für die auf neue systemisch-systematische Art neuentdeckten Elemente Uran und Polonium.
Wie ich schon betont habe, werden derartige Fakten und Zusammenhänge, auch im speziell naturwissenschaftlich ausgestalteten Text von Kaden, weder berührt noch bedacht. Da, wo er in Hornbostelschen Texten naturwissenschaftliche Bezüge zu erkennen glaubt, geht er entsprechend  interpretierintensiv darauf ein, und letztlich erfahren wir dabei durch seine teilweise sehr ausführlichen und zumeist überaus blumigen Darstellungen zu bestimmten Naturwissenschaften wohl so ziemlich alles, was ihm selbst so in etwa über Naturwissenschaften bekannt sein mag. Wir erfahren aber nichts Näheres über die tatsächlichen und eigentlich relevanten Wissenschaftsbezüglichkeiten hinsichtlich des damals möglichen Nachdenkens über Chemie und Systematik beim Chemiker und Systematiker v. Hornbostel. Auch der ganz besondere „Systematiker-Heiligenschein“, der mit Hilfe Stockmannscher und Kadenscher Argumentationen über dem Kopf dieses Mannes errichtet wurde, wirft kein Licht in die Denkwerkstatt dieses Kopfes; - es ergibt sich keinerlei Antwort auf die Frage, ob und inwieweit, sich dieser Kopf überhaupt jemals wirklich systematisch zum Problem einer 'Systematik' angestrengt hat. ?
Und so steht für mich immer noch diese ganz offene, aber vielleicht doch einmal eingehender zu beantwortende Frage. Eine Frage, die ich seinerzeit auch Stockmann gestellt hatte, dazu aber - wie bei fast allen Fragen an ihn - nur ausweichende oder aber diffus-ambivalente Antworten erhielt, die sich in diesem speziellen Falle wiederum auf die bekannte Formulierung von Sachs bezogen.

In welcher Art bzw. mit welchem „Anteil“ wäre wohl der wirkliche, hoffentlich dann auch tatsächlich belegbare Beitrag v. Hornbostels am Zustandekommen dieser Systematik zu veranschlagen? Ohne Antwort bleibt die mögliche, und für mich auch aus vielen Gründen durchaus nahe liegende Vermutung bestehen, dass sein Beitrag letztlich doch ziemlich unerheblich bzw. ohne weiterreichende inhaltliche oder sonst irgendwie wesentliche Bedeutung war. Ich würde dies durchaus für eine, wenn nun auch nicht mehr so „ruhmreiche“, so doch wiederum in gewisser Weise „entlastende“ Möglichkeit halten.
Denn falls er tatsächlich wesentlich verantwortlich beteiligt war, so möchte ich auch weiterhin auf meiner demgemäß sehr kritischen Einschätzung dazu, bestehen bleiben.
Meine weiterreichenden kritischen Einwände und Bedenken zu diesem Text von Kaden, insbesondere hinsichtlich seiner oft fragwürdigen Darstellung bestimmter Naturwissenschaften, möchte ich hier nicht weiter ausführen oder wiederholen.
(50)
Erich von Hornbostel und Curt Sachs. “Systematik der Musikinstrumente / Ein Versuch“ (1914); in: Erich Moritz von Hornbostel / Tonart und Ethos / Aufsätze zur Musikethnologie und Musikpsychologie; herausgegeben von Christian Kaden und Erich Stockmann, Leipzig 1986, S.13
(51)
Hierzu möchte ich nur folgende Anmerkung machen: Auch eine noch weniger durchdachte Systematik mit noch größeren Mängeln und ausgeprägteren Gefahren für uneingeschränkte Forschungsansätze, hätte, wenn es ihr gelungen oder auch ’widerfahren’ wäre, damals die Rolle der Sachs / Hornbostelschen Systematik in der Musikethnologie einzunehmen (und eine derartig ’offene Situation’ bestand damals doch wohl?), später problemlos mit einer ebensolchen `lobenden Formulierung´ bedacht werden können. - Und dies auch weitgehend unabhängig davon, ob ihr spezifischer ’Schadens-Faktor’ dann kleiner oder größer als der der Sachs / Hornbostelschen ausgefallen wäre. Dass ein solcher (immer noch wirkender) „Schadens-Faktor“ für die Wissenschaftsentwicklung bezüglich der Sachs/Hornbostelschen Systematik von Anfang an eine Rolle gespielt hat, scheint mir jedenfalls offensichtlich.
(52)
Erich von Hornbostel und Curt Sachs. “Systematik der Musikinstrumente / Ein Versuch“ (1914); in: Erich Moritz von Hornbostel / Tonart und Ethos / Aufsätze zur Musikethnologie und Musikpsychologie; herausgegeben von Christian Kaden und Erich Stockmann, Leipzig 1986, S.13
(53)
Diese überaus unklaren Begrifflichkeiten lassen sich zwar auch in der wissenschaftlichen Literatur zuweilen aufspüren, werden aber wohl  nicht von den klarsichtigeren Autoren bevorzugt. Mahillon sprach beispielsweise - und das ist einer der Punkte, den gerade auch Sachs & Hornbostel in der Einleitung ihrer „Systematik“ demgemäß würdigend hervorheben - von der „Art des schwingenden Körpers“. Insofern kann es als überaus rätselhaft (und natürlich ’bemerkenswert’) angesehen werden, dass Stockmann hier auf ganz anders orientierende Begrifflichkeiten zurückgreift. Denn sowohl „Konstruktionsart“ als auch „Spielart“ ist eben etwas ganz anderes, als beispielsweise der Begriff der „Erregungsart“ der sich eben auch auf die „Art des schwingenden Körpers“ bezieht. Und wenn man mit diesen weitaus zielgerichteteren wissenschaftlichen Begriffen erst einmal ausgerüstet ist und denkerisch damit umgehen kann, so wird auch deutlich werden, was da entsprechend schallrelevant erregt werden soll, nach welchen wirklichen Kriterien diese „Grundkonstruktion“ (nämlich als Vierklassen-Systematik) tatsächlich „aufgebaut“ ist, woraus deren Inhalt eigentlich besteht. Ebenso führt auch der Begriff „Konstruktionsart“ nicht in Richtung auf diese Viergeteiltheit und damit auch nicht auf die gefährliche Ebene des dann dort lauernden logischen Dilemmas. Mit der von Stockmann gezielt absichernden „Begriffsrüstung“ kann man sowohl vor der Kritik von Backhaus (die er offenbar ganz bewusst niemals erwähnt), als auch vor der Gefahr, dass beim Leser vielleicht ähnliche Fragen in dieser Richtung entstehen könnten, prinzipiell sicher sein. Seine für diesen apologetischen Text hier speziell eingeführten Begrifflichkeiten führen in ganz andere Assoziationsbereiche... Wir stoßen damit auf eine zusätzliche, ganz eigenartige Tendenz: Man kann den Eindruck gewinnen, dass hier, im Taumel überschwänglichster Lobpreisungen zur Sachs / Hornbostelschen Systematik, nicht nur sachliche Hinweise von Kritikern und deren Namen, sondern auch die eigentlich viel grundlegenderen Denkansätze von Mahillon, ebenfalls nicht mehr genannt werden sollen. Diese sind allerdings tatsächlich (worauf ich bereits mehrfach hingewiesen habe) nicht deckungsgleich mit denen von Sachs und Hornbostel. Das Werk Mahillons und auch seine Leistung in der Wissenschaft, kommen jedenfalls in beiden Vorwörtern dieser Neuherausgabe nicht zur Sprache. Ich bin natürlich der Meinung, dass in diesem Falle Sachs & Hornbostel eher zuzustimmen ist als Stockmann, denke dabei aber auch, dass das unsolide Fundament ihrer Systematik keinesfalls irgendwie „ausgebessert“ oder etwa zurechtgerückt werden kann. Da ist eine ganz andersartige Fundamentierung für ein anders konzipiertes System erforderlich, und in dessen theoretischer Substanz müssten dann auch die grundlegenden Gedanken von Mahillon wieder ernsthaftere Berücksichtigung finden...
(54)
Erich von Hornbostel und Curt Sachs. “Systematik der Musikinstrumente / Ein Versuch“ (1914); in: Erich Moritz von Hornbostel / Tonart und Ethos / Aufsätze zur Musikethnologie und Musikpsychologie; herausgegeben von Christian Kaden und Erich Stockmann, Leipzig 1986, S.13
(55)
Erich M. von Hornbostel / Curt Sachs. „Systematik der Musikinstrumente: Ein Versuch“. Zeitschrift für Ethnologie 46 (1914). S.533-590...
sowie
Curt Sachs. „Vergleichende Musikwissenschaft / Musik der Fremdkulturen“, Heidelberg, 1959
(56)
Bernd H. J. Eichler: „Mutwillige Anmerkungen zum Schwirrholz“ (Vortrag aus dem Jahre 1990, gehalten am Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR) sowie
Bernd H. J. Eichler. “Das Schwirrholz - Tongenerator zwischen Natur und Geist (Teil I)“, in: Probleme der Pflege und Aufführungspraxis traditioneller Musik, hrsg. Von M. Bröcker, Bamberg 1993
und
Bernd H .J. Eichler:“ Das Schwirrholz - Tongenerator zwischen Natur und Geist (Teil II)“ (entstanden in Fortsetzung von Teil I; 1992/1993);
(57)
Gerade in diesem letzteren Sinne, also als eine mögliche wissenschaftliche Grundlage für ein sachgerechtes Verstehen der weiterhin entsprechend systematisch zu analysierenden und dann auch systematisch einzuordnenden Untersuchungsobjekte, möchte ich mein seit Jahren vorgestelltes, vergleichsanalytisch begründetes System natürlich-akustischer Musikinstrumente konzipiert haben und dieses dabei stets als ein für laufende detaillierte Konkretisierungen und auch Verbesserungen weiterhin offenes System verstanden wissen. So wären dabei sicherlich immer wieder - entsprechend dem weiteren Gang der in diesem Sinne erfolgenden, aber eben auch konkret erforderlichen, Forschungen – in allen seinen Verzweigungen bestimmte Besonderheiten berücksichtigende Konkretisierungen fortlaufend einzuarbeiten..
(58)
Erich von Hornbostel und Curt Sachs. “Systematik der Musikinstrumente / Ein Versuch“ (1914); in: Erich Moritz von Hornbostel / Tonart und Ethos / Aufsätze zur Musikethnologie und Musikpsychologie;  herausgegeben von Christian Kaden und Erich Stockmann, Leipzig 1986, S.13
(59)
So als ob diese etwa durch einen fortlaufenden Vorgang ständiger ’Ersetzungsversuche’ der verschiedenartigsten Klassifikationen, und in diesen Vorgang auch eingebundener ‚Phasen ihrer jeweiligen Bewährungsproben’ zu kennzeichnen sei, und dabei dann auch alle anderen Klassifikationen tatsächlich „versagt“ hätten usw... Die wirkliche (aber eben erst noch eingehender zu erforschende) Geschichte ist wohl eher dadurch gekennzeichnet, dass doch immer wieder ganz bestimmte und auch verschiedenartig ausgerichtete Kritiken an der herrschenden bzw. „gültigen“ Systematik vorgebracht wurden, - es dabei aber über einen erstaunlich langen historischen Zeitraum hinweg gelungen ist, derartige Kritiken im Wissenschaftsbetrieb nicht zur Geltung kommen zu lassen; - offenbar auch unabhängig von ihrem jeweiligen Wahrheitsgehalt. Die Verfestigung der vielfältigsten Formen derartiger offenbar überaus effektiver und sicher auch „akademisch bewährter“ Mechanismen dieser nun schon sehr lang andauernden, und insofern auch als „erfolgreich und bewährt“ aufzufassenden Abweisungen derartiger Kritiken sind dabei das eigentliche Problem für erkenntnisorientierte Wissenschaftsentwicklung. Wir haben es dabei im Falle der Musikinstrumentenforschung mit einem letztlich eben nur noch als paradox zu bezeichnenden Vorgang in dieser Entwicklung zu tun: Nicht diese Systematik, die sich letztlich als zunehmend untauglich erweist, hat sich dabei „bewährt“, sondern lediglich (freilich in schändlicher Weise) die akademisch eingespielten Mechanismen ihrer Verteidigung, bzw. weiter perfektionierter Abweisung jeglicher Kritik
Wobei das von mir hier bewusst verwendete Wort „eingespielt“ auch in seiner möglichen Mehrdeutigkeit zu verstehen ist: Zu ihrer Verteidigung gehört sowohl ein breiter und akademisch traditionell fest verankerter Fundus an bis zur Reibungslosigkeit ’eingespielten’ und schon länger funktionierenden Ritualen, Gepflogenheiten, eingewöhnten Autoritätsbeweisen, Mechanismen der Unterordnung, eingeübter Respekterweisungen gegenüber Personen und Argumenten usw. Aber außerdem und andererseits werden auch auf allen diesen Ebenen und Kanälen des akademischen Betriebes immer wieder entsprechende Novitäten „eingespielt“, indem neue Schein-Argumente ins Spiel gebracht werden, neue Rituale und Autoritäten installiert werden usw. Innerhalb der hier betrachteten Zusammenhänge von „Vorwort-Zitaten“ möchte ich dies auch als das „Stockmann-Paradoxon der Musikethnologie“ bezeichnen. So paradox dies aber auch sein mag, es bleibt doch ein realer Vorgang in der Geschichte dieser Wissenschaft und wird als solcher auch irgendwann einmal zum Gegenstand wissenschaftsgeschichtlicher Untersuchungen gemacht werden müssen. Ich denke, dass sich dabei auch verdeutlichen lassen wird, in welchem Maße dieser Vorgang - als dessen Ergebnis ’Bewährtheit’ unterstellt werden kann - von ’akademischen Stockmännern’ nicht nur theoretisch behauptet, sondern eben auch aktiv mitorganisiert und dann (wiederum mittels permanenter, zum Teil auch in Form überaus trickreicher - oder auch intrigendurchwirkter – Umgehungen von Wahrheit, als wesentliches Moment solch organisierter Aktivitäten) zu schlechter Letzt auch tatsächlich als ’Realität von Bewährtheit’ darstellbar wird. In der allgemeinen Praxis des Wissenschaftsgeschehens, kann dies dann von verschiedenen anderen Seite her, sogar „reinen Gewissens“ als solche ’wahrgenommen’, und für ’objektiv’ gehalten werden.
Solchen Trugschlusskonstellationen wird man aber nur durch ausreichende Beachtung, des bei solchen Prozessen letztlich doch aufspürbaren kritischen Denkens entgehen können – letztlich auch da, wo dieses bereits weitgehend akademisch liquidiert wurde und also kaum noch etwas davon im offiziellen Wissenschaftsbetrieb vorhanden zu sein scheint. Stockmann verhält sich in dieser Hinsicht zur Sachs / Hornbostelschen Systematik gerade so, wie Sachs und Hornbostel sich teilweise in der Einleitung ihrer Systematik zu Mahillons Systematik verhalten haben. Er agiert ebenso mit Aussagen wider die Wahrheit. Allerdings gibt es da auch feine Unterschiede. Für die Zeit von Sachs und Hornbostel könnte man vielleicht noch unterstellen, dass dies auch auf Grund mangelnden Veständnisses zu erklären sei. In Hinsicht auf Stockmanns Formulierungen verhält es sich jedoch gänzlich anders. Nicht nur, weil ich aus eigenem Erleben sicher weiß, dass ihm nicht nur die Kritik von Backhaus, sondern darüber hinaus - keinesfalls nur von meiner Seite her – auch andere kritische Einwände zu dieser Systematik, bekannt waren. Ich denke, dass er hier bewusst und wider besseren Wissens (aber entsprechend bestimmter Positions- und Status-relevanter Funktions-und Projektgebundenheiten), lieber weiterhin auf der Fixierung der Unwahrheit bestehen bleiben wollte - denn dafür hatte er schließlich eine leicht zu handhabende und beachtlich überwiegend große Anzahl von inhaltlich gleichsinnigen und auch außerordentlich prominenten Zitaten der wissenschaftlichen Literatur auf seiner Seite. Schließlich gehört das unreflektierte, oft gedankenlose, „Lob der Systematik“ schon lange zu den obligatorischen Pflichtübungen der gegenwärtigen Musikethnologie und findet sich insofern auch bei nahezu allen ihren „prominenteren“ Vertretern.
(60)
ebenda S,13
Um es hier deutlich zu sagen: Die als geradezu unanfechtbar geltende „Wissenschaftsautorität Prof. E. Stockmann“ bringt es auch in diesem schwarz auf weiß nachlesbar- gedrucktem Text ohne Weiteres fertig, eine schon sehr lange und sehr deutlich kritisierte Schwachstelle der ganzen „Systematik“, nämlich die von ihm favorisierte 'Grundordnung' mit ihrer folgenschweren Unlogik, skrupellos in eine besonders lobend hervorzuhebende Argumentationsbasis ihrer 'wissenschaftlichen Stärke', d.h. ihres 'ganz besonderen jahrzehntelangen wissenschaftlichen Erfolges', umzuwandeln. In „nur mündlich“ stattfindenden Auseinandersetzungen des von ihm dominierten 'wissenschaftlichen Alltags' innerhalb kleinerer Kreise, war man derartig paradoxen „Argumentationsvorgängen“ ständig ausgeliefert. Anlässlich größerer wissenschaftlicher Veranstaltungen aber (wo er sich auch oft auf ’feines Lächeln’, Kopfschütteln oder Nicken beschränkte – was stets allerseits mit viel Aufmerksamkeit bedacht und beobachtet wurde), war man ihnen in der Regel dann um so mehr ausgesetzt, je sicherer er sich angesichts eines entsprechend autoritätsprogrammierten Publikums bzw. entsprechend des zuvor organisierten  'Personals' oder eben auch der ’Knalleffekte’ gut vorbereiteter „klärender Ereignisse“ jeweils sein konnte. Ich muss dabei wieder an die geradezu perfekte Inszenierung seiner dann auch „vom Kollektiv getragenen Kritik“ an Dr. A. Hesse denken, die letztlich ganz unübersehbar, auf ein von Stockmann erlassenes, „akademisch verordnetes Auftritts- und Äußerungs-Verbot“ für diesen Wissenschaftler hinauslief.
(61)
ebenda S.13/14
Erstens muss zu diesem abschließenden Satz von Stockmann kritisch- korrigierend angemerkt werden, dass die in der Sachs / Hornbostelschen Systematik vorliegende „Grundordnung“, also die Vierklassenteilung der Instrumente (deren exakte Nennung - ich hatte bereits darauf hingewiesen - in diesem gesamten Vorwort-Text zur Systematik bemerkenswerter Weise stets vermieden wurde), keineswegs von Sachs und Hornbostel „vorgenommen“, sondern von diesen beiden lediglich aus dem Vierklassensystem Mahillons ’übernommen’ wurde, also keineswegs von ihnen stammt. Zweitens, dass diese Grundordnung (so unlogisch sie auch aufgebaut ist) seither, also bereits seit 1888, eigentlich von allen wichtigeren Klassifikationssystemen, die überhaupt nach Mahillon entstanden sind, ebenfalls einfach übernommen wurden. In meinen ersten Arbeiten zum Schwirrholz liegt dann einer der wenigen Versuche eines völlig anders strukturierten Entwurfes für eine solche Grundordnung, seit 1888, vor. Dabei war ich natürlich bestrebt, sowohl bestimmte grundlegende Prinzipien von Mahillon ’beizubehalten’, als auch die logischen Unstimmigkeiten seiner ’Katalog-Grundordnung’ zu vermeiden. Mit der von Stockmann nun aber gerade betonten „Beibehaltung“ dieser „Grundordnung“ durch Dräger, musste er aber auch auf diesen Unstimmigkeiten weiterhin bestehen bleiben, was spätestens jetzt, wieder mit Blick auf diesen ’Zwanzig-Zeilen-Text’ zur Sachs / Hornbostelschen Systematik, - wiederum und ebenfalls - als dritter, inzwischen aber schon zum wiederholten Male angemerkter ’logischer Mangel’ der gelobten Systematik bzw. als entsprechende Fehlbewertung und Falschdarstellung dieser Systematik durch Stockmann, gekennzeichnet werden muss. Und viertens muss dann auch die bereits aus vielen Gründen umso erstaunlichere Behauptung über die angeblich ’uneingeschränkte Geltung der Substanz dieses Ergebnisses der Gesellschaftswissenschaften’, zumindest auch aus den von mir ebenfalls bereits gekennzeichneten ’praktischen Gründen’ zur wissenschaftlichen Untauglichkeit dieser Systematik, deutlich zurückgewiesen werden. (62) Und fünftens sollte dann (um auch in diesem Punkt ’logisch’ und konsequent nachfragend zu bleiben) – auch mit Blick auf die schließlich nicht erst von Sachs und Hornbostel im Jahre 1914, sondern bereits jeweils vom Mahillonschen Original aus dem Jahre 1888 übernommenen „Grundordnung“ - letztlich auch die von Stockmann so eigenartig als „seltener Fall“ behauptete ’Zeitspannenangabe’ (auf der ja schließlich die ganze Konstruktion dieses abenteuerlich- abschließend, zusammenfassenden Lobliedes wesentlich aufgebaut ist), ebenfalls kritisch korrigiert und erneut überdacht werden; - dann aber vor allem doch wohl mit fragendem Blick auf die tatsächliche Sinnhaftigkeit einer derartigen Aussage überhaupt.
Außerdem meine ich zu dieser Textstelle, dass die hier vorliegende spezifische Verbündelung unterschiedlichster Tendenzen, deren Interpretationsbreite ohne weiteres von fahnenumkränztem Jubellob bis zu nacktem Zynismus verächtlichster Art, sowie von zurückhaltend distanzierter Ambivalenz bis zu aufdringlichster Anbiederung in Form von „wissenschaftlich ausstaffierter“ Biederkeit reicht (und in der Realität der Jahre nach 1986 in der DDR auch noch weitaus ’vielfächriger’ bedacht und interpretiert werden könnte), nur unter eingehenderer Berücksichtigung eines tieferen Verständnisses der damaligen besonderen ’geistigen Situation in der DDR’, in welche dieses apologetische Lob- und Lügenkonstrukt damals schließlich direkt hineingeschrieben worden ist, erwogen und tiefergehend beurteilt werden könnte, und ich habe in diesem Sinne auch eine ausgeprägte Meinung dazu. Hier wollte ich mich allerdings, in den kritischen Anmerkungen, auf bestimmte, ausgewählt musikethnologisch-systemische Aspekte beschränken, um dabei auch darauf aufmerksam zu machen, in welch fragwürdiger (und eigentlich doch empörender) Weise er hier selbst eine so deutlich von einer ganz anderen Position her entstandene Arbeit wie die von Dräger, als ein Element seiner Lobesargumentation zur „gültigen Systematik“ einsetzt. Das Hervorheben der Systematik von Dräger geschieht bei Stockmann natürlich ohne dabei auf deren eigentlich kritische Substanz einzugehen und auch ohne darauf einzugehen, dass gerade diese Arbeit (allein schon wegen des darin enthaltenen Hinweises in Richtung auf ein „Natürliches System der Musikinstrumente“) durchaus eine neue Etappe und auch eine ‚neue kritische Qualität’ in der internationalen Diskussion zum „Systematikdenken“ ermöglicht hat. Er vermeidet dabei auch jeglichen Hinweis auf den prinzipiellen Unterschied von ’Ordnungssystemen’ (wie etwa die Sachs / Hornbostelsche Systematik) und ’Natürlichen Systemen’ (wie etwa das ‚Periodensystem der chemischen Elemente’ oder die Dräger nachfolgenden theoretischen Ansätze von Heyde und anderen Autoren usw.). Er hebt einfach nur einen bestimmten Aspekt - und dabei bemerkenswerterweise auch noch den für diese Systematik nun eigentlich unerheblichsten (da Dräger, mit den von ihm neu hinzu gefügten „Elektrophonen“ inzwischen natürlich nicht mehr auf die allgemein üblichen vier, sondern auf  fünf Klassen verweist) willkürlich hervor (bzw. „heraus“) und verarbeitet diesen dann nach Belieben im Sinne seiner apologetischen Darstellung. Nur im diffusen Lichte widerstreitender Mentalitäten zur herausgehobenen Bedeutung der „Gesellschaftswissenschaften“ im DDR-Wissenschaftsbetrieb konnte dann eine solche, ansonsten eigentlich völlig unwürdige ’Argumentationsweise’, diesen besonderen Anschein von Anmutungskraft erlangen, der ihr Niederschreiben und Gedrucktwerden überhaupt erst möglich machen konnte. Und bestimmte Ambivalenzen dieser Argumentationsweise sind auch nur auf dem Hintergrund eines tieferen Verständnisses der damaligen geistig-ideologischen Verhältnisse in der Mitte der achtziger Jahre der DDR gründlicher zu verstehen. Dabei muss ich aber auch anmerken, dass mir diese seine Behauptung ohnehin - also nicht nur mit Blick auf seine verlogene Behauptung zur angeblichen „Substanz einer musikinstrumentellen Grundordnung“, sondern auch in Hinsicht auf die eigentliche „Substanz der Gesellschaftswissenschaften“ - als überaus fragwürdig erscheinen muss.
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Damitm befinde ich mich zwangsläufig wieder, in einem besonderen Konflikt zwischen Hoffnung und Glaube; - ähnlich dem, den ich zu Beginn meines Vortrages bereits, mit Blick auf meine ’museologische Systematik - Initiative’, geschildert hatte. Allerdings bezog sich der erstere Konflikt nur auf eine Frage an die ohnehin bereits entschiedene, wenn auch noch nicht ganz geklärte Vergangenheit, - während sich der nunmehrige auf die noch zu entscheidende, bislang immer noch offene Zukunft richtet.
Zwar wünsche und hoffe ich sehr stark, dass vielleicht doch inzwischen (aber hoffentlich wenigstens noch im Laufe der kommenden fünf Jahre) genügend kritische Vernunft in den Musikwissenschaften zur Geltung gelangen möge, um diesen Termin nicht zu einem heillosen Fiasko im Sinne peinlichster Wiederholungsrituale bisheriger Lobesgepflogenheiten werden zu lassen. Ich kann aber kaum glauben, dass die hier geschilderten und gegenwärtig doch noch  keineswegs überwundenen apologetischen Tendenzen bis dahin überhaupt keine Rolle mehr in der Musikethnologie und der Instrumentenkunde spielen werden. Wie wird sich ein solcher Zustand dann aber auf die konkrete Gestaltung dieser Jubiläumsveranstaltungen in Deutschland auswirken?
Es wird immer wichtiger, hier ein wohlbegründetes kritisches Bewusstsein zu entwickeln, sonst können beispielsweise allein solche Veranstaltungen, an deren Vorbereitung vielleicht jetzt schon in manchen deutschen Wissenschaftsinstitutionen gedacht wird, zu weiteren Triumphen gegen die Vernunft geraten. Der Blick in die Vergangenheit kann die bereits lange andauernde und sich zunehmend auswachsende Problematik solch schmählicher Triumphe deutlich machen, die - wenn man in die Zukunft blickt - nun auch zu noch katastrophaleren Zuspitzungen führen können: Jubelfeiern voller unklar bleibender Lobes-Pflichtlügen auf der einen Seite und das scheinbar sachlich- besonnene Aufgreifen dieser Problematik seitens eines ’zeitgemäß intellektuell’ und „wissenschaftsverbündet“ daherkommenden Antisemitismus spezifisch faschistischer, kulturkämpferisch konservativ-deutscher Art, auf der anderen. Auf welcher Seite (oder wo eigentlich überhaupt?) befindet sich dann aber die Wissenschaft? Und wo steht sie in dieser Frage gegenwärtig?
Die deutsche Musikethnologie hat nahezu ein Jahrhundert lang eine internationale Renommee-Position usurpiert, zu der sie offensichtlich nicht entsprechend kompetent war. Und ein halbes Jahrhundert davon hat sie es offenbar, wenn auch offensichtlich differenziert, sowohl ostdeutscher- als auch westdeutscherseits getan. Allein diese „innerdeutschen“ Unterschiede zu untersuchen, müsste wissenschaftsgeschichtlich hochinteressant, aber auch vielfach weiterführend aufschlussreich sein.
Das vielleicht Interessanteste wäre hier möglicherweise die Tatsache, dass sie zumal ostdeutscherseits, dabei in einer historisch relativ kurzen Zeitspanne, nahezu von dem einen (aus meiner Sicht freilich als eher fruchtbare Tendenz zu bewertendem) Extrem, in das andere (eben das ’stockmannsche’) geraten ist. Dieser Vorgang lässt sich wohl auch mit Fakten belegen und beschreiben, aber doch nicht so leicht „DDR-geschichtlich erklären“.

Vielleicht wäre das zweite Extrem dann auch eher als spezieller Ausdruck einer damals in der DDR auf vielen Ebenen wirkenden Tendenz eines lediglich „normalisierenden Zurückkehrens“ auf die, eben doch ständig eher westlich-, als etwa östlich- orientierte, „gesamtdeutsche Werte-Normalität“ zu interpretieren?
Ein „normalisierendes Zurückkehren“ allein schon in dem deutschen Sinne, dass offenbar „Bewährtes“ und schon lange als „gültig“ Erklärtes, allemal mehr Gewissheit und auch mehr Sicherheit in Hinsicht auf bestimmte geisteswissenschaftlich zu stützende, kulturelle Grundwerte (oder eben auch „Wissenschaftserrungenschaften“) zu vermitteln vermag, als die letztlich unabgeschlossen- ungeklärt bleibenden Zwischenergebnisse eines unsicheren und offenbar nur zeitweiligen „ostdeutschen Kybernetisierens“ in Richtung auf ein letztlich doch wohl nur ’materialistisch-naturwissenschaftlich’ zu begründendes „natürliches System von Kulturobjekten“, - also einer ohne hin vielerseits als fragwürdig angesehenen Angelegenheit, bei der sich die meisten kulturengagierten Geister aus deutscher Dichter- und Denkertradition, sicherlich lieber für Kultur im Sinne vorwiegend ideeller Geistes Werte, also schon a priori eher gegen die Möglichkeit der Existenz eines so unterstellten „Natürlichen Systems“ von menschgemachten, also doch ideell begründet zustande gekommenen Kultur- und Kunstobjekten, aussprechen werden?. Mir scheint jedenfalls, dass angesichts der bevorstehend zu erwartenden Entwicklungstendenzen hiesiger Gesellschaftsverhältnisse, die Gefahr der auch künftig möglichen Unterschlagung einer solchen DDR - Spezifik in dieser Entwicklung, weiterhin bestehen und vielleicht auch weiterhin zunehmen wird. Wenn man aber (also eher abstrakt und weniger konkret) die „deutsche Musikethnologie“ in dieser von ihr weltweit usurpierten Position betrachtet,  so hat sie dort lange (oft sehr betont selbstbewusst) gewirkt, ohne die schon früher möglichen, erkennbar-nötigen Korrekturen einzuleiten, die erforderlich gewesen wären, um der Entwicklung eines unvoreingenommenen Systematisierungsdenkens freieren Raum zu geben. Und in der dann schier endlosen Verteidigung dieser als gültig ausgerufenen Systematik, hat sie offenbar immer wieder auch mit hässlichen, für Wissenschaft eigentlich illegitimen, inzwischen aber auch dort zunehmend üblicher werdenden  Macht-Mitteln, agiert. Vielleicht hängt dies (wie unterschiedlich es auch in jedem speziellem Falle etwa vermittelt und ’en detail gewesen’ sein mag) letztlich auch damit zusammen, dass in bestimmten Wissenschaftsvernetzungen globaler und medialer Art offenbar Tendenzen deutlich werden, die bestimmte kritisch gesinnte Politologen bzw. Philosophen, aber eben gerade auch Systemtheoretiker, dazu veranlasst haben, bei der Analyse manch gefährlicher Entwicklungen der Gegenwart, nicht mehr nur (wie zu seiner Zeit Präsident Eisenhower) vor dem bedenklich wachsendem Einfluss eines „militärisch-industriellen Komplexes“ zu warnen, sondern nun auch immer deutlicher von den Gefahren seitens eines „militärisch- industriell- akademischen- Komplexes“ sprechen. Damit kann, oder soll nun keinesfalls suggeriert werden, dass etwa die hier anstehende musikinstrumentelle Systematisierungsproblematik bereits bis in die Interessenbereiche dieser machtstrukturiert- politorientierten Komplexität (also etwa schon auf die gemeinsamen Konferenztische allerhöchster Militärs und führender Industriekapitäne, denen natürlich sowohl ganze Akademien, als auch Heerscharen einzeln gespaltener Akademikerpersönlichkeiten, alleweil willig zuarbeiten) geraten sein könnte. Davon kann sicherlich so keine Rede sein. Es verhält sich wohl eher umgekehrt: Die in vielfacher Weise derartigen Komplexitäten immer näher geratenden und sich dort auch verheddernd einhakenden und selbst- vernetzend weiter entfaltenden akademischen Strukturen, werden in derartigem Zusammenwirken, zwangsläufig auch aus sich selbst heraus (und auch in anderen Vernetzungen und Bereichen) entsprechende Strukturen entwickeln können. Strukturen die etwa bestimmten, politikbestimmenden Kriegswaffenlügen, ebenso wie bestimmten entwicklungsbestimmenden Atom- oder Energieprogrammlügen, ebenso entgegenkommen, wie etwa einer gegebenenfalls dann ebenso perfekt durchorganisierbaren Aufrechterhaltung bestimmter verlogener Disproportionen in bestimmten, scheinbar politikfernen akademischen Spezialdisziplinen. Und als ein nur scheinbar irrelevantes kleines Beispiel dazu, könnte dabei auch dieses „Systematik Paradoxon“ ins Blickfeld derartiger Bedenken geraten. Die nun aber doch nicht einfach als „politikfern“ zu bedenkende Relevanz dieses Beispiels, besteht eben in der letztlich doch aufschlussreichen Tatsache, dass es sich in allen hier genannten Fällen, um zwar ganz unterschiedliche, aber doch immer um menschbedingte und menschbestimmende, Technik handelt! Freilich um Technik in Form jeweils gänzlich unterschiedlicher Humanqualitäten. Und meine, dabei vielleicht allzu leicht als „unbegründet“, „utopisch“ und „völlig unrealistisch“ abzuweisende, aber eben – wie ich denke – doch philosophisch handfest begründbare Hoffnung, besteht letztlich darin, dass in der konkreten, vergleichsanalytisch-naturwissenschaftlich-philosophisch begründeten Aufhellung dieser unterschiedlichen Qualitäten, letztlich doch neue Einsichten und Hoffnungen im Sinne der Überwindung von historisch so fest eingefahrenen Unmenschlichkeiten bisheriger Technik-Entwicklungen (zumal der ersteren beiden hier genannten) gewinnen lassen werden. Letztlich geht es im Sinne von humaner Zukunftsgestaltung immer wieder darum, ein zunehmend besseres Verständnis darüber zu gewinnen, wozu Menschen sich auch in diesem Sinne, selbst in die Lage zu bringen vermögen. Und genau dabei wäre auch eine wissenschaftlich solide begründete, neue musikologische Systematik dieser in besonders verbindlicher Weise humanisierten Erscheinungsform von Technik, einer der ersten wesentlichen  Schritte, - unter vielen anderen.
Ich habe aber nun - auch aus der Sicht ganz verschieden gelagerter Betrachtungsebenen - Anlass zu der Befürchtung, dass der zweifellos im Gestus akademischer Würde anzuzielende 100ste Jahrestag dieser bislang „gültigen“ Systematik, der nun in wenigen Jahren gerade in diesem Lande anstehen wird, doch zu einem Fest der Lüge und des ’bewährten Lobens’ dieser ’bewährten Systematik’ geraten könnte. Die akademischen Konstellationen, wie sie mir, zumal aus Berlin - da freilich vorwiegend aus DDR-Zeiten - aber dann auch aus den ersten dortigen bundesweit-gesamtdeutschen Sitzungen des ICTM Nationalkomitees Deutschland‚ von damals in Erinnerung sind (welche auf mich – ich kann es nicht verhehlen – in ganz besonderer Weise abstoßend gewirkt haben), werden dazu sicher genügend willige Kräfte aktivieren können. Möglicherweise sehen auch bereits einige, die sich vielleicht auch insonderheit als Schüler von E. Stockmann empfinden mögen, einem solchen, wiederum akademisches Renommee sicherndem Ereignis, diensteifrig entgegen.
Angesichts der dazu offenbar immer noch weitgehend unqualifizierten und (soweit ich dies gegenwärtig noch überblicken kann) bislang wenig entwickelten Diskussion in Deutschland, besteht hier auch die Gefahr, dass im Falle antisemitisch motivierter/orientierter Anfechtungen wiederum bestimmte, überaus peinliche Tendenzen unqualifizierter Zurückweisungen und auch ’pflichtgemäß’ auf den Weg gebrachter ‚politisch korrekter’ Zurechtweisungen, den Gang und das Erscheinungsbild der dann freilich unvermeidlich werdenden Diskussionen und Auseinandersetzungen, dominieren oder auch in ungewisser Weise verfärben könnten.

Insofern geht es hier auch um eine deutliche Überwindung der bislang wissenschaftsorganisatorisch so überaus fest abgesicherten Diskussionsunwilligkeit zu bestimmten Fragen und Problemen innerhalb einer Fachrichtung. Und dabei auch um die Überwindung einer bestimmten wissenschaftsbetrieblichen Unkultur von demonstrativer Missachtung gegenüber bestimmten Argumenten und Forschungsergebnissen, - deren in der Wissenschaft zweifellos höchst erfolgreiche Vorbilder hier fatalerweise vielleicht zunächst C. Sachs und später dann etwa Apologeten wie Stockmann, Kaden und andere sind. Denn diese haben offenbar in beeindruckend erfolgreicher Weise vorgemacht, dass sich der Sieg des angeblich Bewährten in einer Weise behaupten und hochloben lässt, dass dementsprechend erlassene Festlegungen dann auch ermöglichen, jedes weitere Interesse an zuwiderlaufenden Wahrheiten oder wissenschaftlichen Aktivitäten in nicht genehme Richtungen, leichthin als ’ohnehin irrelevant, grundsätzlich schädlich und gefährlich verwirrungsstiftend’ zu denunzieren und generell abzuweisen...
In einer völlig anderen, viel früheren philosophischen Untersuchung habe ich einmal betont, dass im Kampf zwischen Lüge und Wahrheit in der Regel die Lüge die ersten Schlachten gewinnt, aber die Wahrheit gewinnt schließlich doch die letzte.(Siehe dazu: Parteilichkeit - Zur Entwicklung des Wortgebrauchs und des Prinzips. In: DZfPh 31 (1983) 1, S. 72-80). Das ist freilich eine Vorstellung, die leicht mit bestimmten traditionell-kommunistischen Hoffnungen einhergehen kann: Wie ein denkbarer Vers aus der ’Internationale’ oder ein dem ’Kommunistischen Manifest’ unterstellter Satz... Etwas näher an der niemals lügenfreien Realität von kommunikativer Sozialität orientiert, muss dem allerdings sofort hinzugefügt werden, dass die Siege der Lüge zumeist geradezu feiertäglich mit Glanz und Gloria und als prächtig ausgestattete, zuweilen auch ekstatische Feste gefeiert werden, welche auch schamlos unter das Motto großer Worte und Ideale gestellt und manchmal sogar im Gewande großer Geschichtsereignisse oder prächtig hergerichteter, immer wieder hervorgehobener Kulturleistungen in Erscheinung treten. Auf der anderen Seite gehen die wirklichen Siege der Wahrheit in der Regel im Trubel vieler anderer Spektakel und den allgemeinen Anstrengungen und Geschehnissen vieler Alltage, oft weitgehend unbemerkt, vonstatten – gehen aber doch nicht einfach vorüber. Sie können allerdings auch immer wieder untergehen und erneut geleugnet werden. Und noch ein Aber: Um nicht allzu sehr in unscharfen Aphorismen zu verlottern, möchte ich gerade hier doch noch etwas genauer sein: Es geht schließlich in der Wissenschaft (so oft uns solche wie die geschilderten Konfrontationen auch dort immer wieder begegnen mögen) letztlich nicht einfach um Lüge und Wahrheit, sondern vielfach eher – ich bleibe bei meinem zunächst unscharf umrissenen Begriff vom Anfang meines Vortrages – um ein Überwinden und ein Hinterunslassen von störenden Vergehens-Wirkungen auf der Suche nach Wegen, die uns vielleicht doch zu wahren Erkenntnissen über uns und die Welt führen können. Das mutige und hoffnungsfrohe Beschreiten solcher Wege, kann dann allerdings auch jederzeit (und in manchen Zeiten eben besonders leicht) durch fatale Lügensteine behindert werden. Als noch fataler für Wissenschaft wirken sich aber die Wege aus, die bereits gezielt angelegt in einladender Weise mit solchen Steinen gepflastert und ausgebaut worden sind, - auch wenn sich dort schnell und bequem, sowie mit hoher Sicherheit ’vorwärts und nach oben’ gelangen lässt.
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Allerdings handelt es sich gerade bei diesem Bestand an Cistern und cisternartigen Instrumenten meiner Sammlung um eine besonders verzwickte Angelegenheit. Eigentlich um einen Fall auf dem Niveau „sehr hoher, sowie ’hochorganisierter’, quasi-krimineller Energie im Wissenschaftsbetrieb der DDR“. Denn sobald man hier die wiederum vornehmlich „wissenschaftsbetriebenen“ oder auch ’wissenschaftsgetarnten’, Hintergründe ins Auge fasst, wird ein letztlich schwer zu übersehender, aber auch schwer zu überschauender und kaum gänzlich zu durchschauender „Stockmann-Vorgang“ von institutionell abgesicherter ’Verhinderungs-Geheim-Diplomatie’ (Zentralhaus für Kulturarbeit Leipzig, ASMW Markneukirchen, Kulturministerium Berlin...) aus der Wissenschafts- und Kulturgeschichte der DDR deutlich.
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Und von daher liegt dann auch die gezielte Entwicklung spezieller, stets auch ’wissenschaftlich drapierter’ Abwehrmechanismen nahe, die dann auch weiteren und erweiterten Formen noch offensiveren Missbrauchs, einschließlich der Abwehr und Diskriminierung wissenschaftlicher Konkurrenten bzw. entsprechend abzuwehrender Konzeptionen und Sichtweisen, zur Verfügung stehen. Wenn solche Methoden aber erst einmal in das Betriebsgeschehen der Wissenschaften hineingespült bzw. dort immer wieder „eingespielt“, d.h. „ins Spiel gebracht werden“ und sich des weiteren im wiederholten Gebrauch bewährend, selbst immer reibungsloser „einspielen“, und auch die dazu erforderlichen Teams aus ähnlich gesinnten bzw. gleich orientierten „Mitarbeitern“ und Team-Mitspielern zu immer perfekterem spielerischem Zusammenwirken gelangen, so werden sie in m manchen Bereichen kaum noch zur gelegentlichen Abwehr eventuell möglicher ’Wirrköpfe’ oder „engstirnig festgelegter Liebhaber“, sondern eher gezielt und systematisch regelmäßig gegen kritische bzw. anders gesinnte Spezialisten, die vielleicht auch andere Wege der Forschung gehen möchten, eingesetzt und zur Wirkung kommen...Und aus diesem Status „wissenschaftlicher Bewährtheit“ heraus wird sich für sie alsbald auch die Chance ergeben, selbstverständlich auch in vielen anderen Problem- und Konfliktfeldern der Wissenschaft abwehrhaft und siegreich zum Einsatz kommen zu können.
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Dabei neige ich auch zu der (natürlich ebenfalls mit kritischem Augenmerk zu begleitenden) viel weiterreichenden Vermutung, dass die eigentlich wesentlichen und tiefergreifend zivilisationssichernden Bildungs- und Erkenntniswerte einer humanistisch orientierten Wissenschaftskultur, des Mitwirkens derartig beseelter, letztlich eben individuell (also in ’persönlich - humanisierter’ Weise) zustande gekommener (und also auch entsprechend persönlich fundierter) Bindungsvoraussetzungen, welche eben auch zu den Grundlagen der Herausbildung  und Entwicklung humanistisch orientierter Persönlichkeiten gehören, grundsätzlich und notwendigerweise bedürfen.

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